Vektorbündel

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Die obere Grafik zeigt den Kreis mit einigen seiner Tangentialräume. Die zweite Grafik fasst die Tangentialräume zum Tangentialbündel, einem besonderen Vektorbündel zusammen.

Vektorbündel oder manchmal auch Vektorraumbündel sind Familien von Vektorräumen, die durch die Punkte eines topologischen Raumes parametrisiert sind. Vektorbündel gehören damit auch zu den Faserbündeln. Existiert zu jedem Vektorraum des Vektorbündels eine Menge von Basen, so kann auch diese Menge ein Faserbündel bilden. Man spricht dann von Rahmen- oder auch Reperbündeln.[1] Diese speziellen Faserbündel sind zugleich auch Hauptfaserbündel.

Anschaulich besteht ein Vektorbündel aus je einem Vektorraum für jeden Punkt des Basisraumes. Da Vektorräume gleicher Dimension jedoch stets isomorph sind, liegt die wesentliche Information in den Beziehungen zwischen diesen Vektorräumen. Das bekannteste Beispiel für ein Vektorbündel ist das Tangentialbündel einer differenzierbaren Mannigfaltigkeit. Der Zusammenhang zwischen den verschiedenen Tangentialräumen, also den Vektorräumen zu den einzelnen Punkten, äußert sich beispielsweise in der Frage, ob ein Vektorfeld differenzierbar ist.

Die Frage, wie Vektorbündel auf einem Raum aussehen können, hängt eng mit globalen topologischen Eigenschaften des Raumes zusammen. Nicht-isomorphe Vektorbündel können oft durch ihre charakteristischen Klassen unterschieden werden.

Definitionen

Vektorbündel

Illustration des Vektorbündels (E,B,π). Hier ist der Totalraum E=2 und der Basisraum B=. Die Abbildung π:EB projiziert jede Gerade Ex auf den Punkt x. Der Raum Ex={pE|π(p)=x} wird Faser über x genannt. Außerdem ist der Totalraum E die Vereinigung aller Fasern.[2]

Sei 𝕂n ein reeller beziehungsweise komplexer n-dimensionaler Vektorraum. Ein reelles beziehungsweise komplexes Vektorbündel vom Rang n ist ein Tripel (E,B,π), bestehend aus topologischen Räumen E (Totalraum) und B (Basis) sowie einer stetigen surjektiven Abbildung π:EB, so dass gilt:

  • Für jeden Punkt x von B trägt die Faser Ex:=π1(x) von E über x die Struktur eines reellen beziehungsweise komplexen n-dimensionalen Vektorraums.
  • „Lokale Trivialität“: Zu jedem Punkt xB existiert eine Umgebung U von x und ein Homöomorphismus
ψ:U×𝕂nE|U:=π1(U)E,
der mit π kompatibel ist, das heißt πψ=pr1, und für den
ψy:{y}×𝕂nEy
für jedes y in U ein Isomorphismus von Vektorräumen ist. Dabei bezeichnet pr1 die Projektion auf den ersten Faktor. Ein solches ψ heißt lokale Trivialisierung.

Ein Vektorbündel (E,B,π) heißt trivial, wenn es eine Trivialisierung mit U=B gibt. (B×𝕂n,B,pr1) ist ein triviales Vektorbündel.

In verkürzter Ausdrucksweise spricht man oft vom „Vektorbündel π:EB“, womit das Tripel (E,B,π) implizit benannt wird.

Geradenbündel

Ein Vektorbündel mit Rang 1 wird Geradenbündel (als Fehlübersetzung aus dem Englischen auch Linienbündel) genannt.

Beispiele

Das Möbiusband als ein Vektorbündel über dem Kreis

Homomorphismus von Vektorbündeln

Homomorphismus

Ein Vektorbündelhomomorphismus von dem Vektorbündel π1:E1B1 in das Vektorbündel π2:E2B2 ist ein Paar (f,g) von stetigen Abbildungen f:E1E2 und g:B1B2, so dass

  • gπ1=π2f gilt und
  • π11({x})π21({g(x)}) für alle xB1 eine lineare Abbildung ist.

Oftmals wird ein Vektorbündelhomomorphismus kurz als Bündelhomomorphismus oder als Homomorphismus bezeichnet.

Isomorphismus

Ein Vektorbündelhomomorphismus (f,g) von π1:E1B1 nach π2:E2B2 ist ein Vektorbündelisomorphismus, falls f und g Homöomorphismen sind und die induzierte lineare Abbildung π11({x})π21({g(x)}) ein Vektorraumisomorphismus ist.

Beispiel

Betrachtet man den Kreis S1 als Mannigfaltigkeit, dann ist das Tangentialbündel TS1S1 vom S1 isomorph zu dem trivialen Vektorbündel S1×S1. Der Homöomorphismus zwischen den Basisräumen ist die identische Abbildung und der zwischen den Totalräumen lautet

(eiθ,iteiθ)(eiθ,t)

für eiθS1 und t.

Unterstrukturen

Untervektorbündel

Mit Ex werden die Fasern des Vektorbündels π:EB am Punkt xB bezeichnet. Ein Untervektorbündel des Vektorbündels π:EB besteht aus einem topologischen Teilraum UE bestehend aus einer Familie von Untervektorräumen Ux von Ex, so dass πU:UB ein eigenes Vektorbündel ist.

Eingeschränktes Vektorbündel

Mit Ex werden wieder die Fasern des Vektorbündels π:EB am Punkt xB bezeichnet und DB bezeichnet einen topologischen Teilraum. Das auf D eingeschränkte Vektorbündel πD:EDD ist definiert durch

ED:=E|D:=mDEmundπD:=π|D.

Das eingeschränkte Vektorbündel ist ein eigenständiges Vektorbündel bezüglich des topologischen Teilraums D.

Konstruktionen mit Vektorbündeln

Zurückgezogenes Vektorbündel

Für ein Vektorbündel π:EB und eine stetige Abbildung f:B1B definiert man das zurückgezogene Vektorbündel (engl.: "pull-back" oder "induced bundle", siehe auch Rücktransport) als das Bündel über B1 mit Totalraum

f*E:={(b,e)B1×E:f(b)=π(e)}

und Projektion π1(b,e)=b. Die Vektorraum-Struktur wird definiert durch t1(b,e1)+t2(b,e2)=(b,t1e1+t2e2). Man kann zeigen, dass dies wieder ein lokal triviales Vektorbündel definiert.

Für die durch f^(b,e)=e definierte Abbildung f^:f*EE gilt also πf^=fπ1 und für jedes bB1 induziert f^ einen Vektorraum-Isomorphismus π11(b)π1(f(b)).

Für jede Bündelabbildung g^:E1E2 hat man einen Isomorphismus E1=g*E2, wobei g:B1B2 die zu g^ gehörende Abbildung der Basen ist.

Direktes Produkt, Whitney-Summe, Tensorprodukt

Für zwei Vektorbündel πi:EiBi,i=1,2 definiert man das direkte Produkt als

π1×π2:E1×E2B1×B2,

wobei jede Faser (π1×π2)1(b1,b2)=π11(b1)×π21(b2) mit der Vektorraum-Struktur als direkte Summe der Vektorräume π11(b1) und π21(b2) versehen wird.

Seien jetzt π1,π2 Vektorbündel über derselben Basis, also B1=B2=B. Ihre Whitney-Summe wird dann mit Hilfe der Diagonal-Abbildung d:BB×B definiert als zurückgezogenes Bündel

π1π2:=d*(π1×π2).

Die Whitney-Summe ist also gerade das Vektorbündel über B, dessen Faser über bB die direkte Summe π11(b)π21(b) ist.

Analog wird das Tensorprodukt π1π2 definiert als das Vektorbündel, dessen Faser über bB das Tensorprodukt π11(b)π21(b) ist.

Weitere Objekte bei Vektorbündeln

Schnitt

Vorlage:Hauptartikel

Ist U eine offene Teilmenge von B, so heißt eine Abbildung

s:UE|U,

für die πs=id|U gilt, ein Schnitt von E über U. Die Menge Γ(U,E) aller Schnitte von E über U bildet einen Vektorraum.

Rahmen

Vorlage:Hauptartikel

Unter einem Rahmen (englisch frame, französisch repère) versteht man eine Art Basis eines Vektorbündels. Es handelt sich um n linear unabhängige Vektoren zu jeder Faser. Diese Vektoren bilden also an jedem Punkt eine Basis der Faser. Präzise bedeutet dies:

Sei π:EB ein Vektorbündel mit Rang n und sei UB eine offene Teilmenge des Basisraums. Ein lokales Reper oder Rahmen von E über U ist ein geordnetes n-Tupel (σ1,,σn). Dabei ist für alle i σi ein Schnitt in E über U, so dass (σ1(p),,σn(p)) eine Basis der Faser Ep für alle pU bildet. Falls man U=B wählen kann, so spricht man von einem globalen Rahmen.

Vektorbündel mit zusätzlichen Strukturen

Differenzierbares Vektorbündel

Sei π:EB ein Vektorbündel. Sind E und B differenzierbare Mannigfaltigkeiten und sind die Projektion π sowie die Trivialisierungen ψ differenzierbar, so heißt das Vektorbündel differenzierbar. Es heißt glatt, wenn die Mannigfaltigkeiten glatt sind und die Abbildungen beliebig oft differenzierbar sind.

Holomorphes Vektorbündel

Ein holomorphes Vektorbündel ist ein komplexes Vektorbündel π:EM über einer komplexen Mannigfaltigkeit M, so dass der Totalraum E eine komplexe Mannigfaltigkeit und die Projektion π eine holomorphe Abbildung ist.

G-Vektorbündel

Sei G eine Gruppe. Wenn E und B G-Räume sind, dann ist ein Vektorbündel π:EB ein G-Vektorbündel falls die Gruppenwirkung

g:ExEgx

für alle gG,xB eine lineare Abbildung ist.[3]

Klassifizierender Raum und klassifizierende Abbildung

Der klassifizierende Raum für k-dimensionale reelle Vektorbündel ist die Graßmann-Mannigfaltigkeit der k-dimensionalen Unterräume im , diese wird als BO(k) bezeichnet. Das bedeutet: jedes k-dimensionale reelle Vektorbündel EB ist von der Form f*γk für eine stetige Abbildung f:MBO(k) (die sogenannte klassifizierende Abbildung des Bündels) und das tautologische Bündel γkBO(k), und zwei Bündel sind isomorph genau dann, wenn ihre klassifizierenden Abbildungen homotop sind.

Analog ist BU(k), die Graßmann-Mannigfaltigkeit der k-dimensionalen Unterräume im , der klassifizierende Raum für k-dimensionale komplexe Vektorbündel.

Stabile Vektorbündel

Zwei Vektorbündel EB und FB heißen stabil äquivalent, wenn es triviale Vektorbündel GB,HB (nicht notwendig derselben Dimension) mit

EGFH

gibt. Die Äquivalenzklassen dieser Äquivalenzrelation werden als stabile Vektorbündel bezeichnet. (Diese Definition steht in keinem Zusammenhang mit dem Begriff der stabilen Vektorbündel in der Algebraischen Geometrie.)

Es seien BO=BO(k) und BU=BU(k) die aufsteigenden Vereinigungen (d. h. die Kolimiten bzgl. der mittels Gr(k,2k)Gr(k+1,2k+2) definierten Inklusionen BO(k)BO(k+1) und BU(k)BU(k+1)), dann kann man zu einem Vektorbündel EB und seiner klassifizierenden Abbildung BBO(k) bzw. BBU(k) die Komposition mit der Inklusion BO(k)BO bzw. BU(k)BU betrachten. Zwei Vektorbündel sind genau dann stabil äquivalent, wenn die entsprechenden Abbildungen BBO bzw. BBU homotop sind.

Vektorbündel in der algebraischen Geometrie

Definition

Für (algebraische) Vektorbündel in der algebraischen Geometrie sind E und B Schemata, Ex ist für alle Punkte x von B ein κ(x)-Vektorraum, und die lokalen Trivialisierungen sind Isomorphismen

U×AnE|U

Meist ist mit „Vektorbündel“ in der algebraischen Geometrie jedoch eine lokal freie Garbe gemeint (s. u.).

Lokalfreie Garbe

Es sei (X,OX) ein lokal geringter Raum, z. B. ein topologischer Raum mit der Garbe der stetigen reell- oder komplexwertigen Funktionen, eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit der Garbe der C-Funktionen oder ein Schema.

Eine lokal freie Garbe ist ein OX-Modul M, der lokal isomorph zu einem freien OX-Modul ist, d. h. X kann durch offene Mengen U überdeckt werden, für die M|U isomorph zu einer direkten Summe von Kopien von OX|U ist.

Lokalfreie Garben und Vektorbündel

Die beiden folgenden Konstruktionen liefern im Fall von topologischen Räumen oder differenzierbaren Mannigfaltigkeiten eine Äquivalenz der Kategorien von lokal freien Garben sowie Vektorbündeln auf X (der Einfachheit der Notation halber ist der Fall von reellen Vektorbündeln über einem topologischen Raum beschrieben):

  • Einem Vektorbündel wird die Garbe seiner Schnitte zugeordnet.
  • Einer lokal freien Garbe M wird die disjunkte Vereinigung E ihrer Fasern Mx/mxMx zugeordnet. Wir wählen eine offene Überdeckung (Ui) von X, so dass M auf jedem Ui trivial wird. Eine Trivialisierung definiert n nirgends verschwindende Schnitte von M über Ui, die fasernweise eine Basis bilden. Diese definieren eine Abbildung
Ui×nE,
und wir definieren die Topologie auf E dadurch, dass wir fordern, dass diese Abbildungen Homöomorphismen sind. Sie ist wohldefiniert, da sich diese Abbildungen über dem Schnitt zweier Mengen Ui und Uj nur um einen Homöomorphismus (genauer gesagt einen stetig variierenden Vektorraumautomorphismus von n) unterscheiden.

Im Fall der algebraischen Geometrie ist diese Konstruktion etwas einfacher: das Bündel zu einer lokalfreien Garbe E ist

𝐕(Eor):=𝐒𝐩𝐞𝐜S(Eor)

dabei bezeichnet S die symmetrische Algebra und 𝐒𝐩𝐞𝐜 das Algebrenspektrum.

Weiterführende Begriffe

Literatur

Vorlage:Commonscat

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Literatur
  2. John Baez, Javier P. Muniain: Gauge fields, knots and gravity (= Series on knots and everything. 4). World Scientific, Singapore u. a. 1994, ISBN 981-02-2034-0, S. 200.
  3. Vorlage:Webarchiv