Diracmaß

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Ein Diracmaß, benannt nach dem Physiker Paul Dirac, ist ein Maß in der Maßtheorie mit einelementigem Träger. Das Diracmaß ist die Verteilung einer fast sicher konstanten Zufallsvariable und spielt eine Rolle als Formalisierung des Begriffes der Delta-Distribution.

Definition

Es sei ein messbarer Raum (Ω,𝒜) gegeben, also eine Grundmenge Ω zusammen mit einer darauf definierten σ-Algebra 𝒜. Zu jedem Punkt zΩ wird eine zugehörige Abbildung δz definiert, die jeder Menge A𝒜 den Wert 1 zuordnet, wenn sie z enthält, und den Wert 0, wenn sie z nicht enthält:

δz(A):={1,falls zA,0sonst.

Die Abbildung δz:𝒜[0,1] ist dann ein Maß und wird Diracmaß oder Punktmaß im Punkt z genannt. Wegen δz(Ω)=1 ist δz sogar ein Wahrscheinlichkeitsmaß und (Ω,𝒜,δz) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Damit lässt sich die Dirac-Verteilung definieren. Beim Diracmaß δz ist die Einheitsmasse im Punkt z konzentriert. Es folgt, dass das Maß endlich ist, insbesondere ist der Maßraum σ-endlich.

Mit Hilfe der charakteristischen Funktion χ kann man die definierende Gleichung auch durch

δz(A)=χA(z)

für alle zΩ und A𝒜 ausdrücken.

Eigenschaften des Dirac-Maßes

δx sei das Dirac-Maß, das auf einem festen Punkt x in einem messbaren Raum (X,Σ) zentriert ist.

Angenommen, dass (X,T) ein topologischer Raum ist und dass Σ mindestens so fein wie die borelsche σ-Algebra σ(T) auf X ist, dann gilt:

  • δx ist ein streng positives Maß dann und nur dann, wenn die Topologie T so ist, dass x innerhalb jeder nichtleeren offenen Menge liegt, z. B. im Fall der trivialen Topologie {,X}.
  • Da δx ein Wahrscheinlichkeitsmaß ist, ist es auch ein lokal endliches Maß.
  • Wenn X ein topologischer Hausdorff-Raum mit seiner borelschen σ-Algebra ist, dann erfüllt δx die Eigenschaft, ein inneres reguläres Maß zu sein, da Einermengen wie {x} immer kompakt sind. Folglich ist δx auch ein Radon-Maß.
  • Unter der Annahme, dass die Topologie T fein genug ist, dass {x} abgeschlossen ist (was in den meisten Anwendungen der Fall ist), ist der Träger von δx gleich {x}. (Andernfalls ist supp(δx) der Abschluss von {x} in (X,T).) Außerdem ist δx das einzige Wahrscheinlichkeitsmaß, dessen Träger {x} ist.
  • Wenn X der n-dimensionale euklidische Raum n mit seiner üblichen σ-Algebra und n-dimensionalem Lebesgue-Maß λn ist, dann ist δx ein singuläres Maß in Bezug auf λn: Man zerlege einfach n in A=n{x} und B={x} und stelle fest, dass δx(A)=λn(B)=0.
  • Das Dirac-Maß ist ein σ-endliches Maß.

Dirac-Integral

Vorlage:Siehe auch Das Dirac-Integral der Funktion f:A ist definiert als das Lebesgue-Integral bezüglich des Dirac-Maßes. Anstelle des Lebesgue-Maßes wird zur Berechnung des Integrals das Dirac-Maß verwendet. Damit ergibt sich für das Integral einer beliebigen Funktion f:

Afdδz={f(z)zA0zA

Begründung

Die Abbildung f:A sei eine nicht-negative messbare Funktion. Das Lebesgue-Integral der Funktion bezüglich des Dirac-Maßes ist durch

Afdδz=limnAfndδz

definiert, wobei fn eine beliebige Folge nichtnegativer einfacher Funktionen ist, die punktweise und monoton wachsend gegen f konvergiert. Eine einfache Funktion ist eine messbare Funktion, die nur endlich viele Funktionswerte αi annimmt. m sei die Anzahl der Funktionswerte αi; Ai seien die (messbaren) Mengen, auf der die Funktion fn jeweils den Wert αi annimmt. Das Integral einer einfachen Funktion ist damit folgendermaßen definiert:

Afndδz=i=1mαi(n)δz(Ai(n))

Ist zA, dann ist z erst recht nicht Element irgendeiner der Teilmengen Ai. Dann ist auch das Dirac-Maß von allen Ai gleich null. Folglich ist das Integral über A insgesamt gleich null.

Ist zAj(n) für irgendein j, so ist das Dirac-Maß von Aj(n) gleich 1; das Dirac-Maß für alle anderen Mengen Ai(n) ist dann gleich null. Für das Integral der einfachen Funktionen fn ergibt sich somit:

Afndδz=αj(n)=fn(z)
limnAfndδz=limnfn(z)=f(z)

Also ist das Dirac-Integral gleich dem Funktionswert an der Stelle z, wenn zA ist.

Eine andere Beweisführung erfolgt so:

Für alle zΩ und A𝒜 gilt

Afdδz=Af1({f(z)})fdδz+Af1({f(z)})fdδz={xA|f(x)=f(z)}fdδz+{xAf(x)f(z)}fdδz=f(z)δz(A)+0=f(z)δz(A)={f(z)zA0z∉A

Als einelementige Teilmenge von ist {f(z)}. Urbilder messbarer Mengen sind messbar. Also ist f1({f(z)})𝒜 und dementsprechend auch die Mengen, über die oben integriert wird.

Falls {z}𝒜, so ist auch eine Integration über A{z} und A{z} möglich.

Siehe auch

Literatur

  • Elliott H. Lieb, Michael Loss: Analysis (= Graduate Studies in Mathematics. Bd. 14). 2nd Edition. American Mathematical Society, Providence RI 2001, ISBN 0-8218-2783-9.
  • Jean Dieudonnè 1976: Treatise on analysis, Part 2 (Seite 100), ISBN 0-12-215502-5
  • Benedetto, John (1997): "§2.1.3 Definition, δ" Harmonic analysis and applications. CRC Press (Seite 72), ISBN 0-8493-7879-6