Wittvektor

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Wittvektoren sind eine von dem Mathematiker Ernst Witt eingeführte[1] Verallgemeinerung der Konstruktion der (ganzen) p-adischen Zahlen auf beliebige perfekte Restklassenkörper. Neben diesen p-typischen Wittvektoren gibt es die großen Wittvektoren, aus denen sich die p-typischen Wittvektoren für beliebiges p rekonstruieren lassen.

p-typische Wittvektoren

Sei p eine feste Primzahl. Für einen Ring A (kommutativ, mit Einselement) bilden die Wittvektoren einen von p abhängenden Ring Wp(A). Er ist vor allem für Ringe A der Charakteristik p interessant, die Konstruktion macht es aber erforderlich, auch andere Ringe zuzulassen.

Motivation

Sei n>1 eine ganze Zahl. Als Approximation an eine alternative Konstruktion der p-adischen Zahlen p soll zunächst nur unter Verwendung der Addition und Multiplikation im Körper 𝔽p=/p ein zum Restklassenring /pn isomorpher Ring, bezeichnet mit Wp,n(𝔽p), konstruiert werden.

Der erste, naive Ansatz dazu wäre die Verwendung der Abbildung σ:𝔽p/pn, die für ganze Zahlen 0k<p die Restklasse von k in 𝔽p=/p auf die Restklasse von k in /pn abbildet. Die Bijektion

𝔽pn/pn,  (x0,x1,,xn1)σ(x0)+pσ(x1)++pn1σ(xn1)

entspricht der Darstellung von ganzen Zahlen in {0,1,,pn1} im Stellenwertsystem zur Basis p. Die von /pn übertragene Addition ist dann im Fall n=2:

(x0,x1)+(y0,y1)=(x0+y0,x1+y1+c(x0,y0)),

wobei c(x0,y0) der Übertrag ist. Diese Konstruktion lässt sich nicht gut auf andere Körper als 𝔽p verallgemeinern, auch weil die Definition von σ von dem aus algebraischer Sicht ungünstigen Vertretersystem {0,1,,p1} Gebrauch macht.

Der korrekte Ansatz basiert auf der folgenden Aussage aus der elementaren Zahlentheorie: Für ganze Zahlen u,v gilt:

uvmodpupn1vpn1modpn

(siehe Kongruenz (Zahlentheorie)). Das bedeutet: Ist x𝔽p=/p und u ein Vertreter von x, dann hängt die Restklasse von upn1 in /pn nur von x, nicht jedoch von der Wahl von u ab. Wir schreiben suggestiv xpn1 für dieses Element von /pn. (Diese Abbildung 𝔽p/pn ist im Wesentlichen das Teichmüller-Vertretersystem für die p-adischen Zahlen p.) Allgemeiner hängt auch die Restklasse von pkupn1k nicht von u selbst ab, wir scheiben pkxpn1k.

Weil jeweils 𝔽ppk/pk+1, xpkxpn1k bijektiv ist, erhalten wir durch Aufaddieren eine bijektive Abbildung:

wn1: 𝔽pn/pn,(x0,x1,,xn1)x0pn1+px1pn2++pkxkpn1k++pn1xn1

Sei Wp,n(𝔽p) die Menge 𝔽pn zusammen mit derjenigen Addition und Multiplikation, die wn1 zu einem Isomorphismus machen.

Sei nun speziell n=2 und damit w1(x0,x1)=x0p+px1. Sollen zwei Vektoren (x0,x1) und (y0,y1) addiert werden, also (x0,x1)+(y0,y1)=(z0,z1), dann erhält man modulo p die Gleichung z0p=x0p+y0p, also z0=x0+y0. Damit ist

pz1=px1+py1+x0p+y0p(x0+y0)p

Das Polynom

Xp+Yp(X+Y)p[X,Y]

hat durch p teilbare Koeffizienten, ist also gleich pS1(X,Y) mit einem Polynom S1(X,Y)[X,Y]. Damit ist

pz1=p(x1+y1+S1(x0,y0))

also insgesamt

(x0,x1)+(y0,y1)=(x0+y0,x1+y1+S1(x0,y0))

Die Assoziativität der Addition übersetzt sich in eine Gleichung

S1(x0,y0)+S1(x0+y0,z0)=S1(x0,y0+z0)+S1(y0,z0)

Man überzeugt sich leicht davon, dass diese Gleichung bereits entsprechend in [X,Y,Z] gilt. Das bedeutet, dass man für einen beliebigen kommutativen Ring A durch die Festlegung

(x0,x1)+(y0,y1)=(x0+y0,x1+y1+S1(x0,y0))

die Struktur einer abelschen Gruppe auf Wp,2(A)=A2 definieren kann. Entsprechendes gilt für

(x0,x1)(y0,y1)=(x0y0,P1(x0,x1,y0,y1))

mit P1(X0,X1,Y0,Y1)=X0pY1+X1Y0p+pX1Y1, so dass Wp,2(A) zu einem kommutativen Ring mit Einselement (1,0) wird.

Definition

Bezeichne 0 die Menge der nichtnegativen ganzen Zahlen. Weiterhin ist p eine fest gewählte Primzahl.

Es gibt eindeutig bestimmte Polynome Si,Pi[X0,,Xi,Y0,,Yi] für jedes i0 derart, dass für jeden kommutativen Ring mit Einselement A gilt: Wp(A)=A0 ist ein Ring mit Addition:

x+y=(S0(x0,y0),S1(x0,x1,y0,y1),S2(x0,x1,x2,y0,y1,y2),)

und Multiplikation

xy=(P0(x0,y0),P1(x0,x1,y0,y1),)

und für jedes n0 ist die Abbildung

Wp(A)A,  xx0pn+px1pn1++pkxkpnk++pnxn

ein Ringhomomorphismus. Wp(A) heißt Ring der p-typischen Wittvektoren mit Einträgen aus A. Ist nur die Rede von p-typischen Wittvektoren, wird nur W(A) geschrieben.

Für n1 ist Wp,n(A)=An mit der entsprechend abgeschnittenen Addition und Multiplikation ebenfalls ein kommutativer Ring mit Einselement, der Ring der p-typischen Wittvektoren der Länge n.[2]

Das Ringelement

x(n)=x0pn+px1pn1++pkxkpnk++pnxnA

wird als n-te Geisterkomponente oder Nebenkomponente von xWp(A) bezeichnet. Mit den Witt-Polynomen

wp,n(X)=X0pn+pX1pn1++pnXn

kann man Sn und Pn rekursiv berechnen:

Sn(X,Y)=1pn(wp,n(X)+wp,n(Y)k=0n1pkSkpnk(X,Y))Pn(X,Y)=1pn(wp,n(X)wp,n(Y)k=0n1pkPkpnk(X,Y))

Beispiele:

S0(X,Y)=X0+Y0S1(X,Y)=X1+Y1k=1p11p(pk)X0kY0pkP0(X,Y)=X0Y0P1(X,Y)=X0pY1+X1Y0p+pX1Y1

Auch die Negation xx im Ring Wp(A) ist durch universelle Polynome gegeben. Für p2 ist:

(x0,x1,x2,)=(x0,x1,x2,)

Für p=2 ist dagegen (x0,x1,x2,)=(I0(X),I1(X),I2(X),) mit

I0(X)=X0I1(X)=X02X1I2(X)=X04X02X1X12X2

Die Abbildung τ:AWp(A), a(a,0,0,) ist multiplikativ und heißt Teichmüller-Vertretersystem (nach Oswald Teichmüller).

Beweisskizze

Die rekursive Beschreibung liefert Sn,Pn[X,Y]. Um einerseits die Ganzzahligkeit, andererseits die Ringeigenschaften nachzuweisen, zeigt der klassische Beweisansatz allgemeiner:[3]

Lemma. Ist ϕ[X,Y] ein Polynom (z. B. ϕ(X,Y)=X+Y), dann gibt es eindeutig bestimmte ganzzahlige Polynome ϕn[X0,,Xn,Y0,,Yn] mit

wp,n(ϕ0,,ϕn)=ϕ(wp,n(X0,,Xn),wp,n(Y0,,Yn))

für alle n. Entsprechende Versionen dieser Aussage gelten auch für X,Y,Z statt X,Y oder auch nur X.

Rationale Eindeutigkeit ist klar, der Ganzzahligkeitsbeweis beruht auf den Eigenschaften wp,n(X)wp,n1(Xp)modp und f(Xp)f(X)pmodp sowie der oben erwähnten Implikation

uvmodpupn1vpn1modpn

Die Ringeigenschaften von Wp(A) folgen aus der Eindeutigkeitsaussage des Lemmas: Sowohl x+(y+z) als auch (x+y)+z sind durch Polynome gegeben, die Lösungen der folgenden Gleichung sind:

wp,n(ϕ0,,ϕn)=wp,n(X0,,Xn)+wp,n(Y0,,Yn)+wp,n(Z0,,Zn)

Also sind diese Polynome gleich.

Ein anderer Beweisansatz verwendet die Identifikation des Rings der großen Wittvektoren mit dem Ring Λ(A), siehe unten.

Einfache Eigenschaften

  • Wp,1(A) kann mit A identifiziert werden, und wp,0:Wp(A)A mit der Projektion xx0. Alle Projektionen Wp(A)Wp,n(A) sind surjektive Ringhomomorphismen, und
Wp(A)=limnWp,n(A)
(siehe Projektiver Limes)
  • Wp(𝔽p)=p und Wp,n(𝔽p)=/pn
  • Wenn p in A invertierbar ist, dann ist die Abbildung auf die Geisterkomponenten wp:Wp(A)A0 ein Ringisomorphismus.
  • Weitere Beispiele (unter beiden Isomorphismen entspricht X dem Vektor (0,1)):
Wp,2()[X]/(X2pX)Wp,2(/p2)/p3[X]/(X2pX,pXp2)

W(k) für perfekte Körper k

Sei k ein perfekter Körper der Charakteristik p. Dann ist Wp(k) ein vollständiger diskreter Bewertungsring gemischter Charakteristik (d. h. char(Wp(k))=0), dessen maximales Ideal von p erzeugt wird. Diese Eigenschaft charakterisiert Wp(k) bis auf Isomorphie.

Wittvektoren spielen eine wichtige Rolle in der Strukturtheorie vollständiger lokaler Ringe (nach I. S. Cohen):

  • Satz von Teichmüller-Witt: Ist (A,𝔪) ein vollständiger noetherscher lokaler Ring mit Restklassenkörper k, dann gibt es genau einen Homomorphismus Wp(k)A, so dass die Verkettung mit der Projektion Ak gleich der Projektion Wp(k)k ist. Es gibt genau einen multiplikativen Schnitt τA:kA der Projektion Ak, genannt Teichmüller-Vertretersystem, und die Abbildung Wp(k)A ist:[4]
xn=0pnτA(xn1/pn)
  • A ist als Wp(k)-Algebra isomorph zu einem Quotienten von Wp(k)[[T1,,Tm]] mit m=dimk(𝔪/(𝔪2+pA)).
  • Ist p kein Nullteiler in A, dann gibt es Elemente t1,,td1 mit d=dim(A), so dass der induzierte Homomorphismus Wp(k)[[T1,,Td1]]A injektiv ist und A als Wp(k)[[T1,,Td1]]-Modul endlich erzeugt ist.
  • Im Spezialfall d=1 bedeutet das genauer: Ist (A,𝔪) ein vollständiger diskreter Bewertungsring der Charakteristik 0 mit Restklassenkörper k, dann ist A eine endliche Erweiterung von Wp(k) vom Grad e, wenn e die normalisierte Bewertung von p ist, also pA=𝔪e gilt.

Für nicht perfekte Körper übernehmen Cohen-Ringe die Rolle von Wp(k).

Frobenius und Verschiebung

In Charakteristik p

Sei A ein Ring der Charakteristik p. Die Verschiebung ist die Abbildung

V: Wp(A)Wp(A),(x0,x1,x2,)(0,x0,x1,x2,)

Sie ist ein Homomorphismus der additiven Gruppen. Durch Abschneiden erhält man induzierte Homomorphismen

Wp,n(A)Wp,n+1(A),(x0,x1,,xn1)(0,x0,x1,,xn1)

Der Frobeniushomomorphismus (in Anlehnung an den Frobeniushomomorphismus von Körpern der Charakteristik p) ist die Abbildung

F: Wp(A)Wp(A),(x0,x1,x2,)(x0p,x1p,x2p,)

Sie ist ein Ringhomomorphismus, der sich zu Ringhomomorphismen Wp,n(A)Wp,n(A) einschränkt. Sei [p] die Multiplikation mit p auf Wp(A). Dann ist

FV=VF=[p]

somit

[p](x0,x1,x2,)=(0,x0p,x1p,)

insbesondere

p1Wp(A)=(0,1,0,0,0,)

Außerdem ist

V(aF(b))=V(a)b

Frobenius und Verschiebung sind Spezialfälle einer allgemeineren Konstruktion, siehe Frobeniushomomorphismus#Verschiebung.

Sei K der Quotientenkörper von Wp(𝔽q). Dann ist F der (arithmetische) Frobeniusautomorphismus für die Körpererweiterung K/p.

Dieudonné-Ring

Sei k ein perfekter Körper der Charakteristik p. Schreibt man W=Wp(k) und Wσ für den W-Modul W, bei dem die Modulstruktur durch F gegeben ist, dann erhält man Modulhomomorphismen

F:WWσ,  V:WσW

in Analogie zu Frobenius und Verschiebung für algebraische Gruppen in Charakteristik p. Ist allgemeiner M ein W-Modul zusammen mit zwei Modulhomomorphismen F:MMσ und V:MσM, kann man diese Struktur zusammenfassen als Modul für den Dieudonné-Ring Dk (nach Jean Dieudonné), den nichtkommutativen Ring, der von Wp(k) und zwei Symbolen 𝐅,𝐕 erzeugt wird, mit den Relationen

𝐕𝐅=𝐅𝐕=p𝐕F(a)=a𝐕𝐅a=F(a)𝐅

Die klassische Dieudonné-Theorie ist eine Äquivalenz von Kategorien zwischen kommutativen unipotenten algebraischen Gruppen und bestimmten Dk-Moduln. Siehe auch unten.

Allgemein

Für beliebige Ringe A muss die Definition des Frobeniushomomorphismus modifiziert werden: er ist durch die Gleichung wp,n+1=wp,nF charakterisiert. Insbesondere ist die 0-te Komponente F0(x)=x0p+px1. Der Frobeniushomomorphismus ist auch im allgemeinen Fall ein Ringhomomorphismus. Es gilt[5]

FxxpmodpW(A)

Durch Abschneiden erhält man Ringhomomorphismen

Wp,n(A)Wp,n1(A)

(also nicht mehr mit Ziel Wp,n(A) wie im Fall der Charakteristik p). Allgemein gilt immer noch

FV=[p]

und

V(aF(b))=V(a)b

Frobeniuslifts und Komonadenstruktur Vorlage:Anker

Sei A ein p-torsionsfreier Ring. Ein Frobeniuslift ist ein Ringhomomorphismus σ:AA mit σ(a)apmodpA. Für einen Frobeniuslift existiert nach Dieudonné-Cartier eine eindeutig bestimmte Fortsetzung s:AWp(A), für die wp,ns=σn für alle n gilt. Sie erfüllt Fs=sσ. Da Wp(A) selbst über den Frobeniuslift F verfügt, erhält man zunächst für p-torsionsfreie Ringe und durch universelle Formeln für beliebige Ringe eine natürliche Transformation μ:WpWpWp, die durch wp,nμ=Fn charakterisiert ist. Sie wird auch Artin-Hasse-Exponentialfunktion genannt, siehe auch unten, und definiert eine Komonade (Wp,μ,w0).[6]

Die Restriktion auf p-torsionsfreie Ringe lässt sich dadurch beseitigen, dass man zu p-Derivationen übergeht: Für einen Ring A ist eine p-Derivation eine Abbildung δ:AA, für die die Abbildung

s2,δ:AWp,2(A), a(a,δ(a))

ein Ringhomomorphismus ist. Konkret bedeutet das, dass δ die folgenden Gleichungen erfüllt:

δ(1)=0δ(a+b)=S1(a,δ(a),b,δ(b))=δ(a)+δ(b)+k=1p11p(pk)akbpkδ(ab)=P1(a,δ(a),b,δ(b))=apδ(b)+δ(a)bp+pδ(a)δ(b)

Eine p-Derivation δ definiert durch wp,1s2,δ:aap+pδ(a) einen Frobeniuslift auf A. Ist A torsionsfrei, erhält man umgekehrt aus einem Frobeniuslift σ eine p-Derivation

δ:AA, δ(a)=σ(a)app

Ein Ring zusammen mit einer p-Derivation wird als δ-Ring bezeichnet.[7]

Die Situation ist insofern analog zu gewöhnlichen Derivationen d:AA, als diese sich dadurch charakterisieren lassen, dass AA[T]/T2, a(a,d(a)) ein Ringhomomorphismus ist.

Die Koalgebren für die oben definierte Komonade können mit den δ-Ringen identifiziert werden. Insbesondere ist Wp rechtsadjungiert zum Vergissfunktor von der Kategorie der δ-Ringe in die Kategorie der Ringe.[8] Es existiert auch eine duale Beschreibung basierend auf der „Plethorie“ Λp, die Wp als Endofunktor der Kategorie der Ringe darstellt.[9]

Weitere Eigenschaften in Charakteristik p

Sei A ein Ring mit pA=0.

  • Wenn A ein Integritätsbereich ist, dann auch Wp(A), und es gilt char(Wp(A))=0.
  • Die Einheiten von Wp(A) sind genau die Elemente x mit x0A*.
  • Wenn A ein Körper ist, dann ist Wp(A) ein lokaler Ring mit maximalem Ideal V(Wp(A)). Außerdem ist Wp(A) genau dann noethersch, wenn A perfekt ist.[10]
  • Wenn AA, aap surjektiv ist, dann ist V(Wp(A))=pWp(A) und somit Wp(A)/pWp(A)A.
  • Ist A perfekt, d. h. aap bijektiv, dann lässt sich ein Wittvektor x=(x0,x1,x2,) mit der Teichmüller-Abbildung τ:AWp(A) als p-adisch konvergente Reihe schreiben:
x=n=0Vnτ(xn)=n=0pnτ(xn1/pn)
  • Ist A ein Integritätsbereich, und sind alle Primzahlen p in A invertierbar (z. B. wenn A ein Körper ist), dann kann man die Einheitengruppen A[[T]]* und A((T))* (formale Potenzreihen bzw. Laurentreihen) sowie (A[T]/TnA[T])* durch Wp(A) beschreiben, siehe unten.

Weitere Anwendungen

  • Artin-Schreier-Witt-Theorie: Ist K ein Körper der Charakteristik p, können abelsche Erweiterungen vom Exponenten pn von K mit Hilfe der Wittvektoren Wp,n klassifiziert werden.
  • Ist X ein Schema über einem Körper k der Charakteristik p, dann gibt es nicht immer ein flaches Schema X~ über Wp(k) mit X~×Spec Wp(k)Spec kX. Die Existenz eines Lifts nach Wp,2(k) spielt eine Rolle im Beweis der Degeneration der Hodge-de-Rham-Spektralsequenz von Pierre Deligne und Luc Illusie.[11]
  • Ist X/k glatt, existieren Lifts lokal. Stattet man die lokalen Lifts noch mit einer PD-Struktur aus, die bewirkt, dass ein Analogon des Poincaré-Lemmas gilt, erhält man die kristalline Kohomologie. Die kristallinen Kohomologiegruppen sind W(k)-Moduln. Tensoriert man mit dem Quotientenkörper, erhält man eine Weil-Kohomologie, welche die l-adische Kohomologie für lp ergänzt.
  • Ist X ein Schema über 𝔽p, so ist der topologische Raum X mit der Garbe Wn𝒪X wieder ein Schema Wn(X). Der De-Rham-Witt-Komplex WnΩX ist ein geeigneter Quotient von ΩWn𝒪X. Für X glatt ist die kristalline Kohomologie H*(X/Wn) isomorph zur Hyperkohomologie von WnΩX.[12]
  • Es gibt Ansätze, Wittvektoren auf die Analyse des Verschlüsselungsverfahrens NTRUEncrypt anzuwenden.[13]

Wittvektoren als algebraische Gruppe Vorlage:Anker

Sei k ein perfekter Körper der Charakteristik p. Die Wittvektoren der Länge n bilden eine kommutative algebraische Gruppe Wn über k, die als Varietät isomorph zum affinen Raum 𝔸kn ist. Wn ist eine unipotente Gruppe: Das folgt aus der Filtrierung VkWn mit Subquotienten 𝔾a oder der Artin-Hasse-Einbettung Wn(A)(A[T]/(Tpn+1))*.

In Charakteristik 0 ist jede kommutative unipotente Gruppe isomorph zu 𝔾ad. In positiver Charakteristik ist die Theorie wesentlich komplexer: Es gibt nichttriviale Erweiterungen, und außer 𝔾a gibt es noch die möglichen Kompositionsfaktoren /p_ und αp (der Kern des Frobeniusmorphismus auf 𝔾a, explizit αp(A)={aA:ap=0}).

Jede kommutative unipotente Gruppe über k ist isogen zu einem Produkt von Wittvektorgruppen.[14] Der Hauptsatz der klassischen Dieudonné-Theorie besagt: Der Funktor

M(G)=limnHom(G,Wn)

definiert eine Äquivalenz zwischen der Kategorie der kommutativen unipotenten algebraischen Gruppen über k und der Kategorie der endlich erzeugten Dk-Moduln, auf denen V nilpotent wirkt.[15] Mit Hilfe der Cartier-Dualität oder mit Witt-Kovektoren kann man eine analoge Äquivalenz für endliche p-Gruppen sowie für p-divisible Gruppen konstruieren.[16]

Für eine abelsche Varietät X/k gibt es einen kanonischen Isomorphismus von Dk-Moduln M(pX)HDR1(X). Dabei ist pX der Kern der Multiplikation mit p auf X und HDR1(X) die algebraische De-Rham-Kohomologie von X.[17] Der Dieudonné-Modul der p-divisiblen Gruppe von X ist isomorph zur kristallinen Kohomologie Hcris1(X/W).[18]

Witt-Kovektoren

Wie Wittvektoren eine Verallgemeinerung der p-adischen Zahlen Wp(𝔽p)=p=limn/pn sind, so sind Witt-Kovektoren eine Verallgemeinerung der Prüfergruppe CW(𝔽p)=p/p=limn1pn/. Der Funktor M(G)=Hom(G,CW) erlaubt eine einheitliche Darstellung der Dieudonné-Theorie für endliche kommutative p-Gruppen und p-divisible Gruppen über einem perfekten Körper.[19]

Für einen Ring A sei CWu(A) der direkte Limes von

Wp,1(A)VWp,2(A)VWp,3(A)V

Damit wird CWu zu einem Ind-Gruppenschema. In älterer Literatur wird auch das Symbol W verwendet. CWu(A) heißt Gruppe der unipotenten Witt-Kovektoren.[20]

Die Konstruktion der topologischen Gruppe CW(A) aller Witt-Kovektoren ist komplizierter: Elemente in CWu(A) können mit Folgen (x0,x1,x2,) identifiziert werden, die ab einem Index null sind. Mit denselben universellen Formeln kann man für Folgen, die ab einem festen Index r Werte in einem festen nilpotenten Ideal 𝔫 haben, eine Addition erklären. Statte diese Gruppen CW(A,𝔫,r) mit der Produkttopologie von Ar×𝔫 mit diskreten Faktoren aus und setze CW(A)=lim𝔫,rCW(A,𝔫,r). Die unipotenten Kovektoren CWu(A) bilden eine dichte Untergruppe von CW(A).[21]

Sei A ein perfekter Ring der Charakteristik p und f:AB eine A-Algebra. Die Abbildung

Wp(A)×Wp,n(B)Wp,n(B),  (a,b)W(f)(F1na)b

macht Wp,n(B) zu einem Wp(A)-Modul (abweichend von der weiter oben definierten Modulstruktur), und mit dem Frobenius und der Verschiebung wird Wp,n(B) zu einem DA-Modul. Die Verschiebung Wp,n(B)Wp,n+1(B) ist DA-linear, und man erhält eine DA-Modulstruktur auf CWu(B) und CW(B).[22]

Verzweigte Wittvektoren

Sei A ein vollständiger diskreter Bewertungsring der Charakteristik 0 mit Uniformisierender π, dessen Restklassenkörper ein endlicher Körper mit q Elementen ist. Dann gibt es genau eine funktorielle A-Algebra-Struktur auf WπA(B)=B0 für A-Algebren B, so dass

wπ,n:WπA(B)B,  (x0,x1,)k=0nπkxkqnk

für jedes n0 ein Homomorphismus von A-Algebren ist. Es gibt Frobenius- und Verschiebungsoperatoren Fπ,Vπ, die durch

wπ,nVπ=πwπ,n1,  wπ,nFπ=wπ,n+1

charakterisiert sind. Für eine endliche Erweiterung λ/𝔽q des Restklassenkörpers von A ist WπA(λ) eine unverzweigte Erweiterung von A vom Grad [λ:𝔽q]. Verzweigte Wittvektoren übernehmen die Rolle der gewöhnlichen Wittvektoren bei der Übertragung der Cartier-Theorie auf formale A-Moduln.[23]

Große Wittvektoren

Definition

Bezeichne 1 die Menge der positiven ganzen Zahlen.

Es gibt eindeutig bestimmte Polynome Si,Pi[X1,,Xi,Y1,,Yi] derart, dass für jeden kommutativen Ring mit Einselement A gilt: W(A)=A1 ist ein Ring mit Addition

x+y=(S1(x1,y1),S2(x1,x2,y1,y2),S3(x1,x2,x3,y1,y2,y3),)

und Multiplikation

xy=(P1(x1,y1),P2(x1,x2,y1,y2),)

und für jedes n1 ist die Abbildung

W(A)A,  xd|ndxdn/d

ein Ringhomomorphismus. Auch das additiv Inverse x ist durch universelle Polynome gegeben. W(A) heißt der Ring der großen oder universellen Wittvektoren mit Einträgen aus A.

Ist S1 eine Teilmenge, so dass für nS auch jeder Teiler von n in S liegt, dann ist WS(A)=AS mit der entsprechend abgeschnittenen Addition und Multiplikation von W(A) ebenfalls ein kommutativer Ring mit Einselement. Für S={1,,n} erhält man den Ring W[n](A) der großen Wittvektoren der Länge n, für S={1,p,p2,} mit einer Primzahl p erhält man bis auf Umindizierung den Ring der p-typischen Wittvektoren, siehe unten.

Das Ringelement

x(n)=d|ndxdn/d

wird als n-te Geisterkomponente oder Nebenkomponente von xW(A) bezeichnet. Mit den Witt-Polynomen

wn(X)=d|ndXdn/d

kann man Sn und Pn rekursiv berechnen:

Sn(X,Y)=1n(wn(X)+wn(Y)d|n, d<ndSdn/d(X,Y))Pn(X,Y)=1n(wn(X)wn(Y)d|n, d<ndPdn/d(X,Y))

Die Abbildung τ:AW(A), a(a,0,0,) ist multiplikativ und heißt Teichmüller-Vertretersystem.

W ist als mengenwertiger Funktor darstellbar durch einen Polynomring in abzählbar unendlich vielen Unbestimmten. In der Praxis verwendet man konkret den Ring der symmetrischen Polynome, und Strukturen von W zu übertragen.[24]

Vorlage:Anker Alternative Definition mit Potenzreihen

Sei Λ(A)=1+TA[[T]]A[[T]]* die multiplikative Gruppe der formalen Potenzreihen mit konstantem Term 1. Die Abbildung

W(A)Λ(A)xn1(1xn(T)n)

ist ein Isomorphismus von Gruppen (W(A),+)(Λ(A),).[25] Für xW(A) hat

TTlogn1(1xn(T)n)=n1x(n)(T)n

als Koeffizienten die Geisterkomponenten von x.

Unter dem Isomorphismus wird das Produkt zweier Wittvektoren x,yW(A) abgebildet auf:

d,e1(1xdm/dyem/e(T)m)de/m

wobei jeweils m=kgV(d,e). Schreibe * für die der Multiplikation in W(A) entsprechende Verknüpfung auf Λ(A), so dass (W(A),+,,0,1)(Λ(A),,*,1,1+T) ein Isomorphismus von Ringen ist. Als Spezialfall der Multiplikationsformel ergibt sich[26]

(1+x1T)*(1+y1T)=1+x1y1T

Frobenius und Verschiebung

Zu jeder natürlichen Zahl n1 gibt es Operatoren Fn und Vn. Ihre Wirkung auf den Geisterkomponenten ist:

wm(Vn(x))={nwm/n(x)falls n|m0sonstwm(Fn(x))=wmn(x)

In Λ(A) ist

Vn(f(T))=f((1)n+1Tn)Fn(f)((1)n+1Tn)=k=1nf(ζkT)=NA[[T]]/A[[Tn]](f(T))

Dabei ist ζ eine formale primitive n-te Einheitswurzel und N die Norm.[27] Insbesondere gilt

Fn(1+aT)=1+anT

Für n sei [n] die Multiplikation mit n auf W(A), also

wm([n](x))=nwm(x)[n](f(T))=f(T)n

Ist A eine R-Algebra (insbesondere R=), dann gibt es für jedes rR einen Operator r:W(A)W(A):

wm(r(x))=rmwm(x)r(f(T))=f(rT)

Vorlage:Anker Es gilt für m,n1, r,qR:

VmVn=VmnFmFn=FmnVmFn=FnVm falls ggT(m,n)=1FnVn=[n]rs=rsrVn=VnrnFnr=rnFnr+q=n=1Vnsn(r,q)Fn

In der letzten Formel steht sn(r,q) für die n-te Komponente von τ(r)+τ(q)W(R).

Vorlage:Anker Vorlage:Anker Beziehung zu den p-typischen Wittvektoren, Artin-Hasse-Exponentialfunktion

Sei p eine Primzahl. Die Abbildung W(A)Wp(A), (xn)n1(xpn)n0, ist ein surjektiver Ringhomomorphismus. Die p-typischen Wittpolynome wp,n sind unter dieser Umindizierung gleich den großen Wittpolynomen wpn, dasselbe gilt damit auch für die Geisterkomponenten.

Die Teilmenge {xW(A):xk0k=pn} ist kein Unterring von W(A). In bestimmten Fällen kann man jedoch Wp(A) in W(A) einbetten.

Die Artin-Hasse-Exponentialfunktion

E0(X)=exp(m=0Xpmpm)=pm(1Xm)μ(m)/m

kann als Element von (p)[[X]] aufgefasst werden (d. h. die Koeffizienten haben nicht durch p teilbare Nenner, siehe Lokalisierung; μ ist die Möbius-Funktion).

Ist A eine (p)-Algebra, d. h. sind alle Primzahlen p in A invertierbar, dann ist für einen Wittvektor xWp(A) das Element

E(x)=n=0E0(xnTpn)=exp(nwp,n(x)Tpnpn)Λ(A)

wohldefiniert. e=E(1)=E0(T) ist ein Idempotent in Λ(A), und E:Wp(A)Λ(A)W(A) induziert einen Ringisomorphismus Wp(A)e*Λ(A). Bezeichne die e*Λ(A) entsprechende Untergruppe von W(A) mit W(p)(A). Dann gilt:

W(p)(A)={xW(A):pnFnx=0}

Der Ring W(A) zerfällt als direktes Produkt der 1mVmW(p)(A) für pm.[28] Für beliebige Ringe A ist W(A)Wp(Wp(A)), wenn Wp(R) den Quotienten von W(A) bezeichnet, den man durch Projektion auf die Komponenten mit nicht durch p teilbarem Index erhält.[29]

Frobenius Fp und Verschiebung Vp schränken sich zu Operatoren auf W(p) ein und stimmen dort mit den auf Wp erklärten Operatoren F bzw. V überein.

Für einen Körper k der Charakteristik p ist Λ(k) die Einseinheitengruppe von k((T)), und so erhält man den Isomorphismus

k((T))*k*××Wp(k)I(p) mit I(p)={n:pn}

Für jede k-Algebra A ist

W[n](A)Λ[n](A)={1+a1T++anTn(A[T]/Tn+1A[T])*}

Das Abschneiden bei n reduziert den Faktor 1mVmW(p)(A) auf 1mVmWp,rm(A), wobei rm die kleinste ganze Zahl mit mprmn+1 ist. Man erhält also einen Isomorphismus von algebraischen Gruppen (über k)[30]

Λ[n]mn, pmWp,rm

Die Artin-Hasse-Exponentialabbildung hängt auch mit der Komonadenstruktur μ:WpWpWp zusammen: Für einen perfekten Körper k der Charakteristik p ist die Verkettung von

Wp(k)Λ(Wp(k)),  xi=0E0(τ(xipi)T)pi

mit der Projektion Λ(Wp(k))W(Wp(k))Wp(Wp(k)) gleich μ.[31]

λ-Ringe

Vorlage:Hauptartikel

Es gibt einen kanonischen Ringhomomorphismus μA:W(A)W(W(A)), der wnμ=Fn erfüllt. Wenn A als abelsche Gruppe torsionsfrei ist, ist μ durch diese Bedingung eindeutig bestimmt, und für andere Ringe ist μ dadurch charakterisiert, dass für eine Surjektion f:AA mit einem torsionsfreien Ring A die Gleichung μAW(f)=W(W(f))μA gilt. Zusammen mit w1:W(A)A wird W zu einer Komonade.[32] Überträgt man die Koalgebren zu dieser Komonade auf Λ(A), erhält man die so genannten λ-Ringe.

Die erste Geisterkomponente w1:W(A)A entspricht in Λ(A) dem ersten Koeffizienten:

w1:Λ(A)A, 1+a1T+a2T2+a1

Ein Prä-λ-Ring ist ein Ring A zusammen mit einem Gruppenhomomorphismus λ:AΛ(A) mit w1λ=idA. Diese Bedingung ist die Kompatibilität mit der Koeins der Komonade. Bezeichnet man die Koeffizienten von λ(a) mit λn(a), also

λ(a)=n=0λn(a)Tn

dann ist eine Prä-λ-Struktur äquivalent zur Angabe von Abbildungen λn:AA für n0, die die folgenden Gleichungen erfüllen:

λ0(a)=1λ1(a)=aλn(a+b)=k=0nλk(a)λnk(b)

Ein λ-Homomorphismus (A,λA)(B,λB) ist ein Ringhomomorphismus f:AB mit Λ(f)λA=λBf, d. h. das folgende Diagramm kommutiert:

ABΛ(A)Λ(B)

Der Ring Λ(A) besitzt wie oben ausgeführt für jeden Ring A eine kanonische Prä-λ-Struktur. Ein λ-Ring ist ein Prä-λ-Ring, für den λ:AΛ(A) ein λ-Homomorphismus ist. Das obige Diagramm ist für B=Λ(A) gerade die Kompatibilität mit der Komultiplikation der Komonade. Übersetzt in die λn sind das zusätzliche Bedingungen der folgenden Form:

λn(1)=0 falls n>1λn(ab)=Pn(λ1(a),,λn(a),λ1(b),,λn(b))λm(λn(a))=Qn,m(λ1(a),,λmn(a))

Die (universellen) Polynome Pn beschreiben die *-Multiplikation auf Λ(A) und besitzen wie die Polynome Qn,m eine Beschreibung mit Hilfe von elementarsymmetrischen Polynomen.

Die Koassoziativität der Komonade Λ besagt, dass Λ(A) selbst ein λ-Ring ist. Der Funktor Λ ist rechtsadjungiert zum Vergissfunktor von der Kategorie der λ-Ringe in die Kategorie der Ringe.

Ist (A,λ) ein λ-Ring, dann ist der Ringhomomorphismus

AλΛ(A)W(A)wnA

die n-te Adams-Operation ψn auf A. Es gilt ψnψm=ψmn. Für eine Primzahl p ist wp=X1p+pXp, also ψp(a)apmodpA, d. h. ψp ist ein Frobeniuslift. Ist A ein beliebiger Ring, dann ist die Adams-Operation ψn auf dem λ-Ring Λ(A) der Frobenius Fn.[33]

Cartier-Theorie

Die Cartier-Theorie (nach Pierre Cartier) ist eine Äquivalenz von Kategorien zwischen einer geeigneten Kategorie kommutativer formaler Gruppen über einem Ring k und einer Unterkategorie der Moduln über dem Cartier-Ring Cart(k).[34]

Sei Nil(k) die Kategorie der kommutativen k-Algebren ohne Einselement, die nur aus nilpotenten Elementen bestehen. Für die Zwecke der Theorie werden kommutative formale Gruppen mit Funktoren Nil(k)Ab identifiziert. Ist Fk[[X,Y]] ein formales Gruppengesetz, ordnet der entsprechende Funktor einer Algebra A die Menge A mit der Gruppenstruktur (a,b)F(a,b) zu. Die formale Gruppe A(A,+) ist die formale affine Gerade 𝔸^1. Die Funktoren können auf natürliche Weise auf die Kategorie der Algebren fortgesetzt werden, die filtrierende projektive Limites von Algebren in Nil(k) sind.

Die formale Gruppe der Wittvektoren ist der Funktor W^, der einer Algebra A die Untergruppe der Wittvektoren in W(A) zuordnet, die nur endlich viele von 0 verschiedene Komponenten haben. Die entsprechende Untergruppe Λ^(A)Λ(A) besteht aus den Elementen, die bezüglich T ein Polynom sind. Der Ring End(W^)op wird mit Cart(k) bezeichnet und Cartier-Ring genannt. Die Operatoren Fn,Vn,r schränken sich zu Endomorphismen von W^ ein und definieren damit Elemente Vn,Fn,rCart(k). Dabei werden die Bezeichnungen von Fn und Vn vertauscht, so dass die obigen Relationen wegen der vertauschten Multiplikationsreihenfolge wieder gelten. Die Abbildung W(k)Cart(k), an1VnanFn ist ein injektiver Ringhomomorphismus.

Sei G eine formale Gruppe. Die folgenden Gruppen sind natürlich isomorph:

  • G(X k[[X]])=limnG(X k[X]/Xn k[X])
  • die Gruppe der Morphismen 𝔸^1G (nicht Gruppenhomomorphismen, d. h. natürliche Transformationen nur als mengenwertige Funktoren). Die Gruppenstruktur wird von der Gruppenstruktur auf G induziert.
  • die Gruppe der Homomorphismen W^G

Ihre Elemente werden Kurven in G genannt, die Gruppe mit C(G) bezeichnet. Aus der letzten Beschreibung ergibt sich eine kanonische Cart(k)-Linksmodulstruktur auf C(G).

Die Potenzreihengruppe Λ(k) kann mit C(𝔾^m) identifiziert werden. Die Witt-Polynome entsprechen dem Gruppenhomomorphismus C(𝔾^m)C(𝔾^a), der von der logarithmischen Ableitung auf X k[[X]] induziert wird.

In C(G)=G(X k[[X]]) wird die Operation von VnCart(k) von XXn induziert, die Operation von r von XrX. Für Fn betrachte wieder eine formale n-te Einheitswurzel ζ und bilde in G die Summe der Kurven, die man durch XζiX1/n für i=0,1,,n1 erhält. Für G=𝔾^m ist eine Kurve durch das Bild fX k[[X]] der Koordinate bestimmt. Identifiziert man 1+f mit dem entsprechenden Element in Λ(k), stimmen die Wirkungen von Fn,Vn,r mit den oben definierten überein (ohne Vertauschung von Fn und Vn).

Sowohl Cart(k) als auch C(G) tragen natürliche Topologien. Der Hauptsatz der Cartier-Theorie besagt, dass C eine Äquivalenz zwischen einer Kategorie formaler Gruppen über k und einer Kategorie topologischer Cart(k)-Moduln induziert. Der inverse Funktor ordnet einem Cart(k)-Modul M ein geeignet konstruiertes Tensorprodukt W^Cart(k)M zu.

Sei p eine Primzahl und k eine (p)-Algebra, d. h. jede Primzahl p ist in k invertierbar. Dann ist ϵp=pnμ(n)nVnFn ein Idempotent in Cart(k), setze Cartp(k)=ϵpCart(k)ϵp. Für einen Cart(k)-Modul M ist ϵpMM die Untergruppe der Elemente mM mit Fnm=0 für alle pn. Solche Elemente heißen p-typisch.

Für eine formale Gruppe G sei Cp(G)=ϵpC(G)Hom(W^p,G) die Gruppe der p-typischen Kurven (dabei W^p die formale Gruppe zu den p-typischen Wittvektoren Wp, analog zu W^). Dann induziert Cp eine Äquivalenz zwischen der Kategorie formaler Gruppen über k wie oben und einer Kategorie topologischer Cartp(k)-Moduln. Der inverse Funktor ist wie vorher ein Tensorprodukt W^pCartp(k)M.

Für einen perfekten Körper k der Charakteristik p kann der Dieudonné-Ring Dk mit einem dichten Unterring in Cartp(k) identifiziert werden. Unter geeigneten Voraussetzungen ist der Dieudonné-Modul dual zum Modul der p-typischen Kurven, HomWp(k)(M(G),Wp(k))Cp(G).

Verallgemeinerungen

  • Colette Schoeller hat Teile der p-typischen Theorie, nämlich die Konstruktion des Cohen-Rings und der Klassifikation der unipotenten Gruppen, auf nicht perfekte Körper ausgedehnt.[35]
  • Andreas Dress und Christian Siebeneicher haben die Konstruktion eines Rings WG(A) aus einer proendlichen Gruppe G und einem Ring A angegeben, so dass WG() isomorph zum komplettierten Burnside-Ring von G ist. Für G=p ergibt sich Wp(A), für G=^ ergibt sich W(A).[36]

Literatur

Lehrbücher und Übersichtsartikel

Weiterführende Themen

  • Witt vector. In: I.V. Dolgachev (originator): Encyclopedia of Mathematics.

Einzelnachweise

  1. Originalarbeit: Vorlage:Literatur
  2. James Borger hat Argumente dafür vorgebracht, die Nummerierung Wp,n(A)=An+1 für n=0,1,2, zu bevorzugen, siehe Borger 2011, 2.5
  3. Hazewinkel 2009, Theorem 5.2. Bourbaki verwendet stattdessen eine Charakterisierung des Bilds von w:Wp(A)A0 und erhält die universellen Polynome durch Spezialisierung auf Polynomringe A.
  4. Demazure-Gabriel, V §4, 2.1
  5. Bourbaki, IX §1 Proposition 3. Hazewinkel 2009, 5.30
  6. Illusie 1979, S. 508. Bourbaki, IX §1 Ex. 14, 15
  7. Vorlage:Literatur
  8. Vorlage:Literatur
  9. Borger-Wieland 2005
  10. Bourbaki, IX §1 Ex. 9
  11. Vorlage:Literatur
  12. Illusie 1979, Kap. II. Als Vorläufer dieser Konstruktion kann die folgende Arbeit von Spencer Bloch angesehen werden, in der er einen Komplex von Kurven im Sinn der Cartier-Theorie in der K-Theorie betrachtet: Vorlage:Literatur Eine systematische Betrachtung von Verdickungen des Typs Wn(X) sowie einer adjungierten Konstruktion findet sich in: Vorlage:Literatur
  13. Vorlage:Literatur
  14. Demazure-Gabriel, V §3 6.11. Serre 1988, VII §2 10
  15. Demazure-Gabriel, V §1 4
  16. Demazure 1972, III §6–8
  17. Corollary 5.11 in: Vorlage:Literatur
  18. Vorlage:Literatur
  19. Vorlage:Literatur Vorlage:Literatur
  20. Bourbaki, IX §1 Ex. 23
  21. Bourbaki, IX §1 Ex. 24
  22. Bourbaki, IX §1 Ex. 25
  23. Hazewinkel 1978, 25.3 und 25.6.4. Weitere Verallgemeinerungen dort und in Borger 2011.
  24. Hazewinkel 2009 Kap. 10. Borger-Wieland 2005
  25. Die Vorzeichenwahl ist uneinheitlich, drei Varianten finden sich bei Bourbaki, Hazewinkel und Bergman. Mit der hier getroffenen Wahl (wie bei Bourbaki oder Berthelot 1971) wird der Zusammenhang mit λ-Ringen einfacher.
  26. Bourbaki, IX §1 Ex. 47. Vgl. Hazewinkel 2009, (9.15) und (9.27)
  27. Bourbaki, IX §1 Ex. 47. Vgl. Hazewinkel 2009, Kap. 13
  28. Bourbaki, IX §1 Ex. 40. Demazure-Gabriel, V §5, 3.4
  29. Vorlage:Literatur
  30. Serre 1988, V §3 Proposition 9
  31. Hazewinkel 1978 17.5
  32. Bourbaki, IX §1 Ex. 41. Hazewinkel 2009 16.59
  33. Bourbaki, IX §1 Ex. 48. Hazewinkel 2009, 16.22
  34. Übersichtsartikel zum gesamten Abschnitt: Vorlage:Literatur Siehe auch: Vorlage:Literatur Vorlage:Literatur Vorlage:Literatur
  35. Vorlage:Literatur; Bourbaki, IX §2 Ex. 10
  36. Vorlage:Literatur