Enzymkinetik

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Die Enzymkinetik ist ein Teilgebiet der biophysikalischen Chemie. Sie beschreibt, wie schnell enzymkatalysierte chemische Reaktionen verlaufen. Die Enzymkinetik findet breite Anwendung in Biologie und Medizin, da auch biologische Substrate (Reaktionspartner) – darunter solche, die im Menschen auftreten – untersucht werden. Ein Hauptziel der Enzymkinetik ist die Beschreibung der Konzentrationsabhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit mit geeigneten Formeln, sowie die Bestimmung der dazugehörigen Parameter für ein bestimmtes Protein (Enzymaktivität und katalytische Effizienz). Da Enzyme dazu dienen, Reaktionen zu beschleunigen und zu lenken, ist die enzymkinetische Analyse zum Verständnis von Enzymfunktionen unerlässlich.

Theorie für Enzyme mit einer Substratbindungsstelle

Der Erste, der den Zusammenhang zwischen Substrat-Konzentration [S] und Umsatzgeschwindigkeit eines Enzymes v beschrieb, war der französische Physikochemiker Victor Henri 1902. Allerdings war die Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration für enzymatische Reaktionen damals noch nicht bekannt, erst nachdem Sørensen 1909 den pH-Wert definiert und die Pufferung eingeführt hatte, konnten der Deutsche Leonor Michaelis und seine kanadische Post-Doktorandin Maud Menten 1913 die Ergebnisse Henris experimentell bestätigen.[1] Die Henri-Michaelis-Menten-Gleichung wurde 1925 von G. E. Briggs und J. B. S. Haldane verallgemeinert (Michaelis-Menten-Theorie).

Henris Schlüsselidee war, die enzymatische Reaktion in zwei Phasen zu zerlegen, die Bindung des Substrates S an das Enzym E und die Umsetzung des resultierenden Enzym-Substrat-Komplexes ES in Enzym und Produkt P:

E+Sk1k1ESkcatE+P (1)

Hierbei sind k1,k1,kcat Geschwindigkeitskonstanten, die bei der kinetischen Herleitung des Massenwirkungsgesetzes (MWG) verwendet werden.[2] Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Bindungsreaktion hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

k1[E][S]=k1[ES];:[ES]:k1

wobei [X] die Konzentration der Substanz X bezeichnet. Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Bindungsreaktion die eingeführte Formulierung des MWGs:

[E][S][ES]=k1k1=Kd. (2)

Da die (nach Standard im Zähler notierten) Reaktionsprodukte aus einer Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes hervorgehen, wird die Gleichgewichtskonstante Kd als Dissoziationskonstante bezeichnet.

Wie aus Gleichung (2) hervorgeht, hat Kd die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration [S]=Kd ist die Hälfte aller Enzymmoleküle an Substrat gebunden, die andere Hälfte ist frei; dies wird als Halbsättigung des Enzyms bezeichnet. (Die Weiterreaktion ESE+P bleibt zunächst außer Betracht.)

Rechnung hierzu  
Kd=[E][S][ES];(2)

Einsetzen von Kd=[S]0:

[S]=[E][S][ES];[ES]:[S]0
[ES]=[E], wie behauptet.

Kd ist umgekehrt proportional zur Affinität des Enzymes für das Substrat: Je besser das Enzym das Substrat bindet, umso niedriger ist die für eine Halbsättigung des Enzyms erforderliche Substratkonzentration.

Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Reaktion (1) insgesamt hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

k1[E][S]=k1[ES]+kcat[ES]=(k1+kcat)[ES];:[ES]:k1

hierbei ist kcat die Geschwindigkeitskonstante der (als nicht umkehrbar vorausgesetzten) Reaktion ESE+P. Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Reaktion (1) die eingeführte Formulierung des MWGs:

[E][S][ES]=k1+kcatk1=Km.(3)

Km heißt Michaelis-Menten-Konstante. Zur Beschreibung der Reaktionsgeschwindigkeit v der betrachteten Katalyse wird (für entsprechend geeignete Fälle) weiter vorausgesetzt:

  • Die Konzentration [E]t des insgesamt vorhandenen Enzyms ändert sich nicht und ist die Summe aus den Konzentrationen substratgebundenen und freien Enzyms, also [E]t=[E]+[ES].
  • Die katalysierte Reaktion ist erster Ordnung, so dass ihre Geschwindigkeit zur Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes proportional ist, also v=kcat[ES].
  • Eine maximale Reaktionsgeschwindigkeit vmax wird als Rechengröße eingeführt. Diese entspricht dem fiktiven Fall, dass sämtliches vorhandenes Enzym als Enzym-Substrat-Komplex vorliegt, also vmax=kcat[E]t.

Durch Einführung dieser Bedingungen lässt sich (3) in die Michaelis-Menten-Gleichung umformen, die v in Abhängigkeit von der Substratkonzentration [S] darstellt:

v=vmax[S]Km+[S]
Umformung  

vvmax=kcat[ES]kcat[E]t=[ES][E]t=[ES][E]+[ES];


um [E][S][ES]=KM in den Bruch einzuführen, wird dieser mit [S][ES] erweitert:

vvmax=[ES][E]+[ES]=[ES][S][ES][E][S][ES]+[ES][S][ES]=[S]KM+[S];vmax

v=vmax[S]Km+[S];Michaelis-Menten-Gleichung

Der Graph dieser Gleichung ist Teil einer Hyperbel, die sich für zunehmende [S] der waagerechten Asymptote v=vmax nähert.

Rechnung zur Klassifikation des Graphen als Teil einer Hyperbel; Betrachtung der Asymptoten  

A. Da vmax und Km Konstanten sind, ist die Funktion

v=f1([S])=vmaxKm[S];[S]

eine Hyperbel mit der waagerechten Asymptote v=0 für [S]± und der senkrechten Asymptote [S]=0 für [S]0.

  • Verschiebung um Km in [S]-Richtung ergibt:
v=f2([S])=vmaxKm[S](Km)=vmaxKmKm+[S]
  • (Nachfolgende) Spiegelung an der [S]-Achse ergibt:
v=f3([S])=vmaxKmKm+[S]
  • (Nachfolgende) Verschiebung um +vmax in v-Richtung ergibt:
v=f4([S])=vmaxvmaxKmKm+[S]=vmax(1KmKm+[S])=vmaxKm+[S]KmKm+[S]=vmax[S]Km+[S];

da f4([S]) durch eine Verkettung von Kongruenzabbildungen aus f1([S]) erzeugt werden kann, ist f4([S]) ebenfalls eine Hyperbel. Der Graph der Michaelis-Menton-Gleichung ist die Teilmenge von f4([S]), für die [S]0 ist.

B. Die beiden zuerst genannten Kongruenzabbildungen ändern nichts an der waagerechten Asymptote der Hyperbel, die letztgenannte verschiebt sie um +vmax in v-Richtung. Also hat f4([S]) die Asymptote v=vmax für [S]±; der in f4([S]) enthaltenen Graphen der Michaelis-Menton-Gleichung strebt für [S]+ gegen diese Asymptote.

Die zuerst genannte Kongruenzabbildungen verschiebt die senkrechte Asymptote der Hyperbel um KM in v-Richtung, die beiden letztgenannten ändern nichts an ihr. Also hat f4([S]) die Asymptote [S]=KM für [S]KM.

Wie aus Gleichung (3) hervorgeht, hat auch Km die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration [S]=Kmist v=vmax2.

Rechnung hierzu  

Einsetzen von Km=[S] in die Michaelis-Menton-Gleichung:

 v=vmax[S][S]+[S]=vmax[S]2[S]=vmax2.

Zur Bestimmung von vmax und Km aus Messreihen von v und [S] dienen computergestützte Verfahren wie die nichtlineare Regressionsanalyse (Simplex- oder Levenberg-Marquardt-Verfahren). Graphische Extrapolationsverfahren (Linearisierungen) wie etwa die doppelt-reziproke Auftragung nach Lineweaver und Burk sollten dafür nicht verwendet werden, da sie zu ungenau sind. Sie eignet sich jedoch sehr gut zur Präsentation der Ergebnisse enzymkinetischer Versuche.

Theorie für Enzyme mit mehreren Substratbindungsstellen

Die Hill-Gleichung und ihre Herleitung aus dem Massenwirkungsgesetz

Die Hill-Gleichung wurde ursprünglich von Archibald Vivian Hill eingeführt, um die Sauerstoffbindung an Hämoglobin in Abhängigkeit von verschiedenen Sauerstoffkonzentrationen mathematisch zu beschreiben.[3] Die hier beschriebene Hill-Gleichung ist eine andere als die Hill-Gleichung zur Beschreibung der Muskelkontraktion, an deren Erstellung der gleiche Autor beteiligt war.[4]

Obwohl die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin kein katalytischer Vorgang ist, lässt sich mit einer Hill-Gleichung auch die Kinetik enzymatischer Katalysen beschreiben, insbesondere auch solcher, deren Kinetik sich nicht mit einer Michaelis-Menten-Gleichung beschreiben lässt. Hier folgt eine Herleitung der Hill-Gleichung aus dem Massenwirkungsgesetz, die die Analogie zur Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung hervorhebt. Entsprechend bedeutet die Variable n die Anzahl der Bindungsstellen, die ein Molekül Enzym für je ein Molekül Substrat bereithält, und ist damit eine positive natürliche Zahl. Die experimentell gefundenen Werte von n weichen hiervon ab (s. u. "Der empirische Hill-Koeffizienten nH als Maß der Kooperativität von Enzymen").

Die Bindung von n Molekülen Substrat an ein Enzym lässt sich modellieren mit:

E+nSk1k1ESn (1')

Wie in Gleichung (1) sind k1,k1 Geschwindigkeitskonstanten, die bei der kinetischen Herleitung des Massenwirkungsgesetzes (MWG) verwendet werden. Zur Beschreibung eines Reaktionsgleichgewichts der Bindungsreaktion hat die Gleichheit der Geschwindigkeiten von Hin- und Rückreaktion die Form:

k1[E][S]n=k1[ESn];:[ESn]:k1

hierbei ist [E] die Konzentration freien Enzyms, [S] die Substratkonzentration, [ESn] die Konzentration der Enzym-Substrat-Komplexe mit n Molekülen Substrat. Der Exponent n heißt Hill-Koeffizient. Durch die angegebenen mathematischen Operationen entsteht für die Bindungsreaktion die eingeführte Formulierung des MWGs:

[E][S]n[ESn]=k1k1=KD. (2')

Analog der Dissoziationskonstante Kd in Gleichung (2) heißt KD scheinbare Dissoziationskonstante. Das Adjektiv "scheinbar" trägt der Tatsache Rechnung, dass die experimentell gemessenen Werte für n von den nach diesem Modell zu erwartenden abweichen.

Wie aus Gleichung (2') hervorgeht, hat die (neu einzuführende) Konstante

KA=KD1nKAn=KD(3')

die Dimension einer Konzentration. Für die Substratkonzentration [S]=KA ist die Hälfte aller Enzymmoleküle an Substrat gebunden, die andere Hälfte ist frei; dies wird als Halbsättigung des Enzyms bezeichnet.

Rechnung  

Gleichsetzen der Gleichungen (2') und (3') ergibt:

[E][S]n[ESn]=KD=KAn

Einsetzen von KA=[S]:

[S]n=[E][S]n[ESn];[ESn]:[S]n0
[ESn]=[E], wie behauptet.

KA wird daher als Halbsättigungskonstante bezeichnet[5] und auch K50 (für „50%“) geschrieben. KA ist (wie die Konstante Kd der Michaelis-Menten-Gleichung) umgekehrt proportional zur Affinität des Enzymes für das Substrat: Je besser das Enzym das Substrat bindet, umso niedriger ist die für eine Halbsättigung des Enzyms erforderliche Substratkonzentration.

Wenn weiter vorausgesetzt wird,

  • dass sich die Konzentration [E]t des insgesamt vorhandenen Enzyms nicht ändert und die Summe aus den Konzentrationen substratgebundenen und freien Enzyms ist, also [E]t=[E]+[ESn],

dann ist der Anteil θ substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem mit Gleichung (2'):

θ=[ESn][E]t=[S]nKD+[S]n;Hill-Gleichung
Rechnung  

θ=[ESn][E]t=[ESn][E]+[ESn];

um [E][S]n[ESn]=KD in den Bruch einzuführen, wird dieser mit [S]n[ESn] erweitert:

θ=[ESn][E]+[ESn]=[ESn][S]n[ESn][E][S]n[ESn]+[ESn][S]n[ESn]=[S]nKD+[S]n;Hill-Gleichung

Um mit der Hill-Gleichung die Reaktionsgeschwindigkeit v der Katalyse durch ein Enzym mit mehreren Bindungsstellen zu beschreiben, ist hinreichend, weiter vorauszusetzen:

  • Eine maximale Reaktionsgeschwindigkeit vmax wird als Rechengröße eingeführt. Diese entspricht dem fiktiven Fall, dass sämtliches vorhandene Enzym als Enzym-Substrat-Komplex vorliegt, also θ=1.
  • vvmax ist zum Anteil θ substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem proportional.

Dann hat die Proportionalität die Form

vvmax=θ;(4)
Rechnung  

Wegen der vorausgesetzten Proportionalität von v und vmax zu θ existiert ein Proportionalitätsfaktor k so, dass:

v=kθ und vmax=k1

Damit ist das Verhältnis von v zu vmax:

vvmax=kθk1=θ(4)

Gleichsetzen mit der Hill-Gleichung ergibt eine Gleichung, die v in Abhängigkeit von der n-ten Potenz [S]n der Substratkonzentration darstellt:

v=vmax[S]nKD+[S]n; (5)
Rechnung  

Gleichsetzen von Gleichung (4) mit der Hill-Gleichung ergibt:

vvmax=θ=[S]nKD+[S]n;vmax

v=vmax[S]nKD+[S]n (5)

Die Herleitung der Gleichung (5) ist der Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung größtenteils analog. Unterschiede sind:

  • Die Geschwindigkeitskonstante kcat der katalysierten Reaktion wird nicht in die Herleitung von Gleichung (5) einbezogen: KD hängt im Gegensatz zu KM formal nicht von kcat ab.
  • Die Ordnung der katalysierten Reaktion wird bei der Herleitung von (5) nicht explizit betrachtet.

Statt der beiden letztgenannten Voraussetzungen geht die in Gleichung (4) formulierte Proportionalität in die Herleitung ein; ein abstrakter Proportionalitätsfaktor k tritt an die Stelle von kcat.

Weitere Darstellung für θ und für v. Die Sättigungsfunktion

In der Hill-Gleichung ist θ von n und von KD abhängig, KD selbst aber auch von n (siehe Gleichung (2')). Das Verhalten der Gleichung in Abhängigkeit von n ist einheitlicher darstellbar (s. u. halblogarithmisch aufgetragene Graphen), wenn KD durch KA ersetzt wird:

θ=[S]nKD+[S]n=11+(KA[S])n; (6)
Umformung  

Einsetzen von (3'): KAn=KD in die Hill-Gleichung ergibt:

θ=[S]n[S]n+KAn; mit 1[S]n erweitern und [S]n[S]n im Zähler und Nenner kürzen:

θ=11+(KA[S])n; (6)

Gleichsetzen der Gleichungen (4) und (6) ergibt eine Darstellung von v, die KD ebenfalls nicht mehr enthält:

v=vmax1+(KA[S])n; (7)
Rechnung  

Gleichsetzen der Gleichungen (4) und (6) ergibt:

vvmax=θ=11+(KA[S])n;vmax
v=vmax1+(KA[S])n; (7)

Wenn an ein Molekül Enzym n Moleküle Substrat gebunden sind und die Konzentration der Enzym-Substrat-Komplexe [ESn] ist, so ist die Konzentration des gebundenen Substrats n[ESn]. Als Sättigungsfunktion r wird das Verhältnis der Konzentration gebundenen Substrats zur Konzentration des insgesamt vorhandenen Enzyms bezeichnet:[6]

r=n[ESn][E]t

Der Zusammenhang zur Hill-Gleichung ist wegen θ=[ESn][E]t gegeben mit

r=nθ. (8)

Der empirische Hill-Koeffizienten nH als Maß der Kooperativität von Enzymen

Gemäß Herleitung der Hill-Gleichung aus dem Massenwirkungsgesetz (s. o.) ist der Hill-Koeffizient n die Anzahl der Bindungsstellen eines Enzyms und daher eine natürliche Zahl. (Genau) für n=1 sind die Konstanten KD und KA=KD1n gleich. Auch sind genau für n=1 die Gleichungen (5) und (7) einer Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent, indem die Konstante KD=KA als Michaelis-Menten-Konstante KM aufgefasst wird.

Rechnung für Gleichung (7)  

v=vmax1+(KA[S])n; (7)

n=1 einsetzen und mit [S] erweitern:

v=vmax[S][S]+KA[S][S];

mit KA=KM:

v=vmax[S][S]+KM; Michaelis-Menten-Gleichung

Zu Unterscheidung von n wird mit der Variable nH derjenige Hill-Koeffizient bezeichnet, für den die Hill-Gleichung die Kinetik eines solchen Enzyms empirisch am besten beschreibt. nH ist in der Regel kleiner als n und keine natürliche Zahl. Die Theorie der Hill-Gleichung ist bei Verwendung von nH nur dann mathematisch konsistent, wenn n in allen zur Beschreibung der Kinetik verwendeten Gleichungen durch nH ersetzt wird. (9)

In Folgenden seien die Konstanten KA und vmax in allen zu vergleichenden Situationen der jeweils betrachteten Enzyme gleich. Der Unterschied zwischen nH und n wird dadurch erklärt, dass Enzyme mit mehreren Substratbindungsstellen aus mehreren Untereinheiten bestehen, die jeweils eine Bindungsstelle tragen und demzufolge für sich betrachtet mit nH=1 und also einer Michaelis-Menten-Gleichung beschrieben werden können.

Ein als positive Kooperativität bezeichnetes Zusammenwirken der Untereinheiten kann aber auch bewirken, dass ein solches Enzym bei einer vorgegebenen Substratkonzentration [S] schneller reagiert, als gemäß einer Michaelis-Menten-Gleichung (mit KM=KA) zu erwarten wäre. Eine Hill-Gleichung beschreibt für Konzentrationen [S]>KA genau dann positive Kooperativität, wenn nH>1 ist. Weiter reagiert ein Enzym bei positiver Kooperativität bei einer vorgegebenen Substratkonzentrationen [S]>KA umso schneller, je größer nH ist. Logische Obergrenze für nH ist (die Anzahl der Bindungsstellen) n.

Ganz entsprechend kann ein als negative Kooperativität bezeichnetes Zusammenwirken von Untereinheiten eines Enzyms bewirken, dass jenes bei einer vorgegebenen Substratkonzentration [S] langsamer reagiert, als gemäß einer Michaelis-Menten-Gleichung (mit KM=KA) zu erwarten wäre. Eine Hill-Gleichung beschreibt für Konzentrationen [S]>KA genau dann negative Kooperativität, wenn nH<1 ist, und bei einer vorgegebenen Substratkonzentrationen [S]>KA reagiert ein Enzym bei negativer Kooperativität umso langsamer, je kleiner nH ist.

Beweis  

Die folgende Ungleichung (i) verwendet Gleichung (7) zur Berechnung der Geschwindigkeiten zweier Enzyme, deren Situationen sich ausschließlich im Hill-Koeffizienten nH bzw. nH unterscheiden. Die folgenden Äquivalenzumformungen führen (i) auf die im Text genannten Bedingungen zurück.

vmax1+(KA[S])nH>vmax1+(KA[S])nH;(i)

der übersichtlicheren Schreibweise dient die Substitution q:=KA[S]. Nach (notwendiger) zusätzlicher Voraussetzung gilt

[S]>KA:[S]>0
1>KA[S]=q>0, (ii)

denn für die Überlegung kann KA,[S]>0 vorausgesetzt werden. Einsetzen ergibt:

vmax1+qnH>vmax1+qnH;:vmax>0
11+qnH>11+qnH;positive Brüche stürzen
1+qnH<1+qnH;1:qnH>0
qnHnH<1;log zu einer wählbaren Basis; mit der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:
(nHnH)logq<0;:logq<0 wegen 0<q<1 nach (ii)
nHnH>0nH>nH
  • Für nH=1 ist die rechte Seite von (i) dem Funktionsterm eine Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent (s. o. "Rechnung zu Gleichung (7)"). Daher zeigt Betrachtung von nH=1, dass nH>1 in einer Hill-Gleichung für [S]>KA positive Kooperativität beschreibt, wie behauptet.
  • Betrachtung beliebiger Paare nH>nH>1 zeigt, dass von zwei (vergleichbaren) Enzymen, die positive Kooperativität zeigen, dasjenige mit größerem Hill-Koeffizienten für [S]>KA schneller reagiert, wie behauptet.
  • Für nH=1 ist die linke Seite von (i) dem Funktionsterm eine Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent (s. o. "Rechnung zu Gleichung (7)"). Daher zeigt Betrachtung von nH=1, dass nH<1 in einer Hill-Gleichung für [S]>KA negative Kooperativität beschreibt, wie behauptet.
  • Betrachtung beliebiger Paare 1>nH>nH zeigt, dass von zwei (vergleichbaren) Enzymen, die negative Kooperativität zeigen, dasjenige mit kleinerem Hill-Koeffizienten für [S]>KA langsamer reagiert, wie behauptet.

Ein Enzym mit mehreren Bindungsstellen, bei dem ein solches Zusammenwirken der Untereinheiten nicht zu beobachten ist, heißt nicht kooperativ.

Kooperativität ist nicht nur für Enzyme beschrieben, sondern auch für Nicht-Enzym-Proteine, an die mehrere andere Moleküle binden (s. o. Herleitung der Hill-Gleichung). Für die koordinative Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin, das aus n=4 je ein Sauerstoffmolekül bindenden Untereinheiten besteht, wurde ein Hill-Koeffizient nH von 2,8 bestimmt.[7]

Berechnung von nH

Sind die Substratkonzentrationen [S]=EC10 bzw. [S]=EC90 bekannt, bei denen ein Enzym mit 10 % bzw. 90 % seiner Maximalgeschwindigkeit vmax reagiert, so lässt sich sein empirischer Hill-Koeffizient nH bestimmen:

nH=log(81)log(EC90/EC10)

Verallgemeinerung: Sind zwei beliebige verschiedene Substratkonzentrationen ECP bzw. ECQ bekannt, bei denen ein Enzym mit 0%< P% <100% bzw. 0%< Q% <100% seiner Maximalgeschwindigkeit vmax reagiert, so ist sein empirischer Hill-Koeffizient nH durch den folgenden Quotienten gegeben:

nH=(log(100PPQ100QPQ)):(log(ECPECQ))
Herleitung  

A. Mit Überlegung (9) ist bei Betrachtung des empirischen Hill-Koeffizienten n in Gleichung (6) durch nH zu ersetzen. Die folgenden Umformungen lösen die entstehende Gleichung nach [S]nH auf:

θ=11+(KA[S])nH;Übergang zur reziproken Zahl 1
1θ1=1θθ=KAnH[S]nH;Brüche stürzen KAnH
KAnHθ1θ=[S]nH;(i)

B. Mit Gleichung (4):

vvmax=θ;

ist θ außer durch die Hill-Gleichung auch durch den Anteil der gemessenen Reaktionsgeschwindigkeit v an der Maximalgeschwindigkeit vmax gegeben; dieser Anteil kann als Prozentsatz oder als Dezimalzahl angegeben sein. - Einsetzen von θ=90%=0,9 für [S]=EC90 bzw. von θ=10%=0,1 für [S]=EC10 in (i) ergibt:

KAnH0,910,9=KAnH9=EC90nH(ii)
KAnH0,110,1=KAnH19=EC10nH(iii)

C. (ii) und (iii) ergeben die Proportionalität:

(EC90EC10)nH=EC90nHEC10nH=KAnH9KAnH19=81;

Mit einem Logarithmus zu einer wählbaren Basis und der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:

nHlog(EC90EC10)=log81;:log(EC90EC10)>0,da EC90>EC10
nH=log81log(EC90EC10), wie angegeben.

D. Verallgemeinerung: Für zwei beliebige verschiedene Anteile 0<p<1 bzw. 0<q<1 von θ und den zugehörigen Substratkonzentrationen [S]=ECP=100p bzw. [S]=ECQ=100q ergibt der gleiche Rechenweg:

KAnHp1p=ECPnH(ii')
KAnHq1q=ECQnH(iii')
nHlog(ECPECQ)=logKAnHp1pKAnHq1q=log(p(1q)(1p)q)=log(ppqqpq)=log(100PPQ100QPQ),

wobei der Bruch im letzten Schritt mit 1002 erweitert wurde; mit Division durch den (nach Konstruktion von null verschiedenen) Faktor log(ECPECQ) folgt die angegebene Formel.

Nicht linearisierte Graphen

Direkt-lineare Auftragung einer Enzymkinetik nach Michaelis-Menten

Direkt-lineare Auftragung

Enzymkinetische Parameter lassen sich bequem und präzise direkt aus einer Sättigungshyperbel gemäß der Abbildung herleiten („direkt-lineare Auftragung“ auch „Cornish-Bowden-Diagramm“ genannt). In dieser Hyperbel ist die enzymatische Umsatzgeschwindigkeit v (Ordinate) als Funktion der Substratkonzentration [S] (Abszisse) dargestellt.

Für die direkt-lineare Auftragung überträgt man die Anfangsgeschwindigkeiten des enzymatischen Umsatzes direkt in das v-[S]-Diagramm. Die [S]-Werte sind vor Versuchsbeginn bekannt (eingestellte Substratkonzentrationen); während der Versuchsreihe ist dann der Ordinatenwert für v (die Anfangsgeschwindigkeit) nachzutragen. Aus der maximalen Umsatzgeschwindigkeit vmax lässt sich die halbe maximale Umsatzgeschwindigkeit 12vmax ableiten. Graphisch kann man daraus den Koordinatenwert für Km ermitteln. Die katalytische Effizienz folgt übrigens aus der Steigung der Tangente an den Ursprung: vmaxKm; daraus ergibt sich kcatKm.

Berechnung der Steigung der Tangente an den Ursprung  

Die Funktionsgleichung der Hyperbel ist die Michaelis-Menten-Gleichung

v([S])=vmax[S]Km+[S];

die Steigung mt der Tangente an den Ursprung kann als Grenzwert einer Sekantensteigung aufgefasst werden, die durch einen Differenzenquotienten gegeben ist. Das ergibt bei Näherung von rechts:

mt=limh0,h>0v(0+h)v(0)h=
limh0,h>0v(h)0h=
limh0,h>0vmaxh(Km+h)h=vmaxKm.


Bemerkung: Der Standard-Weg über die Ableitung der Funktion v([S]) nach Quotientenregel erfordert wegen der nur einseitige Differenzierbarkeit von v([S]) an der Stelle [S]=0 zusätzliche Überlegungen und ist zudem rechenaufwändiger.

Die Fehlerbehandlung wird im direkt-linearen Plot weitgehend vereinfacht: Mittelwertsbildung gibt dann die wahrscheinlichen Werte für die Parameter Km und vmax. Bei Inspektion der Streubreite der Messpunkte (nicht identisch mit deren Standardabweichung) können Ausreißer leicht identifiziert und sogenannte Mediane abgelesen werden.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass alle (auch die nachfolgenden) Auswertungsverfahren nicht nur für Enzyme, sondern auch für die Bindungsvorgänge von Carriern oder Rezeptoren Gültigkeit haben. Historisch gesehen wurden all diese Methoden (Hanes und Eadie-Hofstee-Auftragung für Enzyme, Scatchard und Hill-Auftragungen für Carrier) ursprünglich von Woolf entwickelt.

Direkt-linear aufgetragene Graphen einer Enzymkinetik nach Hill für unterschiedliche Werte von nH

Die aus der Hill-Gleichung hergeleitete Gleichung (5) lässt sich als eine Funktion auffassen, die die empirisch gefundene Reaktionsgeschwindigkeit v abhängig von der Substratkonzentration [S] beschreibt. Nach Überlegung (9) ist bei der Formulierung der Funktion n durch nH zu ersetzen:

f([S])=v=vmax[S]nHKD+[S]nH.

f([S]) ist überall streng monoton steigend und nähert sich für zunehmende [S] der waagerechten Asymptote v=vmax. Der Graph von f([S]) zeigt aber je nach Wert von nH unterschiedliches Verhalten:[8]

  • Für nH=1 ist er Teil einer Hyperbel, da Gleichung (5) genau dann einer Michaelis-Menten-Gleichung äquivalent ist (s. o.).
  • Für nH>1 hat er genau einen Wendepunkt bei [S]w=(KDnH1nH+1)1nH=KA(nH1nH+1)1nH. Unter Mitberücksichtigung ihres Steigungsverhaltens ist f([S]) daher in diesem Fall eine Sigmoidfunktion. Der Fall nH>1 lässt sich von den Fällen nH=1 und nH<1 durch bloße Betrachtung des Funktionsgraphen unterscheiden.
  • Für nH<1 hat er keinen Wendepunkt und sieht einem Teil einer Hyperbel ähnlich. Ein solcher Graph heißt pseudohyperbol, weil sich der Fall nH<1 vom Fall nH=1 durch bloße Betrachtung des Graphen nicht unterscheiden lässt.
Rechnerische Nachweise  

Vorüberlegungen:

  • Für die vorgelegte Problemstellung kann [S]0 (als Definitionsbereich von f([S])) sowie vmax,KD,nH>0 vorausgesetzt werden. (i)
  • Für beliebige 0a sind Potenzfunktionen [S][S]astreng monoton, und ihre Werte durchlaufen für [S]>0 sämtliche positiven reellen Zahlen. (ii)
  • Für beliebige nH sind für KD,[S]>0 die Potenzen [S]nH,[S]nH1,[S]nH2,(KD+[S]nH)2,(KD+[S]nH)3>0. (iii)

A. Für beliebige nH>0nH<0 ergibt die Konvergenz der Potenzfunktion:

lim[S]KD[S]nH=KDlim[S][S]nH=KD0=0;hieraus folgt für den Funktionsterms von f([S]) nach Erweitern um 1[S]nH:
lim[S]vmax[S]nHKD+[S]nH=lim[S]vmax[S]nH[S]nHKD[S]nH+[S]nH[S]nH=vmax10+1=vmax, wie behauptet.

B. Die Ableitung

f([S])=vmaxKDnH[S]nH1(KD+[S]nH)2

ist mit (i) und (iii) überall positiv für [S]>0, sodass f([S]) für alle [S]>0 streng monoton steigt. Zusätzliche Berücksichtigung von f(0)=0 und f([S]>0)>0 zeigt, dass f([S]) im gesamten Definitionsbereich streng monoton steigt, wie behauptet.

C. Die Wendepunkte von f([S]) sind genau die Nullstellen mit Vorzeichenwechsel der zweiten Ableitung

f([S])=vmaxKDnH[S]nH2KD(nH1)[S]nH(nH+1)(KD+[S]nH)3=a([S])b([S])c([S]),wobei für die Hilfsfunktionen a([S]),b([S]),c([S]) gilt:
a([S])=vmaxKDnH[S]nH2>0für[S]>0nach (i) und (iii);
b([S])=KD(nH1)[S]nH(nH+1);
c([S])=(KD+[S]nH)3>0für[S]>0nach (iii).

Da f([S]) für [S]<0 nicht definiert ist, wechselt f([S]) in [S]=0 nicht das Vorzeichen, und f([S]) hat bei [S]=0 keinen Wendepunkt. Außer [S]>0 gilt für alle Wendepunkte:

f([S])=0b([S])=0[S]nH=KDnH1nH+1=:D. (iv)

Mit (ii) hat Gleichung (iv) genau dann eine Lösung, wenn D>0 ist, und dann genau eine (d. h. ihre Lösung [S]=[S]w ist eindeutig, falls sie existiert).

Mit KD>0 ist D<0 für nH<1, sodass keine Lösung von (iv) existiert und f([S]) keinen Wendepunkt hat, wie behauptet.

Mit KD>0 ist D>0 für nH>1, sodass dann genau eine Lösung

[S]w=D1nH=(KDnH1nH+1)1nH=KA(nH1nH+1)1nH

von Gleichung (iv) existiert; f([S]) hat bei [S]w>0 nach (ii) höchstens einen Wendepunkt. Zu zeigen bleibt, dass f([S]) in [S]=[S]w das Vorzeichen wechselt. Da die Bestimmung der dritten Ableitung f([S]) recht aufwendig ist, wird hier das Verhalten von f([S]) in einer Umgebung ihrer Nullstellen [S]w untersucht.

Für beliebige 0<b,c sind Potenzfunktionen bbc streng monoton steigend. Also gilt für beliebige ϵ, für die [S]w>ϵ>0 ist:

([S]wϵ)nH<[S]wnH((nH+1))<0(wegen nH>0>1)
([S]wϵ)nH(nH+1)>[S]wnH(nH+1)+KD(nH1)
b([S]wϵ)>b([S]w)=0a([S]wϵ)>0:c([S]wϵ)>0
f([S]wϵ)>0.

Für eine geeignete ϵ-Umgebung von [S]w ist also f([S])>0 für alle [S]Uϵ([S]w),[S]<[S]w. (v)

Mit [S]w+ϵ>0 zeigen ausgehend von

([S]w+ϵ)nH>[Sw]nH

die entsprechenden Umformungen, dass f([S])<0 für alle [S]Uϵ([S]w),S>[S]w ist.

Letzteres zeigt zusammen mit (v) den Vorzeichenwechsel von f([S]) in [S]=[S]w.

Halblogarithmisch aufgetragene Graphen einer Hill-Gleichung für unterschiedliche Werte von nH

Einzelne Graphen der Hill-Gleichung. Die Interpretation der Achsen ist im Text angegeben. n in der Zeichnung entspricht nH im Text. Die Abszisse gibt keine molaren Konzentrationen an, sondern das (dimensionslose) Verhältnis [S]KA.

Im nebenstehenden Diagramm[9] ist die Ordinate der Anteil θ substratgebundenen Enzyms an insgesamt vorhandenem. Die Abszisse gibt das Verhältnis [S]KA an; sie ist logarithmisch geteilt. Bei Verwendung des dekadischen Logarithmus ist

  • wegen lg(1)=0 der Punkt „1“ Nullpunkt der Abszisse und
  • wegen lg(1)=0 und lg(10)=1 der Abstand zwischen den Punkten „1“ und „10“ Längeneinheit der Abszisse.

Für beliebiges x bezeichnet ein x Längeneinheiten vom Nullpunkt entfernter Punkt der Abszisse die Substratkonzentration [S]=10xKA, wobei der Faktor 10x auf der Abszisse ablesbar ist. Jeder Graph des Diagramms zeigt eine Hill-Gleichung der Form (6):

θ=11+(KA[S])nH.
Erläuterung  

Jeder Graph des Diagramms zeigt eine Funktion

θ=11+(10x)nH,

wie durch Betrachtung des Verhaltens dieser Funktion für x=0 (am Nullpunkt "1" der Abszisse) und für x± anschaulich wird. Einsetzen von

([S]=10xKA[S]KA=10x)KA[S]=10x

zeigt, dass jeder Graph auch eine Hill-Gleichung der Form (6) darstellt:

θ=11+(10x)nH=11+(KA[S])nH.

Für je einen vorgegebene Hill-Koeffizienten nH ist im Diagramm der Graph der Hill-Gleichungen zu allen Werten von KA gleich, da θ nicht direkt von KA abhängt, sondern vom Verhältnis KA[S](=10x). Die Gesamtheit der Graphen bildet für beliebige positive nH eine (einparametrige) Schar direkt vergleichbarer Kurven; Teile einer Hyperbel oder pseudohyperbole Kurvenverläufe treten nicht auf.

Jeder Graph des Diagramms ist auch Graph einer logistischen Funktion fnH:xf(x)=θ und hat daher

  • für x([S]) die Asymptote θ=1 sowie
  • für x([S]0) die Asymptote θ=0;
  • jeder Graph ist punktsymmetrisch mit Symmetriezentrum W(112);
  • W ist der Wendepunkt jeder Funktion fnH;
  • die Steigung von fnH in W ist nHln(10)40,5756nH . In diesem Sinne nimmt die Steilheit des Graphen mit nH zu.
Beweis  

Die allgemeine logistische Funktion fG,c,k:xf(x)=θ kann geschrieben werden:

θ=G1+ecekGx;

mit G=1,c=0,k=nHln(10),[S]=10xKAKA[S]=10x hat fnH die Form:

θ=11+e0eln(10)nH1x=11+110nHx=11+(10x)nH=11+(KA[S])nH(6), q. e. d.

Die Eigenschaften der allgemeinen logistischen Funktion setzen sich auf fnH wie folgt fort:

  • Für x(10xKA=[S]) ist θ=G=1 Asymptote, q. e. d.,
  • für x(10xKA=[S]0) ist θ=0 Asymptote, q. e. d.;
  • jeder Graph ist punktsymmetrisch mit Symmetriezentrum W(xwG2)=W(xw12);
mit xw=ckG und c=0 ist xw=0(10xw=1), q. e. d.;
  • W ist Wendepunkt von fnH, q. e. d.;
  • die Steigung von fnH in W ist kG24=k4=nHln(10)4, q. e. d.

Weiter gehört jede logistische Funktion zu den Sigmoidfunktionen, d. h. jeder ihrer Graphen verläuft S-förmig.

Linearisierungsverfahren

Linearisierungsverfahren wurden in der Vergangenheit sehr häufig für die schnelle grafische Bestimmung der wichtigen Kinetikparameter Km und vmax verwendet. Sie sind zwar einprägsam und verbreitet, führen jedoch zu einer teils erheblichen Verfälschung des Ergebnisses durch Messfehler und sind zur Fehlerbetrachtung mehr oder weniger ungeeignet. Mittlerweile hat die Ermittlung der Michaelis-Menten-Parameter durch nichtlineare Regression stark an Bedeutung gewonnen, die zu deutlich genaueren Ergebnissen führt. Deshalb sollen die Linearisierungsverfahren hier nur gestreift werden.

Lineweaver-Burk-Diagramm

Lineweaver-Burk-Diagramm

Hans Lineweaver (1907–2009) und Dean Burk (1904–1988) haben 1934 eine doppelt-reziproke Darstellung vorgestellt, bei der 1v als Funktion von 1[S] aufgetragen wird.[10]

Eine Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung ergibt die folgende Gleichung:

1v=Kmvmax1[S]+1vmax
Umformung  

v=vmax[S]Km+[S]; (Michaelis-Menten) Übergang zur reziproken Zahl

1v=Km+[S]vmax[S]=Kmvmax[S]+[S]vmax[S];

1v=Kmvmax1[S]+1vmax; (Lineweaver-Burk)

Die Steigung dieser linearen Funktion beträgt Kmvmax; sie schneidet

Rechnung zu Achsenabschnitten und Steigung  

Indem 1[S] als Argument einer Funktion aufgefasst wird, beschreibt die Gleichung

1v=Kmvmax1[S]+1vmax

eine lineare Funktion. Für diese lassen sich Steigung Kmvmax und Ordinatenabschnitt 1vmax direkt aus der Funktionsgleichung ablesen.

Sei

  • Q der Koordinatenursprung,
  • R der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der 1[v]-Achse, sodass QR der Ordinatenabschnitt der Funktion ist, und
  • P der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der 1[S]-Achse, sodass PQ der Abszissenabschnitt der Funktion ist. Die 1[S]-Koordinate von P sei p.

Dann ist das Dreieck QRP einem Steigungsdreieck ähnlich. Also gilt für das Verhältnis der Streckenlängen von Ordinaten- und Abszissenabschnitt:

|QR|:|PQ|=1vmax:p=Kmvmax;vmax
1p=Km;Übergang zur reziproken Zahl (1)
p=1Km, wie in der Zeichnung angegeben.

Obwohl sie zur Datenrepräsentation meist verwendet wird, ist diese Methode zur Auswertung jedoch unverlässlich. Kleine Fehler in v ergeben bei kleinen [S]-Werten eine große Abweichung in 1v, bei großen [S]-Werten ist diese eher zu vernachlässigen. Die Autoren der Methode haben die Unsicherheit großer 1v Werte betont und darauf hingewiesen, dass diese grundsätzlich geringer zu gewichten sind. Spätere Anwender haben dies zumeist ignoriert. Wo immer möglich sollte dieses durch Computerverfahren zur Bestimmung enzymkinetischer Parameter ersetzt werden.

Eadie-Hofstee-Diagramm

Das Eadie-Hofstee-Diagramm, auch Woolf–Eadie–Augustinsson–Hofstee- oder Eadie–Augustinsson-Diagramm, nimmt eine Mittelstellung ein. Hierbei wird v als Funktion von v[S] aufgefasst. Die zugehörige Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung ergibt:

v=Kmv[S]+vmax
Umformung  

v=vmax[S]Km+[S]; (Michaelis-Menten)

v=vmax[S]Km+[S];Km+[S][S]

vKm+[S][S]=vmax

Umformung der linken Seite: vKm+[S][S]=v(Km[S]+1)=vKm[S]+v; einsetzen:

vKm[S]+v=vmaxvKm[S]

v=Kmv[S]+vmax; (Eadie-Hofstee)

Aus dem Diagramm lässt sich auf der v-Achse als Ordinatenabschnitt vmax ablesen, aus der (negativen) Steigung Km der Regressionsgeraden Km bestimmen.

Der Fehler wächst mit v/[S]. Da v bei beiden Koordinaten eingeht, konvergieren alle Abweichungen zum Ursprung.

Scatchard-Diagramm

Das Scatchard-Diagramm fasst umgekehrt v/[S] als Funktion von v auf. Es entsteht aus dem Eadie-Hofstee-Diagramm durch Vertauschung der Achsen (oder äquivalent: durch Spiegelung des Diagramms insgesamt an der 1. Winkelhalbierenden des Koordinatensystems). Die entsprechende Umformung der zum Eadie-Hofstee-Diagramm gehörigen Gleichung ergibt:

v[S]=1Kmv+vmaxKm

Umformung  

v=Kmv[S]+vmax; (Eadie-Hofstee)vmax

vvmax=Kmv[S];:(Km)0

vvmaxKm=vmaxvKm=v[S];

v[S]=vKm+vmaxKm=1Kmv+vmaxKm.(Scatchard)

Aus dem Diagramm lässt sich ebenfalls auf der v-Achse, die nun Abszisse ist, vmax als Abszissenabschnitt ablesen, denn ein Ordinatenabschnitt des Eadie-Hofstee-Diagramms geht durch die genannte Spiegelung in einen Abszissenabschnitt des Scatchard-Diagramms über. Ebenso lässt sich aus der (negativen) Steigung 1Km der Regressionsgeraden durch Übergang zur reziproken Zahl und Vorzeichenwechsel Km bestimmen. Der Ordinatenabschnitt der Gerade im Scatchard-Diagramm ist der im Abschnitt "Direkt-lineare Auftragung" als Maß der katalytischen Effizienz genannte Bruch.

Das Scatchard-Diagramm wird zumeist zur Repräsentation von Bindungsmessungen (anstelle enzymkinetischer Daten) angewendet. Scatchard- und Eadie-Hofstee-Diagramme gelten als die besten Werkzeuge zur Diagnose kooperativer Phänomene. Im Falle negativer Kooperativität oder nicht-identischer, isolierter Bindungsplätze entsteht ein konkaver Verlauf mit linearem Endast. Die Steigungen entsprechen hier den Affinitäten (Kd beziehungsweise Km) und die Gesamtzahl der Bindungsplätze (aktiven Zentren) ist aus dem Schnittpunkt mit der v-Achse abzulesen.

Hanes-Woolf-Diagramm (Hanes(-Wilkinson)-Diagramm)

Hanes-Woolf-Diagramm

Das Hanes-Woolf-Diagramm[11] ist die bestmögliche lineare Auftragungsmöglichkeit. Es geht auf Charles Samuel Hanes (1903–1990) und Barnet Woolf (1902–1983) zurück. Hierbei wird eine Umformung der Michaelis-Menten-Gleichung verwendet, die [S]/v als Funktion von [S] darstellt:

[S]v=1vmax[S]+Kmvmax
Umformung  

v=vmax[S]Km+[S]; (Michaelis-Menten) :[S]0Brüche stürzen

[S]v=Km+[S]vmax=[S]vmax+Kmvmax;

[S]v=1vmax[S]+Kmvmax; (Hanes-Woolf)

Die Steigung dieser linearen Funktion beträgt 1vmax; sie schneidet

  • die [S]v-Achse bei [S]v=Kmvmax (Ordinatenabschnitt) und
  • die [S]-Achse bei [S]=Km (Abszissenabschnitt).
Rechnung zu Achsenabschnitten und Steigung  

Für die lineare Funktion mit der Gleichung

[S]v=1vmax[S]+Kmvmax;

lassen sich Steigung 1vmax und Ordinatenabschnitt Kmvmax direkt aus der Funktionsgleichung ablesen.

Sei

  • Q der Koordinatenursprung.
  • R der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der [S]v-Achse, sodass QR der Ordinatenabschnitt der Funktion ist, und
  • P der Schnittpunkt des Graphen der Gleichung mit der [S]-Achse, sodass PQ der Abszissenabschnitt der Funktion ist. Die [S]-Koordinate von P sei p.

Dann ist das Dreieck QRP einem Steigungsdreieck ähnlich. Also gilt für das Verhältnis der Streckenlängen von Ordinaten- und Abszissenabschnitt:

|QR|:|PQ|=Kmvmax:p=1vmax;vmax
Kmp=1;(p)
Km=p, wie in der Zeichnung angegeben.

Fehler in [S]/v sind eine weit bessere Annäherung der Fehler in v. Aufgrund einer unverfälschten Spreizung der Messpunkte entlang der [S]-Achse wird das Ergebnis durch einzelne Ausreißer prinzipiell weniger verfälscht. Da aber abhängige und unabhängige Variable vermischt werden, ist auch hier eine Datenoptimierung durch lineare Regression nicht sinnvoll.

Hill-Diagramm

Das Hill-Diagramm ist eine Darstellung der Hill-Gleichung, in der logθ1θ (Ordinatenwert) als Funktion von log[S] (Abszissenwert) aufgetragen wird. Die zugehörige Umformung der Hill-Gleichung ergibt:

log(θ1θ)=nHlog[S]logKD;(10)
Umformung  

Die Hill-Gleichung wird nach Ersetzen vom n durch nH gemäß Überlegung (9) zu:

θ=[S]nHKD+[S]nH; Übergang zur reziproken Zahl

1θ=KD+[S]nH[S]nH=KD[S]nH+1;1

1θ1=1θθ=KD[S]nH; Brüche stürzen

θ1θ=[S]nHKD;log zu einer wählbaren Basis;

mit der Rechenregel für den Logarithmus eines Quotienten bzw. den Logarithmus einer Potenz:

log(θ1θ)=log([S]nHKD)=log([S]nH)logKD=nHlog[S]logKD;(10)

Bei Verwendung von KA hat (10) die Form:

log(θ1θ)=nHlog[S]nHlogKA;(10a)
Umformung  

Die Definition der Halbsättigungskontante KA in Gleichung (3') wird nach Ersetzen vom n durch nH gemäß Überlegung (9) zu:

KAnH=KDlog zur gleichen Basis wie log[S]

mit der Rechenregel für den Logarithmus einer Potenz:

nHlogKA=logKD;

dies kann in (10) eingesetzt werden.

Auch in den hier folgenden Gleichungen kann nHlogKA an die Stelle von logKD treten.

Ist vmax bekannt, so lassen sich die Ordinatenwerte unter Verwendung von v bestimmen:

log(vvmaxv)=nHlog[S]logKD;(10b)
Umformung  

Die Gleichungen (10) und (10b) sind äquivalent, wenn das Argument des Logarithmus der linken Seite für beide Gleichungen übereinstimmt. Einsetzen von Gleichung (4) und Erweitern mit vmax ergibt:

θ1θ=vvmax1vvmax=vvmaxv

Die Sättigungsfunktion r kann in die Gleichung eingeführt werden:

log(rnHr)=nHlog[S]logKD;(10c)
Umformung  

Die Definition der Sättigungsfunktion r nach Gleichung (6) wird nach Ersetzen vom n durch nH gemäß Überlegung (9) zu:

r=nHθ; (i)

die Gleichungen (10) und (10c) sind äquivalent, wenn das Argument des Logarithmus der linken Seite für beide Gleichungen übereinstimmt. Erweitern mit nH und Einsetzen von (i) ergibt:

θ1θ=nHθnHnHθ=rnHr

Insoweit die Hill-Gleichung eine Enzymkinetik zutreffend beschreibt, zeigt das Hill-Diagramm eine Gerade g, aus der sich

  • nH als deren Steigung und
  • logKA als Abszissenabschnitt (= Abszissenwert des Schnitts von g mit der Abszisse)

ablesen lässt; hieraus lässt sich nach Delogarithmieren KA und nach Berechnung von logKD=nHlogKA und anschließendem Delogarithmieren auch KD bestimmen.

Begründung und Rechenhinweise  

A. Diejenigen Varianten der Gleichung (10), die den Summanden logKD enthalten, haben die Form

Ordinatenwert = nHAbszissenwert + Ordinatenabschnitt

und sind daher als Funktionsvorschrift einer linearen Funktion mit Steigung nH deutbar, deren Graph die angegebene Gerade g ist.

B. Zur Bestimmung des Abszissenabschnitts log[S]=(log[S])0 einer solchen linearen Funktion ist ihr Ordinatenwert null zu setzen:

0=nH(log[S])0logKD=nH(log[S])0nHlogKA;nH(log[S])0:(nH)0
(log[S])0=logKA,

wie im Text angegeben.

Bemerkung: Diejenigen Varianten der Gleichung (10), die den Summanden nHlogKA enthalten, sind Geradengleichungen der Form:

Ordinatenwert = nHAbszissenwert - nHAbszissenabschnitt = nH (Abszissenwert - Abszissenabschnitt)


C. Ist b die Basis des gewählten Logarithmus, sodass logbKA als Abszissenabschnitt aus dem Hill-Diagramm ablesbar ist, so ist die Formel zum Delogarithmieren KA=blogbKA. Entsprechend zum Delogarithmieren von logbKD .

Aus mathematischer Sicht könnte zur hier beschriebenen Rechnung eine beliebige Basis verwendet werden, üblich sind jedoch vor allem

jeweils entsprechend zum Delogarithmieren von lgKD bzw. lnKD.

Im angelsächsischen Sprachraum wird nicht nur der allgemeine, sondern auch der natürliche Logarithmus zuweilen mit log bezeichnet (was zu Verwechselungen führen kann).

(Idealisierte) Hill-Diagramme; der Hill-Koeffizient nH ist mit n bezeichnet. - Erläuterung der Achsen und ihrer Beschriftung im Text.

Im nebenstehenden Hill-Diagrammen[12] ist die Abszissenvariable log[S] mit log[X] bezeichnet, der Abszissenabschnitt logKA mit logKd, die Ordinatenvariable logθ1θ mit logY1Y. (Die Längeneinheit ist für beide Achsen unterschiedlich gewählt, sodass die Steigung der roten Gerade nicht 1 ist. Der Schnitt einer Gerade mit der eingezeichneten Ordinate, die nicht durch den Nullpunkt der Abszisse führt, ist nicht der Ordinatenabschnitt der jeweiligen Gerade.)

Für den gleichen Abszissenabschnitt logKA=6 (und damit den für beide Geraden gleichen Wert von KA) ist

  • die rote Gerade das Hill-Diagramm eines hochkooperativen Enzyms (Schnitt mit der Ordinate bei 12GeradensteigungnH0(12)(6)(9)=4);
  • die grüne Gerade dasjenige eines kaum oder nicht kooperativen Enzyms (Schnitt mit der Ordinate bei 3GeradensteigungnH0(3)(6)(9)=1).

Wenn die berechneten Wertepaare nicht auf einer Gerade liegen, kann diese außer durch zufällige auch durch systematische Fehler bedingt sein, denn die Hill-Gleichung setzt voraus, dass der Hill-Koeffizient für alle Konzentrationen gleich ist. Eine Abweichung hiervon fand G.S. Adair, der ebenfalls die Sauerstoffbindung von Hämoglobin untersuchte.[13]

Zusammenstellung von Linearisierungen einer Hyperbel

Linearisierungen einer Hyperbel

Inhibitoren

Hauptartikel: Enzymhemmung

Viele Therapeutika und Gifte sind Hemmstoffe (Inhibitoren) von Enzymen. Aus diesem Grunde ist der Aufklärung des Wirkungsmechanismus immer eine besondere Bedeutung zugekommen. Die Nomenklatur der Hemmtypen wurde von William Wallace Cleland (* 1930) 1963 auf eine systematische Grundlage gestellt, leider werden in vielen Lehrbüchern immer noch Begriffe abweichend verwendet.

Hier sollte allerdings beachtet werden, dass sich klassische Analysen auf reversibel bindende Stoffe beschränken. Irreversible Bindung einer Substanz an ein Enzym führt zur Inaktivierung, nicht zur Hemmung.

Abgeleitet aus der Michaelis-Menten-Gleichung v=Vmax[S]/(Km+[S]) stellt sich die allgemeine Inhibitionsgleichung wie folgt dar:

v=Vmax[S]Km(1+[I]Ki)+[S](1+[I]Kii)

Danach kann das Verhältnis des Ki-Wertes (Dissoziationskonstante des Komplexes EI) und des Kii-Wertes (Dissoziationskonstante des Komplexes EIS) zur Ableitung des Inhibitionstyps dienen:

Kompetitiv

Enzymhemmung

Inhibitor und Substrat schließen sich gegenseitig von der Bindung an das Enzym aus. Dies bedeutet jedoch nicht notwendigerweise, dass der Inhibitor an der gleichen Bindungsstelle bindet wie das Substrat. Auch wenn die Bindung von Substrat bzw. Inhibitor zu Konformationsänderung im Enzym führen, welche die Bindungsstelle für den jeweils anderen blockieren, ist die Hemmung kompetitiv. Wenn Substrat und Inhibitor allerdings die gleiche Bindungsstelle haben, dann ist der Hemmtyp notwendig kompetitiv.

Bei der Kompetitiven Hemmung kann der Inhibitor durch Substrat aus dem Enzym verdrängt werden, Vmax ändert sich also nicht. Allerdings wird für jede gewünschte Geschwindigkeit eine höhere [S] benötigt, die scheinbare Km wird also mit steigender [I] höher. Im Lineweaver-Burk-Diagramm führt dies bei unterschiedlichen [I] beziehungsweise KI zu einer Schar von Geraden, die einen gemeinsamen Schnittpunkt auf der y-Achse bei (1/Vmax) haben.

Unkompetitiv

Der Inhibitor bindet nicht an das freie Enzym, sondern an den ES-Komplex. Höhere Konzentrationen des Substrates können daher den Hemmstoff nicht vom Enzym verdrängen, sondern führen zu vermehrter Bindung. Umgekehrt vermindert Bindung des Hemmstoffes die Konzentration von ES, nach dem Prinzip von Le Chatelier muss sich also zusätzliches ES aus E und S bilden: Die scheinbare Km vermindert sich, die Affinität des Enzymes für das Substrat steigt mit steigender [I]. Gleichzeitig nimmt natürlich Vmax ab. Im Lineweaver-Burk-Diagramm finden wir eine Schar paralleler Geraden.

Nicht-kompetitiv

Der Inhibitor kann sowohl an E als auch an ES binden. Im einfachsten Fall ist dabei Ki=Kii, d. h., dass die Substratbindung die Affinität des Enzymes für den Inhibitor nicht verändert, etwa durch Konformationsänderung. Dann folgt natürlich auch, dass die Bindung des Inhibitors die Affinität des Enzymes für das Substrat nicht ändert und Ks=Kss. Wegen des Zusammenhangs zwischen Ks und Km ändert die Bindung von Inhibitor also auch nicht Km.

Es lässt sich nun zeigen (durch Substitution und Eliminierung aus den Definitionen von Ki,Kii,Ks und Kss), dass Ki/Kii=Ks/Kss. Wenn also Ki<Kii, dann folgt Ks<Kss und die scheinbare Km steigt mit [I]. Falls andererseits Ki>Kii, dann folgt Ks>Kss und die scheinbare Km sinkt mit steigendem [I].

Die nicht-kompetitive Hemmung führt im Lineweaver-Burk-Diagramm zu einer Schar von Geraden mit gemeinsamen Schnittpunkt links von der y-Achse, der Schnittpunkt liegt auf der x-Achse wenn Ki=Kii, er liegt über der x-Achse falls Ki<Kii und unter der x-Achse falls Ki>Kii.

Gemischt-kompetitive Hemmung

Der Mechanismus dieses Hemmtyps (der in der Praxis von geringer Bedeutung ist) ähnelt der nicht-kompetitiven Hemmung, allerdings hat der EIS-Komplex noch eine katalytische Aktivität. Auch das Lineweaver-Burk-Diagramm sieht aus wie bei der nicht-kompetitiven Hemmung (mit allen 3 Möglichkeiten). Im sog. Sekundärdiagramm (Steigung bzw. y-Schnittpunkt im Lineweaver-Burk-Diagram als Funktion von [I]) sieht man aber im Falle der nicht-kompetitiven Hemmung Geraden, im Falle der gemischt-kompetitiven jedoch Kurven.

Siehe auch

Literatur

  • H. Bisswanger: Enzymkinetik – Theorie und Methoden. 3. Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2000, ISBN 978-3-527-30096-9.
  • E. Buxbaum: Fundamentals of protein structure and function. Springer, New York 2007, ISBN 978-0-387-26352-6.
  • G. E. Briggs, J. B. Haldane: A Note on the Kinetics of Enzyme Action. In: Biochemical Journal. Band 19, Nr. 2, 1925, S. 338–229; PMID 16743508.
  • W. W. Cleland: The kinetics of enzyme-catalyzed reactions with two or more substrates or products. In: Biochimica et Biophysica Acta. Band 67, 1963, S. 104–137, 173–187, 188–196.
  • R. Eisenthal, A. Cornish-Bowden: The direct linear plot. A new graphical procedure for estimating enzyme kinetic parameters. In: Biochemical Journal. Band 139, Nr. 3, 1974, S. 715–720; PMID 4854723.
  • J. B. S. Haldane: Graphical methods in enzyme chemistry. In: Nature. Band 179, 1957, S. 832.
  • V. Henri: Theorie generale de l’action de quelques diastases. In: Comptes rendues l’Academie des sciences. Band 135, 1902, S. 916–919.
  • A. V. Hill: The possible effects of the aggregation of the molecules of haemoglobin on its dissociation curves. In: The Journal of Physiology Band 40, Supplement, 1910, S. iv–vii.
  • L. Michaelis, M. L. Menten: Die Kinetik der Invertin-Wirkung. In: Biochemische Zeitschrift. Band 49, 1913, S. 333–369.
  • I. H. Segel: Enzyme Kinetics. Wiley, New York 1975 (Nachdruck 1993).
  • S. P. L. Sørensen: Enzymstudien II. Über die Messung und Bedeutung der Wasserstoffionenkonzentration bei enzymatischen Prozessen. In: Biochemische Zeitschrift. Band 21, 1909, S. 131–304.

Vorlage:Wikibooks

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Literatur
  2. Die Darstellung orientiert sich in freier Formulierung der hier genannten Quelle.
  3. A.V. Hill, "The possible effects of the aggregation of the molecules of haemoglobin on its dissociation curves", J Physiol 1910, 40, S. iv–vii
  4. vgl. z. B. Jachen Denoth: „Theoretische Betrachtungen zur maximalen Leistung im Ausdauersport bei einem durch die maximale Sauerstoffaufnahme begrenzten Energieverbrauch“ in: Schweizer Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie 2008, 65 (2), S. 77–81
  5. z. B. zur Beschreibung einer Michaelis-Menten-Gleichung in: Hartmut Bossel: "Modellbildung und Simulation", Springer-Verlag, 13. März 2013, S. 271
  6. Hans Bisswanger: „Enzyme: Struktur, Kinetik und Anwendungen“, John Wiley & Sons, 29. Juni 2015, Box 11.2
  7. Berg/Stryer/Tymoczko: Biochemie, S. 214, Springer-Verlag, 27. Februar 2015.
  8. Schemazeichnung für die aufgeführten drei Möglichkeiten in https://images.slideplayer.org/1/649096/slides/slide_39.jpg
  9. Das Diagramm ist der englischsprachigen Wikipedia (Seite: Hill equation (biochemistry)) entnommen, der Kommentar unabhängig formuliert.
  10. H. Lineweaver, D. Burk: The Determination of Enzyme Dissociation Constants. In: Journal of the American Chemical Society, 56, 1934, S. 658–666. doi:10.1021/ja01318a036.
  11. Hanes, CS. (1932). Studies on plant amylases: The effect of starch concentration upon the velocity of hydrolysis by the amylase of germinated barley. In: Biochemical Journal 26: 1406–1421; PMID 16744959; Vorlage:PMC.
  12. Das Diagramm ist der englischsprachigen Wikipedia (Seite: Hill equation (biochemistry)) entnommen, der Kommentar unabhängig formuliert.
  13. 'The hemoglobin system. IV. The oxygen dissociation curve of hemoglobin' in: J Biol Chem 63, 1925, S. 529–545