Produktregel

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Die Produktregel oder Leibnizregel (nach Gottfried Wilhelm Leibniz) ist eine grundlegende Regel der Differentialrechnung. Mit ihr wird die Ableitung eines Produktes von Funktionen aus den Ableitungen der einzelnen Funktionen berechnet. In Lagrange-Notation lautet die Produktregel

(uv)=uv+uv.

Der Vorteil dieser Regel liegt darin, dass es im Allgemeinen einfacher ist, die Ableitungen beider Faktoren separat zu berechnen, als jene des gesamten Produkts auf einmal. In etwa kann über die Produktregel die Ableitung des Terms x2sin(x) schnell berechnet werden, wenn die Ableitungen der Terme x2 und sin(x) schon bekannt sind (sie ergeben sich als 2x bzw. cos(x) mittels der Ableitungsregeln elementarer Funktionen). Für den Fall, dass eine der beiden Funktionen konstant ist, geht die Produktregel in die einfachere Faktorregel über.

Neben ihrer Bedeutung für explizite Berechnungen hat die Produktregel auch theoretische Konsequenzen. Der hinter ihr stehende mathematische Satz besagt, dass Differenzierbarkeit (also die Eigenschaft von Funktionen, eine Ableitung zu besitzen) stabil unter Produktbildung ist. Sind also Funktionen f und g (in einem Punkt) ableitbar, so auch wieder ihr Produkt fg. Das Analogon zur Produktregel hinsichtlich Addition ist die Summenregel.

Im Rahmen der Integralrechnung kann die Produktregel dazu verwendet werden, die partielle Integration herzuleiten. Genau wie man die Integration als eine „Umkehrung“ der Differentiation gesehen werden kann, entspricht die partielle Integration der „Umkehrung“ der Produktregel.

Einführende Erklärung

Graphische Darstellung der Approximation von xx2 durch x2x1. Letztere ist die Tangente von xx2 an der Stelle x=1. Durch dieses Prinzip kann der Normalparabel an der Stelle x=1 die „Steigung“ 2 zugeordnet werden.

Ist eine Funktion f in einem Punkt differenzierbar, so ist es möglich, sie in diesem Bereich relativ gut durch eine lineare Funktion L(x)=ax+b anzunähern. Der Vorteil daran ist, dass man Begriffe wie „Steigung“, also das Maß, um wie viel Einheiten sich ein Vorgang ändert, wenn man den Eingabewert verändert, für lineare Funktionen verstanden hat. Indes ist es zu Beginn nicht klar, wie zum Beispiel die Steigung einer Funktion wie f(x)=x2 im Punkt x=1 zu begreifen ist. Durch die Annäherung mittels einer linearen Funktion, quasi als gedanklichen „Um-“ bzw. „Zwischenweg“, kann man aber den Begriff der Steigung auch auf Kurven, also nicht-lineare Vorgänge, ausweiten. Die Steigung am Punkt einer Kurve entspricht dann per Definition der Steigung der linearen Funktion, welche die Kurve dort am besten annähert, aber die Steigung einer linearen Funktion ist wegen der Gradlinigkeit des Schaubildes gut verstanden. Auf diese Weise können auch komplizierten, nicht-linearen Vorgängen lokale Veränderungsraten zugeordnet werden. Dieser Vorgang entspricht dem Kerngedanken der Differentialrechnung.

Der Gedanke hinter der Produktregel fußt nun wiederum auf einem einfachen Mechanismus. Sind zum Beispiel die Funktionen f und g separat im Punkt x=0 im Sinne der Differentialrechnung gut verstanden, können sie durch lineare Funktionen

f(x)Ax+a und g(x)Bx+b (für sehr kleine Werte x)

angenähert werden. Dabei haben die Näherungen, wie man aus der Erfahrung mit linearen Funktionen weiß, die Steigungen A bzw. B. Das Prinzip der Differentialrechnung ordnet also den „schwierigen Kurven“ von f und g im Punkt x=0 ebenfalls die Steigungen A und B zu. In kurzer Schreibweise:

f(0)=A bzw. g(0)=B.

Die Näherungen Ax+a und Bx+b sind so gewählt, dass sie im Punkt x=0 selbst perfekt sind (Tangentenprinzip), es herrscht dann im Grenzfall sogar Gleichheit: f(0)=A0+a=a bzw. g(0)=B0+b=b, also kurz

f(0)=a bzw. g(0)=b.

Es ist nun naheliegend, dass sich ihr Produkt f(x)g(x) über das Produkt dieser Näherungen wieder annähert. Zum Beispiel sind, zunächst einzeln betrachtet, die Zahlen 2,1 und 5,1 gute Näherungen für die Zahlen 2 und 5, ergo ist deren Produkt 2,15,1=10,71 eine Näherung für 25=10, kurz

252,15,1.

Nehmen nun f(x) und g(x) gedanklich den Platz von 2 und 5, sowie Ax+a und Bx+b von 2,1 und 5,1 in der oberen Anschauung ein, gilt diesem Gedanken folgend

f(x)Ax+b und g(x)Bx+bf(x)g(x)(Ax+a)(Bx+b).

Durch Ausmultiplizieren von (Ax+a)(Bx+b) und anschließendes termweises Zusammenfassen erhält man daraus

f(x)g(x)ABx2+Abx+Bax+ab=ABx2+(Ab+Ba)x+ab.

Der Term ABx2 ist für sehr kleine Werte verschwindend geringer als jede von Null verschiedene lineare Annäherung noch messen könnte (das Produkt x2 zweier kleiner Zahlen x ist „umso kleiner“), daher kann er bei der linearen Näherung des Produktes ignoriert werden:

f(x)g(x)(Ab+Ba)x+ab.

Auf der rechten Seite steht nun wieder eine lineare Näherung. Die Steigung von fg im Punkt x=0 ist also Ab+Ba=f(0)g(0)+g(0)f(0).

Exakt dieselbe Überlegung gilt für beliebige feste Punkte x=x0, wenn man oben x durch xx0 in den Näherungstermen ersetzt. Die „kreuzweise“ Gestalt der Produktregel ist also schlicht das Resultat des mittleren Termes von (Ax+b)(Bx+a)=(f(0)x+f(0))(g(0)x+g(0)) in ausmultiplizierter Form. In diesem Sinne muss sie nicht auswendig gelernt werden, sondern kann diesen Gedanken durch elementare Rechnungen aus oberer Heuristik jederzeit hergeleitet werden.

Aussage der Produktregel

Sind die Funktionen u und v von einem Intervall D in die Menge der reellen oder der komplexen Zahlen an einer Stelle aD differenzierbar, so ist auch die durch

f(x)=u(x)v(x) für alle xD

definierte Funktion f an der Stelle x=a differenzierbar, und es gilt[1]

f(a)=u(a)v(a)+u(a)v(a)

oder kurz:

(uv)=uv+uv

Letztere Schreibweise ist besonders dann in Gebrauch, wenn u und v, also damit auch f, im gesamten Definitionsbereich differenzierbar sind.

Geschichte

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Gottfried Wilhelm Leibniz

Als Entdecker der Produktregel wird in der Literatur häufig Gottfried Wilhelm Leibniz genannt, der sie in seiner bahnbrechenden Nova Methodus pro Maximis et Minimis (1684), dem ersten Werk über das Kalkül der Infinitesimalrechnung, zusammen mit Summen- und Quotientenregel publizierte.[2][3] Allerdings hatte Leibniz bereits im November 1675 in einem Manuskript mit dem Titel Pro methodo tangentium inversa et aliis tetragonisticis specimina et inventa die Regel

dxy=dxyxdy

formuliert und diese „einen äußerst bemerkenswerten und für alle Kurven geltenden Satz“ bezeichnet.[4] Hierbei nutzte er seine eigens eingeführte Notation für infinitesimale Größen. In einer weiteren Arbeit vom 11. Juli 1677 lieferte Leibniz schließlich erste Beweise für sowohl Produkt- als auch Quotientenregel. Um d(xy)=xdy+ydx zu zeigen, schreibt Leibniz

d(xy)=(x+dx)(y+dy)xy=xdy+ydx+dxdy

und argumentiert, dass die Größe dxdy „unendlich viel kleiner“ sei verglichen zum Rest, womit nur noch xdy+ydx überbleibt.[5] Auch war Leibniz im Jahr 1710 im Stande, eine allgemeine Form der Produktregel zu formulieren. Diese bezieht sich auf höhere Ableitungen eines Produktes, also zweite, dritte, vierte usw. Ableitung. Leibniz schrieb:[6]

pe(x+y)=1pexp0y+e1pe1xp1y+ee112pe2xp2y+ee1e2123pe3xp3y+ee1e2e31234pe4xp4y+ etc.,
de(x+y)=1dexd0y+e1de1xd1y+ee112de2xd2y+ee1e2123de3xd3y+ee1e2e31234de4xd4y+ etc.,

wobei er die Notationen pk für die k-te Potenz und dk für das k-te Differential verwendete. Leibniz erkannte, dass die allgemeine Produktregel in direkter Verbindung zum binomischen Lehrsatz stand und sich diese durch die Analogie zwischen dimensionsgebundener Homogenität (im Sinne gleicher Potenzen in Polynomen) und Potenzen unendlich kleiner Größen ausdrückt.[7] In einer Leibniz-Übersetzung im Jahr 1920 behauptete J. M. Child jedoch, dass Isaac Barrow die Produktregel, wie auch andere Techniken, zuvor entwickelt habe. Dort heißt es:

Vorlage:Zitat

Bereits im Jahr 1916 hatte Child eine englische Übersetzung von Teilen der Lectiones Geometricae von Barrow veröffentlicht,[8] in deren Vorwort er Barrow zum eigentlichen und einzigen Erfinder der Differential- und Integralrechnung erhoben hatte. Damit ging Child nach Einschätzung von Thomas Sonar jedoch zu weit, denn man könne aus Barrows geometrischen Konstruktionen den Hauptsatz zwar herauslesen, allerdings hätte Child dies aus der Position des heutigen, mathematisch gebildeten Menschen getan. Barrow wäre es laut Sonar hingegen versagt geblieben, diese tiefe Einsicht aus seinen eigenen Arbeiten zu gewinnen.[9]

Anwendungsbeispiele

Im Folgenden sei stets f(x)=u(x)v(x).

  • Ist u(x)=x und v(x)=x, so erhält man aus der Kenntnis von u(x)=1 und v(x)=1 mit der Produktregel
ddxx2=f(x)=u(x)v(x)+u(x)v(x)=1x+x1=2x.
  • Ist u(x)=x und v(x)=1x, so ist f(x)=u(x)v(x)=1, also ist
0=f(x)=u(x)v(x)+u(x)v(x)=11x+xv(x),
und durch Umformen erhält man
v(x)=1x2.

Verwendet man die Kurznotation (uv)=uv+uv so erhält man beispielsweise für die Ableitung folgender Funktion

f(x)=(x24)(x3+1)f(x)=2x(x3+1)+(x24)3x2

Ausmultipliziert ergibt sich f(x)=5x412x2+2x

Erklärung und Beweis

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Geometrische Veranschaulichung des Beweises der Produktregel.
Die beiden hellblauen Streifen ergeben in Kombination die Produktregel.

Das Produkt uv zweier reeller (an einer Stelle x differenzierbarer) Funktionen u und v hat an der Stelle x den Wert u(x)v(x), der als Flächeninhalt eines Rechtecks mit den Seiten u(x) und v(x) gedeutet werden kann. Ändert sich nun x um Δx, so ändert sich u(x) um Δu(x) und v(x) um Δv(x). Die Änderung Δ(u(x)v(x)) des Flächeninhalts u(x)v(x) setzt sich dann (siehe Abbildung) zusammen aus

Δ(u(x)v(x))=u(x)Δv(x)+v(x)Δu(x)+Δu(x)Δv(x).

Dividiert man durch Δx, so ergibt sich mit

Δ(u(x)v(x))Δx=u(x)Δv(x)Δx+v(x)Δu(x)Δx+Δu(x)ΔxΔv(x)

der Differenzenquotient der Produkt- oder Flächeninhaltsfunktion uv an der Stelle x.

Für Δx gegen 0 strebt auch Δv(x) (und damit der ganze letzte Summand) gegen 0, sodass man an der Stelle x

(uv)=uv+vu

erhält, wie behauptet. Dies ist auch im Wesentlichen die Argumentation, wie sie sich in einem ersten Beweis der Produktregel 1677 in einem Manuskript von Leibniz findet. Die Produktregel, die er dort gemeinsam mit der Quotientenregel beweist, war damit eine der ersten Regeln zur Anwendung der Infinitesimalrechnung, die er herleitete. Er benutzte allerdings keinen Grenzwert, sondern noch Differentiale und schloss, dass ΔuΔv wegfällt, weil es im Vergleich zu den anderen Summanden infinitesimal klein sei. Euler benutzte noch dasselbe Argument, erst bei Cauchy findet sich ein Beweis mit Grenzwerten, der den heutigen Maßstäben an mathematische Strenge genügt:

Beweis

Gegeben sei die Funktion f durch f(x)=u(x)v(x). Die Ableitung von f an einer Stelle x ist dann durch den Grenzwert des Differenzenquotienten

limΔx0u(x+Δx)v(x+Δx)u(x)v(x)Δx

gegeben. Addition und Subtraktion des Terms u(x)v(x+Δx)Δx liefert

limΔx0u(x+Δx)u(x)Δxv(x+Δx)+limΔx0u(x)v(x+Δx)v(x)Δx.

Das Ausführen der beiden Grenzübergänge liefert die Produktregel f(x)=u(x)v(x)+u(x)v(x).

Verallgemeinerungen

Höhere Ableitungen und Faktorenzahl Vorlage:Anker

Auch die Regel für Ableitungen n-ter Ordnung für ein Produkt aus zwei Funktionen u,v:X war schon Leibniz bekannt und wird entsprechend manchmal ebenfalls als Leibnizsche Regel bezeichnet. Sie ergibt sich aus der Produktregel mittels vollständiger Induktion zu[10]

(uv)(n)=k=0n(nk)u(k)v(nk).

Die hier auftretenden Ausdrücke der Form (nk) sind Binomialkoeffizienten. Die obige Formel enthält die eigentliche Produktregel als Spezialfall und impliziert, dass der -Vektorraum Cn(X,) der n-mal differenzierbaren Funktionen auf X sogar eine -Algebra ist. Einfach gesprochen folgt also, dass wenn f und g jeweils n-mal differenzierbar sind, dies auch auf ihr Produkt fg zutrifft. Sie hat auffallende Ähnlichkeit zum binomischen Lehrsatz

(a+b)n=k=0n(nk)akbnk.

Diese Ähnlichkeit ist kein Zufall, der übliche Induktionsbeweis läuft in beiden Fällen vollkommen analog; man kann die Leibnizregel aber auch mit Hilfe des binomischen Satzes beweisen.

Für höhere Ableitungen von mehr als zwei Faktoren lässt sich ganz entsprechend das Multinomialtheorem übertragen. Es gilt

(f1f2fk)(n)=n1++nk=n(nn1,,nk)f1(n1)f2(n2)fk(nk)

mit den Multinomialkoeffizienten (nn1,,nk). Für den Spezialfall n=1 lassen sich daraus

(uvw)=uvw+uvw+uvw,
(uvwz)=uvwz+uvwz+uvwz+uvwz
usw.

herleiten. Allgemein ist für eine differenzierbare Funktion f=j=1kfj, die ein Produkt von k differenzierbaren Funktionen fj ist, die Ableitung

f=j=1kfj=1jkf=f'1f2f3fk+f1f'2f3fk++f1f2f3fk,

wobei das Produktzeichen bezeichnet. Haben die Funktionen keine Nullstellen, so kann man diese Regel auch in der übersichtlichen Form

ff=(f1fk)f1fn=f1f1++fkfn=j=1kfjfj

schreiben; derartige Brüche bezeichnet man als logarithmische Ableitungen. Hintergrund dabei ist die Identität log(f1fk)=log(f1)++log(fk).

Komplexe Differenzierbarkeit

Die Produktregel gilt auch für komplex differenzierbare Funktionen: Es sei U offen und f,g:U komplex differenzierbar in z0. Dann ist fg ebenfalls komplex differenzierbar in z0, und es gilt

(fg)(z0)=f(z0)g(z0)+f(z0)g(z0).

Insbesondere gilt: Sind f und g holomorph in U, so folgt (fg)=fg+fg in ganz U und die Abbildung zf(z)g(z) ist erneut holomorph in U.

Produkte von Vektoren und Matrix-Vektor-Produkte

Beim Beweis der Produktregel werden aus den Werten von u Linearkombinationen (Summen, Differenzen, Produkte mit Zahlen) gebildet, ebenso aus den Werten von v. Die Rollen von u und v sind dabei klar getrennt: u ist der linke Faktor, v der rechte. Der Beweis überträgt sich deswegen auf alle Produktbildungen, die sowohl im linken als auch im rechten Faktor linear sind. Insbesondere gilt die Produktregel auch für

ddx(α(x)u(x))=dαdxu(x)+α(x)dudx;
ddx(u(x)v(x))=dudxv(x)+u(x)dvdx;
ddx(u(x)×v(x))=dudx×v(x)+u(x)×dvdx.[11]

Vektoren bzw. Matrizen sind dabei als Funktionen einer unabhängigen Variablen zu verstehen.

Höherdimensionaler Definitionsbereich

Verallgemeinert man auf Funktionen mit höherdimensionalem Definitionsbereich, so lässt sich die Produktregel wie folgt formulieren: Es seien Un eine offene Teilmenge, u,v:U differenzierbare Funktionen und xn ein Richtungsvektor. Dann gilt die Produktregel für die Richtungsableitung:[12]

x(uv)=(xu)v+uxv.

Entsprechend gilt für die Gradienten

(uv)=(u)v+uv.

In der Sprache der differenzierbaren Mannigfaltigkeiten lauten diese beiden Aussagen:

  • Sind x ein Tangentialvektor und u, v lokal differenzierbare Funktionen, dann gilt
x(uv)=xuv+uxv.
  • Sind u,v lokal differenzierbare Funktionen, so gilt die folgende Beziehung zwischen den äußeren Ableitungen:
d(uv)=vdu+udv

Höhere partielle Ableitungen

Sei α,β0n,Unundu,vCα(U,). Dann gilt:[13]

Dα(uv)=βα(αβ)DβuDαβv

Allgemeine differenzierbare Abbildungen

Es seien U ein offenes Intervall, B eine Banachalgebra (z. B. die Algebra der reellen oder komplexen (n×n)-Matrizen) und u,v:UB differenzierbare Funktionen. Dann gilt:

(uv)=uv+uv

Dabei bezeichnet »·« die Multiplikation in der Banachalgebra.

Sind allgemeiner B und B Banachräume, u:UB und v:UB differenzierbare Funktionen, so gilt ebenfalls eine Produktregel, wobei die Funktion des Produktes von einer Bilinearform A:B×B übernommen wird. Von dieser wird verlangt, dass sie stetig ist, also beschränkt:

|A(b,b)|Cbb für alle bB,bB

mit einer festen Konstante C. Dann gilt die Produktregel

ddxA(u(x),v(x))=A(u(x),v(x))+A(u(x),v(x)).

Entsprechende Aussagen gelten für höherdimensionale Definitionsbereiche.

Leibniz-Regel für dividierte Differenzen

Die Leibnizregel lässt sich auf dividierte Differenzen übertragen:[14]

[x0,,xn](fg)=j=0n([x0,,xj]f)([xj,,xn]g)

Der Spezialfall

[x,x](fg)=[x]f[x,x]g+[x,x]f[x]g=f(x)g(x)+f(x)g(x) mit n=1;x=x0=x1,

schließt die originale Leibnizregel mit ein.

Derivationen

Vorlage:Hauptartikel

Allgemein nennt man Abbildungen D, welche die Produktregel

D(uv)=vD(u)+uD(v)

erfüllen, Derivationen. Die Reihenfolge der Faktoren ist hier für den Fall einer Derivation AM mit einer Algebra A und einem A-Linksmodul M gewählt.

Im Zusammenhang mit - oder /2-graduierten Algebren („Superalgebren“) muss der Begriff der Derivation jedoch durch den der Antiderivation ersetzt werden. Die entsprechende Gleichung lautet dann

D(uv)=D(u)v+(1)|u|uD(v)

für homogene Elemente u, v. Dabei bezeichnet |u| den Grad von u. Das prominenteste Beispiel einer Antiderivation ist die äußere Ableitung für Differentialformen

d(ωη)=dωη+(1)|ω|ωdη.

Literatur

Die Produktregel für Funktionen wird in jedem Buch erläutert, das Differentialrechnung in allgemeiner Form behandelt.

  • Otto Forster: Analysis 1. Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen. 7. Auflage. Vieweg, Braunschweig 2004, ISBN 3-528-67224-2.
  • Otto Forster: Analysis 2. Differentialrechnung im Rn. Gewöhnliche Differentialgleichungen. 6. Auflage. Vieweg, Braunschweig 2005, ISBN 3-528-47231-6.
  • Konrad Königsberger: Analysis. 2 Bde. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-41282-4.
  • Charles Henry Edwards Jr.: The Historical Development of the Calculus. Springer, New York 1979, ISBN 0-387-90436-0.

Einzelnachweise

  1. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis 1, Dritte Auflage, Birkhäuser, S. 321.
  2. Gottfried Wilhelm Leibniz: Nova Methodus pro Maximis et Minimis, S. 467
  3. John Stillwell: Mathematics and Its History, Springer, S. 171.
  4. J. M. Child: The Early Mathematical Manuscripts Of Leibniz, S. 107.
  5. Charles Henry Edwards: The Historical Development of the Calculus, Springer, S. 255–256.
  6. Gottfried Wilhelm Leibniz: Mathematische Schriften V, S. 379–380.
  7. H. J. M. Bos: Differentials, Higher-Order Differentials and the Derivative in the Leibnizian Calculus, Arch. Hist. Exact Sci. 14, 1975, S. 33.
  8. J. M. Child: Geometrical Lectures of Isaac Barrow. Chicago, London, 1916.
  9. Thomas Sonar: 3000 Jahre Analysis, Springer, S. 330.
  10. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis 1, Dritte Auflage, Birkhäuser, S. 325.
  11. Vorlage:Literatur
  12. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis 2, Zweite Auflage, Birkhäuser, S. 175.
  13. Lawrence C. Evans: Partial Differential Equations. ISBN 0-8218-0772-2, 19. Auflage, S. 12.
  14. De Boor: Divided Differences. Surveys in Approximation Theory. Band 1, 2005, S. 46–69.

Vorlage:Lesenswert