Ungleichung

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Ungleichung ist ein Gegenstand der Mathematik, mit dem Größenvergleiche formuliert und untersucht werden können. Jede Ungleichung besteht aus zwei Termen, die durch eines der Vergleichszeichen < (Kleinerzeichen), (Kleinergleichzeichen), (Größergleichzeichen) oder > (Größerzeichen) verbunden sind. Oft spricht man anstatt von einer Ungleichung auch von einer Abschätzung, wenn man mit Hilfe einer Ungleichung das Wachstum eines komplexen Terms durch einen einfacheren Term kontrolliert.

Sind T1 und T2 zwei Terme, dann ist T1<T2 eine Ungleichung.[1] Man spricht „T1 kleiner (als) T2“. Wie bei einer Gleichung heißt T1 die linke Seite und T2 die rechte Seite der Ungleichung.[2]

Die in den beiden Termen auftretenden Werte sind meist reelle Zahlen. Die durch das Vergleichszeichen angesprochene Ordnungsrelation bezieht sich dann auf die natürliche Anordnung der reellen Zahlen.

Formen von Ungleichungen

Folgende fünf Formen von Ungleichungen sind möglich:

(1) T1<T2 (T1 kleiner T2)
(2) T1T2 (T1 kleiner oder gleich T2)
(3) T1>T2 (T1 größer T2)
(4) T1T2 (T1 größer oder gleich T2)
(5) T1T2 (T1 ungleich T2)

Die Form (5) entsteht durch Negation einer Gleichung. Sie wird daher in der Mathematik in der Regel nicht eigens thematisiert.

Ungleichungen sind Aussageformen. Die auf den beiden Seiten einer Ungleichung vorkommenden funktionalen Terme beinhalten in der Regel Variablen, welche stellvertretend für Elemente aus dem Definitionsbereich der jeweiligen Terme stehen. Werden diese Variablen durch feste Elemente der jeweiligen Definitionsbereiche ersetzt (Einsetzen), so entstehen Aussagen, welche entweder wahr oder falsch sind.

Umformung von Ungleichungen

Ähnlich wie bei Gleichungen ist es auch bei Ungleichungen möglich, diese in äquivalente Ungleichungen umzuformen. Äquivalente Ungleichungen haben die gleichen Lösungsmengen, daher ist das Umformen von Ungleichungen wichtig zum Lösen von Ungleichungen, worauf der hierauf folgende Abschnitt eingehen wird.[3]

Im Folgenden werden wichtige Regeln zu äquivalenten Ungleichungen für die Vergleichszeichen < und > und für Terme im Körper der reellen Zahlen dargestellt. Diese Äquivalenzumformungsregeln gelten analog auch für die Vergleichszeichen , und . Zudem werden weitere Regeln zu nicht äquivalenten Umformungen von Ungleichungen angeboten, die man oft in der Analysis – etwa bei Konvergenzbeweisen mittels Epsilontik – benötigt.[4]

Umkehrbarkeit

Ungleichungen können umgekehrt werden:

(T1T2)(T2T1).

Monotoniegesetze im Zusammenhang mit den Grundrechenarten

Addition und Subtraktion

Invarianz der Kleiner-Relation bei der Addition mit einer Zahl auf beiden Seiten der Ungleichung

Für beliebige reellwertige Terme T1, T2, T3 und T4 gilt:

  • Es ist T1<T2 genau dann, wenn T1+T3<T2+T3.
  • Es ist T1<T2 genau dann, wenn T1T3<T2T3.

Es dürfen also auf beiden Seiten einer Ungleichung die gleichen Terme addiert oder subtrahiert werden, ohne dass sich die Lösungsmenge der Ungleichung ändert. Beispielsweise vereinfacht sich die Ungleichung 5x<4x+7 durch Subtraktion des Terms 4x auf beiden Seiten zu der äquivalenten Ungleichung x<7.

Darüber hinaus gelten in Bezug auf die Addition auch noch weitere Regeln:

  • Aus T1<T2 und T3<T4 folgt T1+T3<T2+T4.
  • Aus T1T2 und T3<T4 folgt T1+T3<T2+T4.
  • Aus T1<T2 und T3T4 folgt T1+T3<T2+T4.
  • Aus T1T2 und T3T4 folgt T1+T3T2+T4.

Multiplikation und Division

Regel a>0x<yax<ay
Regel a<0x<yax>ay

Für beliebige Terme T1, T2 und T3 gilt:

  • Aus T1<T2 folgt T1>T2.
  • Aus 0<T1<T2 folgt 0<1/T2<1/T1.
  • Aus T3>0 und T1<T2 folgt T1T3<T2T3 und T1/T3<T2/T3.
  • Aus T3<0 und T1<T2 folgt T1T3>T2T3 und T1/T3>T2/T3.

Hier gilt demnach folgende Merkregel:

Bei Punktrechnung mit einer reellen Zahl > 0 bleiben die Vergleichszeichen erhalten, während sie sich bei Punktrechnung mit einer reellen Zahl < 0 umkehren.

So sind zum Beispiel die Ungleichungen 3x<12 und x>4 äquivalent, wie man mit Hilfe von Division durch 3 erkennt.

Darüber hinaus gelten in Bezug auf die Multiplikation innerhalb der Gruppe (>0,) der positiven reellen Zahlen auch noch weitere Regeln:

  • Aus T1<T2 und T3<T4 folgt T1T3<T2T4.
  • Aus T1T2 und T3<T4 folgt T1T3<T2T4.
  • Aus T1<T2 und T3T4 folgt T1T3<T2T4.
  • Aus T1T2 und T3T4 folgt T1T3T2T4.

Anwenden einer Funktion

Durch Anwenden einer streng monotonen Funktion auf beide Seiten einer Ungleichung erhält man wieder eine Ungleichung mit derselben Lösungsmenge wie die Ausgangs-Ungleichung.

Ähnlich wie bei den Monotoniegesetzen allerdings muss auch hier unter Umständen das Vergleichszeichen gedreht werden. Wendet man nämlich eine streng monoton wachsende Funktion auf beide Seiten an, ändert sich das Vergleichszeichen dadurch nicht, wohl aber, wenn man eine streng monoton fallende Funktion benutzt: In diesem Fall muss das Vergleichszeichen < dann durch das entsprechend umgekehrte Zeichen > ersetzt werden, analog das Vergleichszeichen durch das -Zeichen und umgekehrt.

Beispiele

Der natürliche Logarithmus ln und die Wurzelfunktion sind streng monoton wachsende Funktionen und können daher, ohne dass man dabei die Vergleichszeichen drehen müsste, zur Umformung von Ungleichungen verwendet werden. Seien T1,T2 zwei Terme, gilt dann dementsprechend zum Beispiel

0<T1<T2ln(T1)<ln(T2)T1<T2.

Vorsicht dagegen ist geboten, wenn es sich um Exponentialfunktionen handelt, die je nach ihrer Basis a streng monoton steigend, aber auch fallend sein können:

0<T1<T2aT1<aT2𝚏𝚞¨𝚛 𝚊>𝟷, 𝚊𝚋𝚎𝚛:aT1>aT2𝚏𝚞¨𝚛 𝚊<𝟷.

Gleiches gilt für den Logarithmus zu einer beliebigen Basis a:

0<T1<T2loga(T1)<loga(T2)𝚏𝚞¨𝚛 𝚊>𝟷, 𝚊𝚋𝚎𝚛:loga(T1)>loga(T2)𝚏𝚞¨𝚛 𝚊<𝟷.

Zum Beispiel:

0<0,8n0,05𝚊𝚋𝚎𝚛:nlog0,8(0,05)𝚋𝚣𝚠.nln(0,05)ln(0,8)
log0,8(0,05)13,43;n13,43

Lösen von Ungleichungen

Vorlage:Hauptartikel

Eine Frage beim Umgang mit Ungleichungen ist – ähnlich wie bei der Lösung von Gleichungen – die Frage nach der Lösungsmenge der Ungleichung. Hier ist die Frage zu beantworten, ob und wenn ja welche Elemente der Definitionsbereiche beim Einsetzen in die beiden Terme eine wahre oder falsche Aussage liefern. Eine wichtige Technik zum Finden der Lösungsmenge ist das Umformen der Ungleichung in eine einfachere Form.

Abschätzungen

Häufig ist nicht die Bestimmung einer Lösungsmenge einer Ungleichung von Interesse, sondern es kann auch von Interesse sein, einen Term zusammen mit seiner Definitionsmenge durch einen anderen Term mit der gleichen Definitionsmenge abzuschätzen. Eine Ungleichung T1<T2 nennt man dann auch eine Abschätzung und sagt, man habe T1 nach oben durch T2 und umgekehrt T2 nach unten durch T1 abgeschätzt. Eine Abschätzung T1<T2 von T1 nach oben wird „vergröbert“, indem man „T2 vergrößert“, das heißt, indem man T2 durch eine Zahl T3>T2 ersetzt; nach dem Transitivitätsgesetz gilt dann auch die Abschätzung T1<T3. Bei der Untersuchung von Grenzwerten kann man beispielsweise komplizierte Ausdrücke so vergrößern, dass man leichter sehen kann, dass der Grenzwert des Ausgangsterms unter einer Schranke bleibt.[5][6][7]

Bekannte Ungleichungen

In allen mathematischen Teilgebieten gibt es Sätze zur Gültigkeit von Ungleichungen. Das heißt, gewisse mathematische Aussagen sichern unter bestimmten Umständen die Richtigkeit einer vorgegebenen Ungleichung für eine gewisse Definitionsmenge. Im Folgenden werden einige wichtige Ungleichungen kurz erwähnt.

Dreiecksungleichung

Vorlage:Hauptartikel

Nach der Dreiecksungleichung ist im Dreieck die Summe der Längen zweier Seiten a und b stets mindestens so groß wie die Länge der dritten Seite c. Das heißt formal ca+b.

Diese Ungleichung kann für viele mathematische Objekte verallgemeinert werden. Beispielsweise ist die Ungleichung

|a+b||a|+|b|

für die Betragsfunktion eine Verallgemeinerung der zuvor genannten Ungleichung und gilt für alle reellen Zahlen. Sie trägt ebenfalls den Namen Dreiecksungleichung. Diese Ungleichung kann auch für Betrag komplexer Zahlen oder für Integrale verallgemeinert werden (siehe Minkowski-Ungleichung).

Cauchy-Schwarz-Ungleichung

Vorlage:Hauptartikel

Sei V Prähilbertraum also ein Vektorraum mit Skalarprodukt , und seien x und y Elemente aus V, dann gilt immer die Ungleichung

|x,y|2x,xy,y.

Gleichheit gilt genau dann, wenn x und y linear abhängig sind. Vektorräume mit Skalarprodukt treten in vielen mathematischen Teilgebieten auf. Daher ist die Cauchy-Schwarz-Ungleichung auch in vielen Teildisziplinen der Mathematik von Bedeutung, beispielsweise wird sie in der linearen Algebra, der Integrationstheorie und in der Wahrscheinlichkeitstheorie verwendet.

Erweiterung des Begriffes

Bis jetzt wurden in diesem Artikel nur Ungleichungen betrachtet, deren Terme Werte in den reellen Zahlen annehmen. Der Ungleichungsbegriff wird gelegentlich – jedoch nicht einheitlich – zum Beispiel auf komplexe Zahlen, Vektoren oder Matrizen erweitert. Um Ungleichungen für diese Objekte betrachten zu können, müssen zuerst die vier Vergleichszeichen <, ≤, > und ≥ – im Folgenden auch Relationen genannt – für diese Objekte definiert werden.

Komplexe Zahlen

Die Menge der komplexen Zahlen ist zusammen mit der üblichen Addition und Multiplikation ein Körper, jedoch ist es nicht möglich eine Relation ≤ so zu wählen, dass (,+,×,) zu einem geordneten Körper wird. Das heißt, es ist nicht möglich, dass eine Relation auf (,+,×,) sowohl das Trichotomie-, das Transitivitäts- und das Monotoniegesetz erfüllt. Jedoch wird manchmal eine Relation, die durch

x<y:Re(x)<Re(y)(Re(x)=Re(y)Im(x)<Im(y))

definiert ist, betrachtet. Hierbei bezeichnen x,y komplexe Zahlen und Re den Realteil beziehungsweise Im den Imaginärteil einer komplexen Zahl. Diese Definition der Relation erfüllt das Trichotomie- und das Transitivitätsgesetz.[8]

Spaltenvektoren

Auch für Spaltenvektoren ist es möglich Relationen zu definieren. Seien x,yn zwei Spaltenvektoren mit x=(x1,x2,,xn)T und y=(y1,y2,,yn)T wobei xi and yi reelle Zahlen sind. Relationen auf n kann man dann beispielsweise durch

x<y:i=1,,n: xi<yi

und durch

xy:i=1,,n: xiyi

definieren. Analog kann man auch die Relationen ≥ und > erklären. Hier ist es allerdings nicht möglich, alle Elemente miteinander zu vergleichen. Beispielsweise kann keines der vier Vergleichszeichen ein Verhältnis zwischen den Elementen x:=(2,5)T und y:=(3,4)T beschreiben.

Weitere Beispiele

  • Ist An×n, so definiert man A>0 genau dann, wenn A positiv definit ist. Sind A,Bn×n, so gilt A>B genau dann, wenn AB>0. Ähnlich können auch < oder , (semidefinit) definiert werden.
  • Sei (E,) ein reeller Banachraum und KE ein Kegel. Sind x,yE, so gilt xy genau dann, wenn yxK.

Geschichte

Schon in der Antike waren Ungleichungen geometrischer Natur bekannt. In Euklids Elementen werden die Dreiecksungleichung, die Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel für den zweidimensionalen Fall und die isoperimetrische Ungleichung angegeben. Rigorose Beweise zogen sich aber bis ins 19. und 20. Jahrhundert hin. Die Art und Weise, wie Archimedes eine Näherung für die Kreiszahl berechnete, zeigt, dass den Griechen ein Verständnis gegeben war, wie man mit Ungleichungen umgeht. Danach gab es lange Zeit keine größeren Fortschritte mehr, ehe Newton seine nach ihm benannten Ungleichungen im 17. Jahrhundert entdeckte, die in einer ähnlichen Form seinem Zeitgenossen Colin Maclaurin bekannt waren. Mit dem Aufkommen der Analysis kam ein großer Aufschwung in die Forschung der Ungleichungen auf, weshalb die meisten Ungleichungen nach Mathematikern nach dem 17. Jahrhundert benannt sind.[9]

Seit dem 20. Jahrhundert gibt es auch das Interesse, das Gebiet der Ungleichungen selbst zu erforschen. Die Mathematiker G. H. Hardy, J. E. Littlewood und G. Pólya veröffentlichten mit dem 1934 erschienenen Buch Inequalities eine erste systematische Sammlung der Ungleichungen mit Angaben des Entdeckers.[10] Eines der umfangreichsten Werke ist das von Dragoslav Mitrinović, der in mehreren Büchern versuchte, alle damals bekannten Ungleichungen zu sammeln.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. Vorlage:Literatur
  2. Vorlage:Literatur
  3. Vorlage:Literatur
  4. Viele dieser Regeln lassen sich auf das Rechnen mit Ungleichungen in angeordneten Gruppen übertragen.
  5. Vorlage:Literatur
  6. Vorlage:Literatur
  7. Vorlage:Literatur
  8. Tobias Hemmert: Komplexe Zahlen: Konstruktion aus den reellen Zahlen, Darstellung und Anwendung in der Physik. 1. Auflage, 2010, ISBN 978-3-656-00717-3, Seite 7.
  9. A. M. Fink: An essay on the history of inequalities in: Journal of Mathematical Analysis and Applications, Band 249, S. 120 ff.
  10. Vorlage:Literatur