Eilenberg-MacLane-Raum

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In der algebraischen Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, ist ein Eilenberg-MacLane-Raum ein topologischer Raum mit einer einzigen nicht trivialen Homotopiegruppe.

Für eine Gruppe G und eine positive natürliche Zahl heißt ein zusammenhängender topologischer Raum X ein Eilenberg-MacLane-Raum K(G,n), falls die n-te Homotopiegruppe πn(X) isomorph zu G ist und alle anderen Homotopiegruppen trivial sind.

Falls n>1 und G abelsch oder n=1 und G beliebig ist, existiert ein solcher Raum, ist ein zusammenhängender CW-Komplex und bis auf Homotopieäquivalenz eindeutig bestimmt. Folglich wird ein solcher CW-Komplex auch als „der“ K(G,n) bezeichnet.

Der Name ist auf die Mathematiker Samuel Eilenberg und Saunders Mac Lane zurückzuführen, die solche Räume in den 1940er Jahren studierten.

Eilenberg-MacLane-Räume haben Anwendungen in verschiedenen Bereichen: Sie können einerseits in der Homotopietheorie als Bausteine für CW-Komplexe dienen, die mittels Faserungen mit Fasern K(G,n) in einem Postnikow-Turm zusammengesetzt werden. Damit können beispielsweise Homotopiegruppen von Sphären berechnet werden. Andererseits können mit ihrer Hilfe Kohomologieoperationen definiert werden und sie sind darstellende Räume für die singuläre Kohomologie.

Ein verallgemeinerter Eilenberg-MacLane-Raum ist ein Raum, der homotopieäquivalent zu einem Produkt von Eilenberg-MacLane-Räumen mK(Gm,m) ist.

Beispiele

Weitere elementare Beispiele können unter der Berücksichtigung, dass das Produkt K(G,n)×K(H,n) ein K(G×H,n) ist, konstruiert werden: Beispielsweise ist der n-dimensionale Torus 𝕋n ein K(n,1). (Siehe Example 1B.5 in Algebraic Topology[1])

Bemerkungen zur Konstruktion

Für n=1 und G eine beliebige Gruppe ist die Konstruktion eines K(G,1) identisch zu der eines klassifizierenden Raumes der Gruppe G. Beachte, falls G ein Torsionselement besitzt, dann ist der jeder CW-Komplex mit Homotopietyp K(G,1) bereits unendlichdimensional.

Es gibt mehrere Techniken, höhere Eilenberg-MacLane-Räume zu konstruieren. Eine dieser ist einen Moore-Raum M(A,n) für eine abelsche Gruppe A zu konstruieren: Betrachte einen Bouquet von n-Sphären, eine für jeden Erzeuger von A und realisiere die in A geltenden Relationen durch Ankleben von n+1 Zellen entlang entsprechender Abbildung in πn(Sn) von eben diesem Bouquet. Beachte, dass die niedrigeren Homotopiegruppen πi<n(M(A,n)) bereits trivial nach Konstruktion sind. Nun eliminieren wir die höheren Homotopiegruppen πi>n(M(A,n)) durch sukzessives Ankleben von Zellen der Dimension größer als n+1 und definieren K(A,n) als direkter Limes unter Inklusion dieser Iteration.

Eine andere nützliche Methode ist die geometrische Realisierung von simplizialen abelschen Gruppen zu nutzen.[4]

Eine weitere simpliziale Konstruktion in Hinsicht auf klassifizierende Räume und universelle Bündel ist in J. Peter Mays Buch[5] zu finden.

Singuläre Kohomologie

Eine interessante Eigenschaft von K(G,n)'s ist, dass es für jede abelsche Gruppe G und jeden punktierten CW-Komplex X, für die Menge [X,K(G,n)] von Homotopieklassen von punktieren stetigen Abbildungen von X nach K(G,n) eine natürliche Bijektion mit der n-ten Singulären Kohomologie Hn(X,G) des Raumes X gibt. In anderen Worten sind die K(G,n)s Repräsentative Räume für singuläre Kohomologie mit Koeffizienten in G. Da

Hn(K(G,n),G)=Hom(Hn(K(G,n);),G)=Hom(πn(K(G,n)),G)=Hom(G,G)

gilt, gibt es ein spezielles Element uHn(K(G,n),G), genannt „Fundamentalklasse“, das der Identität in G entspricht. Die oben genannten natürliche Bijektion ist ein Pullback dieses Elementes: ff*u. Ähnlichkeiten mit dem Yoneda-Lemma sind zu erkennen.

Ein konstruktiver Beweis dieser Aussage kann hier[6] gefunden werden, ein weiterer, der die Beziehung zwischen Omega-Spektra und reduzierten verallgemeinerten Kohomologietheorien ausnutzt hier[1], und wird unten kurz skizziert.

Schleifenräume Omega-Spektren

Der Schleifenraum eines Eilenberg-MacLane-Raumes ist wieder ein Eilenberg-MacLane-Raum: ΩK(G,n)K(G,n1). Des Weiteren existiert eine Adjunktion zwischen dem Schleifenraum- und Einhängungsfunktor: [ΣX,Y]=[X,ΩY], wodurch [X,K(G,n)][X,Ω2K(G,n+2)] eine abelsche Gruppenstruktur gegeben wird, wobei die Gruppenoperation das Hintereinanderausführen von Schleifen ist. Dadurch ist die oben aufgeführte Bijektion [X,K(G,n)]Hn(X,G) ein Gruppenisomorphismus.

Außerdem wird durch diese Adjunktion impliziert, dass Eilenberg-MacLane-Räume mit verschiedenen n ein Omega-Spektrum, genannt „Eilenberg-MacLane-Spektrum“, bilden. Dieses Spektrum definiert via Xhn(X):=[X,K(G,n)] eine reduzierte Kohomologietheorie auf der Kategorie der punktierten CW-Komplexe. Nun existiert für jede reduzierte Kohomologietheorie h* auf punktierten CW-Komplexen, die hn(S0)=0 für n0 erfüllt, eine natürliche Bijektion hn(X)H~n(X,h0(S0)), wobei H*~ die reduzierte Singuläre Kohomologie beschreibt. Folglich stimmen diese beiden Kohomologietheorien überein.

Allgemeiner besagt der Darstellungssatz von Brown, dass jede reduzierte verallgemeinerte Kohomologietheorie auf der Kategorie der punktierten CW-Komplexe von einem Omega-Spektrum stammt.

Zusammenhang mit Homologie

Ähnlich wie bei der singulären Kohomologie finden wir auch eine Verbindung zur singulären Homologie: Für eine feste abelsche Gruppe G gibt es Abbildungen auf den stabilen Homotopiegruppen:

πq+ns(XK(G,n))πq+n+1s(XΣK(G,n))πq+n+1s(XK(G,n+1))

induziert von der Abbildung ΣK(G,n)K(G,n+1). Bildet man den direkten Limes über diese Abbildungen, lässt sich nachrechnen, dass dies eine reduzierte Homologietheorie

hq(X)=limnπq+ns(XK(G,n)) auf der Kategorie der CW-Komplexe liefert.

Da hq(S0)=limπq+ns(K(G,n)) für q0 null wird, stimmt h* mit der reduzierten singulären Homologie H~*(,G) mit Koeffizienten in auf CW-Komplexen überein.

Kohomologieoperationen

Für feste natürliche Zahlen m,n und abelsche Gruppen G,H gibt es eine Bijektion zwischen der Menge aller Kohomologieoperationen Θ:Hm(,G)Hn(,H) und Hn(K(G,m),H) definiert durch ΘΘ(α), wobei αHm(K(G,m),G), wie oben, die sogenannte Fundamentalklasse ist.

Daraus folgt unter Verwendung des universellen Koeffiziententheorems und der (m-1)-Zusammenhängigkeit von K(G,m), dass Kohomologieoperationen nicht den Grad von Kohomologiegruppen verringern können und graderhaltende Kohomologieoperationen korrespondieren zu Koeffizientenhomomorphismen Hom(G,H).

Interessante Beispiele von Kohomologieoperationen sind Steenrod Quadrate und Exponenten, falls G=H endliche zyklischen Gruppen sind. Hier wird schnell die Wichtigkeit der Kohomologie der K(/p,n)'s mit Koeffizienten in /p klar[7]; ausführliche Tabellen dieser Kohomologien sind hier[8] zu finden.

Postnikow- und Whiteheadtürme

Jeder CW-Komplex lässt sich als Postnikow-Turm zerlegen, d. h. als iterierte Faserung, deren Fasern Eilenberg-MacLane-Räume sind; genauer eine Sequenz:

X3p3X2p2X1K(π1(X),1)

sodass für jedes n:

  1. es kommutierende Abbildungen XXn gibt, die Isomorphismen auf πi für in induzieren,
  2. πi(Xn)=0 für i>n,
  3. die Abbildungen XnpnXn1 Faserungen mit Faser K(πn(X),n) sind.

Dual zu diesem Konstrukt existiert zu jedem CW-Komplex ein Whitehead-Turm, d. h. eine Sequenz von CW-Komplexen:

X3X2X1X,

sodass für jedes n:

  1. die Abbildungen XnX einen Isomorphismus auf πi für i>n induzieren,
  2. Xn n-zusammenhängend ist,
  3. die Abbildungen XnXn1 sind Faserungen mit Faser K(πn(X),n1).

Mittels Spektralsequenzen können höhere Homotopiegruppen von Sphären aus Postnikow- und Whiteheadtürmen berechnet werden. Beispielsweise werden π4(S3) und π5(S3) mithilfe eines Whiteheadturms von S3 hier[9] berechnet, allgemeiner werden πn+i(Sn) i3 mithilfe eines Postnikowsystems hier[10] untersucht.

Gruppenhomologie und Gruppenkohomologie

Die Gruppenhomologie einer Gruppe G (mit Koeffizienten A) ist per Definition die singuläre Homologie des Eilenberg-MacLane-Raumes K(G,1):

H*(G;A):=H*(K(G,1);A),

entsprechend für die Gruppenkohomologie:

H*(G;A):=H*(K(G,1);A).

Literatur

  • S. Eilenberg, S. MacLane: Relations between homology and homotopy groups of spaces Ann. of Math. 46 (1945) pp. 480–509
  • S. Eilenberg, S. MacLane: Relations between homology and homotopy groups of spaces. II Ann. of Math. 51 (1950) pp. 514–533
  • Kapitel 8.1 in: Edwin H. Spanier, Algebraic topology. Corrected reprint. Springer-Verlag, New York-Berlin, 1981. ISBN 0-387-90646-0
  • Allen Hatcher: Spectral Sequences in Algebraic Topology preprint
  • Derived functors of the divided power functors

Andere Enzyklopädien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 Allen Hatcher: "Algebraic Topology", Cambridge University Press, 2001. Abgerufen am 14. Juni 2021.
  2. Vorlage:Cite web
  3. C. D. Papakyriakopoulos: ON DEHN'S LEMMA AND THE ASPHERICITY OF KNOTS. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. Band 43, Nummer 1, Januar 1957, S. 169–172, Vorlage:DOI, PMID 16589993, Vorlage:PMC.
  4. Vorlage:Cite web
  5. Vorlage:Cite book
  6. Xi Yin: Vorlage:Webarchiv, abgerufen am 14. Juni 2021.
  7. Cary Malkievich: "The Steenrod algebra", abgerufen am 14. Juni 2021.
  8. Integral Cohomology of Finite Postnikov Towers
  9. Xi Yin: Vorlage:Webarchiv, abgerufen am 14. Juni 2021.
  10. Allen Hatcher: Spectral Sequences, abgerufen am 25. April 2021.

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