Elementarsymmetrisches Polynom

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In der Mathematik, insbesondere in der kommutativen Algebra, sind die elementarsymmetrischen Polynome Grundbausteine der symmetrischen Polynome in dem Sinn, dass sich letztere stets als Polynom in ersteren ausdrücken lassen und dies auf nur eine Weise.

Zu jeder Anzahl (Symmetriegrad) n von Unbestimmten und jedem (Polynom-)Grad kn gibt es genau ein elementarsymmetrisches Polynom.

Definition

Es seien T,X1,,Xn Unbestimmte. Die Koeffizienten von

(T+X1)(T+X2)(T+Xn)=Tn+σ1Tn1+σ2Tn2++σn

als Polynom in T sind symmetrisch in X1,,Xn; sie heißen elementarsymmetrische Polynome.[Anm 1] Sie sind explizit angebbar als

σ1=X1++Xn
σ2=X1X2++X1Xn+X2X3++X2Xn++Xn1Xn
σk=1i1<i2<<iknXi1Xik
σn=X1Xn

Dabei kann man σk auch schreiben als

σk=S{1,,n}#S=k iSXi .

Beispiele

  • Die zwei elementarsymmetrischen Polynome in den Variablen X, Y sind
σ1=X+Y sowie σ2=XY
  • In den drei Variablen X, Y, Z existieren die drei elementarsymmetrischen Polynome
σ1=X+Y+Zσ2=XY+XZ+YZσ3=XYZ

Eigenschaften

  • In einem elementarsymmetrischen Polynom haben die Monome einen einheitlichen Grad: es ist ein homogenes Polynom.
  • Nimmt man den Grad n der Sn als ersten Index hinzu, dann ist für n=2:
σ2,1(X1,X2) = X1 + X2
σ2,2(X1,X2) = X1X2
Für n>2 lassen sich die elementarsymmetrischen Polynome folgendermaßen rekursiv berechnen:
σn,1(X1,,Xn) = σn1,1(X1,,Xn1) + Xn
σn,k(X1,,Xn) = σn1,k(X1,,Xn1) + σn1,k1(X1,,Xn1)Xn (k{2,,n1})
σn,n(X1,,Xn) = σn1,n1(X1,,Xn1)Xn
  • Das elementarsymmetrische Polynom σn,k vom Symmetriegrad n und Polynomgrad k{1,,n} enthält (nk) Monome.
  • Für jeden kommutativen Ring A bezeichne A[X1,,Xn]Sn den Ring der symmetrischen Polynome in den Variablen X1,,Xn. Dann gilt der Hauptsatz der elementarsymmetrischen Polynome:[1]
A[X1,,Xn]Sn=A[σ1(X1,,Xn),,σn(X1,,Xn)]
oder kurz:
A[X1,,Xn]Sn=A[σ1,,σn]
In Worten:
Jedes symmetrische Polynom lässt sich als Polynom in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben.
Der Satz stammt von Joseph-Louis Lagrange, war aber schon Isaac Newton bekannt.
Genauer gilt sogar, dass diese Darstellung eindeutig ist, denn:
Ist p ein Polynom in n Unbestimmten und ist p(σ1,,σn)=0, dann ist p das Nullpolynom.
p(T)=Tn+a1Tn1+a2Tn2++an
ein Polynom mit Koeffizienten in A und x1,,xn die (mit Vielfachheit gezählten) Nullstellen von p in einem algebraischen Abschluss des Quotientenkörpers von A. Dann gilt nach dem Wurzelsatz von Vieta:
a1=(x1++xn)
a2=x1x2+x1x3++x1xn+x2x3++xn1xn
ak=(1)kσk(x1,,xn)
an=(1)nx1xn.

Berechnung

Bei Zahlwerten (anstelle von Unbestimmten) gestaltet sich die Rechnung besonders einfach, denn statt mit 2n Monomen bestehend aus Produkten mit bis zu n Faktoren hat man nur (n2) Multiplikationen.

Mit dem folgenden Programm lassen sich die Koeffizienten sk des Polynoms

p(T)=Tn+k=1n(1)kskTnk

aus den Nullstellen xk des Polynoms

p(T)=k=1n(Txk)

berechnen:

// Umwandlung von Nullstellen in Koeffizienten:
double x[]; // bei Eingabe: n Zahlen für die Nullstellen   x[1, ... ,n]
            // bei Ausgabe: n Zahlen für die Koeffizienten s[1, ... ,n]
for (m=2; m≤n; ++m) {      // leere Schleife, wenn n ≤ 1
  y = x[m];
  x[m] *= x[m-1];          // σm,m(x1,...,xm)=σm1,m1(x1,...,xm1)xm
  for (k=m-1; k≥2; --k) {  // leere Schleife, wenn m ≤ 2
    x[k] += x[k-1]*y;      // σm,k(x1,...,xm)=σm1,k(x1,...,xm1)+σm1,k1(x1,...,xm1)xm
  }
  x[1] += y;               // σm,1(x1,...,xm)=σm1,1(x1,...,xm1)+xm
}

Beispiele

  • X12++Xn2=σ122σ2
  • X13++Xn3=σ133σ1σ2+3σ3. Allgemein sind die Potenzsummen mit den elementarsymmetrischen Polynomen durch die Newton-Identitäten verbunden.
  • Das Polynom
Δ(X1,,Xn)=i<j(XiXj)2=(1)n(n1)/2ij(XiXj)
ist symmetrisch in X1,,Xn, also kann man es als Polynom in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben. Ist nun
p(T)=Tn+a1Tn1+a2Tn2++an
ein Polynom mit Nullstellen x1,,xn wie oben und setzt man diese in Δ ein, so entsprechen die elementarsymmetrischen Ausdrücke bis auf die Vorzeichen den Koeffizienten ai, d. h., Δ(x1,,xn) ist ein nur von n abhängendes Polynom in den Koeffizienten a1,,an. Bis auf Definitionsvarianten beim Vorzeichen ist dieses Polynom die Diskriminante von p.

Anmerkungen

  1. In älterer Literatur trifft man auch die Bezeichnung symmetrische Grundfunktionen an. Denn in der älteren Literatur wird nicht zwischen „formalen“ Polynomen f(X), die Elemente des Polynomrings R(), einer Polynomalgebra K()oder eines Polynommoduls M()sind, und den durch Einsetzen entstehenden Polynomfunktionen (Abbildungen) f:IA,xf(x) (mit A{R,K,M} und IR oder IK) unterschieden. Stattdessen wird dann häufig die Unbestimmtheit der Variablen („Unbestimmte“ X) betont, wenn vom Polynom die Rede sein soll.

Literatur

  • Siegfried Bosch: Algebra. 8. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-39566-6, Kapitel 4, Abschnitt 4.
  • Gerd Fischer: Lehrbuch der Algebra. 3. Auflage. Springer, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-658-02220-4, Kapitel III, §4.1.
  • Jens Carsten Jantzen, Joachim Schwermer: Algebra. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-40532-7, Kapitel IV, §3.3.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Jantzen, Schwermer: Algebra 2014, Kapitel IV, Satz 3.5.