Zweistichproben-t-Test

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Der Zweistichproben-t-Test ist ein Signifikanztest aus der mathematischen Statistik. In der üblichen Form prüft er anhand der Mittelwerte zweier Stichproben, ob die Mittelwerte zweier normalverteilter Grundgesamtheiten gleich oder verschieden voneinander sind.

Es gibt zwei Varianten des Zweistichproben-t-Tests:

  • den für zwei unabhängige Stichproben mit gleichen Standardabweichungen σ in beiden Grundgesamtheiten und
  • den für zwei abhängige Stichproben.

Liegen zwei unabhängige Stichproben mit ungleichen Standardabweichungen in beiden Grundgesamtheiten vor, so muss der Welch-Test (s. u.) eingesetzt werden.

Grundidee

Der Zweistichproben-t-Test prüft (im einfachsten Fall) mit Hilfe der Mittelwerte x1 und x2 zweier Stichproben, ob die Erwartungswerte μ1 und μ2 der zugehörigen Grundgesamtheiten verschieden sind.

Die untenstehende Grafik zeigt zwei Grundgesamtheiten (schwarze Punkte) und zwei Stichproben (blaue und rote Punkte), die zufällig aus den Grundgesamtheiten gezogen wurden. Die Mittelwerte der Stichproben x1 und x2 können aus den Stichproben berechnet werden, die Erwartungswerte der Grundgesamtheiten μ1 und μ2 sind jedoch unbekannt. In der Grafik sind die Grundgesamtheiten so konstruiert, dass die beiden Erwartungswerte gleich sind, also μ1=μ2.

Wir vermuten nun, z. B. aufgrund historischer Ergebnisse oder theoretischer Überlegungen, dass die Erwartungswerte μ1 und μ2 der Grundgesamtheiten verschieden sind, und möchten dies prüfen.

Im einfachsten Fall prüft der Zweistichproben-t-Test

  • die Nullhypothese, dass die Erwartungswerte der Grundgesamtheiten gleich sind (H0:μ1=μ2)
  • gegen die Alternativhypothese, dass die Erwartungswerte der Grundgesamtheiten ungleich sind (H1:μ1μ2).

Wenn die Stichproben geeignet gezogen wurden, zum Beispiel als einfache Zufallsstichproben, wird der Mittelwert x1 der Stichprobe 1 mit hoher Wahrscheinlichkeit nahe dem Erwartungswert μ1 der Grundgesamtheit 1 liegen und der Mittelwert x2 der Stichprobe 2 mit hoher Wahrscheinlichkeit nahe dem Erwartungswert μ2 der Grundgesamtheit 2 liegen. Das heißt, der Abstand zwischen der gestrichelten roten und schwarzen Linie bzw. der gestrichelten blauen und schwarzen Linie wird mit hoher Wahrscheinlichkeit klein sein.

  • Wenn der Abstand zwischen x1 und x2 (gestrichelte blaue bzw. rote Linie) klein ist, dann liegen auch die Erwartungswerte der Grundgesamtheiten μ1 und μ2 nahe beieinander. Wir können die Nullhypothese nicht ablehnen.
  • Wenn der Abstand zwischen x1 und x2 (gestrichelte blaue bzw. rote Linie) groß ist, dann liegen auch die Erwartungswerte der Grundgesamtheiten μ1 und μ2 weit voneinander entfernt. Wir können die Nullhypothese ablehnen.

Die genauen mathematischen Berechnungen finden sich in den folgenden Abschnitten.

Zweistichproben-t-Test für unabhängige Stichproben

Um Erwartungswertunterschiede zwischen zwei Grundgesamtheiten mit der gleichen unbekannten Standardabweichung σ zu untersuchen, wendet man den Zweistichproben-t-Test an. Dafür muss jede der Grundgesamtheiten normalverteilt sein oder die Stichprobenumfänge müssen so groß sein, dass der zentrale Grenzwertsatz anwendbar ist. Für den Test zieht man eine Stichprobe x1,,xn vom Umfang n aus der 1. Grundgesamtheit und unabhängig davon eine Stichprobe y1,,ym vom Umfang m aus der 2. Grundgesamtheit. Für die zugehörigen unabhängigen Stichprobenvariablen X1,,Xn und Y1,,Ym gilt dann E(Xi)=μX und E(Yj)=μY mit den Erwartungswerten μX und μY der beiden Grundgesamtheiten. Wird eine Zahl ω0 für die Differenz der Erwartungswerte vorgegeben, so lautet die Nullhypothese

H0:μXμY=ω0

und die Alternativhypothese

H1:μXμYω0.

Häufig liegt der Fall ω0=0 vor, in welchem die Nullhypothese die Gleichheit der Erwartungswerte und die Alternativhypothese die Ungleichheit der Erwartungswerte postuliert.

Die Teststatistik ergibt sich zu

T=XYω0S1n+1m=nmn+mXYω0S.

Darin sind X und Y die respektiven Stichprobenmittelwerte und

S2=(n1)SX2+(m1)SY2n+m2

die gewichtete Varianz, berechnet als gewichtetes Mittel der respektiven korrigierten Stichprobenvarianzen SX2 und SY2.

Die Teststatistik T ist unter der Nullhypothese t-verteilt mit m+n2 Freiheitsgraden. Der Prüfwert, also die Realisierung der Teststatistik anhand der Stichprobe, berechnet sich dann als

t=nmn+mxyω0s.

Dabei sind x und y die aus der Stichprobe berechneten Mittelwerte und

s2=(n1)sx2+(m1)sy2n+m2

die Realisierung der gewichteten Varianz, berechnet aus den Stichprobenvarianzen sx2 und sy2. Sie wird auch als gepoolte Stichprobenvarianz bezeichnet.

Zum Signifikanzniveau α wird die Nullhypothese abgelehnt zugunsten der Alternative, wenn

|t|>t(112α, n+m2).

Dabei bezeichnet t(p,ν) das p-Quantil einer t-Verteilung mit ν Freiheitsgraden. Im weiteren Verlauf des Artikels werden dafür auch die Notationen t(p;ν) und tp;ν verwendet. Im Artikel t-Verteilung wird dagegen die Notation tν;p für das 1p-Quantil einer t-Verteilung mit ν Freiheitsgraden verwendet.

Alternativ können folgende Hypothesen mit der gleichen Teststatistik T getestet werden:

  • H0:μXμYω0 vs. H1:μXμY>ω0 und die Nullhypothese wird abgelehnt, wenn t>t(1α, m+n2) bzw.
  • H0:μXμYω0 vs. H1:μXμY<ω0 und die Nullhypothese wird abgelehnt, wenn t<t(1α, m+n2).

Bemerkung

Sind die Varianzen in den Grundgesamtheiten ungleich, dann muss der Welch-Test durchgeführt werden.

Beispiel 1

Zwei Düngemittelsorten sollen verglichen werden. Dazu werden 25 Parzellen gleicher Größe gedüngt, und zwar n=10 Parzellen mit Sorte A und m=15 Parzellen mit Sorte B. Angenommen wird, dass die Ernteerträge normalverteilt seien mit gleichen Varianzen. Bei Ersteren ergibt sich ein mittlerer Ernteertrag x=23,6 mit Stichprobenvarianz sx2=9,5 und bei den anderen Parzellen das Mittel y=20,1 mit Varianz sy2=8,9. Für die gewichtete Varianz berechnet man damit

s2=99,5+148,910+152=9,135.

Daraus erhält man die Prüfgröße

t=101510+1523,620,19,135=2,837.

Das vorgegebene Signifikanzniveau sei 5 %. Es wird ein zweiseitiger Test durchgeführt. Der Wert der Prüfgröße ist größer als das 0,975-Quantil der t-Verteilung mit 10+152=23 Freiheitsgraden t(0,975; 23)=2,069. Es kann also mit einer Konfidenz von 95% behauptet werden, dass ein Unterschied in der Wirkung der beiden Düngemittel besteht.

Kompaktdarstellung

Zweistichproben-t-Test für zwei unabhängige Stichproben
Voraussetzungen
  • X1,,Xn und Y1,Ym unabhängig voneinander
  • Xi𝒩(μX;σ) oder Xi(μX;σ) mit n>30
  • Yj𝒩(μY;σ) oder Yj(μY;σ) mit m>30
  • σ unbekannt
Hypothesen H0:μXμYω0
H1:μXμY>ω0
(rechtsseitig)
H0:μXμY=ω0
H1:μXμYω0
(zweiseitig)
H0:μXμYω0
H1:μXμY<ω0
(linksseitig)
Teststatistik T=nmn+mXYω0S

Im Fall μXμY=ω0 gilt für die Teststatistik Ttn+m2.

Prüfwert t=nmn+mxyω0s
mit x=1ni=1nxi, y=1mi=1myi,
sx=1n1i=1n(xix)2,

sy=1m1j=1m(yjy)2
und s=(n1)sx2+(m1)sy2n+m2

Ablehnungsbereich H0 {t|t>t1α;n+m2} {t|t<t1α/2;n+m2}
oder
{t|t>t1α/2;n+m2}
{t|t<t1α;n+m2}

Zweistichproben-t-Test für abhängige Stichproben

Vorlage:Siehe auch

Fehler 1. Art von verbundenem und unverbundenem t-Test in Abhängigkeit von der Korrelation. Die simulierten Zufallszahlen entstammen einer bivariaten Normalverteilung mit einer Varianz von 1. Das Signifikanzniveau beträgt 5 % und die Fallzahl 60.
Güte von verbundenem und unverbundenem t-Test in Abhängigkeit von der Korrelation. Die simulierten Zufallszahlen entstammen einer bivariaten Normalverteilung mit einer Varianz von 1 und einer Differenz der Erwartungswerte von 0,4. Das Signifikanzniveau beträgt 5 % und die Fallzahl 60.

Hier sind x1,x2,,xn und y1,y2,,yn zwei paarweise verbundene Stichproben, die beispielsweise aus zwei Messungen an denselben Untersuchungseinheiten gewonnen wurden (Messwiederholung). Die Stichproben können auch aus anderen Gründen paarweise abhängig sein, beispielsweise wenn die x- und y-Werte Messergebnisse von Frauen bzw. Männern in einer Partnerschaft sind und Unterschiede zwischen den Geschlechtern interessieren.

Soll die Nullhypothese getestet werden, dass die beiden Erwartungswerte der zugrunde liegenden normalverteilten Grundgesamtheiten gleich sind, so können mit dem Einstichproben-t-Test die Differenzen di=xiyi auf Null getestet werden. In der Praxis muss bei kleineren Stichprobenumfängen (n30) die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Differenzen in der Grundgesamtheit normalverteilt sind. Bei hinreichend großen Stichproben verteilen sich die Differenzen der Paare annähernd normal um das arithmetische Mittel der Differenz der Grundgesamtheit. Insgesamt reagiert der t-Test auf Annahmeverletzung eher robust.[1]

Beispiel 2

Um eine neue Therapie zur Senkung des Cholesterinspiegels zu testen, werden bei zehn Probanden vor und nach der Behandlung die Cholesterinwerte bestimmt. Es ergeben sich die folgenden Messergebnisse:

Vor der Behandlung: 223 259 248 220 287 191 229 270 245 201
Nach der Behandlung: 220 244 243 211 299 170 210 276 252 189
Differenz: 3 15 5 9 −12 21 19 −6 −7 12

Die Differenzen der Messwerte haben das arithmetische Mittel d=5,9 und die Stichprobenstandardabweichung sd=11,3866. Das ergibt als Prüfgrößenwert

t=105,911,3866=1,6385.

Es ist t(0,975; 9)=2,2622, also gilt |t|t(0,975; 9). Somit kann die Nullhypothese, dass die Erwartungswerte der Cholesterinwerte vor und nach der Behandlung gleich sind, die Therapie also keine Wirkung hat, zum Signifikanzniveau α=5% nicht abgelehnt werden. Wegen t<t(0,95; 9)=1,8331 ist auch die einseitige Alternative, dass die Therapie den Cholesterinspiegel senkt, nicht signifikant. Wenn die Behandlung überhaupt einen Effekt hat, so ist dieser nicht groß genug, um ihn mit einem so kleinen Stichprobenumfang zu entdecken.

Kompaktdarstellung

Zweistichproben-t-Test für zwei gepaarte Stichproben
Voraussetzungen
  • Di=XiYi unabhängig voneinander
  • D=1ni=1nDi𝒩(μD;σD/n) (zumindest approximativ)
Hypothesen H0:μXμYω0
H1:μXμY>ω0
(rechtsseitig)
H0:μXμY=ω0
H1:μXμYω0
(zweiseitig)
H0:μXμYω0
H1:μXμY<ω0
(linksseitig)
Teststatistik T=nDω0SD

Im Fall μXμY=ω0 gilt für die Teststatistik Ttn1.

Prüfwert t=ndω0sd
mit di=xiyi, d=1ni=1ndi,
und sd=1n1i=1n(did)2
Ablehnungsbereich H0 [t1α;n1,) (,t1α2;n1][t1α2;n1,) (,t1α;n1]

Welch-Test

Beim Welch-Test[2], der manchmal auch Satterthwaite-Test[3] genannt wird, wird wie beim Zweistichprobentest-t-Test für unabhängige Stichproben unterstellt, dass die beiden Stichproben normalverteilt und unabhängig voneinander sind. Jedoch wird nicht mehr gefordert, dass die Varianzen in beiden Stichproben identisch sind. Die Teststatistik wird gegenüber dem Zweistichproben-t-Test entsprechend modifiziert:

T=XYω0SX2n+SY2mtν.

Diese Teststatistik ist unter der Nullhypothese gleicher Mittelwerte nicht t-verteilt. Die wahre Verteilung kann aber (auch für endliche Stichproben!) durch eine t-Verteilung mit einer modifizierten Anzahl von Freiheitsgraden approximiert werden[2][4] (siehe auch Behrens-Fisher-Problem):

ν=(sx2n+sy2m)21n1(sx2n)2+1m1(sy2m)2.

Dabei sind sx und sy die aus der Stichprobe geschätzten Standardabweichungen der Grundgesamtheiten sowie n und m die Stichprobenumfänge.

Obwohl der Welch-Test speziell für den Fall σXσY entwickelt wurde, funktioniert der Test nicht gut, wenn mindestens eine der Verteilungen nicht-normal ist, die Fallzahlen klein und stark unterschiedlich (nm) sind.[5][6]

Kompaktdarstellung

Welch-Test
Voraussetzungen
  • X1,,Xn und Y1,Ym unabhängig voneinander
  • Xi𝒩(μX;σX) oder Xi(μX;σX) mit n>30
  • Yj𝒩(μY;σY) oder Yj(μY;σY) mit m>30
  • σXσY unbekannt
Hypothesen H0:μXμYω0
H1:μXμY>ω0
(rechtsseitig)
H0:μXμY=ω0
H1:μXμYω0
(zweiseitig)
H0:μXμYω0
H1:μXμY<ω0
(linksseitig)
Teststatistik T=XYω0Stν

Im Fall μXμY=ω0 gilt Ttν.

Prüfwert t=xyω0s

mit x=1ni=1nxi, y=1mi=1myi,
sx2=1n1i=1n(xix)2,
sy2=1m1j=1m(yjy)2,
s=sx2n+sy2m und
ν=(sx2n+sy2m)2(sx2n)2n1+(sy2m)2m1.

Ablehnungsbereich H0 {t|t>t1α;ν} {t|t<t1α/2;ν}
oder
{t|t>t1α/2;ν}
{t|t<t1α;ν}

Alternative Tests

Der t-Test wird, wie oben ausgeführt, zum Testen von Hypothesen über Erwartungswerte einer oder zweier Stichproben aus normalverteilten Grundgesamtheiten mit unbekannter Standardabweichung verwendet.

  • Permutationstest, beruht nicht auf der Annahme, dass jede der beiden Gruppen für sich normalverteilt sind
  • Die Annahme, dass jede der beiden Gruppen für sich normalverteilt ist, kann mit dem Shapiro-Wilk-Test oder dem Kolmogorow-Smirnow-Test geprüft werden. Liegt keine Normalverteilung vor, können als Ersatz für den t-Test nichtparametrische Tests angewendet werden, etwa ein Wilcoxon-Mann-Whitney-Test (auch: Wilcoxon-Rangsummentest) für unabhängige Stichproben oder ein Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test für gepaarte Stichproben. Ein einfach durchführbares alternatives Verfahren zur schnellen Abschätzung ist der Schnelltest nach Tukey.
  • Sollen mehr als zwei normalverteilte Stichproben auf Gleichheit der Erwartungswerte getestet werden, kann eine Varianzanalyse angewendet werden.
  • Bei Mittelwertvergleichen normalverteilter Stichproben mit bekannter Standardabweichung können Gauß-Tests verwendet werden.

Einzelnachweise

  1. Jürgen Bortz: Statistik für Human- und Sozialwissenschaftler. 6. Auflage. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-21271-X, S. 142.
  2. 2,0 2,1 B. L. Welch: The significance of the difference between two means when the population variances are unequal. In: Biometrika. Band 29, 1938, S. 350–362.
  3. Franklin J. Satterthwaite: Synthesis of Variance. In: Psychometrika. Band 6, Heft 5, 1941, S. 309–316.
  4. Vorlage:Literatur
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