Heaviside-Funktion

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Die Heaviside-Funktion, auch Theta-, Treppen-, Schwellenwert-, Stufen-, Sprung- oder Einheitssprungfunktion genannt, ist eine in der Mathematik und Physik oft verwendete Funktion. Sie ist nach dem britischen Mathematiker und Physiker Oliver Heaviside (1850–1925) benannt.

Allgemeines

Die Heaviside-Funktion hat für jede beliebige negative Zahl den Wert null, andernfalls den Wert eins. Die Heaviside-Funktion ist mit Ausnahme der Stelle x=0 überall stetig. In Formeln geschrieben heißt das:

Heaviside-Funktion
Θ:{0,1} x{0:x<01:x0

Sie ist also die charakteristische Funktion des Intervalls [0,+) der nichtnegativen reellen Zahlen.

In der Fachliteratur sind statt Θ(x) auch davon abweichende Notationen geläufig:

  • H(x), welche sich am Namen von Oliver Heaviside orientiert.
  • s(x) und σ(x) nach der Bezeichnung Sprungfunktion.
  • u(x) nach der Bezeichnung Vorlage:EnS.
  • Auch ϵ(x) wird häufig verwendet.
  • In der Systemtheorie verwendet man auch das Symbol 1(x).

Die Funktion findet zahlreiche Anwendungen, etwa in der Nachrichtentechnik oder als mathematisches Filter: Multipliziert man punktweise jeden Wert einer beliebigen stetigen Funktion mit dem entsprechenden Wert der Heaviside-Funktion, ergibt sich eine Funktion, die links von x=0 den Wert Null hat (deterministische Funktion), rechts davon aber mit der ursprünglichen Funktion übereinstimmt.

Alternative Darstellungen

Den Wert der Heaviside-Funktion an der Stelle x=0 kann man auch folgendermaßen festlegen. Zur Kennzeichnung der Definition schreibt man

Θc:𝕂x{0:x<0c:x=01:x>0

mit 0,1,c𝕂. Es kann 𝕂 also eine beliebige geordnete Menge darstellen, solange sie 0 und 1 enthält. Üblicherweise wird jedoch 𝕂=[0,1] verwendet.

Diese Definition ist charakterisiert durch die Eigenschaft, dass dann Θc(0)=c ist.

Durch die Wahl c:=12 und folglich Θ12(0)=12 erreicht man, dass die Gleichungen

Θ12(x)=12(sgn(x)+1) und damit auch
Θ12(x)=1Θ12(x)

für alle reellen x gültig sind.

Eine Integralrepräsentation der Heaviside-Sprungfunktion lautet wie folgt:

Θ(x)=limε012πi1τ+iεeixτdτ

Eine weitere Repräsentation ist gegeben durch

Θ(x)=limε01π[arctan(xε)+π2]

Eigenschaften

Differenzierbarkeit

Die Heaviside-Funktion ist weder im klassischen Sinne differenzierbar noch ist sie schwach differenzierbar. Dennoch kann man über die Theorie der Distributionen eine Ableitung definieren. Die Ableitung der Heaviside-Funktion in diesem Sinne ist die diracsche Delta-Distribution, die in der Physik zur Beschreibung von punktförmigen Quellen von Feldern Verwendung findet.

ddxΘ(x)=δ(x)

Eine heuristische Begründung für diese Formel erhält man, wenn man Θ(x) und δ(x) geeignet approximiert, z. B. durch

Θε(x):={0x<(ε)(12+x2ε)|x|ε1x>ε,

sowie

δε(x):={0|x|>ε12ε|x|ε,

wobei jeweils der Grenzwert limε0 betrachtet wird.

Alternativ kann eine differenzierbare Annäherung an die Heaviside-Funktion durch eine entsprechend normierte Sigmoidfunktion erreicht werden.

Integration

Eine Stammfunktion der Heaviside-Sprungfunktion erhält man durch Aufspaltung des Integrals nach den beiden Fällen x<0 und x0 aus der Fallunterscheidung in der Definition:

  • Für x>0 gilt
    xΘ(t)dt=x{0,falls t<01,falls t0dt=0{0,falls t<01,falls t0dt+0x{0,falls t<01,falls t0dt=00dt+0x1dt=0x1dt=[t]0x=x
  • Für x0 tritt sogar nur der erste Fall ein und es gilt
    xΘ(t)dt=x{0,falls t<01,falls t0dt=x0dt=0.

Zusammengenommen gilt also

xΘ(t)dt={0,falls x0x,falls x>0

beziehungsweise

xΘ(t)dt=max{0,x}.

Die Menge aller Stammfunktionen der Heaviside-Funktion ist damit

Θ(t)dt=max{0,x}+C.

Siehe auch