Indikatorfunktion

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Die Indikatorfunktion einer Menge (auch charakteristische Funktion einer Menge genannt) ist eine Funktion, die die Zugehörigkeit eines Elements zur Menge charakterisiert. Sie ermöglicht es, komplizierte Mengen mathematisch präzise zu fassen und auf ihnen Funktionen wie zum Beispiel die Dirichlet-Funktion zu definieren.

Definition

Zweidimensionale Indikatorfunktion einer Untermenge eines Quadrates

In der Literatur finden sich mehrere Schreibweisen für die charakteristische Funktion. Neben der hier verwendeten mittels χT sind ebenfalls die Schreibweisen ξT und 𝟏T gebräuchlich.[1]

Reellwertige charakteristische Funktion

Gegeben sei eine Grundmenge X und eine Teilmenge TX. Die Funktion χT:X{0,1}, definiert durch

χT(x)={1,falls xT0,falls xT

heißt dann die charakteristische Funktion oder Indikatorfunktion der Menge T.

Die Zuordnung 𝒫(X){0,1}X,TχT, liefert eine Bijektion zwischen der Potenzmenge 𝒫(X) und der Menge aller Funktionen von X in die Menge {0,1}.

Erweiterte charakteristische Funktion

In der Optimierung wird die charakteristische Funktion teils als erweiterte Funktion definiert. Hier heißt dann die Funktion χT:X{1,+}, definiert durch

χT(x)={1,falls xT+,falls xT

die (erweiterte) charakteristische Funktion oder Indikatorfunktion der Menge T. Sie ist eine echte Funktion, wenn T nicht leer ist.

Partielle charakteristische Funktion

Bei der Bildung der partiellen charakteristischen Funktion wird die Definitionsmenge auf T eingeschränkt; im Sinne von partiellen Funktionen kann man sie also wie folgt beschreiben:

χT:X{0,1},x{1,falls xTundefiniertsonst.

Verwendung der unterschiedlichen Definitionen

Die reellwertige charakteristische Funktion wird häufig in der Integrationstheorie und in der Stochastik verwendet, da sie es ermöglicht, Integrale der Funktion f über die Menge T durch Integrale von fχT über die Grundmenge zu ersetzen:

Tf(x)dx=Xf(x)χT(x)dx.

Dadurch lassen sich zum Beispiel oft Fallunterscheidungen vermeiden.

Die erweiterte charakteristische Funktion wird in der Optimierung verwendet, um Funktionen auf Teilbereiche einzuschränken, auf denen sie gewisse gewünschte Eigenschaften wie z. B. Konvexität besitzen, oder um Restriktionsmengen zu modellieren.

Die partielle charakteristische Funktion findet Verwendung in der Berechenbarkeitstheorie.

Eigenschaften und Rechenregeln der reellwertigen charakteristischen Funktion

  • Die Menge TX ist durch ihre charakteristische Funktion eindeutig bestimmt. Es gilt
T=χT1({1})={xX|χT(x)=1}.
Für S,TX ist also die Gleichheit χS=χT mit der Gleichheit S=T der Mengen äquivalent.
χST=min(χS,χT)=χSχT
und für die Vereinigungsmenge
χST=max(χS,χT)=χS+χTχSχT.
Für die Differenzmenge ist
χST=χSχSχT.
Insbesondere gilt für das Komplement T𝖢=XT
χT𝖢=1χT.
χN=0 μ-fast überall.

Verwendung zur Berechnung von Erwartungswert, Varianz und Kovarianz

Für einen gegebenen Wahrscheinlichkeitsraum (Ω,,P) und ein Ereignis A ist die Indikatorfunktion χA:Ω eine bernoulliverteilte Zufallsvariable. Insbesondere gilt für den Erwartungswert

E(χA)=P(A)

und für die Varianz

Var(χA)=P(A)(1P(A)).

Die Varianz von χA nimmt also ihren maximalen Wert 14 im Fall P(A)=12 an.

Ist zusätzlich B, dann gilt für die Kovarianz

Cov(χA,χB)=P(AB)P(A)P(B).

Zwei Indikatorvariablen sind also genau dann unkorreliert, wenn die zugehörigen Ereignisse stochastisch unabhängig sind.

Sind A1,A2,,An beliebige Ereignisse, dann gibt die Zufallsvariable

N=i=1nχAi

die Anzahl derjenigen Ereignisse an, die eingetreten sind. Wegen der Linearität des Erwartungswerts gilt dann

E(N)=i=1nP(Ai).

Diese Formel gilt auch dann, wenn die Ereignisse abhängig sind. Sind sie zusätzlich paarweise unabhängig, dann gilt nach der Gleichung von Bienaymé für die Varianz

Var(N)=i=1nVar(χAi)=i=1nP(Ai)(1P(Ai)).

Im allgemeinen Fall kann die Varianz über die Formel

Var(N)=i,j=1nCov(χAi,χAj)=i,j=1nP(AiAj)i,j=1nP(Ai)P(Aj)

bestimmt werden.

Siehe auch

Literatur

Anmerkungen

  1. Die Bezeichnung 1T wird aber auch für die Identitätsrelation bzw. -abbildung verwendet und kann daher leicht zu Verwechselungen führen.