Drehimpuls (Quantenmechanik)

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der quantenmechanische Drehimpuls ist eine Observable in der Quantenmechanik. Sie ist vektorwertig, das heißt, es existieren drei Komponenten des Drehimpulses entsprechend der drei Raumrichtungen. Im Gegensatz zur klassischen Physik kann in der Quantenmechanik zwischen zwei Arten des Drehimpulses unterschieden werden: Bahndrehimpuls und Spin (Eigendrehimpuls). Während der Bahndrehimpuls das quantenmechanische Analogon zum klassischen Drehimpuls ist, besitzt der Spin keine Entsprechung in der klassischen Physik. Bahn- und Eigendrehimpuls entstammen von der physikalischen Sichtweise her unterschiedlichen Gegebenheiten und folgen leicht unterschiedlichen physikalischen Gesetzen, besitzen aber dieselbe mathematische Struktur.

In der Quantenmechanik ist der Drehimpuls immer quantisiert, das heißt, ein physikalisches System kann nur diskrete Werte des Drehimpulses annehmen. Dies gilt sowohl für den Betrag als auch für die Komponenten. Diese Werte werden durch Quantenzahlen beschrieben und sind ganz- oder halbzahlige Vielfache der reduzierten Planck-Konstante Vorlage:Nowrap

Eine Besonderheit des Drehimpulses ist, dass seine Komponenten inkommensurabel sind, also nicht gleichzeitig gemessen werden können. Es ist daher nicht möglich, dass gleichzeitig zwei Komponenten des Drehimpulses mit festen Quantenzahlen vorliegen. Hingegen sind der Betrag des Drehimpulses und eine beliebige Komponente gleichzeitig messbar.

In der Quantenmechanik korrespondieren zu Observablen immer hermitesche Operatoren. Im Fall des Drehimpulses heißt dieser Operator Drehimpulsoperator. Aus der Definition und den Eigenschaften des Drehimpulsoperators folgen die Eigenschaften des quantenmechanischen Drehimpulses.

Definitionen

Drehimpulsoperator

Ein Operator J heißt Drehimpulsoperator, wenn er der Drehimpulsalgebra gehorcht. Das bedeutet, seine Komponenten erfüllen die Kommutatorrelationen

[Ji,Jj]=JiJjJjJi=iεijkJk,

wobei εijk das Levi-Civita-Symbol ist und die Einsteinsche Summenkonvention verwendet wird, sodass über mehrfach auftretende Indizes summiert wird. Das Levi-Civita-Symbol ist somit die Strukturkonstante der Drehimpulsalgebra. Diese Bedingung wird erfüllt von den beiden isomorphen Algebren 𝔰𝔲(2) und 𝔰𝔬(3), also der Lie-Algebra zur zweidimensionalen speziellen unitären Gruppe und der Lie-Algebra zur dreidimensionalen speziellen orthogonalen Gruppe.[1]

Da die verschiedenen Komponenten des Drehimpulses nicht kommutieren, sind sie inkommensurabel. Das Quadrat des Drehimpulsoperators

J2=Jx2+Jy2+Jz2

hingegen kommutiert mit allen Komponenten

[J2,Jj]=iεijk(JiJk+JkJi)=0

und ist somit gleichzeitig mit einer beliebigen Komponente messbar. In der Regel wählt man das Koordinatensystem so, dass J2 und J3 angegeben werden.

Die entsprechenden Eigenzustände des Drehimpulsoperators heißen Drehimpulseigenzustände. Sie können durch die Eigenwerte zu J2 und J3 charakterisiert werden. Man definiert einen Zustand mit den beiden Quantenzahlen j und m, die die beiden folgenden Eigenwertgleichungen erfüllen:

J2|jm=2j(j+1)|jmJ3|jm=m|jm

j heißt Drehimpulsquantenzahl, m heißt Magnetische Quantenzahl.

Leiteroperatoren

Aus dem Drehimpulsoperator lassen sich die zueinander adjungierten Leiteroperatoren J± konstruieren, die durch

J±=Jx±iJy

definiert sind. Ihre Kommutatorrelationen sind

[J3,J±]=±J± und [J+,J]=2J3.

Insbesondere sind die Zustände J±|jm weiterhin Eigenzustände von J2 und J3. Sie sind die Eigenzustände zu derselben Drehimpulsquantenzahl, aber zu verschiedenen magnetischen Quantenzahlen, denn

J2J±|jm=J±J2|jm=2j(j+1)J±|jmJ3J±|jm=(J±J3±J±)|jm=(m±1)J±|jm.

Es folgt also

J±|jm=c±|j,m±1

mit den Normierungskonstanten c+ bzw. c. Die Leiteroperatoren erhöhen oder verringern daher die magnetische Quantenzahl des Zustands um Eins. Aufgrund der Relation

J2=J+J+J32J3

folgt

c±=j(j+1)m(m±1)[2].

Bahndrehimpuls

Eine Möglichkeit zur Realisierung der Drehimpulsalgebra ist der Bahndrehimpuls. Der Bahndrehimpulsoperator L ist definiert durch

L=r×p,

wobei r der Ortsoperator und p der Impulsoperator sind. Der Bahndrehimpuls folgt damit dem Korrespondenzprinzip, nach dem zu den klassischen Observablen die in der Quantenmechanik gültigen Operatoren zu formulieren sind. Für den Operator des Bahndrehimpulses gilt, wie für den klassischen Drehimpuls auch, dass er zum Ortsvektor und zum Impulsvektor orthogonal steht:

(Lr)=(Lp)=0

Eigendrehimpuls

Vorlage:Hauptartikel Der Eigendrehimpuls ergibt sich in der Quantenmechanik, da zusätzlich zum Bahndrehimpuls weitere Operatoren in der Lage sind, die Drehimpulsalgebra zu erfüllen. Der Betrag des Eigendrehimpulses ist eine fundamentale, d. h. unveränderliche Eigenschaft eines Teilchens, die aus seinem Verhalten unter Lorentz-Transformationen hervorgeht. Da der Spin kein klassisches Analogon besitzt, kann er nicht aus dem Korrespondenzprinzip hergeleitet werden, sondern es werden Spinoperatoren S eingeführt, die die Drehimpulsalgebra erfüllen. Die Form des Spinoperators wird durch die Darstellung der Lorentz-Gruppe beeinflusst, unter der sich das Teilchen bei Lorentz-Transformationen transformiert und ist immer eine Darstellung der Lie-Algebra 𝔰𝔲(2). Im Gegensatz zum Bahndrehimpuls steht der Spin nicht notwendig orthogonal zum Orts- und Impulsvektor.

Eigenschaften

Spektrum und Quantisierung

Das Eigenwertspektrum des Drehimpulsoperators ist diskret, das bedeutet, der Drehimpuls ist quantisiert. Die Quantenzahlen j und m müssen verschiedene Bedingungen erfüllen.

Da für jeden hermiteschen Operator O und jeden beliebigen Zustand |ψ ψ|O2|ψ0 gilt, folgt

0jm|Jx2+Jy2|jm=jm|J2J32|jm=2(j(j+1)m2).

Das bedeutet, für gegebenes j ist m beschränkt. Es existieren also zwei Zustände mit minimaler und maximaler magnetischer Quantenzahl. Die Leiteroperatoren angewandt auf diese Zustände müssen daher den Nullvektor ergeben. Dies liefert aus den Normierungskonstanten c± die Bedingungen:

J+|jmmax=0j(j+1)=mmax(mmax+1)J|jmmin=0j(j+1)=mmin(mmin1)

und folglich

(mmax+mmin)(mmaxmmin+1)=0,

sodass

mmax=mmin=j.

Da die Leiteroperatoren die magnetische Quantenzahl um genau Eins erhöhen oder erniedrigen, muss nach einer 2j-fachen Anwendung von J+ auf |jmmin der Zustand |jmmax erreicht werden. Dies funktioniert nur für ganz- oder halbzahlige Wert von j. Somit nehmen sowohl die magnetische als auch die Drehimpulsquantenzahl diskrete ganz- oder halbzahlige Werte an.

Der Bahndrehimpuls nimmt immer ganzzahlige Werte an, was aus den definierenden Kommutatorrelationen zusammen mit der Eigenschaft (Lr)=(Lp)=0 zu folgern ist.[3] Der Spin kann sowohl ganz- oder halbzahlig sein. Teilchen mit ganzzahligem Spin heißen Bosonen, solche mit halbzahligem Fermionen.

Ausrichtung und Richtungsquantelung

Der Erwartungswert des Drehimpulsoperators ist der räumliche Vektor J=(Jx,Jy,Jz). Für einen Eigenzustand |jm ist J=(0,0,m) und steht parallel oder antiparallel zur z-Achse. Daher heißen diese Zustände ausgerichtet zur z-Achse. Der Betrag dieses Vektors ist

|J|=|m|

und hängt nur von m ab statt von j. Einen von m unabhängigen Ausdruck für die Länge erhält man über das Quadrat des Drehimpulsoperators:

J2=j(j+1)

Auch bei maximaler (oder minimaler) Ausrichtung (m=±j) erreicht der Erwartungswert nicht die Länge des Drehimpulsvektors. Dies kann anschaulich begründet werden: Wenn der Drehimpulsvektor im Raum parallel zur z-Achse ausgerichtet wäre, dann wären seine x- und y-Komponenten Null und somit ohne Unschärfe bestimmt. Das würde im Widerspruch zur Inkommensurabilität stehen.

Für die Quadrate der Operatoren für die x- und y-Komponente und deren Erwartungswerte gilt

Jx2+Jy2=2(j(j+1)m2)2j.

Anschaulich liegt der Drehimpulsvektor daher auf einem Kegel mit Höhe m und Radius j(j+1)m2, wobei die Spitze des Kegels im Ursprung liegt. Radius und Höhe sind vorgegeben, aber man kann nicht sagen, dass sich der Drehimpulsvektor auf diesem Kegel an einer Stelle befinde, geschweige denn, an welcher Stelle.

Daher unterscheidet sich der quantenmechanische Drehimpuls von einem der Anschaulichkeit zugänglichen Vektor im dreidimensionalen Raum: Er kann zu keiner Achse parallel liegen in dem Sinn, dass seine Komponente längs dieser Achse genau so groß ist wie sein Betrag oder Länge. Trotzdem wird in physikalischen Texten die maximal mögliche Ausrichtung m=j vereinfacht oft als „Parallelstellung“ bezeichnet.

Der Öffnungswinkel des Kegels, also der Winkel zwischen z-Achse und Drehimpulsvektor, ist durch

cosϑ=J3J2=mj(j+1)

gegeben. Die diskreten Eigenwerte m der z-Komponente kann man sich demnach so veranschaulichen, dass der Drehimpulsvektor in diesen Zuständen nur bestimmte Winkel zur z-Achse einnehmen kann. Dies wird als Richtungsquantelung bezeichnet. Der kleinste mögliche Winkel ist gegeben durch

cosϑmin=jj(j+1)=11j+1.

Für große Werte des Drehimpulses strebt ϑ gegen Null. Dies ist mit dem klassischen Limes verträglich, in dem alle Komponenten des Drehimpulses exakt messbar sind und der Drehimpuls entsprechend keine Unschärfe in den x,y-Komponenten hat. Für den kleinsten (nicht verschwindenden) quantenmechanischen Drehimpuls j=12 ist jedoch ϑmin>45, was der anschaulich eher „parallel“ zur x-y-Ebene entspricht als zur z-Achse.

Anschauliches Verhalten bei Drehungen und Spiegelung

Der Drehimpulsoperator J=(Jx,Jy,Jz) entspricht in einigen Aspekten dem anschaulichen Bild des klassischen Drehimpulses. Insbesondere verhält er sich bei Drehung des Koordinatensystems genau wie jeder andere Vektor, d. h. seine drei Komponenten (J'x,J'y,J'z) längs der neuen Koordinatenachsen sind Linearkombinationen der drei Operatoren (Jx,Jy,Jz) längs der alten Achsen. Auch gilt Jx2+Jy2+Jz2=Jx2+Jy2+Jz2, so dass die Quantenzahl j erhalten bleibt. Die Gleichheit gilt auch (in einem beliebigen Zustand des betrachteten Systems) für die drei Erwartungswerte J. Daher bleibt die Länge des Erwartungswerts des Drehimpulsvektors |J| bei Drehungen des Koordinatensystems (oder des Zustands) gleich.

Bei Spiegelung des Koordinatensystems verhalten sich der Drehimpulsoperator und sein Erwartungswert ebenfalls genauso wie der mechanische Drehimpulsvektor. Sie bleiben als axiale Vektoren gleich. Axiale Vektoren heißen auch Pseudovektoren.

Zustände im Gegensatz zur Anschauung

Der Betrag des Erwartungswert-Vektors J bleibt zwar bei allen Drehungen und Spiegelungen des Systems gleich, es gibt aber für Quantenzahlen j1 Zustände zur selben Quantenzahl, bei denen der Vektor eine andere Länge hat, und die demnach nicht durch Drehung und Spiegelungen ineinander überführt werden können. Z. B. ist in einem Zustand |j,m der Erwartungswert J=(m,0,0) und sein Betrag |J|=|m|. Das kann je nach Wert von m verschiedene Werte ergeben, außer in den Fällen j=0 und j=12. Für m=0 ergibt sich die Länge |J|=0 zu Null. Die Länge Null ergibt sich für den Erwartungswert des Drehimpulsvektors auch bei Zuständen wie (|j,m+|j,m), sofern |m|1 und damit für die Erwartungswerte weiterhin Jx=Jy=0 gilt. In solchen Zuständen zeigt das System ein sog. „alignment“, zu deutsch „Ausrichtung“ (wobei das deutsche Wort aber oft ganz allgemein für den Fall benutzt wird, dass das System anhand seiner Eigenzustände |j,m in Bezug auf eine vorher gewählte z-Achse betrachtet werden soll).

Im Fall j=12 gilt (s. Abschnitt „Spin 1/2 und dreidimensionaler Vektor“ im Artikel Spin), dass in jedem möglichen gegebenen Zustand der Erwartungswert des Drehimpulsoperators die Länge 12 hat und sich eine Richtung im Raum angeben lässt, relativ zu der diesem Zustand die Quantenzahl m=+12 zuzuordnen ist.

Unterschied von Bahn- und Eigendrehimpuls

Bahndrehimpuls und Eigendrehimpuls wechselwirkeln unterschiedlich mit externen Magnetfeldern. Der Hamiltonoperator eines Teilchens in einem externen Magnetfeld ist nach der Pauli-Gleichung

=(pqA)22mgq2mSB

mit der elektrischen Ladung des Teilchens q, seiner Masse m, dem Vektorpotential A und der magnetischen Flussdichte B. Der Faktor g heißt gyromagnetischer Faktor. In einem homogenen, schwachen Magnetfeld kann diese Formel als

=p22mq2m(L+gS)B

geschrieben werden. Der Eigendrehimpuls koppelt somit mit einem Faktor g stärker an ein externes homogenes Magnetfeld als der Bahndrehimpuls. Für elementare Fermionen, für die die Pauli-Gleichung gilt, kann die unterschiedliche Form der Kopplung und der anomale Spin-g-Faktor g=2 in erster Näherung aus der Dirac-Gleichung hergeleitet werden.

Darstellungen

Ortsdarstellung des Bahndrehimpulses

In der Ortsdarstellung hat der Ortsoperator die Form r=r und der Impulsoperator die Form p=i. Daraus folgt für die Komponenten des Bahndrehimpulsoperators in kartesischen Koordinaten

L1=i(yzzy)L2=i(zxxz)L3=i(xyyx)

und in Kugelkoordinaten

L1=i(sinφθ+cotθcosφφ)L2=i(cosφθ+cotθsinφφ)L3=iφ.

Das Quadrat des Bahndrehimpulsoperators hat in Kugelkoordinaten die Form

L2=2(1sinθθsinθθ+1sin2θφ2)

und entspricht dem Winkelanteil des Laplace-Operators (bis auf die Konstante 2). Die Kugelflächenfunktionen Ylm(θ,φ) sind damit die Eigenfunktionen des Winkelanteils und somit von L2. Es ergibt sich, dass die Kugelflächenfunktionen bereits Eigenfunktionen von L3 sind und keine zusätzliche Diagonalisierung zu gemeinsamen Eigenfunktionen stattfinden muss. Die Indizes der Kugelflächenfunktionen korrespondieren dabei zu den Quantenzahlen des Bahndrehimpulsoperators

L2Ylm(θ,φ)=2l(l+1)Ylm(θ,φ)L3Ylm(θ,φ)=mYlm(θ,φ).

Die Drehimpulseigenzustände in Ortsdarstellung sind entsprechend die Kugelflächenfunktionen

rθφ|lm=f(r)Ylm(θ,φ),

multipliziert mit einer beliebigen Radialfunktion f(r).

Da im Eigenwertproblem zum Laplace-Operator die Indizes l und m auf ganzzahlige Werte beschränkt sind, können die Quantenzahlen des Bahndrehimpulses ebenfalls nur ganzzahlige Werte annehmen. Da diese Eigenschaft unabhängig von der gewählten Darstellung gelten muss, ist dies eine generelle Aussage.

Die Leiteroperatoren erhält man in Kugelkoordinaten durch das Einsetzen in die Definition und die Eulersche Formel zu

L±=exp(±iφ)(±θ+icotθφ).

Matrixdarstellung

Für ein festes j existieren 2j+1 Zustände |jm, sodass eine 2j+1-dimensionale Basis des Vektorraums existiert. Die Matrixelemente des Drehimpulsoperators sind daher

jm|J2|jm=2j(j+1)jm|jm=2j(j+1)δjjδmmjm|J3|jm=mjm|jm=mδjjδmm,

wobei δ das Kronecker-Delta ist. In der Standardbasis

|jj=(100)|j,j1=(010)|j,j=(001)

sind die Drehimpulsoperatoren zu festem j daher 2j+1-dimensionale quadratische Diagonalmatrizen

J2=2j(j+1)(10001000001)J3=(j000j100000j).

Die beiden Leiteroperatoren sind

jm|J±|jm=j(j+1)m(m±1)jm|j,m±1=j(j+1)m(m±1)δjjδm±1,m,

haben also nur Einträge auf der ersten Nebendiagonalen. Aus diesen können dann die beiden anderen Drehimpulsoperatoren J1 und J2 abgeleitet werden.

Für freie Werte der Drehimpulsquantenzahl j existiert keine endlichdimensionale Darstellung, da diese nach oben nicht beschränkt ist. Da die Drehimpulsoperatoren Zustände zu verschiedenen Drehimpulsquantenzahlen jedoch nicht mischen, ist der zugehörige Vektorraum die direkte Summe der Vektorräume zu festen Drehimpulsquantenzahlen und die unendlichdimensionale Darstellungsmatrix somit blockdiagonal. Ihre Blöcke haben die Größe 2j+1 und sind die Matrizen der Drehimpulsoperatoren für feste Drehimpulsquantenzahl.

Als Beispiel für die Matrixdarstellung kann der Spinoperator für ein Teilchen mit Spin ½ dienen. Dieser Spinoperator hat insbesondere keine Ortsdarstellung. Man findet

J2(j=12)=342(1001)=342σ0J3(j=12)=12(1001)=12σ3J+(j=12)=(0100)J(j=12)=(0010)J1(j=12)=12(0110)=12σ1J2(j=12)=12(0ii0)=12σ2,

wobei σ die Pauli-Matrizen sind.

Drehimpulsoperatoren und die Drehgruppe

Da die Drehimpulsoperatoren Elemente einer Lie-Algebra sind, sind sie die Erzeuger einer Lie-Gruppe. Die von den Drehimpulsoperatoren erzeugten Lie-Gruppen sind die spezielle unitäre Gruppe in zwei Dimensionen SU(2) beziehungsweise die dazu isomorphe spezielle orthogonale Gruppe in drei Dimensionen SO(3). Diese beiden Gruppen heißen auch Drehgruppen, da ihre Elemente die Drehmatrizen sind.

Die Elemente der Lie-Gruppe erhält man durch Anwendung des Exponentials auf die Elemente der Lie-Algebra, in diesem Fall also

Ri(ϕ)=exp(iϕJi).

Diese Gleichung ist unabhängig von der gewählten Darstellung der Lie-Algebra oder der Lie-Gruppe. Im Fall der adjungierten Darstellung der SO(3) wird der Zusammenhang zwischen Drehimpulsoperator und der Drehung im dreidimensionalen Raum leicht ersichtlich. In der adjungierten Darstellung sind die Darstellungsmatrizen die Strukturkonstanten, das heißt, (Jkadj)ij=iεijk. Der Drehimpulsoperator J3 hat dort also die Darstellungsmatrix

J3adj=(0ii00).

Das entsprechende Element der Lie-Gruppe ist

R3(ϕ)=(cosϕsinϕsinϕcosϕ1),

was der Drehung eines Vektors im dreidimensionalen Raum um die z-Achse entspricht. Die Rechnung ist für die beiden anderen Drehimpulsoperatoren analog.

Eine allgemeine Drehung kann zum Beispiel mittels der drei Eulerwinkel parametrisiert werden,

R(ϕ,θ,ψ)=R3(ϕ)R1(θ)R3(ψ)=exp(iϕJ3)exp(iθJ1)exp(iψJ3),

und mithilfe der Baker-Campbell-Hausdorff-Formel in ein einziges Exponential über eine Summe von Drehimpulsoperatoren mit den entsprechenden Koeffizienten umgeschrieben werden. Stellt man die allgemeine Drehung durch die Richtung der Achse und den Betrag des Drehwinkels dar – zusammengefasst in einem Vektor α –, entspricht das Ergebnis dem einfachen Operator einer Drehung um eine Achse

R(α)=exp(iαJ).

Addition von Drehimpulsen

Man geht von zwei Drehimpulsen mit den Operatoren J1 und J2 aus, zu denen jeweils die Quantenzahlen j1 und m1 bzw. j2 und m2 gehören. Jeder dieser Drehimpulse hat seinen eigenen Eigenraum, der durch die Eigenvektoren |j1,m1 zu J12,J1z bzw. |j2,m2 zu J22,J2z aufgespannt wird. Die Drehimpulse vertauschen untereinander [J1,J2]=0.

Nun koppeln die beiden Drehimpulse zu einem Gesamtdrehimpuls:

J=J1+J2

Somit gilt automatisch Jz=J1z+J2z. Die Zustände des Gesamtsystems bilden den Produktraum (tensorielles Produkt) der Zustände der Einzelsysteme. Darin bilden die Produkte der Basiszustände |ji,mi der Einzelsysteme eine Basis:

|j1,m1|j2,m2|j1,m1;j2,m2

Allerdings sind dies (meistens) keine Eigenvektoren des Gesamtdrehimpulses J2, so dass er in dieser Basis keine Diagonalgestalt besitzt. Daher geht man über vom vollständigen Satz kommutierender Operatoren J12,J1z,J22,J2z mit den Eigenzuständen |j1,m1;j2,m2 zum vollständigen Satz kommutierender Operatoren J2,Jz,J12,J22 mit den Eigenzuständen |J,M,j1,j2. In der neuen Basis hat der Gesamtdrehimpuls wieder eine einfache Diagonalgestalt:

J2|J,M,j1,j2=2J(J+1)|J,M,j1,j2
Jz|J,M,j1,j2=M|J,M,j1,j2

Die Quantenzahlen zum Gesamtdrehimpuls J und M können folgende Werte annehmen:

J=|j1j2|, |j1j2|+1,,j1+j2
M=m1+m2=J,,J.

Den Übergang von der Produktbasis |j1,m1;j2,m2 in die Eigenbasis |J,M,j1,j2 geschieht über folgende Entwicklung (Ausnutzen der Vollständigkeit der Produktbasis):

|J,M,j1,j2=m1,m2|j1,m1;j2,m2 j1,m1;j2,m2|J,M,j1,j2

Dabei sind  j1,m1;j2,m2|J,M,j1,j2 die Clebsch-Gordan-Koeffizienten.

Spin-Bahn-Kopplung

Vorlage:Hauptartikel Es wird ein 1/2-Spin mit einem Bahndrehimpuls gekoppelt.

J=L+S

Die Spinquantenzahlen sind auf s=12 und ms=±12 beschränkt, die Bahndrehimpulsquantenzahlen sind l0 und ml=l,,l. Somit kann die Gesamtdrehimpulsquantenzahl J nur die folgenden Werte annehmen:

  • für l>0: J=l±12
  • für l=0: J=12.

Jeder Zustand der Gesamtdrehimpulsbasis |J,M,l,s setzt sich aus genau zwei Produktbasiszuständen zusammen. Zu gegebenen M=ml+ms=ml±12 kann nur ml=M12 sein.

|l+12,M,l,12=α+|l,M12;12,+12+β+|l,M+12;12,12   für   J=l+12
|l12,M,l,12=α|l,M12;12,+12+β|l,M+12;12,12   für   J=l12

Aus der Forderung der Orthonormiertheit der Zustände sind die Koeffizienten festgelegt:

α±=±l+12±M2l+1   für   β±=l+12M2l+1

(Die Vorzeichen sind Konvention.)

Als Beispiel soll der Bahndrehimpuls l=1 mit einem Spin s=12 gekoppelt werden. Im Folgenden wird abkürzend |J,M,l=1,s=12=|J,M und für die Produktbasis |l=1,ml;s=12,ms=±12=|ml;± geschrieben.

Für J=32 gibt es ein Quartett:

|32,+32=|1;+
|32,+12=23|0;++13|1;
|32,12=13|1;++23|0;
|32,32=|1;

Für J=12 gibt es ein Dublett:

|12,+12=13|0;++23|1;
|12,12=23|1;++13|0;

Spin-Spin-Kopplung

Im Folgenden werden zwei 1/2-Spins gekoppelt.

S=S1+S2

Die Spinquantenzahlen sind auf s1,2=12 und ms1,2=±12 beschränkt. Somit können die Gesamtspinquantenzahlen S und MS nur die folgenden Werte annehmen:

  • S=0 , dann MS=0
  • S=1 , dann MS=1,0,1

Im Folgenden schreibe abkürzend |S,MS,12,12=|S,MS und für die Produktbasis |12,±12;12,±12=|±;±

Für S=1 gibt es ein Triplett:

|1,1=|+;+
|1,0=12(|+;+|;+)
|1,1=|;

Für S=0 gibt es ein Singulett:

|0,0=12(|+;|;+)

Literatur

Einzelnachweise