Faserung

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Der Begriff der Faserung verallgemeinert den Begriff eines Faserbündels und spielt in der algebraischen Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik eine wichtige Rolle.

Anwendung finden Faserungen zum Beispiel in Postnikow-Systemen oder der Obstruktionstheorie.

In diesem Artikel sind alle Abbildungen stetige Abbildungen zwischen topologischen Räumen.

Definitionen

Homotopie-Hochhebungseigenschaft

Eine Abbildung p:EB erfüllt die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für einen Raum X, falls:

  • für jede Homotopie h:X×[0,1]B und
  • für jede Abbildung (auch Lift genannt) h~0:XE, die h0=h|X×0 hochhebt (bzw. liftet) (d. h. h0=ph~0),

existiert eine Homotopie h~:X×[0,1]E, die h hochhebt (d. h. h=ph~) mit h~0=h~|X×0.

Das folgende kommutative Diagramm zeigt die Situation: [4]S.66

Vorlage:Anker Faserung

Eine Faserung (oder auch Hurewicz-Faserung) ist eine Abbildung p:EB, welche die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für alle Räume X erfüllt. Der Raum B wird Basisraum und der Raum E wird Totalraum genannt. Als Faser über bB bezeichnet man den Unterraum p1(b)=FbE. [4]S.66

Vorlage:Anker Serre-Faserung

Eine Serre-Faserung (auch schwache Faserung genannt) ist eine Abbildung p:EB, welche die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für alle CW-Komplexe erfüllt. [1]S.375376

Jede Hurewicz-Faserung ist eine Serre-Faserung.

Quasifaserung

Eine Abbildung p:EB wird Quasifaserung genannt, falls für jedes bB, ep1(b) and i0 gilt, dass die induzierte Abbildung p*:πi(E,p1(b),e)πi(B,b) ein Isomorphismus ist.

Jede Serre-Faserung ist eine Quasifaserung. [5]S.241242

Beispiele

  • Die Projektion auf den ersten Faktor p:B×FB ist eine Faserung.
  • Jede Überlagerung p:EB erfüllt die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für jeden Raum X. Speziell gibt es für jede Homotopie h:X×[0,1]B und jeden Lift h~0:XE einen eindeutig definierten Lift h~:XB mit ph~=h. [2]S.159 [3]S.50
  • Faserbündel p:EB erfüllen die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für alle CW-Komplexe. [1]S.379
  • Ein Faserbündel mit parakompaktem Hausdorff Basisraum erfüllt die Homotopie-Hochhebungseigenschaft für alle Räume. [1]S.379
  • Eine Faserung, welche kein Faserbündel ist, ist die von der Inklusion i:IkIk induzierte Abbildung i*:XIkXIk, wobei k, X ein topologischer Raum und XA={f:AX} der Raum aller stetigen Abbildungen mit der Kompakt-Offen-Topologie ist. [2]S.198
  • Die Hopf-Faserung S1S3S2 ist ein nicht triviales Faserbündel und speziell eine Serre-Faserung.

Grundlegende Konzepte

Faser-Homotopieäquivalenz

Eine Abbildung f:E1E2 zwischen Totalräumen von zwei Faserungen p1:E1B und p2:E2B mit gleichem Basisraum ist ein Faserungs-Homomorphismus, falls das Diagramm

200
200

kommutiert. Die Abbildung f ist eine Faser-Homotopieäquivalenz, falls zusätzlich ein Faserungs-Homomorphismus g:E2E1 existiert, sodass die Verknüpfungen fg bzw. gf homotop, durch Faserungs-Homomorphismen, zu den Identitäten IdE2 bzw. IdE1sind.[1]

Pullback-Faserung

Gegeben seien eine Faserung p:EB und eine Abbildung f:AB. Die Abbildung pf:f*(E)A ist eine Faserung, wobei f*(E)={(a,e)A×E|f(a)=p(e)} der Pullback ist und die Projektionen von f*(E) auf A und E das kommutative Diagramm liefern:

Die Faserung pf wird Pullback-Faserung oder auch induzierte Faserung genannt.[1]

Wegeraum-Faserung

Mit der Wegeraumkonstruktion kann jede stetige Abbildung zu einer Faserung erweitert werden, indem man den Definitionsbereich der Abbildung zu einem homotopieäquivalenten Raum vergrößert. Diese Faserung wird dann Wegeraum-Faserung genannt.

Der Totalraum Ef der Wegeraum-Faserung für eine stetige Abbildung f:AB zwischen topologischen Räumen besteht aus Paaren (a,γ) mit aA und Wegen γ:IB mit Startpunkt γ(0)=f(a), wobei I=[0,1] das Einheitsintervall ist. Der Raum Ef={(a,γ)A×BI|γ(0)=f(a)} trägt die Teilraumtopologie von A×BI, wobei BI den Raum aller Abbildungen IB beschreibt und die Kompakt-Offen-Topologie trägt.

Die Wegeraum-Faserung ist durch die Abbildung p:EfB mit der Abbildungsvorschrift p(a,γ)=γ(1) gegeben. Die Faser Ff wird auch Homotopie-Faser von f genannt und besteht aus den Paaren (a,γ) mit aA und Wegen γ:[0,1]B, wobei γ(0)=f(a) und γ(1)=b0B gilt.

Für den Spezialfall der Inklusion des Basispunktes i:b0B, ergibt sich ein wichtiges Beispiel der Wegeraum-Faserung. Der Totalraum Ei besteht aus allen Wegen in B, die am Punkt b0 starten. Dieser Raum wird mit PB gekennzeichnet und Wegeraum genannt. Die Wege-Faserung p:PBB ordnet jedem Weg seinen Endpunkt zu, weshalb die Faser p1(b0) aus allen geschlossenen Wegen besteht. Die Faser wird mit ΩB gekennzeichnet und Schleifenraum genannt. [1]S.407408

Eigenschaften

  • Die Fasern p1(b) über bB sind für die einzelnen Wegzusammenhangskomponenten von B homotopieäquivalent. [1]S.405
  • Für eine Homotopie f:[0,1]×AB sind die Pullback Faserungen f0*(E)A und f1*(E)A Faser homotopieäquivalent. [1]S.406
  • Ist der Basisraum B zusammenziehbar, dann ist p:EB Faser homotopieäquivalent zu einer Produkt Faserung B×FB. [1]S.406
  • Die Wegeraum-Faserung von p ist sich selbst sehr ähnlich. Genauer gilt: Die Inklusion EEp ist eine Faser-Homotopieäquivalenz. [1]S.408
  • Ist der Totalraum E zusammenziehbar, dann gibt es eine schwache Homotopieäquivalenz FΩB. [1]S.408

Puppe-Sequenz

Für eine Faserung p:EB mit Faser F und Basispunkt b0B ist die Inklusion FFp der Faser in die Homotopie-Faser eine Homotopieäquivalenz. Die Abbildung i:FpE mit i(e,γ)=e, wobei eE und γ:IB ein Weg von p(e) nach b0 im Basisraum sind, ist eine Faserung. Sie ist die Pullback-Faserung der Wege-Faserung PBB. Dieses Vorgehen kann nun wieder auf die Faserung i angewandt und iteriert werden. Dies führt zu einer langen Sequenz:

FjFijFpiEpB.

Die Faser von i über einem Punkt e0p1(b0) besteht aus genau den Paaren (e0,γ) mit geschlossenen Wegen γ und Startpunkt b0, also dem Schleifenraum ΩB. Die Inklusion ΩBF ist eine Homotopieäquivalenz und durch Iteration ergibt sich die Sequenz:

Ω2BΩFΩEΩBFEB.

Durch die Dualität von Faserung und Kofaserung existiert auch eine Sequenz von Kofaserungen. Diese beiden Sequenzen sind unter dem Namen Puppe-Sequenzen oder auch Sequenz von Faserungen bzw. Kofaserungen bekannt. [1]S.407409

Hauptfaserung

Eine Faserung p:EB mit Faser F wird Hauptfaserung genannt, falls ein kommutatives Diagramm existiert:

Die untere Zeile ist eine Sequenz von Faserungen und die vertikalen Abbildungen sind schwache Homotopieäquivalenzen. Hauptfaserungen spielen eine wichtige Rolle bei Postnikow-Türmen. [1]p.412

Lange exakte Homotopiesequenz

Für eine Serre-Faserung p:EB existiert eine lange exakte Sequenz von Homotopiegruppen. Für Basispunkte b0B und x0F=p1(b0) ist diese gegeben durch:

πn(F,x0)πn(E,x0)πn(B,b0)πn1(F,x0)π0(F,x0)π0(E,x0).

Die Homomorphismen πn(F,x0)πn(E,x0) und πn(E,x0)πn(B,b0) sind die induzierten Homomorphismen der Inklusion i:FE und der Projektion p:EB. [1]S.376

Hopf-Faserungen

Unter den Hopf-Faserungen versteht man eine Familie von Faserbündeln, deren Faser, Totalraum und Basisraum Sphären sind:

S0S1S1,
S1S3S2,
S3S7S4,
S7S15S8.

Die lange exakte Homotopiesequenz der Hopf-Faserung S1S3S2 liefert:

πn(S1,x0)πn(S3,x0)πn(S2,b0)πn1(S1,x0)π1(S1,x0)π1(S3,x0)π1(S2,b0).

Die Sequenz zerfällt in kurze exakte Sequenzen, da die Faser S1 in S3 zu einem Punkt zusammengezogen werden kann:

0πi(S3)πi(S2)πi1(S1)0.

Diese kurze exakte Sequenz zerfällt wegen des Einhängungshomomorphismus ϕ:πi1(S1)πi(S2)und es gibt Isomorphismen:

πi(S2)πi(S3)πi1(S1).

Die Homotopiegruppen πi1(S1) sind für i3 trivial, weshalb es Isomorphismen zwischen πi(S2) und πi(S3) ab i=3 gibt. Analog kann die Faser S3 in S7 und die Faser S7 in S15 zu einem Punkt zusammengezogen werden. Die kurzen exakten Sequenzen zerfallen weiter, wodurch es Familien von Isomorphismen gibt:

πi(S4)πi(S7)πi1(S3) und πi(S8)πi(S15)πi1(S7). [6]S.111

Spektralsequenz

Spektralsequenzen sind wichtige Hilfsmittel in der algebraischen Topologie zur Berechnung von (Ko-)Homologiegruppen.

Die Leray-Serre-Spektralsequenz stellt einen Zusammenhang zwischen der (Ko-)Homologie von Totalraum und Faser mit der (Ko-)Homologie des Basisraums einer Faserung her. Für eine Faserung p:EB mit Faser F, wobei der Basisraum ein wegzusammenhängender CW-Komplex ist, und einer additiven Homologietheorie G* existiert eine Spektralsequenz:

Hk(B;Gq(F))Ek,q2Gk+q(E). [7]S.242

Faserungen liefern in der Homologie keine langen exakten Sequenzen, wie in der Homotopie. Aber unter bestimmten Bedingungen, liefern Faserungen exakte Sequenzen in der Homologie. Für eine Faserung p:EB mit Faser F, wobei Basisraum und Faser wegzusammenhängend sind, die Fundamentalgruppe π1(B) auf H*(F) trivial operiert und zusätzlich die Bedingungen Hp(B)=0 für 0<p<m und Hq(F)=0 für 0<q<n gelten, existiert eine exakte Sequenz:

Hm+n1(F)i*Hm+n1(E)f*Hm+n1(B)τHm+n2(F)i*f*H1(B)0. [7]S.250

Diese Sequenz kann z. B. benutzt werden, um den Satz von Hurewicz zu beweisen oder um die Homologiegruppen von Schleifenräumen der Form ΩSn zu berechnen:

Hk(ΩSn)={q:k=q(n1)0sonst. [8]S.162

Für den Spezialfall einer Faserung p:ESn, bei welcher der Basisraum eine n-Sphäre mit Faser F ist, existieren exakte Sequenzen (auch Wang Sequenzen genannt) für Homologie und Kohomologie:

Hq(F)i*Hq(E)Hqn(F)Hq1(F)
Hq(E)i*Hq(F)Hqn+1(F)Hq+1(E) [4]S.456

Orientierbarkeit

Für eine Faserung p:EB mit Faser F und einem festen kommutativen Ring R mit Eins existiert ein kontravarianter Funktor von dem Fundamentalgruppoid von B zur Kategorie von graduierten R-Moduln, welcher jedem bB den Modul H*(Fb,R) und der Wegeklasse [ω] den Homomorphismus h[ω]*:H*(Fω(0),R)H*(Fω(1),R) zuordnet, wobei h[ω] eine Homotopieklasse in [Fω(0),Fω(1)] ist.

Eine Faserung wird orientierbar über R genannt, falls für jeden geschlossenen Weg ω in B gilt: h[ω]*=1. [4]S.476

Euler-Charakteristik

Für eine über einem Körper 𝕂 orientierbare Faserung p:EB mit Faser F und wegzusammenhängendem Basisraum ist die Euler-Charakteristik des Totalraums definiert durch:

χ(E)=χ(B)χ(F).

Die Euler-Charakteristiken des Basisraums und der Faser sind dabei über dem Körper 𝕂 definiert. [4]S.481

Literatur

Einzelnachweise