Raumwinkel

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Raumwinkel W in einer Kugel mit Radius R

Der Raumwinkel ist das dreidimensionale Gegenstück zum zweidimensionalen für die Ebene definierten Winkel. Er beschreibt den Anteil am gesamten dreidimensionalen Raum, der z. B. im Inneren eines gegebenen Kegel- oder Pyramidenmantels liegt.

Definition

Der Raumwinkel Ω ist definiert als der Flächeninhalt A einer messbaren Teilfläche F einer Kugeloberfläche, dividiert durch das Quadrat des Radius r der Kugel:

Ω=Ar2.

Bei Betrachtung der Einheitskugel (r=1) ist A also betragsgleich dem zugehörigen Raumwinkel. So ist der volle Raumwinkel gleich der Oberfläche der Einheitskugel, nämlich 4π.

Die Teilfläche kann von beliebiger Umrissform sein. Vektoriell geschrieben als Flächenintegral ist

Ω=Fn^dAr2.

Dabei ist n^ der Einheitsvektor vom Koordinatenursprung, dA das differentielle Flächenelement und r dessen Abstand vom Koordinatenursprung. Existiert dieses Integral, dann ist die Teilfläche messbar, und dies ist sowohl bei abgeschlossenen als auch offenen Teilmengen der Kugeloberfläche der Fall.

Anders als das Bild vielleicht vermuten lässt, spielt die Umrissform des Flächenstücks keine Rolle. Jede Umrissform auf der Kugeloberfläche mit dem gleichen Flächeninhalt definiert einen Raumwinkel der gleichen Größe. Legt man durch jeden Punkt der Umrissform einen Strahl mit dem Mittelpunkt der Kugel als Startpunkt, dann erhält man eine geometrische Figur, die den Raumwinkel veranschaulicht. Dies ist vergleichbar mit der Darstellung für einen Winkel in der Ebene: zwei Halbgeraden mit einem gemeinsamen Startpunkt.

Maßeinheiten

Obwohl der Raumwinkel eine Größe der Dimension Zahl ist, wird er zur Verdeutlichung meist in der Einheit Steradiant (sr) angegeben; dies entspricht dem Bogenmaß mit der Einheit Radiant (rad) beim ebenen Winkel. Ein Raumwinkel von 1 sr umschließt auf einer Kugel mit dem Radius 1 m eine Fläche von 1 m2. Da eine ganze Kugeloberfläche den Flächeninhalt 4πr2 hat, ist der zugehörige volle Raumwinkel

Ωvoll=4π sr12,56637 sr.

Gelegentlich werden Raumwinkel auch in Quadratgrad, (°)², angegeben. 1 (°)² ist gleich (2π360)20,00030462 sr.

Die Verwendung einer Hilfsmaßeinheit für eine Größe der Dimension Zahl hat, wie auf vielen Gebieten, insbesondere auch beim Raumwinkel, den Vorteil, dass schon an der verwendeten Einheit erkennbar ist, welche physikalische Größe gemeint ist. Die Lichtstärke (cd = lm/sr) zeigt im Gegensatz zum Lichtstrom (lm) ihre Abhängigkeit vom Raumwinkel durch das Auftreten des Steradiant in der Einheit. Die Lichtstärke bezeichnet somit einen vom Raumwinkel abhängigen Lichtstrom.

Darstellung mit Kugelkoordinaten

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Ein Raumwinkel aus einem karte­sischen Polarkoordinatenabschnitt

Der Raumwinkel eines Kugeldreiecks beträgt in Abhängigkeit von seinen Innenwinkeln (α+β+γπ) Steradiant (siehe Kugeldreieck - Eigenschaften).

In einem Kugelkoordinatensystem kann der Raumwinkel besonders übersichtlich definiert werden, da es keine radiale Variable gibt. Zwei Meridianwinkel φ1, φ2 und zwei Breitenwinkel γ1, γ2 bestimmen ein Flächenelement auf einer Kugeloberfläche. Der zugehörige Raumwinkel beträgt:

Ω=φ1φ2γ1γ2sin(γ) dγ dφ

Raumwinkel eines Kegels

Datei:Angle solide coordonnees.svg
Kanonischer Raumwinkel

Wählt man als Umrissform auf der Kugeloberfläche einen Kreis, so erhält man den kanonischen Raumwinkel. Der Raumwinkel bildet dann den Mantel eines geraden Kreiskegels, in dessen Spitze der Mittelpunkt der Kugel liegt.

Ist 2θ der Öffnungswinkel in der Spitze des Kegels, dann ergibt sich der Raumwinkel Ω aus dem Doppelintegral[1]

Ω=02π0θsinθdθdϕ=02πdϕ0θsinθdθ=2π(1cosθ)=4πsin2θ2
Öffnungswinkel 2θ in Grad 0 1 2 5 10 15 30 45 57,2958
Öffnungswinkel 2θ in Radiant 0,0000 0,0175 0,0349 0,0873 0,1745 0,2618 0,5236 0,7854 1,0000
Raumwinkel Ω in Quadratgrad 0,00 0,79 3,14 19,63 78,49 176,46 702,83 1570,10 2525,04
Raumwinkel Ω in Steradiant 0,0000 0,0002 0,0010 0,0060 0,0239 0,0538 0,2141 0,4783 0,7692
Öffnungswinkel 2θ in Grad 60 65,5411 75 90 120 150 180 270 360
Öffnungswinkel 2θ in Radiant 1,0472 1,1439 1,3090 1,5708 2,0944 2,6180 3,1416 4,7124 6,2832
Raumwinkel Ω in Quadratgrad 2763,42 3282,81 4262,39 6041,36 10313,24 15287,95 20626,48 35211,60 41252,96
Raumwinkel Ω in Steradiant 0,8418 1,0000 1,2984 1,8403 3,1416 4,6570 6,2832 10,7261 12,5664

Raumwinkel einer rechteckigen Pyramide

Zum Raumwinkel einer Pyramide

Der Spezialfall des Raumwinkels mit einem rechteckigen und ebenen Umriss entspricht der geometrischen Form einer Pyramide, wobei der Ursprung genau senkrecht über dem Mittelpunkt des ebenen Rechtecks stehe (siehe Abbildung). Dieser Raumwinkel tritt z. B. bei der Berechnung der Étendue von optischen Systemen mit rechteckigen Aperturen auf.

Er lässt sich sehr leicht mit der Oosterom-Strackee-Formel berechnen. Mit den Pyramidengrundseiten wx und wy sowie der Höhe h ergibt sich:

Ω=4arctanwxwy2h4h2+wx2+wy2

Verwendet man für die Berechnung die beiden Öffnungswinkel 2φx und 2φy, wobei  tanφx=wx2h  und  tanφy=wy2h  ist, so folgt nach einigen trigonometrischen Umformungen:

Ω=4arcsin(sinφxsinφy)

Beispiele:

Eine Rechteckblende vor einer Punktlichtquelle grenze den Lichtstrahl auf die Winkel 45° (φx=22,5) und 20° (φy=10) ein. Der Raumwinkel beträgt 0,27 sr.

Handelt es sich um eine quadratische Blende und sind beide Winkel 20° groß, dann umfasst der Raumwinkel 0,12 sr. Der kanonische Raumwinkel einer 20°-Kreisblende liegt bei 0,10 sr.

Raumwinkel von Polyedern

Formeln für Raumwinkel

Im Folgenden sind P0,P1,P2,P3 vier Punkte, so dass die Vektoren P0P1,P0P2,P0P3 nicht in einer Ebene liegen (den Raum aufspannen), k0 ist die Einheitskugel um P0 und S1,S2,S3 die Schnittpunkte der Geraden P0P1,P0P2,P0P3 mit der Einheitskugel k0. P0,P1,P2,P3 bilden ein Tetraeder.

Würfel mit Einheitskugel in einer Ecke

Ebenen-Formel

Die Winkel α1,α2,α3 des sphärischen Dreiecks S1,S2,S3 sind die Winkel zwischen den drei Ebenen, die durch die drei Punktetripel (P0,P1,P2), (P0,P2,P3), (P0,P3,P1) aufgespannt werden.

Der Flächeninhalt des sphärischen Dreiecks S1,S2,S3 ist der Raumwinkel in der Tetraederecke P0 (siehe oben)

Ω=α1+α2+α3π

Beispiel: Für P0=(0,0,0),P1=(2,0,0),P2=(0,2,0),P3=(0,0,2) sind die Winkel α1=α2=α3=90=π2 und der Raumwinkel im Nullpunkt gleich

Ω=3π2π=π21,5707 sr

Kanten-Formel

Der Raumwinkel in der Ecke eines Polyeders mit drei zusammentreffenden Seitenflächen (Polygonen) kann mit dem Satz von L’Huilier berechnet werden.[2]

Für den Raumwinkel, der in der Ecke mit den zusammentreffenden Innenwinkeln θ1,θ2,θ3 der drei Seitenflächen liegt, gilt

Ω=4arctan(tan(θ1+θ2+θ34)tan(θ1+θ2+θ34)tan(θ1θ2+θ34)tan(θ1+θ2θ34))

Beispiele: Für P0=(0,0,0),P1=(2,0,0),P2=(0,2,0),P3=(0,0,2) sind die Winkel θ1=θ2=θ3=90 und

Ω=4arctan(tan(2704)tan(904)tan(904)tan(904))

Der Raumwinkel im Punkt P0 ist (wie schon berechnet) gleich Ω=π21,5707 sr.

Für eine quadratische Pyramide mit den Winkeln θ1=90,θ2=75,θ3=75 in den Ecken der quadratischen Grundfläche gilt

Ω=4arctan(tan(2404)tan(604)tan(904)tan(904))

In diesem Fall beträgt der Raumwinkel jeweils Ω1,1001 sr.

Richtungsvektoren-Formel

Sind die Vektoren r1,r2,r3 Richtungsvektoren der Geraden P0P1,P0P2,P0P3, so gilt für den Raumwinkel

Ω=2arctan((r1,r2,r3)|r1||r2||r3|+(r1r2)|r3|+(r1r3)|r2|+(r2r3)|r1|)

Dabei ist (r1,r2,r3) das Spatprodukt der Vektoren r1, r2 und r3, (r1r2) ist das Skalarprodukt und |r1| ist die Länge des Vektors.

Diese Darstellung wurde im Jahr 1983 von Oosterom und Strackee[3] angegeben und bewiesen.

Beispiel: Für P0=(0,0,0),P1=(2,0,0),P2=(0,2,0),P3=(0,0,2) sind r1=P0P1,r2=P0P2,r3=P0P3 Richtungsvektoren. Mit (r1,r2,r3)=8,|ri|=2,rirj=0 für ij ergibt sich (wie schon berechnet)

Ω=2arctan(1)=π2

Beispiele mit 3 Kanten an einer Ecke

Die drei Formeln zur Bestimmung des Raumwinkels können auf alle Polyederecken mit drei Kanten (Ebenen) angewandt werden.

Reguläres Tetraeder

Tetraeder, Raumwinkel

Bei einem regulären Tetraeder sind die Winkel zwischen den Seitenflächen α1=α2=α3=arctan(22) und nach der Ebenen-Formel gilt

Ω=3arctan(22)π0,5513 sr

Die Kantenwinkel sind θ1=θ2=θ3=60 und damit gilt nach der Kanten-Formel

Ω=4arctantan45tan315=4arctan26153=2arctan25=arctan10223=arcsin10227=arccos2327 0,5513 sr

Gerades Prisma

Ein gerades Prisma besitzt ein Polygon als Grundfläche und zur Grundfläche senkrechte weitere Kanten (Ebenen). Ist der Winkel in einem Punkt P des Grundflächenpolygons α, so folgt aus der Ebenenformel, wegen der Orthogonalität der Seitenflächen, für den Raumwinkel in P

Ω=α+π2+π2π=α
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Gerades Prisma
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Oktaederstumpf

Vorlage:Absatz

Oktaederstumpf

Raumfüllung mit kongruen­ten Oktaederstümpfen. In jeder Ecke treffen 4 Oktaederstümpfe zusammen und bilden einen vollen Raumwinkel.

Ein Oktaederstumpf entsteht durch Beschneidung eines regulären Oktaeders. In einer Ecke P treffen sich 3 Kanten und drei Ebenen, zwei reguläre Sechsecke und ein Quadrat. Es gibt also zwei Flächenwinkel: α1 zwischen zwei Sechsecken und α2 zwischen einem Sechseck und einem Quadrat. Es gilt (siehe Oktaederstumpf)

α1=2arctan2,α2=πarctan2

Damit ist nach der obigen Ebenenformel der Raumwinkel im Punkt P

Ω=α1+2α2π=π

Die Innenwinkel, die an einer Basisecke zusammentreffen, sind θ1=120,θ2=120,θ3=90. Aus der Kanten-Formel folgt daraus

Ω=4arctantan3304tan904tan904tan1504=4arctan1=π

Die Raumwinkel in den Ecken des Oktaederstumpfs sind also gleich 14 des vollen Raumwinkels. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass sich der dreidimensionale euklidische Raum lückenlos mit kongruenten Oktaederstümpfen ausfüllen lässt, wobei in jeder Ecke 4 Oktaederstümpfe zusammentreffen (siehe Raumfüllung).

Beispiele mit mehr Kanten in einer Ecke

Gehen durch eine Polyederecke mehr als drei Kanten, hat man ein sphärisches Polygon mit mehr als drei Ecken. In vielen Fällen lässt sich das sphärische Polygon mit Hilfe eines inneren Hilfspunktes Z in sphärische Dreiecke zerlegen (analog zur Triangulierung eines ebenen konvexen Polygons).

Gerade quadratische Pyramide

Gerade quadratische Pyramide: Zur Raumwinkelberechnung an der Spitze zerlegt

Für eine gerade quadratische Pyramide mit der Quadratseitenlänge a und Höhe h ist der Winkel zwischen den Dreiecken

β1=2arctan(12h4h2+2a2)

Schneidet man aus der Pyramide, wie aus einem Kuchen, entlang der Pyramidenhöhe und durch jeweils zwei benachbarte Basispunkte, erhält man eine Pyramide mit dreieckiger Grundfläche und einer Pyramidenkante an der Basis. Für den Raumwinkel an der Spitze der dreieckigen Pyramide ergibt sich

Ω3=π2+β12+β12π=β1π2
=2arctan(12h4h2+2a2)π2

und der Raumwinkel der Pyramide an der Spitze ist

Ω𝑆=4Ω3=8arctan(12h4h2+2a2)2π

Der Winkel zwischen einem Dreieck und dem Quadrat ist

β2=arctan(2ha)

Mit der Ebenen-Formel ergibt sich für den Raumwinkel an einer Basisecke

Ω𝐵=β1+β2+β2π
=2arctan(12h4h2+2a2)+2arctan(2ha)π

Bemerkungen: Für h=a2 ist diese Pyramide sozusagen ein halbes Oktaeder. In diesem Fall ist der Raumwinkel an der Spitze

Ω𝑂=8arctan(2)2π1,3593 sr.

Der Raumwinkel an einer Basisecke, wo das Quadrat und zwei gleichseitige Dreiecke zusammentreffen, ist

Ω𝐵=4arctan(2)π0,6797 sr.

Dieser Winkel ist halb so groß wie der Raumwinkel an der Spitze, also gilt Ω𝐵=Ω𝑂2. Dies wird offensichtlich, wenn 2 dieser Pyramiden zu einem Oktaeder vervollständigt werden.

Die Innenwinkel, die an einer Basisecke zusammentreffen, sind θ1=90,θ2=60,θ3=60. Aus der Kanten-Formel folgt daraus

Ω𝐵=4arctan(tan(2104)tan(304)tan(304)tan(904))=4arctan(322)=2arctan(24)=arctan(427)=arcsin(429)=arccos(79)

mit dem gleichen Ergebnis. Die Umformungen ergeben sich mithilfe der Halbwinkelformeln, der Additionstheoreme für den Tangens und der Gleichungen 2arctan(x)=arctan(2x1x2), arctan(x)=arcsin(x1+x2) und arctan(x)=arccos(11+x2).

Quadratische Pyramide: halbes Oktaeder
Datei:01 Ikosaeder-Raumwinkel.svg
Ikosaeder, Raumwinkel Ω

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Reguläres Ikosaeder

Die hier geschilderte Methode wird auch bei der Bestimmung des Raumwinkels eines regulären Ikosaeders angewandt. Bei einem Ikosaeder gehen durch jede Ecke fünf Kanten. Es wird der Raumwinkel einer Pyramide mit einem regulären Fünfeck als Basis bestimmt.

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Einzelnachweise