Verallgemeinerte hypergeometrische Funktion

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Die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion ist in der Mathematik eine Funktion, die die Gaußsche hypergeometrische Funktion und letztlich die geometrische Reihe verallgemeinert. Sie wird zur Klasse der speziellen Funktionen gezählt.

Die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion enthält viele wichtige Funktionen als Spezialfälle, allen voran die Exponentialfunktion und die trigonometrischen Funktionen. In der Tat gibt es eine große Zahl von Funktionen, die sich als eine hypergeometrische Funktion schreiben lassen.

Definition

Die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion wird definiert durch

pFq(a1,,ap;b1,,bq;z)=k=0i=1pΓ(k+ai)Γ(ai)j=1qΓ(bj)Γ(k+bj)zkk!,

wobei Γ() die Gammafunktion ist. Die Koeffizienten p,q0 und die Parameter ai,bj sind dabei so zu wählen, dass die Potenzreihen für ein geeignetes z konvergieren.

Weitere übliche Notation der verallgemeinerten hypergeometrischen Funktion lauten

pFq[a1,a2,,ap1,apb1,b2,,bq1,bq;z] und pFq(a1,a2,,ap1,apb1,b2,,bq1,bq|z).

Durch die Wahl der Koeffizienten p und q werden schließlich spezielle hypergeometrische Funktionen konstruiert, etwa die Kummersche hypergeometrische Funktion (p=q=1) oder mit p=2 und q=1 die Gaußsche hypergeometrische Funktion.

Konvergenzbedingungen

Unter gewissen Bedingungen sind die Potenzreihen divergent und ermöglichen somit keine Darstellung einer allgemeinen hypergeometrischen Funktion. Insbesondere gibt es Bedingungen für ai und bj bei denen die Ausdrücke Γ(k+ai)Γ(ai) bzw. Γ(bj)Γ(k+bj) in der Potenzreihe Divergenzen erzeugen.

Beispiel 1
1F1(2;1;z)=k=0Γ(k+2)Γ(2)Γ(1)Γ(k1)zkk!=k=0(k+1)!1Γ(1)Γ(k1)zkk!=k=0(k+1)1Γ(1)Γ(k1)zk=1+2Γ(1)Γ(0)z+3Γ(1)Γ(1)z2+4Γ(1)Γ(2)z3 +5Γ(1)Γ(3)z4+=1+2Γ(0)(1)Γ(0)z+3Γ(0)(1)0!z2+4Γ(0)(1)1!z3+5Γ(0)(1)2!z4+=12zΓ(0)k=1k+2(k1)!zk+1limx0+Γ(x)
Bei der Berechnung wurde die Funktionalgleichung der Gammafunktion Γ(k+1)=kΓ(k) mit der Identität Γ(1)=Γ(0)1 verwendet.
Beispiel 2
0F1(;1;z)=k=0Γ(1)Γ(k1)zkk!=1+Γ(1)Γ(0)z1!+Γ(1)Γ(1)z22!+Γ(1)Γ(2)z33!+Γ(1)Γ(3)z44!+=1Γ(0)Γ(0)z1!Γ(0)Γ(1)z22!Γ(0)Γ(2)z33!Γ(0)Γ(3)z44!+=1zΓ(0)0!z22!Γ(0)1!z33!Γ(0)2!z44!+=1zΓ(0)k=21(k2)!zkk!limx0+Γ(x)

Außer bei den durch die Wahl der Parameter bedingten Divergenzen kann das Quotientenkriterium für Reihen angewandt werden:

  • Wenn p<q+1 ist, dann ist nach dem Quotientenkriterium das Verhältnis der Koeffizienten beschränkt und tendiert gegebenenfalls gegen 0. Dies impliziert, dass die Reihe für jedes endliche z konvergiert und somit eine ganze Funktion darstellt. Ein Beispiel hierfür ist die Reihe der Exponentialfunktion.
  • Wenn p=q+1 ist, so zeigt das Quotientenkriterium, dass das Verhältnis der Koeffizienten gegen 0 strebt. Dies impliziert, dass die Reihe für |z|<1 konvergiert und für |z|>1 divergiert. Um zu prüfen, ob die Reihe für große Werte von z konvergiert, wird eine analytische Betrachtung empfohlen. Die Frage nach der Konvergenz für |z|=1 ist nicht einfach zu beantworten. Es kann in diesem Fall gezeigt werden, dass die Reihe für |z|=1 absolut konvergiert, wenn:
Re(j=1qbji=1pai)>0.
Falls i=1paij=1qbj und z reell ist, lässt sich die folgende Konvergenzbedingung angeben[1]:
limz1(1z)dlog(pFq(a1,,ap;b1,,bq;zp))dz=i=1paij=1qbj.
  • Wenn p>q+1 ist, liefert das Quotientenkriterium ein unbegrenzt wachsendes Verhältnis der Koeffizienten. Dies impliziert, dass die Reihe selbst im Falle von z=0 divergiert. Unter diesen Voraussetzungen erhält man eine divergente oder asymptotische Reihe. Andererseits kann die Reihe als eine Kurzschreibweise für eine Differentialgleichung aufgefasst werden, die der Summengleichung genügt.

Eigenschaften

Aufgrund der Ordnung (des Grades) des Parameters ai und des Parameters bj kann die allgemeine hypergeometrische Funktion geändert werden, ohne den Wert der Funktion zu ändern. Wenn also ai gleich einem der Parameter bj ist, so kann die Funktion um diese beiden Parameter „gekürzt“ werden, mit gewissen Ausnahmen für Parameter mit nichtpositiven Werten. Zum Beispiel ist

2F1(3,1;1;z)=2F1(1,3;1;z)=1F0(3;;z).

Eulers Integraltransformation

Die nachfolgende Identität ermöglicht es, die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion höherer Ordnung als Integralausdruck der verallgemeinerten hypergeometrischen Funktion nächst niedriger Ordnung darzustellen.[2]

A+1FB+1[a1,,aA,cb1,,bB,d;z]=Γ(d)Γ(c)Γ(dc)01tc1(1t)dc1 AFB[a1,,aAb1,,bB;tz]dt

Differentialgleichung

Die allgemeine hypergeometrische Funktion genügt dem Differentialgleichungssystem:

(1)(zddz+ai)pFq[a1,,ai,,apb1,,bq;z]=aipFq[a1,,ai+1,,apb1,,bq;z]
(2)(zddz+bj1)pFq[a1,,apb1,,bj,,bq;z]=(bj1)pFq[a1,,apb1,,bj1,,bq;z]
(3)ddzpFq[a1,,apb1,,bq;z]=i=1paij=1qbjpFq[a1+1,,ap+1b1+1,,bq+1;z]

Die Zusammenfassung dieser drei Gleichungen ergibt eine Differentialgleichung mit w=pFq(a1,,ap;b1,,bq;z):

zn=1p(zddz+an)w=zddzn=1q(zddz+bn1)w.

Anmerkungen:

  • Differentialgleichung (1)
aipFq[a1,,ai+1,,apb1,,bq;z]=defk=0i=1paiΓ(k+ai+1)Γ(ai+1)j=1qΓ(bj)Γ(k+bj)zkk!=defk=0(Γ(k+a1)Γ(a1)Γ(k+ai1)Γ(ai1)aiΓ(k+ai+1)Γ(ai+1)Γ(k+ai+1)Γ(ai+1)Γ(k+ap)Γ(ap))j=1qΓ(bj)Γ(k+bj)zkk!
Es ist zu beachten, dass im Falle p=0 für die Differentialgleichung (1) die rechte Seite der Gleichung nicht existiert, da die Parameter ai nicht existierten und ebenso auf der linken Seite die Parameter ai verschwinden und daher lediglich die Ableitung ddzpFq(;b1,,bq;z) multipliziert mit z berechnet werden kann.
  • Differentialgleichung (2)
(bj1)pFq[a1,,apb1,,bj+1,,bq;z]=defk=0i=1pΓ(k+ai)Γ(ai)j=1q(bj1)Γ(bj+1)Γ(k+bj+1)zkk!=defk=0i=1pΓ(k+ai)Γ(ai)(Γ(b1)Γ(k+b1)Γ(bj1)Γ(k+bj1)(bj1)Γ(bj+1)Γ(k+bj+1)Γ(bj+1)Γ(k+bj+1)Γ(bq)Γ(k+bq))zkk!
Auch hier gilt es festzustellen, dass für q=0 die Differentialgleichung (2) auf die Gestalt zddzpFq(;b1,,bq;z) reduziert wird, da die Parameter bj1 nicht existieren.
  • Differentialgleichung (3)
i=1paij=1qbjpFq[a1+1,,ap+1b1+1,,bq+1;z]=defk=0i=1paiΓ(k+ai+1)Γ(ai+1)j=1qΓ(bj+1)bjΓ(k+bj+1)zkk!=k=0(a1Γ(k+a1+1)Γ(a1+1)aiΓ(k+ai+1)Γ(ai+1)apΓ(k+ap+1)Γ(ap+1))(Γ(b1+1)b1Γ(k+b1+1)Γ(bj+1)bjΓ(k+bj+1)Γ(bq+1)bqΓ(k+bq+1))zkk!
Hierbei ist der Quotient der Produkte i=1paij=1qbj für die Parameter ai,bj{0,1,2,3,} so aufzufassen, dass
i=1pai=def{i=1paifallsp>01fallsp=0
und
1j=1qbj=def{1i=1qbjfallsq>01fallsq=0.
Für den Fall, dass p=q=0, ergibt sich auf Grund der vorausgegangenen Festlegung i=1paij=1qbj=1 und die Differentialgleichung (3) nimmt folgende Gestalt an
ddzpFq(;;z)=pFq(;;z)

Spezielle hypergeometrische Funktionen

Die Funktion 0F0

Vorlage:Hauptartikel Wie eingangs angedeutet, entspricht 0F0(;;z)=ez der Exponentialfunktion. Die Funktion erfüllt die Differentialgleichung:

ddzw=w
Beweis
0F0(;;z)=k=0zkk!=ez

Die Funktion 0F1

Die Funktion vom Typ 0F1(;a;z) ist die sog. konfluente hypergeometrische Grenzfunktion. Die Reihe genügt der Differentialgleichung:

zd2wdz2+adwdzw=0

Sie steht eng in Zusammenhang mit den Besselfunktionen:

0F1(;1+a;z24)=Γ(a+1)(z2)aJa(z) wobei Ja(z) die Besselfunktion ist
0F1(;1+a;z24)=Γ(a+1)(z2)aIa(z) mit Ia(z)=eiπ2aJa(z) als modifizierte Besselfunktion

Abgeleitete Funktionen der Reihe sind beispielsweise:

0F1(;12;z24)=cosz

oder

0F1(;32;z24)=sinzz.
Beispiel

Betrachtet werden soll die Kosinusfunktion:

0F1(;12;z24)=k=0Γ(12)Γ(k+12)(z24)kk!=Γ(12)Γ(12)(z24)00!+Γ(12)Γ(32)z241+Γ(12)Γ(52)(z24)22+Γ(12)Γ(72)(z24)323+=Γ(12)Γ(12)11 +Γ(12)12Γ(12)z24+Γ(12)3212Γ(12)z4422!+Γ(12)523212Γ(12)z6433!+

Hier nutzten wir, dass Γ(x+1)=xΓ(x) ist und somit Γ(32)=12Γ(12) usw. Wie man sieht, kürzen sich die Terme Γ(12) überall heraus; die verbleibenden Brüche kann man leicht zusammenfassen zu

0F1(;12;z24)=1z22!+z44!z66!+=k=0(1)kz2k(2k)!=cosz

Die Funktion 1F0

Ebenfalls direkt als elementare Funktion erfüllt 1F0(a;;z)=(1z)a die Differentialgleichung:

(1z)dwdz=aw
Beweis
1F0(a;;z)=k=0Γ(k+a)Γ(a)zkk!=k=0(k+a1)!(a1)!zkk!=k=0(k+a1)!(a+k1k)!zkk!=k=0(a+k1k)zk=k=0(ak)(1)kzk=k=0(ak)(z)k=(1z)a

Hierbei wurde der Binomialkoeffizient in der Analysis mit der Identität (ak)=(1)k(a+k1k) benutzt. Das Resultat stellt die binomische Reihe dar.

Vorlage:Anker Die Funktion 1F1

Die Funktion 1F1(a;b;z) heißt Kummersche Funktion (nach Ernst Eduard Kummer). Sie wird vielfach auch als konfluente hypergeometrische Reihe bezeichnet und genügt der Kummerschen Differentialgleichung:

zd2wdz2+(bz)dwdzaw=0

Abgeleitete Funktionen sind beispielsweise:

1F1(a;a+1;z)=azaγ(a,z) wobei γ(a,z) die unvollständige Gammafunktion ist

oder

1F1(1;a+1;z)=azaezγ(a,z)

Die Kummersche Funktion lässt sich auch als verallgemeinerte Laguerre-Polynome darstellen:

1F1(a;b;z)=Γ(1a)Γ(b)Γ(ba)L-ab-1(z)[3]

Die Funktion 2F0

Die Funktion taucht in Zusammenhang mit der Integralexponentialfunktion Ei(z) auf.

Die Funktion 2F1

Vorlage:Hauptartikel Historisch am bedeutendsten ist die hypergeometrische Funktion 2F1(a,b;c;z). Sie wird auch als Gaußsche hypergeometrische Funktion, gewöhnliche hypergeometrische Funktion, oder oft einfach nur als hypergeometrische Funktion bezeichnet. Zur Unterscheidung wird für pFq die Bezeichnung verallgemeinerte hypergeometrische Funktion verwendet, da sonst leicht Verwechslungsgefahr besteht. Die Funktion wurde als erstes vollständig von Carl Friedrich Gauß untersucht, insbesondere zur Konvergenz. Sie erfüllt die Differentialgleichung

z(1z)d2wdz2+(c(a+b+1)z)dwdzabw=0,

welche als Hypergeometrische Differentialgleichung bezeichnet wird.

Die Funktion 3F0

Die Funktion taucht in Zusammenhang mit dem Mottpolynom auf.

Die Funktion 3F1

Die Funktion taucht in Zusammenhang mit der Besselfunktion auf.

Weitere Verallgemeinerungen

Die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion kann noch weiter verallgemeinert werden, indem man Vorfaktoren vor dem k einführt und so die Komplexität der Funktion weiter erhöht. Allein um das Vorzeichen von k zu modifizieren wären zwei weitere Indizes nötig:

Fpqrs(a1,,ap;b1,,bq;c1,,cr;d1,,ds;z)=k=0i=1pΓ(k+ai)Γ(ai)j=1qΓ(k+bj)Γ(bj)l=1rΓ(cl)Γ(k+cl)m=1sΓ(dm)Γ(k+dm)zkk!

Sind diese Vorfaktoren nicht notwendig ganzzahlig, so erhält man als Verallgemeinerung die Fox–Wright Funktionen.

Hypergeometrische Funktion mit Matrix-Argument

Vorlage:Hauptartikel Die hypergeometrische Funktion mit Matrix-Argument ist eine Verallgemeinerung der verallgemeinerten hypergeometrischen Funktion auf ein Matrix-Argument. In der Literatur verzichtet man häufig auf den Wortzusatz verallgemeinert im Namen der Funktion, wegen der Länge des Namens. Sie ist definiert als unendliche Summe von Jack-Polynomen zum Parameter α. Die Funktion mit Parameter α=2 tritt häufig in der multivariaten Statistik und in der Theorie der Zufallsmatrizen auf, dann hat man eine Summe von zonalen Polynome, das sind Jack-Polynome mit C-Normalisierung.

Sei κ=(k1,,kp) eine Partition und S eine komplexe symmetrische Matrix. Die hypergeometrische Funktion mit Matrix-Argument ist definiert als

mFn(α)(a1,,am;b1,,bn;S)=k=0κk(a1)κα(am)κα(b1)κα(bn)καCκ(α)(S)k!,

wobei (a)κα das verallgemeinerte Pochhammer-Symbol ist, Cκ(α)(S) das Jack-Polynom zum Parameter α und die innere Summe über alle Partitionen von k läuft.[4]

Literatur

Einzelnachweise

  1. J. Quigley, K.J. Wilson, L. Walls, T. Bedford: A Bayes linear Bayes Method for Estimation of Correlated Event Rates In: Risk Analysis 2013. doi:10.1111/risa.12035.
  2. Lucy Joan Slater: "Generalized Hypergeometric Functions" In: "Cambridge University Press." 1966 ISBN 0-521-06483-X (2008 ist ein Reprint als Taschenbuch erschienen: ISBN 978-0-521-09061-2)
  3. Vorlage:Internetquelle
  4. Vorlage:Literatur