W*-dynamisches System

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

W*-dynamische Systeme werden im mathematischen Teilgebiet der Funktionalanalysis untersucht. Es handelt sich um eine Konstruktion, mit der man aus einer Von-Neumann-Algebra und einer lokalkompakten Gruppe, die in gewisser Weise auf der Von-Neumann-Algebra operiert, eine neue Von-Neumann-Algebra gewinnt.

Definition

Ein W*-dynamisches System ist ein Tripel (A,G,α) bestehend aus einer Von-Neumann-Algebra A über einem Hilbertraum H, einer lokalkompakten Gruppe G und einem Homomorphismus α:GAut(A),sαs von G in die Gruppe der *-Automorphismen von A, der punktweise stark stetig ist, das heißt, dass alle Abbildungen GH,sαs(a)ξ,aA,ξH normstetig sind.

Man kann die starke Operatortopologie durch die schwache oder ultraschwache Operatortopologie ersetzen und erhält dabei denselben Begriff.[1]

Konstruktion des Kreuzproduktes

Zu einem W*-dynamischen System (A,G,α) konstruieren wir wie folgt eine Von-Neumann-Algebra AαG. Wir geben hier die in[2] vorgestellte Konstruktion wieder. Als erstes beschreiben wir den Hilbertraum, auf dem die neue Von-Neumann-Algebra operieren soll.

A operiere auf dem Hilbertraum H und L2(G) sei der Hilbertraum der bzgl. des Haarmaßes quadratintegrablen Funktionen. Das Hilbertraum-Tensorprodukt HL2(G) kann man mit dem Raum L2(G,H) der messbaren Funktionen ξ:GH mit Gξ(s)2ds< identifizieren. Die Abbildung, die einem Elementartensor ξ0h die Funktion sh(s)ξ0 zuordnet, kann zu einem unitären Operator

HL2(G)L2(G,H)

fortgesetzt werden.

Nun zu den Operatoren der zu definierenden Von-Neumann-Algebra. Da der Raum Cc(G,H) der stetigen Funktionen GH mit kompaktem Träger dicht in L2(G,H) liegt, genügt es, die Wirkung der Operatoren auf Cc(G,H) anzugeben. Zu jedem xA definieren wir den Operator π(x) auf L2(G,H) durch

(π(x)f)(s):=αs1(x)f(s),fCc(G,H),sG

und für jedes tG den Operator λ(t) auf L2(G,H) durch

(λ(t)f)(s):=f(t1s),fCc(G,H),sG.

Dann ist π ist eine Hilbertraum-Darstellung von A und λ eine Gruppendarstellung von G auf dem Hilbertraum L2(G,H) und es gilt

λ(t)π(x)λ(t)*:=π(αt(x)) für alle xA,tG.

Daher ist die lineare Hülle der Operatoren π(x)λ(t) eine bzgl. der Involution abgeschlossene Teilalgebra von L(L2(G,H)), der beschränkten, linearen Operatoren auf L2(G,H), deren schwacher Abschluss eine Von-Neumann-Algebra ist. Diese heißt die Von-Neumann-Algebra des W*-dynamischen Systems (A,G,α) oder das Kreuzprodukt aus A und G (vermöge α) und wird mit AαG bezeichnet. Alternative Bezeichnungen sind AαG, A×αG oder W*(A,G,α).

Beachtet man die oben angegebene Isomorphie HL2(G)L2(G,H), so kann man zeigen, dass AαG im Tensorprodukt AL(L2(G)) enthalten ist.

Dualität

Sei G eine kommutative, lokalkompakte Gruppe. Dann gibt es dazu die Dualgruppe G^ der stetigen Gruppenhomomorphismen G{z;|z|=1}. Diese ist mit der Topologie der kompakten Konvergenz wieder eine kommutative, lokalkompakte Gruppe. Für einen solchen Gruppenhomomorphismus χG^ definieren wir den unitären Operator vχ auf L2(G) durch die Formel

(vχf)(s):=χ(s)f(s),fCc(G),sG.

Dann ist 1Hvχ ein unitärer Operator über HL2(G) und man kann zeigen, dass (1vχ)AαG(1vχ)*=AαG gilt, das heißt, dass durch

α^χ(y):=(1vχ)y(1vχ)*

ein Automorphismus auf AαG definiert wird, der (AαG,G^,α^) zu einem W*-dynamischen System macht. Man kann also das Kreuzprodukt (AαG)α^G^ bilden und zeigen, dass dieses isomorph zu AL(L2(G)) ist.[3]

Anwendungen

Konstruktion von Faktoren

Es sei T ein Borel-Raum, der Borel-isomorph zu [0,1] ist, und μ ein σ-endliches Maß auf T ohne Atome, das heißt, es ist μ({t})=0 für alle tT. Wir betrachten injektive Gruppenhomomorphismen

α:GIso(T,μ)

einer diskreten Gruppe G in die Gruppe der Borel-Isomorphismen auf (T,μ), so dass folgendes gilt:

  • Aus μ(N)=0 folgt für alle gG auch μ(α'g(N))=0.
  • G operiere frei auf (T,μ), das heißt μ({tT;α'g(t)=t})=0 für alle vom neutralen Element verschiedenen gG.
  • G operiere ergodisch auf (T,μ), das heißt ist NT mit μ(α'g(N)N)=0 für ein vom neutralen Element verschiedenes gG, so ist μ(N)=0 oder μ(TN)=0.

Aus α:GIso(T,μ) erhält man einen Gruppenhomomorphismus

α:GAut(L(T,μ)),(αg(f))(t):=f(α'g1(t))

in die Automorphismengruppe der abelschen Von-Neumann-Algebra L(T,μ) und man erhält ein W*-dynamisches System (L(T,μ),G,α). Daher kann man das Kreuzprodukt L(T,μ)αG bilden. Für dieses gilt[4][5]:

  • Ist μ nun G-invariant, das heißt μ(α'g(N))=μ(N) für alle messbaren Teilmengen NT, so ist L(T,μ)αG ein Typ II Faktor, und zwar ein Typ II1 Faktor, falls μ(T)<, und anderenfalls ein Typ II Faktor.
  • Ist μ nicht G-invariant, wohl aber invariant bzgl. einer Untergruppe von G, die ebenfalls ergodisch auf (T,μ) operiert, so ist L(T,μ)αG ein Typ III Faktor.

Dafür lassen sich folgende konkrete Beispiele angeben:

Konkrete Beispiele

(i) Sei T=𝕋:={z;|z|=1}={e2πit;t[0,1]} die Kreislinie mit dem Haarmaß μ. Es sei G=/ und

α:GIso(𝕋,μ),α'q+(e2πit):=e2πi(t+q).

Dies erfüllt die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass L(𝕋,μ)α/ ein Typ II1-Faktor ist.

(ii) Sei T= mit dem Lebesguemaß λ.

α:Iso(,λ),α'q(t):=t+q.

Dies erfüllt die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass L(,λ)α ein Typ II-Faktor ist.

(iii) Sei T= mit dem Lebesguemaß λ und G sei die multiplikative Matrizengruppe G={(ab01);a,b}. Für g=(ab01) sei α'g(t):=at+b. Dann erfüllt α:GIso(,λ) die Voraussetzungen obigen Satzes, und es folgt, dass L(,λ)αG ein Typ III -Faktor ist.

Die modulare Gruppe

Für σ-endliche Von-Neumann-Algebren A liefert die Tomita-Takesaki-Theorie zu jedem treuen, normalen Zustand ein W*-dynamisches System (A,,σ). Die Abhängigkeit vom Zustand wird durch einen sogenannten Connes-Kozykel beschrieben, woraus sich ergibt, dass die Kreuzprodukte der W*-dynamischen Systeme zu verschiedenen Zuständen isomorph sind. Man kann daher von dem Kreuzprodukt Aσ mit der modularen Gruppe sprechen.

Die Dualität (Aσ)σ^AL(L2()) spielt eine wichtige Rolle im Satz von Takesaki über die Struktur der Typ III Von-Neumann-Algebren.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups, Academic Press Inc. (1979), ISBN 0-1254-9450-5, 7.4.2
  2. A van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2
  3. A van Daele: Continuous crossed products and type III von Neumann algebras, Cambridge University Press (1978), ISBN 0-521-21975-2, Theorem 4.11
  4. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups, Academic Press Inc. (1979), ISBN 0-1254-9450-5, 7.11.16
  5. R.V. Kadison, J. R. Ringrose: Fundamentals of the Theory of Operator Algebras II, 1983, ISBN 0-1239-3302-1, Theorem 8.6.10