Kubische Gleichung

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Graph einer Funktion 3. Grades; die Nullstellen (y = 0) sind dort, wo der Graph die x-Achse schneidet. Dieser Graph hat drei reelle Nullstellen.

Eine kubische Gleichung ist eine Bestimmungsgleichung, die sich auf die Form

Ax3+Bx2+Cx+D=0

bringen lässt. A,B,C und D sind die Koeffizienten der Gleichung, wobei A0 vorausgesetzt wird. Die Variable x bezeichnet die Unbekannte. Weil die Nullstellen eines Polynoms dritten Grades gesucht sind, spricht man auch von einer algebraischen Gleichung oder Polynomgleichung dritten Grades.

Im Falle reeller Koeffizienten lässt sich eine kubische Gleichung geometrisch deuten, nämlich durch den Funktionsgraphen der kubischen Funktion mit der Gleichung f(x)=Ax3+Bx2+Cx+D. Die reellen Lösungen der Gleichung entsprechen den Schnittpunkten des Funktionsgraphen mit der x-Achse. Nach dem Zwischenwertsatz hat eine kubische Gleichung mindestens eine reelle Lösung. Andererseits kann sie höchstens drei reelle Lösungen haben.

Eine kubische Gleichung mit komplexen Koeffizienten hat stets drei komplexe Lösungen x1,x2,x3, die auch zusammenfallen können. Dies folgt aus dem Fundamentalsatz der Algebra, nach dem sich jedes nicht konstante Polynom mit Koeffizienten aus in Linearfaktoren zerlegen lässt.

Ax3+Bx2+Cx+D=A(xx1)(xx2)(xx3)

Kubische Gleichungen werden nicht nur mit reellen oder komplexen Koeffizienten betrachtet, sondern allgemeiner mit Koeffizienten aus einem beliebigen Körper oder – noch allgemeiner – mit Koeffizienten aus einem Ring.

Kubische Gleichungen können in Körpern der Charakteristik ungleich 2 und 3 durch Radikale aufgelöst werden. Dies gelingt etwa mit Hilfe der Cardanischen Formeln.

Lösungsansätze

Raten einer Lösung

Verfahren

Kennt man eine Lösung x1, so kann man das kubische Polynom mit Hilfe der Polynomdivision oder des Horner-Schemas durch (xx1) dividieren und erhält so ein quadratisches Polynom. Die mit diesem Polynom gebildete quadratische Gleichung kann man mit Hilfe einer Lösungsformel lösen und erhält so die restlichen Lösungen x2,x3 der kubischen Gleichung. Dieses Verfahren ist aber nur für eine rationale Lösung x1 praktikabel. Bereits bei der irreduziblen Gleichung x36x6=0 ist das Verfahren mit der noch relativ einfachen Lösung x=23+43 nicht mehr praktikabel, da die Koeffizienten der verbleibenden quadratischen Gleichung sehr kompliziert werden. In diesen Fällen lassen sich die Lösungen mit der unten genannten Cardanischen Formel leichter bestimmen.

Sind alle Koeffizienten der kubischen Gleichung ganzzahlig, so kann man versuchen, eine rationale Lösung zu raten, das heißt, durch Probieren zu finden. Ist der führende Koeffizient A vom Betrag gleich 1, so kann man die ganzzahligen Teiler des letzten Koeffizienten D durchprobieren (auch negative Werte!). Ist A von eins verschieden, so müssen alle Brüche, deren Zähler ein Teiler von D und deren Nenner ein Teiler von A ist, durchprobiert werden. Der Satz über rationale Nullstellen garantiert, dass man mit diesem endlichen Aufwand eine rationale Nullstelle findet, falls eine solche existiert. Sind die Koeffizienten rational, so kann man ganzzahlige Koeffizienten erreichen, indem man die Gleichung mit dem Hauptnenner aller Koeffizienten multipliziert.

Beispiel

Als rationale Lösungen der kubischen Gleichung

3x38x211x+10=0

kommen nur die ganzzahligen Teiler ±1,±2,±5,±10 des letzten Koeffizienten sowie ±13,±23,±53,±103 in Frage. In der Tat ist x1=23 eine Lösung, wovon man sich durch Einsetzen überzeugt. Polynomdivision liefert

(3x38x211x+10):(x23)=3x26x15

und mit der quadratischen Lösungsformel ergeben sich als weitere Lösungen x2,3=1±6.

Algebraische Bestimmung

Im Folgenden wird angenommen, dass die Koeffizienten der Gleichung aus dem angeordneten Körper der reellen Zahlen mit der Ordnungsrelation < oder aus dem Körper der komplexen Zahlen stammen. Die Überlegungen lassen sich aber auch auf andere Körper übertragen, sofern die Charakteristik ungleich 2 und ungleich 3 ist. Sind allgemeiner die Koeffizienten Elemente eines Integritätsrings, können sie als Elemente des Quotientenkörpers aufgefasst werden.

Reduktion der Gleichung auf eine Normalform

Division durch A0 führt auf der linken Seite zu einem normierten Polynom, bei dem der Koeffizient von x3 gleich 1 ist.

x3+ax2+bx+c=0mita=BA,b=CAundc=DA

Mithilfe der Substitution x=z+δ erhält man:

(z+δ)3+a(z+δ)2+b(z+δ)+c=0
z3+(3δ+a)z2+(3δ2+2aδ+b)z+(δ3+aδ2+bδ+c)=0

Durch die Wahl δ=a3 (lineare Tschirnhaus-Transformation) fällt der quadratische Summand (3δ+a)z2 weg. Ist allerdings die Charakteristik des Koeffizientenrings gleich 3, so ist dies nicht möglich, weil dann 3=0 gilt.

Die reduzierte Form der kubischen Gleichung (kurz reduzierte Gleichung) ist also

z3+pz+q=0

mit

p=3δ2+2aδ+b=ba23undq=δ3+aδ2+bδ+c=2a327ab3+c.

Die reduzierte Gleichung kann nun mit Hilfe der cardanischen Formel aufgelöst werden. Durch anschließende Rücksubstitution, also durch Einsetzen in x=za3, lassen sich die Lösungen der ursprünglichen Gleichung bestimmen.

Lösung nach Cardano

Vorlage:Hauptartikel

Die von Gerolamo Cardano veröffentlichte Formel zur Lösung der reduzierten Gleichung z3+pz+q=0 lautet (in moderner Schreibweise)[1]

z=q2+R3+q2R3

mit

R=(q2)2+(p3)3.

Der Radikand R hängt unmittelbar mit der Diskriminante Δ des Polynoms Z3+pZ+q zusammen. Es gilt:

Δ=27q24p3=108R

Im Falle reeller Koeffizienten hat die Gleichung

  • für R>0 bzw. Δ<0 eine reelle Lösung und zwei konjugiert komplexe Lösungen,
  • für R=0 bzw. Δ=0 entweder eine zweifache und eine einfache Lösung oder (für p=q=0) eine dreifache Lösung. Dabei sind alle Lösungen reell.
  • für R<0 bzw. Δ>0 drei verschiedene reelle Lösungen. Allerdings enthält die cardanische Formel in diesem Fall die Quadratwurzel aus einer negativen Zahl (casus irreducibilis). Sie kann dann nicht unmittelbar verwendet werden.

Im Falle einer komplexen Gleichung sind die Kubikwurzeln

u=q2+R3 und v=q2R3

nicht eindeutig definiert wie im Reellen. Sie müssen so gewählt werden, dass die Beziehung uv=13p erfüllt ist.[2] Unter dieser Voraussetzung sind die drei (nicht notwendig verschiedenen) Lösungen z1,z2,z3 gegeben durch

z1=u+v,z2=uζ+vζ2,z3=uζ2+vζ,

wobei ζ=1+3i2 eine der beiden primitiven dritten Einheitswurzeln ist.

Trigonometrische Lösung nach Vieta

Im Falle einer reellen Gleichung mit R<0 bzw. Δ>0 (casus irreducibilis) führt die Formel von Cardano zu einer Quadratwurzel aus einer negativen Zahl. François Viète (Franciscus Vieta) fand eine Möglichkeit, die drei (in diesem Fall reellen) Lösungen mithilfe trigonometrischer Funktionen auszudrücken.[3]

Durch Einsetzen von z=ucosθ in die reduzierte Gleichung z3+pz+q=0 und Multiplikation mit 4u3 erhält man

4cos3θ+4pu2cosθ+4qu3=0.

Vergleich mit der trigonometrischen Identität (Folgerung aus den Additionstheoremen)

4cos3θ3cosθcos(3θ)=0

zeigt, dass die ersten beiden Summanden der beiden Gleichungen übereinstimmen, wenn die Bedingung u=2p3 erfüllt ist. Man erhält daraus die Beziehung

cos(3θ)=3q2p3p.

(Aus R<0 folgt p<0, weshalb die Quadratwurzel auch im Reellen definiert ist.)

Die Lösungen der reduzierten Gleichung z3+px+q=0 erhält man durch Auflösen nach θ und Einsetzen in z=ucosθ.

zk=2p3cos(13arccos(3q2p3p)2πk3) mit k=0,1,2

Analytische Bestimmung der reellen Lösungen der reellen Gleichung

Der Fall p = 0

Fall 1:   p=0

Hier erhält man z=q3=13a327c3. Nach Rücksubstitution ergibt sich als einzige reelle Lösung x=13(a327c3a).

Unterfall 1a:   p=0 und q=0

Die einzige reelle Lösung z=0 und x=a3 hat die Vielfachheit 3.
Die Fälle mit p ≠ 0

Eine Lösungsstrategie für die verbleibenden Lösungen, die ohne die Verwendung komplexer Zahlen auskommt, ist die folgende:
Die reduzierte Form wird durch Substitution mit Hilfe einer geeigneten trigonometrischen oder hyperbolischen Funktion so umgeformt, dass sie auf bekannte Additionstheoreme zurückgeführt werden kann.

Geeignete Funktionen sind:

Funktion f Wertebereich Additionstheorem σ kubische Gleichung Fall
cos |f(η)|1 cos(3η)=4cos3(η)3cos(η) 1 f(η)3+34σf(η)=14f(3η) 2
cosh f(η)1 cosh(3η)=4cosh3(η)3cosh(η) 1 f(η)3+34σf(η)=14f(3η) 3
cosh f(η)1 (cosh)(3η)=4(cosh)3(η)3(cosh)(η) 1 f(η)3+34σf(η)=14f(3η) 3
sinh beliebig reell sinh(3η)=4sinh3(η)+3sinh(η) +1 f(η)3+34σf(η)=14f(3η) 4

Die aufgeführten Additionstheoreme sind so parametrisiert, dass sie sich in dieselbe kubische Gleichung überführen lassen, die sich mit der reduzierten Form der gegebenen Gleichung

f(η)3+pα2f(η)+qα3=0

zur Deckung bringen lässt. Mithilfe der Setzung σ:=sgn(p) erhält man durch Koeffizientenvergleich sofort

34σ=pα2α=2|p|3     und     14f(3η)=qα3=q3σ4p123|p|=q827|p3|.

Somit lässt sich η durch die ursprünglichen Koeffizienten p und q ausdrücken:

f(3η)=Γη=13f1(Γ),

wobei Γ:=q227|p3|=sgn(q)|27Rp31| gesetzt ist und f1 eine zugehörige Arkus- oder Areafunktion bezeichnet. Durch Rücksubstitution kann dann die endgültige Lösung der kubischen Gleichung ermittelt werden. Aus α=2|p|3=23|a23b|, β=a3 und z=f(η) erhält man somit

x=αz+β=13(2|a23b|f(η)a).

Als erstes bestimmt das Vorzeichen von p die Wahl der Substitutionsfunktion f, in zweiter Linie Γ, das im reellen Wertebereich von f liegen muss.

Fall 2:   R0 bzw. Δ0   (woraus   p<0   und   |Γ|1   folgt):

Substitution mit z:=cosη, entspricht cos3η=Γ.
Es ergeben sich drei mögliche Lösungen zu
xk=13(2a23bcosηka) mit ηk=13(arccos(Γ)+2kπ) und k{0;1;2}

Unterfall 2a:   R=0 bzw. Δ=0   (woraus   |Γ|=1   folgt):

Es gibt nur zwei Lösungen. Die reduzierte Form vereinfacht sich zu 0=z334z14=(z1)(z±12)2. Aus den Linearfaktoren lassen sich nun direkt die zwei Lösungen z1=±1 und z2=12 ablesen. Zum selben Ergebnis führt 3η=±arccos(±1){0,π}, also η{0,±2π3} bzw. η{π,±π3}. Entsprechend ist x1=13(2a23ba) und x2=13(a23b+a). Die letztere Lösung hat die Vielfachheit 2.

Fall 3:   R>0 bzw. Δ<0   und   p<0   (woraus   |Γ|>1   und   q0   folgt):

Substitution mit z:=(sgn(q)cosh)(η), entspricht (sgn(q)cosh)(3η)=Γ=q227|p3|, also cosh(3η)=|Γ|.
Zunächst hat man zwei Lösungen 3η=±arcosh(|Γ|), die wegen cosh(±η)=coshη wieder in eins geworfen werden. Also: x=13(2a23bsgn(q)coshη+a) mit η=13arcosh(|Γ|).

Grenzfall 3a:   R=0 bzw. Δ=0   und   p<0   (woraus   Γ=±1   folgt):

3η=±arcosh(1)=0, also η=0 und x1=13(2a23ba).
Bemerkung:
Die zwei anderen (rein-imaginären) Lösungen 3η=±2πi von cosh(3η)=1 werden durch die Anwendung von cosh ins Reelle zurückgeworfen: cosh(η)=cosh(±2πi3)=12. Das Ergebnis ist wie im Unterfall 2a: z1=sgn(q)cosh(0)=sgn(q) und z2=sgn(q)cosh(±2πi3)=sgn(q)2.

Fall 4:   R>0 bzw. Δ<0   und   p>0:

Substitution mit z:=sinhη, entspricht sinh3η=Γ.
Als Ergebnis folgt:
x=13(23ba2sinhηa) mit η=13arsinh(Γ)
Es ergibt sich eine reelle Lösung.

Charakteristik 2 und 3

Hat der Koeffizientenkörper K die Charakteristik χ=2 oder χ=3, dann lassen sich die Formeln, insbesondere die Cardanische, wegen der Divisionen durch χ nicht anwenden – im Fall χ=3 lässt sich die Gleichung nicht einmal auf die reduzierte Form bringen.

Ein wichtiges Hilfsmittel zur Untersuchung der Nullstellen ist die formale Ableitung y, die, wenn sie nicht konstant ist, eine einzige Wurzel hat, denn sie ist im Fall χ=3 linear und im Fall χ=2 vom Grad 2 mit einer zweifachen Nullstelle. Durch Bilden des größten gemeinsamen Teilers ggT(y,y) kann festgestellt werden, ob y mehrfache Nullstellen hat.

Lösungsformel

Eine Lösungsformel über die Zerlegung x3+a2x2+a1x+a0=(xx1)(x2+px+q) ist:

Nach den Setzungen
 a:=12a133a12a2254a1a2a0+81a02+12a0a23 und
 b:=36a1a2108a08a23+12a3 ist
x1=b212a1+4a222a2b6b
p=16b2+12a14a224a2bb
q=13a1a2b9ba0+ba+b2a12a1a2218a2a0+2a2a+12a12b2
x2 und x3 berechnet sich dann nach der Formel:
x2=p2+i(p2)2+q
x3=p2i(p2)2+q
Für a=r(cosφ+isinφ) ist zu wählen: a=r(cosφ2+isinφ2) und a3=r3(cosφ3+isinφ3) (r,r,r3 positiv).

Beispiel 1: Für x3x2x2=0 ergibt sich:

a=441, b=8,  p=1, q=1
x1=2
x2=12+12i3
x3=1212i3

Beispiel 2: Für x33x23x1=0 ergibt sich:

a=324, b=643,  p=43+232, q=231
x1=43+23+1
x2=12431223+1+12i62312+343
x3=12431223+112i62312+343

Beispiel 3: Für x3+x22x2=0 ergibt sich:

a=24, b=1+32+(63)i,  p=1+2, q=2
x1=2
x2=2
x3=1

Beispiel 4: Für x3+4x2+2x4=0 ergibt sich:

a=144, b=1+33+(33)i,  p=3+3, q=2+23
x1=1+3
x2=13
x3=2

Schnelle numerische Berechnung

Die Methode von Deiters und Macías-Salinas[4] bringt die kubische Funktion zunächst einmal in die Form f(x)=x3+a2x2+a1x+a0 und verwendet dann die Laguerre-Samuelson-Ungleichung[5], um Schranken für die Lösungen zu finden.

xu,o:=xinfl±23d.

Hierbei ist d:=a223a1, und xinfl:=a2/3 ist der Abszissenwert des Wendepunkts. Dann sind folgende Fälle zu unterscheiden:

  1. f(xinfl)=0: Dann ist die Wendestelle die erste Lösung, x1=xinfl.
  2. d=0: Dann ist x1=xinflf(xinfl)3 eine Lösung.
  3. Andernfalls wird iterativ eine Näherungslösung x1 bestimmt. Dies geschieht ausgehend vom Startwert
x1,init={xuwenn d>0f(xinfl)>0xinflwenn d<0xowenn d>0f(xinfl)<0
mit dem Halley-Verfahren:
x1x1f(x1)f(x1)f(x1)212f(x1)f(x1).

Anschließend wird durch Polynomdivision die quadratische Funktion g(x)=(f(x)e)/(xx1) (mit kleinem e:=f(x1), dessen Betrag von der erzielten Genauigkeit abhängt) gebildet, deren Nullstellen (im Fall e=0) direkt ausgerechnet werden können:

g(x)=x2+b1x+b0 mit b1=x1+a2 und b0=b1x1+a1.

Bei sorgfältiger Implementierung (siehe revidierte Zusatzinformationen zur Originalpublikation[6]) ist dieses Verfahren auf modernen Prozessoren (2014, Architektur x86-64) um den Faktor 1,2 bis 10 schneller als die auf vergleichbare Genauigkeit ausgewerteten Cardanischen Formeln.

Siehe auch

Vorlage:Commonscat

Quellen und Literatur

Einzelnachweise