Obstruktionstheorie

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In der Topologie, einem Teilgebiet der Mathematik, beschreibt die Obstruktionstheorie oder Hindernistheorie die Hindernisse für die Existenz von Schnitten in Faserbündeln.

Obstruktionskozykel

Sei p:EB eine Faserung über einem Simplizialkomplex B mit Faser F. Wir nehmen an, dass bereits ein Schnitt sn:BnE über dem n-Skelett von B konstruiert wurde und fragen, ob sich dieser Schnitt auf das (n+1)-Skelett fortsetzen lässt.

Für jeden (n+1)-Simplex σBn+1 ist p1(σ) homotopieäquivalent zu F und die Abbildung

snσ:Snσp1(σ)F

definiert ein Element der n-ten Homotopiegruppe der Faser

on+1(σ)πn(F).

Offensichtlich kann der gegebene Schnitt snσ:σE nur dann auf σ fortgesetzt werden, wenn

on+1(σ)=0πn(F).

Man kann zeigen, dass on+1:Cn+1(B)πn(F) ein Kozykel mit lokalen Koeffizienten ist, er wird als Obstruktionskozykel bezeichnet. Seine Kohomologieklasse (in der Kohomologie mit lokalen Koeffizienten)

on+1Hn+1(B,πn(F))

heißt (n+1)-te Obstruktionsklasse. Sie hängt zwar vom gewählten Schnitt sn ab, man kann aber zeigen, dass sie tatsächlich nur von seiner Einschränkung auf das (n1)-Skelett abhängig ist.

Schnitte in Vektorbündeln

Die wichtigste Anwendung der Obstruktionstheorie ist auf die Frage nach der Existenz von k linear unabhängigen Schnitten in einem Vektorbündel vom Rang n, für 1kn, oder äquivalent nach der Existenz eines Schnittes im k-Rahmenbündel

Vk(n)Vk(E)B,

dessen Faser die Stiefel-Mannigfaltigkeit Vk(n) ist.

Wegen πi(Vk(n))=0 für 0ink1 kann man einen solchen Schnitt auf dem (nk)-Skelett Bnk konstruieren, das Hindernis für die Fortsetzung auf das (nk+1)-Skelett ist dann die oben definierte Obstruktionsklasse

onk+1(E)Hnk+1(B,πnk(Vk(n))).

Stiefel-Whitney-Klassen

Die Stiefel-Whitney-Klassen wurden von Stiefel und Whitney ursprünglich als Obstruktionsklassen definiert. Die Homotopiegruppe πnk(Vk(n)) ist entweder isomorph zu /2 (falls k>1 und nk+1 gerade ist) oder sonst unendlich zyklisch, kann also in jedem Fall surjektiv auf /2 abgebildet werden. Das Bild der Obstruktionsklasse unter dieser Abbildung ist die Stiefel-Whitney-Klasse

wnk+1(E)Hnk+1(B,/2).

Euler-Klasse

Für k=1 ist πnk(Vk(n))=πn1(V1(n))=πn1(Sn)=, für orientierbare Vektorbündel ist die Kohomologie mit lokalen Koeffizienten Hn(B,πn1(V1(n))) isomorph zu Hn(B,) und die so definierte Obstruktionsklasse ist die Euler-Klasse

e(E)Hn(B,).

Analog kann man die Euler-Klasse für beliebige Sphärenbündel, also für Faserbündel mit Faser Sn1 definieren: wegen πi(Sn1)=0 für 0<i<n1 gibt es einen Schnitt auf dem (n1)-Skelett der Basis und die Obstruktion für die Fortsetzung auf das n-Skelett ist die Euler-Klasse

e(E)Hn(B,).

(Im Falle des Einheitssphärenbündels eines orientierten Vektorbündels stimmt die Euler-Klasse des Sphärenbündels mit der Euler-Klasse des Vektorbündels überein.)

Literatur

  • Norman Steenrod: The Topology of Fibre Bundles. (= Princeton Mathematical Series. vol. 14). Princeton University Press, Princeton, N. J. 1951 (Kapitel 25, 35, 38)
  • John W. Milnor, James D. Stasheff: Characteristic classes. In: Annals of Mathematics Studies. No. 76. Princeton University Press, Princeton, N. J.; University of Tokyo Press, Tokyo 1974. (Kapitel 12)
  • George W. Whitehead: Elements of Homotopy Theory. (= Graduate Texts in Mathematics. 61). Springer Verlag, 1978, ISBN 1-4612-6320-4.