Satz von Vieta

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Der Satz von Vieta oder auch Wurzelsatz von Vieta ist ein mathematischer Lehrsatz aus der elementaren Algebra. Benannt ist er nach dem Mathematiker François Viète, der ihn in seinem postum erschienenen Werk De aequationum recognitione et emendatione tractatus duo (Zwei Abhandlungen über die Untersuchung und Verbesserung von Gleichungen) bewies.[1] Der Satz macht eine Aussage über den Zusammenhang zwischen den Koeffizienten und den Lösungen einer quadratischen Gleichung. Für den allgemeinen Fall der algebraischen Gleichungen ist dieser Zusammenhang aus der Theorie der elementarsymmetrischen Polynome bekannt.

Die Aussage und ihre Umkehrung

Der Satz von Vieta besagt: Sind x1 und x2 die beiden Lösungen der quadratischen Gleichung x2+px+q=0, dann ist

x1+x2=pundx1x2=q.[2]

Es gilt auch die Umkehrung des Satzes: Erfüllen x1,x2,p und q die Gleichungen x1+x2=p und x1x2=q, so sind x1 und x2 die beiden Lösungen der Gleichung

x2+px+q=0.

Beispiele

Für den Satz und seine Umkehrung gibt es drei wichtige Anwendungen:

  • Es lassen sich damit quadratische Gleichungen zu vorgegebenen Lösungen konstruieren. Möchte man beispielsweise eine quadratische Gleichung x2+px+q=0 mit den Lösungen x1=2 und x2=3 konstruieren, so setzt man p:=(x1+x2)=5 und q:=x1x2=6 und erhält damit die gesuchte Gleichung x25x+6=0. Hieraus lassen sich durch Äquivalenzumformungen alle weiteren quadratischen Gleichungen mit den Lösungen x1=2 und x2=3 erzeugen.
  • Es lassen sich Gleichungssysteme der Form
x1+x2=px1x2=q
lösen. Beispielsweise sind die Lösungen x und y des Systems x+y=(5),xy=6 die Lösungen der zugehörigen quadratischen Gleichung x25x+6=0. Nach der Lösungsformel ergibt sich x=2, y=3 oder x=3, y=2.
  • Der Satz kann manchmal (insbesondere, wenn vermutet wird, dass die Gleichung ganzzahlige Lösungen hat) helfen, die Lösungen einer quadratischen Gleichung durch Probieren zu finden: Ist die quadratische Gleichung
x27x+10=0
gegeben, dann muss für potenzielle Nullstellen x1, x2 gelten:
x1+x2=(7)=7x1x2=10.
Ganzzahligen Nullstellen müssen also Teiler und Gegenteiler der 10 sein, deren Summe 7 ist. Als Teilerpaare kommen (1,10), (2,5), (2,5), oder (1,10) in Frage. 2 und 5 sind tatsächlich Nullstellen, da 2+5=7 und 25=10 ist.

Beweise

Beweis des Satzes von Vieta

Der Satz ergibt sich direkt durch Ausmultiplizieren der Nullstellenform durch Koeffizientenvergleich:

x2+px+q=(xx1)(xx2)=x2(x1+x2)x+x1x2

und somit p=(x1+x2) und q=x1x2.

Alternativer Beweis

Alternativ folgt der Satz aus der pq-Formel: Für die Lösungen der Gleichung x2+px+q=0 gilt

x1=p2+(p2)2q und x2=p2(p2)2q.

Addieren der beiden Gleichungen ergibt

x1+x2=p2+(p2)2q+(p2(p2)2q)=p.

Multiplizieren ergibt nach der dritten binomischen Formel

x1x2=(p2+(p2)2q)(p2(p2)2q)=(p2)2((p2)2q)=q.

Beweis der Umkehrung

Sind x1,x2,p und q mit x1+x2=p und x1x2=q, so zeigt man die Behauptung, indem man p und q in der Gleichung x2+px+q=0 geeignet substituiert und x1 bzw. x2 einsetzt.

Verallgemeinerung

Der Satz von Vieta über quadratische Gleichungen lässt sich auf Polynomgleichungen bzw. Polynome beliebigen Grades verallgemeinern. Diese Verallgemeinerung des Satzes von Vieta ist die Grundlage für das Lösen von Gleichungen höheren Grades durch Polynomdivision. Nach dem Fundamentalsatz der Algebra gilt:

Jedes (normierte) Polynom n-ten Grades mit Koeffizienten in den komplexen Zahlen lässt sich als Produkt von n Linearfaktoren darstellen:

P(x)=xn+an1xn1++a2x2+a1x1+a0=(xx1)(xx2)(xxn).

x1,x2,,xn sind die Nullstellen des Polynoms; auch wenn alle Koeffizienten a0,a1,,an1 reell sind, können die Nullstellen komplex sein. Nicht alle xi müssen verschieden sein.

Nun ergibt sich der Satz von Vieta durch Ausmultiplizieren und Koeffizientenvergleich:

anj=(1)jσj,j=1,,n,

wobei

σk=1i1<i2<<iknxi1xik

die sogenannten Elementarsymmetrischen Polynome in x1 bis xn sind.

Der Aufbau der Koeffizienten für das oben gezeigte Polynom P(x) vom Grad n in Normalform lässt sich ganz allgemein so angeben[3]:

an1=(x1+x2++xn)an2=+(x1x2+x1x3++x2x3++xn1xn)an3=(x1x2x3+x1x2x4++x2x3x4++xn2xn1xn)a0=(1)nx1x2xn

Beispiel

Für ein Polynom vierten Grades

P(x)=x4+a3x3+a2x2+a1x+a0=(xx1)(xx2)(xx3)(xx4)

ergibt sich:

a3=σ1=x1+x2+x3+x4a2=σ2=x1x2+x1x3+x1x4+x2x3+x2x4+x3x4a1=σ3=x1x2x3+x1x2x4+x1x3x4+x2x3x4a0=σ4=x1x2x3x4

Eine wichtige Anwendung des Satzes für n=3 und n=4 ist die Rückführung der kubischen Gleichung auf eine quadratische Gleichung und der Gleichung 4. Grades auf eine kubische Gleichung, die sog. kubische Resolvente.

Allgemein gilt der Wurzelsatz von Vieta auch für Polynome mit Koeffizienten in anderen Körpern, solange diese nur algebraisch abgeschlossen sind.

Literatur

  • Walter Gellert: Lexikon der Mathematik. Leipzig: Bibliographisches Institut, 1990, S. 578, 200.

Einzelnachweise