Hamiltonsches Vektorfeld

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Ein hamiltonsches Vektorfeld ist im mathematischen Teilgebiet der symplektischen Geometrie (wiederum ein Teilgebiet der Differentialgeometrie) ein spezielles glattes Vektorfeld auf einer symplektischen Mannigfaltigkeit, welches mit dessen symplektischer Form kompatibel ist und von einer glatten Abbildung (genannt Hamilton-Funktion) auf dieser erzeugt wird.

Definition

Sei (M,ω) eine symplektische Mannigfaltigkeit und 𝔛(M) die dazugehörige Menge aller glatten Vektorfelder. Ein hamiltonsches Vektorfeld für (M,ω) ist ein glattes Vektorfeld X𝔛(M), für welches eine glatte Abbildung HC(M) mit der Bedingung

iXω=ω(X,)=dH

existiert, wobei iX das innere Produkt ist.[1]

Aufgrund der Nichtdegeneriertheit der symplektischen Form ω folgt für glatte Vektorfelder X,Y𝔛(M) mit ω(X,)=ω(Y,), dass sogar X=Y. Für eine Hamilton-Funktion HC(M) gibt es daher maximal ein zugehöriges hamiltonsches Vektorfeld X𝔛(M), welches sofern existent daher auch als XH notiert wird. Tatsächlich ist Existenz gegeben, wie sich anhand eines expliziten Ausdrucks zeigen lässt: Für jeden Punkt xM gibt es eine lineare Abbildung φx:TxMTx*M,ξωx(ξ,). Aufgrund der Nichtdegeneriertheit der symplektischen Form ωx ist diese injektiv, aufgrund gleicher Dimensionen von Tangential- und Kotangentialraum sogar bijektiv und aufgrund der glatten Abhängigkeit der symplektischen Form ωx vom Basispunkt x ergeben diese gemeinsam einen Vektorbündelisomorphismus φ:TMT*M,(x,ξ)(x,ωx(ξ,)). Das hamiltonsche Vektorfeld XH𝔛(M) einer Hamilton-Funktion HC(M) lässt sich daher darstellen als:

XH=φ1dH:MTM.

Eigenschaften

  • Hamiltonsche Vektorfelder sind symplektisch.[1] Für eine Hamilton-Funktion HC(M) folgt mit der Cartan-Formel und der Geschlossenheit dω=0 der symplektischen Form ω:
    XHω=(diXH+iXHd)ω=diXHω=d2H=0.
  • Linearkombinationen von hamiltonschen Vektorfeldern sind hamiltonsche Vektorfelder. Für Skalare a,b und glatte Funktionen G,HC(M) gilt mit der Linearität des Cartan-Differntials d und der Bilinearität der symplektischen Form ω:
    ω(XaG+bH,)=d(aG+bH)=adG+bdH=aω(XG,)+bω(XH,)=ω(aXG+bXH,),
woraus XaG+bH=aXG+bXH aufgrund der Nichtdegeneriertheit der symplektischen Form ω folgt.
  • Für glatte Funktionen G,HC(M) gilt mit der Produkt-Regel des Cartan-Differentials:
    ω(XGH,)=d(GH)=HdG+GdH=Gω(XH,)+Hω(XG,)=ω(HXG+GXH,),
woraus XGH=HXG+GXH aufgrund der Nichtdegeneriertheit der symplektischen Form ω folgt.
  • Für einen Symplektomorphismus ϕSymp(M) und eine glatte Funktion HC(M) gilt:[2]
    XHϕ=ϕ*XH.
  • Lie-Klammern von hamiltonschen Vektorfeldern sind hamiltonsche Vektorfelder. Für glatte Funktionen G,HC(M) gilt:[3]
    [XG,XH]=X{G,H}.

Lie-Algebra der hamiltonschen Vektorfelder

Gemäß der genannten Eigenschaften bilden die hamiltonschen Vektorfelder auf einer symplektischen Mannigfaltigkeit (M,ω) einen Vektorraum und mit der Lie-Klammer [,] sogar eine Lie-Algebra, notiert als 𝔞𝔪(M,ω). Es gibt Lie-Algebrenhomomorphismen:[4]

𝔞𝔪(M,ω)𝔖𝔶𝔪𝔭(M,ω),XX
C(M)𝔞𝔪(M,ω),HXH

Verbindung mit der De-Rham-Kohomologie

Verbindung mit der nullten De-Rham-Kohomologie

Ein spezieller Untervektorraum des Vektorraumes C(M) der Hamilton-Funktionen ist die nullte De-Rham-Kohomologie HdR0(M):=ker(d:C(M)Ω1(M)) der lokal konstanten (auf jeder Zusammenhangskomponente konstanten) Hamilton-Funktionen. Da in der Definition des hamiltonschen Vektorfeldes einer Hamilton-Funktion nur dessen Cartan-Differential auftaucht, können gerade die lokal konstanten Hamilton-Funktionen beliebig zu dieser hinzuaddiert werden, ohne einen Einfluss auf das erzeugte hamiltonsche Vektorfeld zu haben. Daher gibt es eine exakte Sequenz:[5]

HdR0(M)C(M,ω)𝔞𝔪(M,ω).

Aus dieser folgt direkt, dass genau dann jedes hamiltonsche Vektorfeld von einer eindeutigen Hamilton-Funktion erzeugt wird, wenn die nullte De-Rham-Kohomologie der symplektischen Mannigfaltigkeit trivial ist.

Verbindung mit der ersten De-Rham-Kohomologie

Per Definition ist für ein symplektisches Vektorfeld X die 1-Form iXω geschlossen und erzeugt daher ein Element [iXω]HdR1(M) der ersten De-Rham-Kohomologie. Aufgrund der Bilinearität der symplektischen Form ω ist diese Zuordnung eine lineare Abbildung:

𝔖𝔶𝔪𝔭(M,ω)HdR1(M),XiXω.

[iXω]HdR1(M) ist dabei genau dann das neutrale Element, wenn es sich von diesem um eine exakte 1-Form unterscheidet, also wenn X ein hamiltonsches Vektorfeld ist. Daher gibt es eine exakte Sequenz:[6]

𝔞𝔪(M,ω)𝔖𝔶𝔪𝔭(M,ω)HdR1(M).

Aus dieser folgt direkt, dass genau dann jedes symplektische Vektorfeld sogar ein hamiltonsches Vektorfeld ist, wenn die erste De-Rham-Kohomologie der symplektischen Mannigfaltigkeit trivial ist.

Anwendung in der Physik

Hamiltonsche Vektorfelder sind entscheidend für die Formulierung der hamiltonschen Mechanik, denn ihre Flüsse verlaufen entlang konstanter Werte der zugrundeliegenden Hamilton-Funktion. Das beschreibt die Energieerhaltung einer mechanischen Bewegung im Phasenraum. Für einen Punkt xM und eine Hamilton-Funktion HC(M) ist ihr (lokaler) Fluss ϕH(x,):IM mit einem offenen Intervall I mit 0I eine Lösung der Differentialgleichung mit Anfangswertbedingung:

{ϕH(x,0)=xddtϕH(x,t)=XH(ϕH(x,t)).

Mit der Definition des hamiltonschen Vektorfeldes und der Antisymmetrie der symplektischen Form folgt:

ddtH(ϕH(x,t))=dH(ϕH(x,t))(ddtϕH(x,t))=ω(XH(ϕH(x,t)),)(XH(ϕH(x,t)))=ω(XH,XH)(ϕH(x,t))=0,

womit H(ϕH(x,t))konstant ist. Allgemeiner kann diese Rechnung für zwei verschiedene Hamilton-Funktionen G,HC(M) betrachtet werden, wobei sich mit der Poisson-Klammer {G,H}=ω(XG,XH) analog ergibt:

ddtG(ϕH(x,t))=ω(XG,XH)(ϕH(x,t))={G,H}(ϕH(x,t)),

also G(ϕH(x,t)) genau dann konstant ist, wenn {G,H}=0. Das sind jeweils die Liouville-Gleichung für die Zeitentwicklung und das Noether-Theorem über die Korrespondenz von Erhaltungsgrößen und Symmetrie.

Literatur

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Brylinski 2007, 2.3.2. Definition
  2. McDuff & Salamon 1998, Proposition 3.6 (iii)
  3. McDuff & Salamon 1998, Proposition 3.6 (iii)
  4. McDuff & Salamon 1998, Seite 87
  5. Brylinski 2007, 2.3.8 Remark
  6. Brylinski 2007, 2.3.3 Proposition

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