Integraloperator

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Ein linearer Integraloperator ist ein mathematisches Objekt aus der Funktionalanalysis. Dieses Objekt ist ein linearer Operator, der mit einer bestimmten Integralschreibweise mit einem Integralkern dargestellt werden kann.

Definition

Seien Ωn und Dn offene Teilmengen und sei K:Ω×D eine messbare Funktion. Ein linearer Operator T:AB zwischen den Funktionenräumen A,B heißt Integraloperator, wenn er durch

(Tf)(x)=ΩK(t,x)f(t)dt

dargestellt werden kann. Die Funktion K:Ω×D heißt Integralkern oder kurz Kern von T. An K müssen natürlich gewisse Regularitätsanforderungen gestellt werden, damit das Integral überhaupt existiert. Diese Anforderungen sind abhängig vom Definitionsbereich A des Integraloperators. Oftmals sind die Integralkerne aus dem Raum der stetigen Funktionen oder aus dem Raum der quadratintegrierbaren Funktionen. Gilt für einen Integralkern D=Ω und K(u,v)=K(v,u) für alle u,vD (wobei .¯ die komplexe Konjugation ist), dann nennt man den Integralkern symmetrisch.

Beispiele

Tensorprodukt-Integralkern

Seien g,hL2(,) zwei quadratintegrierbare Funktionen. Das Tensorprodukt dieser Funktionen ist definiert als

(gh)(x,y):=g(x)h(y),

wobei .¯ die komplexe Konjugation ist. Das Tensorprodukt gh kann als Integralkern des Operators T:L2(,)L2(,) mit

(Tf)(x)=(gh)(x,y)f(y)dy:=g(x)h(y)f(y)dy

verwendet werden. Dieser Integraloperator ist auf L2(,) wohldefiniert.

Volterraoperator

Der Integraloperator, der durch

Tf(x)=0xf(t)dt

dargestellt werden kann, ist zum Beispiel für alle Funktionen fL2([0,1]) definiert. Er heißt Volterraoperator und kann zur Bestimmung einer Stammfunktion von f verwendet werden. Sein Integralkern K ist gegeben durch

K(x,t)={1,tx0,t>x.

Da KL2([0,1]×[0,1]) gilt, ist T ein Hilbert-Schmidt-Operator.

Fredholmscher Integraloperator

Sei K:[0,1]×[0,1] eine stetige Funktion. Dann ist ein Integraloperator durch

Tf(x):=01K(t,x)f(t)dt

für alle und fC([0,1]) definiert. Dieser Operator ist stetig und bildet zwischen den Funktionenräumen C([0,1])C([0,1]) ab. Dieser Integraloperator ist ein Beispiel eines fredholmschen Integraloperators und K ist sein Kern, der auch Fredholm-Kern genannt wird. Ein allgemeiner fredholmscher Integraloperator zeichnet sich dadurch aus, dass die Integralgrenzen im Gegensatz zum Volterra-Operator fix sind und der Integraloperator ein linearer kompakter Operator ist.

Cauchysche Integralformel

Vorlage:Hauptartikel

Die cauchysche Integralformel ist definiert als

Tf(x)=12πiΓf(t)txdt,

wobei Γ eine geschlossene Kurve in um den Punkt t:=x ist. Ist f dann eine holomorphe Funktion, so ist Tf die Erweiterung der Funktion f|Γ auf einen größeren Bereich. Aber dieser Integraloperator wird in der Theorie der partiellen Differentialgleichungen auch zur Untersuchung nicht holomorpher Funktionen verwendet. Der Integralkern der cauchyschen Integralformel ist 12πi(tx).

Integraltransformationen

Einige Integraloperatoren nennt man traditionell eher Integraltransformationen. Sie spielen zum Beispiel in der Signalverarbeitung eine wesentliche Rolle und dienen der besseren Handhabe und Analyse des Informationsgehaltes eines Signals x. Wesentlich für Integraltransformationen ist der Integralkern K, welcher eine Funktion von der Zielvariablen u und der Zeitvariablen t ist. Durch Multiplikation des Signals x mit dem Integralkern K und anschließender Integration über den Grundraum Ω im Zeitbereich wird die sogenannte Bildfunktion X im Bildbereich Ω gebildet:

X(u)=Ωx(t)K(u,t)dt,uΩ.

Erfüllt der Integralkern die Reziprozitätsbedingung, das heißt, es existiert ein „inverser Kern“ K1, kann aus der Bildfunktion X das Signal x rekonstruiert werden. In der praktischen Anwendung im Bereich der Signalverarbeitung spielt die Gruppe der selbstreziproken Kerne eine wesentliche Rolle. Ein Kern ist dann selbstreziprok wenn gilt:

K1(t,u)=K*(u,t)

mit der komplexen Konjugation K* des Integrationskerns K. Ein Beispiel für eine Integraltransformation mit selbstreziprokem Kern ist die Fourier-Transformation.

Eine weitere in der Signalverarbeitung bedeutende Form stellen die Faltungskerne dar, welche nur von der Differenz tu bzw. von ut abhängen. Die Transformation bzw. Rücktransformation lässt sich dann mit der Faltung ausdrücken als:

X(u)=Ωx(t)K(ut)dt=x(t)*K(t),uΩ
x(t)=ΩX(u)K1(tu)du=X(u)*K1(u),tΩ.

Ein Beispiel für eine Integraltransformation mit Faltungskern ist die Hilbert-Transformation.

In der folgenden Tabelle werden einige bekannte, invertierbare Integraltransformationen mit entsprechendem Integralkern K, Integrationsbereich Ω und „inversen Integralkern“ K1 gelistet.

Transformation Symbol K Ω K1 Ω
Fourier-Transformation eiut(2π)n/2 n e+iut(2π)n/2 n
Hartley-Transformation cos(ut)+sin(ut)2π cos(ut)+sin(ut)2π
Mellin-Transformation tu1 ]0,[   tu2πi c+i  
Zweiseitige Laplace-Transformation eut e+ut2πi c+i
Laplace-Transformation eut ]0,[   e+ut2πi c+i
Weierstraß-Transformation 𝒲 e(ut)2/44π e+(ut)2/4i4π c+i
Abel-Transformation 2tt2u2χ(u,)(t) 1πu2t2χ(t,)(u)ddu
Hilbert-Transformation il, 1π1ut 1π1ut
Hankel-Transformation
mit Jν(ut) Bessel-Funktion
erster Gattung und ν-ter Ordnung
ν tJν(ut) ]0,[   uJν(ut) ]0,[  
Stieltjes-Transformation 𝒮 1u+t ]0,[      

Integraltransformationen lassen sich auf höhere Dimensionen erweitern, beispielsweise spielen in der Bildverarbeitung zweidimensionale Integraltransformationen eine wesentliche Rolle. Bei Erweiterung auf zwei Dimensionen werden die Funktionen einer Variablen auf Funktionen von zwei Variablen festgelegt, die Integralkerne sind dann Funktionen mit vier Variablen. Im Falle von unabhängigen Variablen können die Kerne faktorisiert werden und setzten sich dann als ein Produkt zweier einfacher Kerne zusammen.

Singuläres Integral

Singuläre Integrale sind Integraloperatoren, die einen Integralkern mit Singularität haben. Das heißt, der Integralkern ist auf der Diagonalen nicht Lebesgue-integrierbar. Daher muss der Integralbegriff für die im Folgenden definierten Integralkerne angepasst werden.

Standard-Integralkern

Sei D:={(x,y)n×nx=y} die Diagonale in n×n. Dann bezeichnet man als Standard-Kern eine stetige Funktion

K:nD

mit den folgenden zwei Eigenschaften:

  1. K(x,y)C|xy|n
  2. |xK(x,y)|+|yK(x,y)|C|xy|n+1.

Die Gradienten sind im distributionellen Sinne zu verstehen.

Singulärer Integraloperator

Sei K ein Standard-Integralkern. Dann heißt der Operator

T(f)(x)=nK(x,y)f(y)dy

singulärer Integraloperator. Der Name kommt daher, dass der Operator für x=y eine Singularität besitzt. Auf Grund dieser Singularität konvergiert das Integral im Allgemeinen nicht absolut. Daher muss der Ausdruck T(f) als

T(f)(x):=limϵ0|xy|>ϵK(x,y)f(y)dy

verstanden werden. Dieser Ausdruck existiert für alle fLp(n) mit 1p<.

Distributionen als Integralkerne

Auch Distributionen können als Integralkerne verwendet werden. Ein zentraler Satz aus diesem Bereich ist der Kernsatz von Schwartz. Dieser besagt, dass es zu jeder Distribution K𝒟(Ω1×Ω2) einen linearen Operator

𝒦:𝒟(Ω2)𝒟(Ω1)

gibt, der für alle ψ𝒟(Ω1) und ϕ𝒟(Ω2) durch

(𝒦ϕ)(ψ)=K(ϕψ)

gegeben ist. Außerdem gilt auch die Rückrichtung. So gibt es zu jedem Operator 𝒦 eine eindeutige Distribution K, so dass (𝒦ϕ)(ψ)=K(ϕ,ψ) gilt. Diese Distribution K nennt man Schwartz-Kern, benannt nach dem Mathematiker Laurent Schwartz, der den Kernsatz als erster formulierte. Diese Operatoren 𝒦 können jedoch nicht als Integraloperatoren mit dem Lebesgue-Integral dargestellt werden. Da die Darstellung als Integraloperator jedoch wünschenswert erschien, führte Lars Hörmander den Begriff des oszillierenden Integrals ein. Mit diesem neuen Integralbegriff kann der Integralkern durch

K(x,y)=12πnp(x,ξ)ei(xy)ξdξ

angegeben werden und dann ist der Operator 𝒦 als Integraloperator der Gestalt

𝒦ϕ=nK(x,.)ϕ(x)dx=Ω2×np(x,ξ)ei(x.)ξϕ(x)d(x,ξ)

gegeben, wobei die Integrale wieder oszillierende Integrale sind. Die Gleichheitszeichen sind im Sinne von Distributionen zu verstehen, was

(𝒦ϕ)(ψ)=K(ϕψ)=Ω1×Ω2K(x,.)ϕ(x)ψ(y)d(x,y)=Ω1×Ω2×np(x,ξ)ei(x.)ξdξϕ(x)ψ(y)d(x,y,ξ)

bedeutet.

Nichtlineare Integraloperatoren

Ein nichtlinearer (Urysohn-)Integraloperator hat die Gestalt

Tf(x)=ΩK(t,x,f(t))dt

mit einem geeigneten Definitionsbereich der Kernfunktion K und Integrationsbereich Ω.

Literatur

Vorlage:Normdaten