Formale Ableitung

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Die formale Ableitung ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der Algebra. Durch sie wird der Ableitungsbegriff aus der Analysis für Funktionen auf Polynome übertragen.

Da über einem Ring keine Zahl "zwischen" zwei Zahlen existiert, es also keinen Grenzwertbegriff gibt, kann der Differenzenquotient nicht sinnvoll definiert werden und somit existiert keine Ableitung im eigentlichen Sinne. Um das Konzept der Ableitung trotzdem nutzen zu können, wird diese für Polynome formal so definiert, dass die Faktorregel und die Potenzregel erfüllt sind.

Definition

Sei R ein Ring und R[X] bezeichne den Polynomring über R in einer Unbestimmten X. Für ein Polynom

f=i=0naiXiR[X]

ist die formale Ableitung fR[X] definiert als

f=i=1niaiXi1.

Eigenschaften

  • Für die formale Ableitung gelten die bekannten Rechenregeln der Differentialrechnung. Insbesondere gilt
(af+bg)=af+bg sowie
(fg)=fg+fg
für alle f,gR[X] und alle a,bR. Das heißt, die Abbildung
D:R[X]R[X],ff
ist eine Derivation von R[X].
  • Liegt f in Linearfaktoren vor, das heißt f=i=1n(Xri), wobei riR die Nullstellen von f sind, so gilt für die Ableitung
f=i=1nj=1jin(Xrj).

Anwendung

Ist K ein Körper, so ist K[X] ein euklidischer Ring (insbesondere faktoriell), wobei deg(f)=max{i | ai0} als euklidische Norm dient, wenn ai die Koeffizienten von f bezeichnet. Die Nullstellen des ggT von f und f sind gerade die Mehrfachnullstellen von f mit einer um 1 erniedrigten Ordnung, wie folgende Rechnung zeigt:

Sei rK eine Mehrfachnullstelle von fK[X], dann gilt f=(Xr)((Xr)mg) mit einem Polynom gK[X]{0} und einem m1. Es folgt f=(Xr)mg+(Xr)((Xr)mg), also f(r)=0.

Literatur

  • Gerd Fischer: Lehrbuch der Algebra. Vieweg, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8348-0226-2, S. 275 ff. (Vorlage:Google Buch).
  • Christian Karpfinger, Kurt Meyberg: Algebra. Gruppen – Ringe – Körper. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-2018-3, S. 253 ff