Reeller projektiver Raum

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Ein reeller projektiver Raum ist in der Mathematik der projektive Raum eines reellen Vektorraumes, welcher als Punkte sämtliche reelle Ursprungsgeraden (eindimensionale Untervektorräume) von diesem enthält. Pn notiert dabei den projektiven Raum von n+1 und wird n-ter reeller projektiver Raum genannt. Ein reeller projektiver Raum ist ein Spezialfall einer Graßmann-Mannigfaltigkeit durch Pn=Gr1(n+1).

Konstruktion

Darstellung der reellen projektiven Ebene, bei der die roten und blauen Seiten entsprechend der durch die Pfeile gegebenen Orientierung miteinander identifiziert werden.

Auf dem reellen euklidischen Raum n+1{0} ohne Ursprung ist die Relation xy, wenn es einen reellen Skalar λ{0} mit x=λy gibt, eine Äquivalenzrelation. Pn ist der Faktorraum von n+1{0} unter dieser Äquivalenzrelation.[1] Die Äquivalenzklasse einer Koordinate (x0,,xn)n+1{0} wird als [x0::xn]Pn notiert. Dieser Raum ist eine (reelle) Mannigfaltigkeit, was an der alternativen Definition durch die eindimensionalen Untervektorräume von n+1, also als Graßmann-Mannigfaltigkeit Pn=Gr1(n+1), erkennbar ist. Dabei gilt:

dimPn=n.

Eine alternative Konstruktion ist die Einschränkung auf die Sphären Snn+1{0} und S0{0} bei der Betrachtung dieser Äquivalenzrelation.[1] Dadurch ergibt sich ein Faserbündel:[2]

S0SnPn.

Da die Faser S02 diskret ist, ist die Abbildung SnPn eine doppelte Überlagerung.

Alternative Darstellung der reellen projektiven Ebene

Niedrigdimensionale Beispiele

  • P0 ist der einpunktige Raum.
  • P1 wird reelle projektive Linie genannt und ist homöomorph zur 1-Sphäre S1.[3] Die zusammen mit der kanonischen Projektion 2P1 erzeugte Abbildung 2S1S1P1 zwischen Sphären ist die reelle Hopf-Faserung h.[4]
  • P2 wird reelle projektive Ebene genannt. Ihre Immersion in 3 ist bekannt als Boysche Fläche und es gibt eine Einbettung in 4. Das Problem von Immersion und Einbettung des reellen projektiven Raumes Pn ist bereits gut untersucht.[5]
  • P3 ist diffeomorph zur Drehgruppe SO(3) und besitzt daher eine Gruppenstruktur.[6] Die doppelte Überlagerung S3P3 ist dabei topologisch zugrundeliegend für die doppelte Überlagerung Spin(3)SO(3). (Entsprechend ist S3 diffeomorph zur Spingruppe Spin(3) und besitzt daher ebenfalls eine Gruppenstruktur.)
Bryant–Kusner-Parametrisierung der Boyschen Fläche

Eigenschaften

  • Jede stetige Abbildung PnPn mit n gerade hat einen Fixpunkt (also Pn die Fixpunkteigenschaft für n gerade).[7][8] Für n ungerade gilt dies nicht, da dann die Abbildung PnPn,[x0:x1:....:xn1:xn][x1:x0:....:xn:xn1] keinen Fixpunkt hat.[8]
  • Die reelle projektive Ebene 2 ist der Moore-Raum M(2,1). Ihre n-fache Einhängung ΣnP2 ist daher der Moore-Raum M(2,n+1).
  • Die kleinste natürliche Zahl k, sodass Pn mit n1,3,7 eine Einbettung in k1 besitzt, ist genau die topologische Komplexität TC(Pn) (mit der Konvention TC({*})=1).[9]
  • Für n=1,3,7 ist TC(Pn)=n+1.[9]

CW-Struktur

Der reelle projektive Raum Pn ist ein CW-Komplex. Pn entsteht aus Pn1 durch Anklebung einer n-Zelle. Da P0 aus einer 0-Zelle besteht, hat die CW-Struktur auf Pn daher eine Zelle in jeder Dimension k von 0kn.[10][11]

Algebraische Topologie

Homotopie

Die Homotopiegruppen des reellen projektiven Raumes Pn lassen sich über die lange exakte Sequenz von Homotopiegruppen[12] des Faserbündels S0SnPn berechnen[13] und sind gegeben durch:[14]

πk(Pn)={0;k=0;k=1,n=12;k=1,n>1πk(Sn);k>1,n>0.

Homologie

Die Homologiegruppen des reellen projektiven Raumes Pn lassen sich über zelluläre Homologie aus dessen CW-Struktur berechnen und sind gegeben durch:[15][16]

Hk(Pn){;k=0 oder k=n wenn ungerade2;k ungerade,0<k<n1;sonst..

Es ist also Hn1(Pn)2 für n gerade und Hn1(Pn)1 für n ungerade. Daraus folgt,[17] dass Pn genau dann orientierbar ist, wenn n ungerade ist.[18]

Kohomologie

Die Kohomologiegruppen des reellen projektiven Raumes Pn sind gegeben durch:[19]

Hk(Pn){;k=0 oder k=n wenn ungerade2;k ungerade,0<k<n1;sonst..

Für den Kohomologiering gilt:[20]

H*(Pn;2)=2[w1]/(w1n+1),

wobei w1 die erste Stiefel–Whitney-Klasse ist.

K-Theorie

Tautologisches Linienbündel

Es gibt ein kanonisches Linienbündel über dem reellen projektiven Raum Pn, da dessen Punkte per Konstruktion aus eindimensionalen Untervektorräumen bestehen, definiert durch:

γ1,n:={(x,V)n+1×Pn|xV}
π1,n:γ1,nPn,(x,V)V.

Das ist ein Spezialfall des tautologischen Vektorbündels über Graßmann-Mannigfaltigkeiten.[21]

Tangentialbündel

Für das Tangentialbündel des reellen projektiven Raumes Pn gilt:[22]

TPn_(γ1,n)n+1.

Unendlicher reeller projektiver Raum

Die kanonische Inklusion n+1n+2,x(x,0) erzeugt eine wohldefinierte kanonische Inklusion PnPn+1,[x][(x,0)]. Der direkte Limes dieser Kette an Inklusionen wird als:

P:=limnPn

bezeichnet und unendlicher reeller projektiver Raum genannt.[23]

Das obige Faserbündel S0SnPn erzeugt durch direkten Limes ein Faserbündel S0SP. Da die unendlich-dimensionale Sphäre S zusammenziehbar ist (also alle Homotopiegruppen verschwinden),[24] folgt aus der langen exakten Sequenz von Homotopiegruppen[12] für die des unendlich reellen projektiven Raumes P:

πk(P)πk1(S0)={2;k=11;sonst..

Die CW-Struktur überträgt sich ebenfalls durch den direkten Limes, sodass der unendliche reelle projektive Raum P eine CW-Struktur mit einer Zelle in jeder Dimension hat.

Das tautologische Linienbündel lässt sich durch den direkten Limes γ1:=limnγ1,n über die kanonischen Inklusionen γ1,nγ1,n+1,(x,V)((x,0),V×{0}) auf P fortsetzen und ist ein Spezialfall eines universellen Vektorbündels. Die Namensgebung kommt daher, dass sich jedes reelle Linienbündel als zurückgezogenes Vektorbündel aus diesem erhalten lässt, also für jedes reelle Linienbündel π:EB mit B parakompakt (bis auf Homotopie) eine klassifizierende Abbildung f:BP existiert, sodass π=f*π1. Es gibt daher eine Isomorphie von Mengen:[25]

Vect1(B)[B,P].

Etwa ist der Rückzug des universellen Vektorbündels γ1 entlang der kanonischen Inklusion PnP (also B=Pn) wieder das tautologische Linienbündel γ1,n.

P ist BO(1), der klassifizierende Raum von O(1), der ersten orthogonalen Gruppe, und dadurch ebenso K(2,1),[26][23] der erste Eilenberg–MacLane-Raum von π0O(1)2 wie oben bereits gezeigt. Das bedeutet, dass P die erste singuläre Kohomologie mit Koeffizienten in 2 darstellt (vergleiche mit dem Brownschen Darstellungssatz), also für topologische Räume B mit dem Homotopietyp eines CW-Komplexes (also insbesondere parakompakt[27]) sogar spezieller gilt:

Vect1(B)[B,P]H1(B;2).

Dabei ist der Isomorphismus (Homomorphismus, falls B nicht vom Homotopietyp eines CW-Komplexes ist) durch die erste Stiefel–Whitney-Klasse w1:Vect1(B)H1(B;2) gegeben.[28]

Der Kohomologiering des unendlich reellen projektiven Raumes P mit Koeffizienten in 2 ist gegeben durch:[20]

H*(P;2)=2[w1],

wobei w1 die erste Stiefel–Whitney-Klasse ist. Das folgt direkt aus dem allgemeineren Resultat für den klassifizierenden Raum von O(n):[29][30]

H*(BO(n);2)=2[w1,,wn].

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

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