Klassenzahl

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Sei K ein algebraischer Zahlkörper. Dann ist seine Klassenzahl hK die Ordnung der (stets endlichen) Idealklassengruppe von K.

Zahlentheoretische Bedeutung

Möchte man eine Gleichung F(x)=1 über einem Zahlkörper lösen, so ist eine mögliche Strategie, die Gleichung über der Idealgruppe IK und der Idealklassengruppe ClK zu lösen. Ist 1 die einzige Lösung über der Idealklassengruppe, so ist jedes Ideal 𝔞 mit F(𝔞)=1 ein Hauptideal: 𝔞=(α). Diese Zahl α löst die ursprüngliche Gleichung modulo Einheiten.

Um die Gleichung über ClK zu lösen, genügt es, die Struktur von ClK als abelsche Gruppe zu kennen. In den meisten Fällen genügt sogar die Kenntnis der Primfaktorzerlegung von hK (z. B. xn=1x=1 für (n,hK)=1 oder: xn=1, falls hK|n).

Aus diesem Grund ist die Bestimmung der Idealklassenzahl eine der zentralen Aufgaben der Zahlentheorie.

Beispiel Kreisteilungskörper und fermatsche Vermutung

In den frühen Beweisversuchen zur Fermatschen Vermutung ging man stillschweigend davon aus, dass die für dieses Problem wichtigen Kreisteilungskörper (ζp) (mit p dem jeweiligen Exponenten in der Fermatgleichung und ζp einer primitiven p-ten Einheitswurzel) eine eindeutige Primfaktorzerlegung hatten (Klassenzahl 1), was durch Ernst Eduard Kummer widerlegt wurde. Kummer führte neue algebraische Objekte ein, die Ideale, und konnte so die Beweise für eine große Klasse von Kreisteilungskörper retten, indem er vom Rechnen mit den algebraischen Zahlen selbst zum Rechnen mit denjenigen Teilmengen der Zahlen des algebraischen Zahlkörpers überging, die die Ideale bilden. Die Kreisteilungskörper, für die er die Fermatsche Vermutung beweisen konnte, hatten ein p, das eine reguläre Primzahl darstellte, das heißt, sie teilte die Klassenzahl des Kreisteilungskörpers nicht: ph(ζp).

Der Spezialfall der fermatschen Vermutung lautete dann: Sei p eine ungerade reguläre Primzahl. Dann hat die Gleichung xp+yp=zp,(xyz,p)=1 keine ganzzahligen Lösungen.

Beweisskizze: Die Gleichung lässt sich umschreiben zu i=0p1(x+ζpiy)=zp. Geht man jetzt zu den Idealen von (ζp) über, erhält man, da die Ideale auf der linken Seite teilerfremd sind, die Gleichungen x+ζpiy=𝔞p. Da die Abbildung xxp auf der Idealklassengruppe von (ζp) injektiv ist, erhalten wird daraus die Gleichungen x+ζpiy=ϵαp mit einer Einheit ϵ, die man zum Widerspruch führen kann.

Eine reguläre Primzahl lässt sich auch über Bernoullizahlen definieren:

p|hKp|Bj für ein j{2,4,,p3}

Sei n>0. Dann gilt: p|h(ζp)p|h(ζpn)

Beispiel imaginärquadratischer Zahlkörper und Gaußsches Klassenzahlproblem

Es gibt genau 9 sogenannte Heegner-Zahlen d, für die K=(d) die Klassenzahl hK=1 hat: d=1,2,3,7,11,19,43,67 und 163. Sie stellen die Lösung des Gaußschen Klassenzahlproblems für imaginärquadratische Zahlkörper dar – der Frage, welche imaginär-quadratischen Zahlkörper die Klassenzahl 1 haben, das heißt eindeutige Primfaktorzerlegung. Die Lösung stammt von Kurt Heegner.

Eigenschaften

lims1(s1)ζK(s)=2r1(2π)r2hKRegKwKDK
Dabei ist wK die Anzahl der Einheitswurzeln in K, DK die Diskriminante der Erweiterung K/, RegK der Regulator von K und ζK die Dedekindsche Zeta-Funktion von K.
Die Klassenzahlformel eignet sich zur praktischen Berechnung der Klassenzahl.
  • Sei K|k eine p-Erweiterung, d. h., k=k0k1K und G(kn|k)/pn. Sei ferner pen der p-Anteil der Klassenzahl hkn. Dann gibt es von n unabhängige natürliche Zahlen λ, μ, ν, sodass en=λn+μpn+ν für hinreichend großes n. (Siehe: Iwasawa-Theorie)
  • Vermutung von Vandiver (nicht allgemein bewiesen, für p<12106 verifiziert):
Sei K+:=(ζp)+=(ζp). Dann ist p kein Teiler von hK+.

Siehe auch

Literatur

  • Jürgen Neukirch: Algebraische Zahlentheorie. Springer, Berlin u. a. 1992, ISBN 3-540-54273-6.
  • Lawrence C. Washington Introduction to Cyclotomic Fields (= Graduate Texts in Mathematics. Bd. 83). 2nd Edition. Springer, New York NY 1997, ISBN 0-387-94762-0.