Spur (Mathematik)

Aus testwiki
Version vom 11. November 2024, 17:40 Uhr von imported>-haznK (growthexperiments-addlink-summary-summary:1|0|2)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Spur (Spurfunktion, Spurabbildung) ist ein Konzept in den mathematischen Teilgebieten der Linearen Algebra sowie der Funktionalanalysis und wird auch in der Theorie der Körper und Körpererweiterungen verwendet.

Die Spur in der linearen Algebra

Definition

In der linearen Algebra bezeichnet man als die Spur einer quadratischen n×n-Matrix A über einem Körper K die Summe der Hauptdiagonalelemente dieser Matrix. Für die Matrix

A=(a11a12a1na21a22a2nan1an2ann)

ist also

Spur(A)=j=1najj=a11+a22++annK.

Gilt Spur(A)=0, so bezeichnet man die Matrix A als spurfrei.

Statt Spur sind auch die Schreibweisen spur, spr, Sp oder sp oder vom englischen Begriff trace abgeleitet auch Trace, trace, Tr oder tr gebräuchlich.

Eigenschaften

Spur(A)=Spur(AT).
  • Die Spur ist eine lineare Abbildung, das heißt, für n×n-Matrizen A und B sowie r,sK gilt
Spur(rA+sB)=rSpur(A)+sSpur(B).
  • Unter der Spur dürfen Matrizen AKn×m und BKm×n vertauscht werden, das heißt
Spur(AB)=Spur(BA): Beides ist i,jaijbji.
Daraus folgt sofort im Fall m=n, dass die Spur des Kommutators verschwindet, das heißt Spur(ABBA)=0.
  • Aus der letzten Eigenschaft folgt die Invarianz der Spur unter zyklischen Vertauschungen. Beispielsweise ist für drei n×n-Matrizen A, B und C:
Spur(ABC)=Spur(CAB)=Spur(BCA).
  • Weiter folgt hieraus, dass zwei zueinander ähnliche Matrizen die gleiche Spur haben. Für eine n×n-Matrix A und eine invertierbare n×n-Matrix B gilt
Spur(B1AB)=Spur(A).
Die Spur ist somit invariant unter Basistransformationen.
  • Sind A und B n×n-Matrizen, wobei A positiv definit und B nicht negativ ist, so gilt
Spur(AB)0.
Spur(AB)=0.
Spur(A)=Rang(A).
(Für Matrizen mit Einträgen aus einem anderen Körper gilt diese Identität nur modulo der Charakteristik des Körpers.)
  • Für alle reellen oder komplexen n×n-Matrizen A gilt
det(exp(A))=exp(Spur(A)),
wobei exp(A) das Matrixexponential von A bezeichnet.
  • Umgekehrt gilt für jede diagonalisierbare reelle Matrix A
Spur(lnA)=ln(detA).
(Die Identität beruht darauf, dass man Funktionen diagonalisierbarer Matrizen – hier den natürlichen Logarithmus – über die Eigenwerte definieren kann.)
|Spur(AB*)|(Spur(AA*))12(Spur(BB*))12.

Spur eines Endomorphismus

Ist V ein endlichdimensionaler Vektorraum und f:VV eine lineare Abbildung, also ein Endomorphismus von V, so definiert man die Spur von f als die Spur einer Darstellungsmatrix von f bezüglich einer beliebigen Basis von V. Nach den obengenannten Eigenschaften ist die Spur unabhängig von der Wahl dieser Basis.

Koordinatenfreie Definition der Spur

Ist V ein endlichdimensionaler K-Vektorraum, so kann man den Raum der Endomorphismen auf V mit VV* identifizieren via (vα)(w)=α(w)v. Weiter ist die natürliche Paarung eine kanonische bilineare Abbildung t:V×V*K, die aufgrund der universellen Eigenschaft des Tensorprodukts eine lineare Abbildung t:VV*K induziert. Man sieht leicht ein, dass diese unter der obigen Identifikation VV*End(V) gerade die Spur eines Endomorphismus ist.

Die Spur in der Funktionalanalysis

Spurklasseoperator

Vorlage:Hauptartikel

Das Konzept der Spur in der linearen Algebra kann auch auf unendlichdimensionale Räume ausgedehnt werden. Ist H ein Hilbertraum mit einer Orthonormalbasis (ei)iI, dann definiert man für einen Operator A:HH die Spur mittels

Spur(A):=iIAei,ei,

falls die Summe existiert. Die Endlichkeit dieser Summe ist abhängig von der Wahl der Orthonormalbasis. Operatoren, für die dies immer der Fall ist (diese sind immer kompakt), also deren Spur über alle Orthonormalbasen endlich ist, werden Spurklasseoperatoren genannt. Bei Spurklassenoperatoren ist die Summe unabhängig von der Wahl der Orthonormalbasis, und somit ist die Spur für diese wohldefiniert.[2][3] Viele Eigenschaften der Spur aus der linearen Algebra übertragen sich unmittelbar auf Spurklasseoperatoren.

Anwendung in der Quantenmechanik

In der Quantenmechanik beziehungsweise der Quantenstatistik verallgemeinert man den Begriff der Spur so, dass auch Operatoren erfasst werden, die keine Spurklasseoperatoren sind. Und zwar brauchen diese Operatoren, wie zum Beispiel der grundlegende Hamiltonoperator (Energie-Operator) des Systems, nur selbstadjungiert zu sein. Sie besitzen dann eine Spektraldarstellung A=λSpecAλdA, wobei SpecA das Spektrum von A ist, während λ eine Zahl der reellen Achse ist und die Integrale ΔSpecAdA Projektionsoperatoren auf die zu λ gehörigen Eigenfunktionen (Punktspektrum!) bzw. Eigenpakete (kontinuierliches Spektrum) sind. Es gilt dann, wenn man es zum Beispiel mit einer Abbildung von Operatoren zu tun hat, etwa mit der Exponentiation eines Operators, AA=eAT:

Spur(A):=λSpecAeλTdpA(λ).

Dabei ist dpA(λ) ein zu den oben definierten Projektionsoperatoren passendes Maß, z. B. im Falle des Punktspektrums das Diracmaß, dpA(λ)=δ(λai)dλ, wobei ai der betrachtete Eigenwert ist, und δ(λai) die bei ai zentrierte Delta-Distribution. Der Parameter T hat in konkreten Fällen die Bedeutung der Kelvin-Temperatur des Systems, und es wurde die Regel benutzt, dass alle Funktionen eines Operators, AA:=f(A), dieselben Eigenvektoren besitzen wie schon der Operator A selbst, während die Eigenwerte sich ändern, aλf(aλ),λSpecA.

Auch wenn das Integral für T divergieren würde, ist die Anwendung der Formel u. U. sinnvoll, weil die Spurbildung in der Quantenstatistik fast immer in der Kombination Spur{eTA/SpureT} auftritt. Diese Kombination ist der sogenannte Thermische Erwartungswert AT der Messgröße, bei dem sich eventuelle Divergenzen im Zähler und im Nenner gegenseitig kompensieren würden.

Verwandte Integrale können also auch dann konvergieren, wenn der Operator A nicht der Spurklasse angehört. In diesem Fall ist der Ausdruck beliebig genau durch Summen von Spurklasse-Operatoren (sogar durch endliche Summen) approximierbar, ähnlich wie Integrale so angenähert werden können.

Jedenfalls empfiehlt es sich, bei der Frage der Konvergenz der betrachteten Ausdrücke pragmatisch vorzugehen und z. B. im vorliegenden Fall zu beachten, dass eventuelle Spektralanteile, die betragsmäßig sehr viel größer sind als der Temperaturfaktor T, exponentiell klein werden.

In der Quantenstatistik tritt die Partialspur auf, welche als Verallgemeinerung der Spur aufgefasst werden kann. Für einen Operator Z, der auf dem Produktraum AB lebt, ist die Spur gleich der Hintereinanderausführung der Partialspuren über A und B:

Spur(Z)=SpurA(SpurB(Z))=SpurB(SpurA(Z)).

Die Spur in Körpererweiterungen

Ist L/K eine endliche Körpererweiterung, dann ist die Spur eine K-lineare Abbildung von L nach K. Fasst man L als K-Vektorraum auf, dann definiert man die Spur eines Elementes αL als die Spur der Darstellungsmatrix des K-linearen Endomorphismus LxαxL. Falls L/K galoissch ist, lässt sich die Spur eines Elements αL als Summe seiner Konjugierten darstellen:

TrL/K(α)=σGal(L/K)σ(α).

Siehe auch

Literatur

  • Gerd Fischer: Lineare Algebra: Eine Einführung für Studienanfänger, Vieweg Verlag, Wiesbaden 2002, ISBN 978-3-528-97217-2, S. 229.
  • Dirk Werner: Funktionalanalysis, Springer Verlag, 7. Auflage, Berlin 2011, ISBN 978-3-540-72533-6, S. 286–297.

Einzelnachweise

  1. Jörg Liesen, Volker Mehrmann: Lineare Algebra, Lemma 8.3
  2. Pavel Exner: Hilbert Space Operators in Quantum Physics. Springer 2008.
  3. Michael Reed: Methods of Modern Mathematical Physics I: Functional Analysis. Academic Press 1980, S. 212.