Hurwitzsche Zeta-Funktion

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Hurwitzsche Zeta-Funktion (nach Adolf Hurwitz) ist eine der vielen bekannten Zeta-Funktionen, die in der analytischen Zahlentheorie, einem Teilgebiet der Mathematik, eine wichtige Rolle spielt.

Die formale Definition für komplexe s,q lautet

ζ(s,q)=n=01(q+n)sRe(s)>1 und Re(q)>0

Die Reihe konvergiert absolut und kann zu einer meromorphen Funktion erweitert werden für alle s=1.

Die Riemannsche Zeta-Funktion ist dann ζ(s,1).

Analytische Fortsetzung

Die Hurwitzsche Zeta-Funktion kann zu einer meromorphen Funktion fortgesetzt werden, sodass sie für alle komplexen s=1 definiert ist. Bei s=1 liegt ein einfacher Pol mit Residuum 1 vor.

Es gilt dann

lims1[ζ(s,q)1s1]=Γ(q)Γ(q)=ψ(q)

unter Verwendung der Gammafunktion Γ() und der Digammafunktion ψ().

Reihendarstellungen

Helmut Hasse fand 1930[1] die Reihendarstellung

ζ(s,q)=1s1n=01n+1k=0n(1)k(nk)(q+k)1s

für q>0 und s{1}.

Laurent-Entwicklung

Die Laurent-Entwicklung um s=1 lautet:

ζ(s,q)=1s1+n=0(1)nγn(q)n!(s1)n

mit 0<q1. γn(q) sind die Verallgemeinerten Stieltjes-Konstanten:

γn(q):=limN(k=0Nlogn(k+q)k+qlogn+1(N+q)n+1)

für n=0,1,2,

Fourier-Reihe

Die Fourier-Reihe lautet:

ζ(s,a)=2(2π)s1Γ(1s)(sin(πs2)k=1cos(2πak)k1s+cos(πs2)k=1sin(2πak)k1s)

mit Re(s)<1 und 0<a1.[2]

Integraldarstellung

Die Integraldarstellung lautet

ζ(s,q)=1Γ(s)0ts1eqt1etdt

wobei Re(s)>1 und Re(q)>0

Hurwitz-Formel

Die Formel von Hurwitz ist eine Darstellung der Funktion für 0x1 und s>1. Sie lautet:[3]

ζ(1s,x)=12s[eiπs/2β(x;s)+eiπs/2β(1x;s)]

wobei

β(x;s)=2Γ(s+1)n=1exp(2πinx)(2πn)s=2Γ(s+1)(2π)sLis(e2πix)

Dabei bezeichnet Lis(z) den Polylogarithmus.

Funktionalgleichung

Für alle s und 1mn gilt

ζ(1s,mn)=2Γ(s)(2πn)sk=1ncos(πs22πkmn)ζ(s,kn).

Werte

Nullstellen

Da sich für q=1 und q=12 die Riemannsche Zeta-Funktion bzw. diese multipliziert mit einer einfachen Funktion von s ergibt, führt dies zu der komplizierten Nullstellenberechnung der Riemannschen Zeta-Funktion mit der Riemannschen Vermutung.

Für diese q hat die Hurwitzsche Zeta-Funktion keine Nullstellen mit einem Realteil größergleich 1.

Für 0<q<1 und q=12 gibt es dagegen Nullstellen für jeden Steifen 1<Re(s)<1+ϵ mit einem positiv-reellen ϵ. Dies wurde für rationale und nicht-algebraische-irrationale q von Davenport und Heilbronn[4] bewiesen; für algebraische irrationale q von Cassels.[5]

Rationale Argumente

Die Hurwitzsche Zeta-Funktion tritt etwa im Zusammenhang mit den Euler-Polynomen En(x) auf:[6]

E2n1(pq)=(1)n4(2n1)!(2πq)2nk=1qζ(2n,2k12q)cos(2k1)πpq

und

E2n(pq)=(1)n4(2n)!(2πq)2n+1k=1qζ(2n+1,2k12q)sin(2k1)πpq.

Ferner gilt

ζ(s,2p12q)=2(2q)s1k=1q[Cs(kq)cos((2p1)πkq)+Ss(kq)sin((2p1)πkq)]

mit 1pq. Dabei werden Cν(x) und Sν(x) wie folgt mit der legendreschen Chi-Funktion χν definiert:

Cν(x)=Reχν(eix)

bzw.

Sν(x)=Imχν(eix).

Weitere

Es gilt (Auswahl):[7]

ζ(s,1)=ζ(s)+1
ζ(s,2)=ζ(s)1
ζ(s,0)=ζ(s,1)
ζ(s,mn)=1nk=1nnsLis(e2πikn)e2πikmnm,n+ und mn
ζ(0,a)=12a
ζ(2,14)=π2+8G
ζ(2,12+xπ)+ζ(2,12xπ)=π2cos2x

(Riemannsche Zeta-Funktion, Catalansche Konstante)

Ableitungen

Es gilt

nζ(s,a)sn=(1)n2nk=0logn((a+k)2)((a+k)2)s/2

mit a sowie Re(s)>1 und n[8].

Die Ableitungen nach a ergeben sich zu

nζ(s,a)an=(1ns,n)k=01(a+k)n((a+k)2)s/2

für a und n[9] unter Verwendung des Pochhammer-Symbol (x,n).

Beziehungen zu anderen Funktionen

Bernoulli-Polynome

Die im Abschnitt Hurwitz-Formel definierte Funktion β verallgemeinert die Bernoulli-Polynome Bn(x):

Bn(x)=Re[(i)nβ(x;n)]

Alternativ kann man sagen, dass

ζ(n,x)=Bn+1(x)n+1.

Für n=0 ergibt das

ζ(0,x)=12x.

Jacobische Thetafunktion

Gegeben ist am Anfang des Artikels diese Formel:

ζ(v;w)=k=0(k+w)v

Die Abel-Plana-Summenformel definiert die Hurwitzsche Zetafunktion sowohl für positive als auch für negative Werte v:

ζ(v;w)=w1vv1+12wv+2wv10sin[varctan(x)](x2+1)v/2[exp(2πwx)1]dx

Für alle positiven Werte v stimmen die beiden Formeln für die Hurwitzsche Zetafunktion miteinander überein.

Die Mathematiker Edmund Taylor Whittaker und George Neville Watson definierten die Jacobische Thetafunktion[10][11][12] auf diese Weise:

ϑ00(t;u)=n=1(1u2n)[1+2cos(2t)u2n1+u4n2]

Basierend auf der nun genannten Abel-Plana-Definition für die Hurwitzsche Zetafunktion kann dann diese Identität für folgendes Integral der Jacobischen Thetafunktion aufgestellt werden:

0xn{ϑ00[πa;exp(x)]1}dx=Γ(n+1)ζ(2n+2)/ζ(2n1)[ζ(2n1;a)+ζ(2n1;1a)]

In dieser Formel wird neben der Hurwitzschen auch die Riemannsche Zetafunktion ζ(s)=ζ(s;1) eingesetzt.

Für alle Zahlenpaare a und n mit den Kriterien a und [n(12+m)(m)][Re(n)>12] ist diese Formel gültig.

Beispielsweise gilt mit n=14 und a=13:

0x4{ϑ00[13π;exp(x)]1}dx=Γ(54)ζ(52)/ζ(32)[ζ(32;13)+ζ(32;23)]
0x4{ϑ00[13π;exp(x)]1}dx0,98192204088893492762377332647968767

Polygammafunktion

Die Hurwitzsche Zeta-Funktion verallgemeinert die Polygammafunktion auf nicht-ganze Ordnungen s:

ψs(z)=1Γ(s)(s+ψ(s)+γ)ζ(s+1,z)

mit der Euler-Mascheroni-Konstanten γ.[13]

Auftreten

Die Hurwitzschen Zeta-Funktionen finden an verschiedenen Stellen Anwendung, nicht nur in der Zahlentheorie. Sie tritt bei Fraktalen und dynamischen Systemen ebenso wie im zipfschen Gesetz auf.

In der Teilchenphysik kommt sie in einer Formel von Julian Schwinger[14] vor, die ein genaues Resultat für die Paarbildungs-Rate von in der Dirac-Gleichung beschriebenen Elektronen in Feldern gibt.

Spezialfälle und Verallgemeinerungen

Eine Verallgemeinerung der Hurwitzschen Zeta-Funktion bietet

Φ(z,s,q)=k=0zk(k+q)s,

so dass

ζ(s,q)=Φ(1,s,q).

Diese Funktion wird als Lerchsche Zeta-Funktion bezeichnet.

Die Hurwitzsche Zeta-Funktion lässt sich durch die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion ausdrücken:[15]

ζ(s,a)=ass+1Fs(1,a1,a2,as;a1+1,a2+1,as+1;1)

mit a1=a2==as=a und a und s+.

Außerdem gilt mit der Meijerschen G-Funktion:[16]

ζ(s,a)=Gs+1,s+11,s+1(1|0,1a,,1a0,a,,a)

mit s+.

Einzelnachweise

  1. Helmut Hasse: Ein Summierungsverfahren fur die Riemannsche ζ-Reihe In: Mathematische Zeitschrift. Band 32, 1930, S. 458–464.
  2. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/06/03/01/01/0001/
  3. Vorlage:MathWorld
  4. H. Davenport und H. Heilbronn: On the zeros of certain Dirichlet series. In: Journal of the London Mathematical Society. Band 11, 1936, S. 181–185
  5. J. W. S. Cassels: Footnote to a note of Davenport and Heilbronn. In: Journal of the London Mathematical Society. Band 36, 1961, S. 177–184
  6. Djurdje Cvijović und Jacek Klinowski: Values of the Legendre chi and Hurwitz zeta functions at rational arguments. In: Mathematics of Computation. Band 68, 1999, S. 1623–1630.
  7. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/03/ShowAll.html
  8. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/20/02/01/01/0001/
  9. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/20/02/02/01/0001/
  10. Vorlage:MathWorld
  11. http://wayback.cecm.sfu.ca/~pborwein/TEMP_PROTECTED/pi-agm.pdf
  12. Vorlage:Internetquelle
  13. Oliver Espinosa and Victor H. Moll: A Generalized Polygamma Function auf arXiv.org e-Print archive 2003.
  14. J. Schwinger: On gauge invariance and vacuum polarization. In: Physical Review. Band 82, 1951, S. 664–679.
  15. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/26/01/02/01/
  16. http://functions.wolfram.com/ZetaFunctionsandPolylogarithms/Zeta2/26/02/01/01/