Lambertsche W-Funktion

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Der Graph von W(x) für W > −4 und x < 6. Der obere Zweig W ≥ −1 ist die Funktion W0 (principal branch), der untere Zweig mit W ≤ −1 ist die Funktion W−1.

In der Mathematik ist die lambertsche W-Funktion (oder Lambert-W-Funktion), auch Omegafunktion oder Produktlogarithmus, benannt nach Johann Heinrich Lambert, die Umkehrfunktion von

f:xxex,

wobei ex die Exponentialfunktion ist. Die lambertsche W-Funktion wird meistens mit W(x) bezeichnet.

Eigenschaften

Im Reellen

Die zwei Funktionsäste W0 und W1

Da die Funktion f auf dem Intervall (,0] nicht injektiv ist, besitzt die lambertsche W-Funktion auf dem Intervall [1e,0) zwei Funktionsäste W0(x) und W1(x). Mit W(x) wird aber in der Regel der obere der Äste bezeichnet.

Die W-Funktion kann nicht als elementare Funktion ausgedrückt werden.

Zumeist wird sie in der Kombinatorik verwendet, beispielsweise zur Auswertung von Bäumen oder zur asymptotischen Bestimmung der Bell-Zahlen.

Die Ableitungsfunktion eines Astes der W-Funktion kann mit Hilfe der Umkehrregel der Differentialrechnung gefunden werden (an der Stelle 1/e existiert die Ableitung nicht, ihr Betrag wächst bei hinreichender Annäherung an diese Stelle in jedem Ast über alle Schranken):

W(x)=W(x)x(1+W(x)) für x>1e,x0

sowie W'0(0)=1 für den oberen Ast (der untere Ast ist für x0 gar nicht definiert).

Die Ableitungen höherer Ordnung haben die Form

dnW(x)dxn=(1)n+1Wn(x)xn(1+W(x))2n1Pn(W(x)),

wobei die Pn Polynome sind, die sich aus folgender Rekursionsformel berechnen lassen:

Pn+1(t)=(nt+3n1)Pn(t)(t+1)Pn(t),n1

Ausgehend von P1(t)=1 ergeben sich damit die nächsten drei Ableitungen zu:

W(x)=W2(x)x2(1+W(x))3(W(x)+2)W(3)(x)=+W3(x)x3(1+W(x))5(2W2(x)+8W(x)+9)W(4)(x)=W4(x)x4(1+W(x))7(6W3(x)+36W2(x)+79W(x)+64)

Eine Stammfunktion ergibt sich durch Substitution des ganzen Integranden:

W(x)dx=x(W(x)1+1W(x))+C

Durch implizites Differenzieren kann man zeigen, dass W folgender Differentialgleichung genügt:

(1+W)zdWdz=Wmit z1e

Die Taylor-Reihe von W um x0=0 ist durch folgende Formel gegeben:

W(x)=n=1(n)n1n! xn=xx2+32x383x4+12524x5

Der Konvergenzradius beträgt 1e. Folgende zwei Funktionen haben ebenso Taylor-Reihen in diesem Muster:

W(x)1+W(x)=n=1(n)n1(n1)!xn=x2x2+92x3323x4+62524x5
1+1x1W(x)=n=1(n)n1(n+1)(n1)!xn=12x23x2+98x33215x4+625144x5

Im Komplexen

Der Hauptzweig der W-Funktion auf der komplexen Zahlenebene:
Man beachte den Bruch entlang der negativen reellen Halbachse ab 1/e. Die Koordinaten eines Punkts beschreiben Real- und Imaginärteil des Arguments, die Helligkeit den Betrag und der Farbton die Phase des Ergebnisses.
Betrag des Hauptzweigs der W-Funktion als Höhe, Phase als Farbton

Für jedes k gibt es einen Zweig Wk der W-Funktion, wobei k=0 und k=1 die oben genannten reellen Zweige darstellen. Der Hauptzweig W0 ist insofern besonders, als er auf der gesamten komplexen Zahlenebene definiert ist; alle anderen Zweige (Nebenzweige) haben eine Definitionslücke bei z=0. Konkret gilt

W0(0)=0 und
limz0Wk(z)= für alle k0.

Dieses Verhalten ist im Diagramm oben für die reellen Fälle exemplarisch ersichtlich.

Die Verzweigungsstelle für den Hauptzweig ist bei z=1e, die sich über den Rest der negativen Halbachse in Richtung erstreckt. Diese Verzweigung trennt den Hauptzweig von den Nebenzweigen W1 und W+1. Auf den Nebenzweigen beginnt die Verzweigung bereits bei z=0 und setzt sich wie beim Hauptzweig in Richtung fort.

Alle Zweige sind injektiv und ihre Wertebereiche sind disjunkt. Aufgefasst als Funktion mit zwei Parametern aus und hat die W-Funktion die gesamte komplexe Zahlenebene als Wertebereich. Das Bild der reellen Achse ist die Vereinigung der reellen Achse mit der Quadratrix des Hippias, der für t{kπk{0}} definierten parametrischen Kurve w(t)=tcott+it, wobei man unter w(0) den Grenzwert limt0w(t)=1 versteht, wodurch w an der Stelle t=0 stetig fortgesetzt wird.

Spezielle Werte

W(π2)=iπ2
W(1e)=1
W(ln22)=ln2
W(0)=0
W(1)=0,5671432904=:Ω   (die Omega-Konstante)
W(e)=1

Integrale

Integraldarstellungen der Lambertschen W-Funktion

Der Kehrwert des Nachfolgers[1] von der Lambertschen W-Funktion hat diese Integraldarstellung:

11+W(x)=1[xexp(y)y]2+π2dy

Die Lambertsche W-Funktion direkt hat diese[2][3][4] Integralidentitäten:

W(x)=1π1y2+1ln{1+xexp[yarccot(y)]y2+1arccot(y)}dy

Die kanadischen Mathematiker German Kalugin, David Jeffrey und Robert Corless entdeckten einige Formeln für die Integralrepresentation der Lambertschen W-Funktion und hielten diese Formeln in ihrer gemeinsamen Arbeit Stieltjes, Poisson and other integral representations for functions of Lambert W fest. Dieser Zusammenhang wurde danach in erweiterter Form von dem ungarischen Mathematiker István Mező entdeckt. Er schrieb in seinem Werk An integral representation for the Lambert W function die Herleitung für die Integraldarstellung der Lambertschen W-Funktion nieder.

Integrale mit der Lambertschen W-Funktion

Integrale von Produkten aus der Lambertschen Funktion und gebrochen rationalen Funktionen:

0+W(x)xxdx=8π
0+W(x)xx3dx=35/3Γ(23)
0+W(x)xx4dx=27/2Γ(34)
0+W(x)xx5dx=59/5Γ(45)

Dabei wird mit dem Γ die Gammafunktion zum Ausdruck gebracht.

Verwendung außerhalb der Kombinatorik

Die lambertsche W-Funktion kann gebraucht werden, um Gleichungen vom Typus

a(x)ea(x)=y

zu lösen (a(x) ist ein beliebiger, von x abhängiger Ausdruck).

Auch die Gleichung

xx=z

kann mit Hilfe der lambertschen W-Funktion gelöst werden. Die Lösung lautet

x=lnzW(lnz)=exp(W(lnz)).

Der unendliche Potenzturm

x:=xxx

kann an den konvergenten Stellen mit der W-Funktion in geschlossene Form gebracht werden:

x=W(ln1x)ln1x.

Verallgemeinerungen

Mit Hilfe der normalen lambertschen W-Funktion lassen sich die exakten Lösungen „transzendenter algebraischer“ Gleichungen (in x) folgender Form ausdrücken:

ecx=a0(xr)(1)

mit reellen Konstanten a0,c und r. Die Lösung ist x=r+1cW(cecra0). Verallgemeinerungen der lambertschen W-Funktion umfassen:[5][6][7]

  • Eine Anwendung auf dem Gebiet der allgemeinen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik (Quantengravitation) in niedrigeren Dimensionen, die eine zuvor unbekannte Verknüpfung zwischen beiden Gebieten aufzeigte, siehe Journal of Classical and Quantum Gravity,[8] wobei die rechte Seite von Gleichung (1) nun ein quadratisches Polynom in x ist:
ecx=a0(xr1)(xr2)(2)
Hierbei sind r1 und r2 voneinander verschiedene reelle Konstanten, die Wurzeln des quadratischen Polynoms. Die Lösung ist eine Funktion allein des Arguments x, aber ri und a0 sind Parameter dieser Funktion. Insofern ähnelt diese Verallgemeinerung der hypergeometrischen Funktion und der Meijerschen G-Funktion, aber sie gehört zu einer anderen „Klasse“ von Funktionen. Wenn r1=r2, so können beide Seiten von (2) faktorisiert und auf (1) reduziert werden, sodass sich die Lösung auf die normale lambertsche W-Funktion reduziert. Gleichung (2) entspricht der Gleichung für das „Dilaton“-Feld, von dem die Metrik des „linealen“ Zwei-Körper-Gravitationsproblems in 1 + 1 Dimensionen (eine räumliche und eine zeitliche Dimension) für den Fall ungleicher (Ruhe-)Massen abgeleitet ist, sowie dem Problem der Eigenwertberechnung für das quantenmechanische Doppelminimum-Dirac-Deltafunktions-Modell in einer Dimension und mit „ungleichen“ Ladungen.
  • Analytische Lösungen der Energie-Eigenwerte für einen speziellen Fall des quantenmechanischen Analogons des eulerschen Drei-Körper-Problems, nämlich des (dreidimensionalen) Wasserstoffmolekül-Ions.[9] Hier ist nun die rechte Seite von (1) (oder (2)) das Verhältnis von zwei Polynomen unendlichen Grades in x:
ecx=a0i=1(xri)i=1(xsi)(3)
mit paarweise verschiedenen reellen Konstanten ri und si sowie x als Funktion des Energie-Eigenwertes und des Kern-Kern-Abstands r. Gleichung (3), mit den Spezialfällen (1) und (2), steht in Beziehung zu einer großen Klasse retardierter Differentialgleichungen. Mit Hilfe von Hardys Begriff der „falschen Ableitung“ wurden exakte mehrfache Wurzeln für spezielle Fälle von Gleichung (3) gefunden.[10] Die Anwendungen der lambertschen W-Funktion auf grundlegende physikalische Probleme sind damit selbst für die normale lambertsche W-Funktion, siehe (1), keineswegs erschöpft. Dies zeigen jüngste Beispiele aus dem Gebiet der Atom- und Molekularphysik[11] das Keiper-Li-Kriterium für die Riemannsche Vermutung.[12]

Beziehung zu anderen Funktionen

Hypergeometrische Funktionen

Die W-Funktion steht in direkten Zusammenhang zur verallgemeinerten hypergeometrischen Funktionen. Diese Beziehung wird durch die Gleichungen

ζ(n)=1121nn+1Fn(1,a1,a2,,an;a1+1,a2+1,,an+1;1)/;a1=a2==an=1n1

und

ζ(n)=n+1Fn(1,a1,a2,,an;a1+1,a2+1,,an+1;1)/;a1=a2==an=1n1

klar.[13]

Fox H-Funktion

Die Fox H-Funktion steht im direkten Zusammenhang zur W-Funktion, was durch die Relation

W1(αz)={limβα[α2((αβ)z)αββH1,21,1((α+ββ,αβ)(0,1),(αβ,αββ)((αβ)z)αβ1)],falls|z|<1e|α|limβα[α2((αβ)z)αββH2,11,1((1,1),(βαβ,αββ)(αβ,αβ)((αβ)z)1αβ)],andernfalls

deutlich wird, wobei z das komplex-konjugierte z ist.[14]

Numerische Berechnung

Eine Folge von Näherungen an die W-Funktion kann rekursiv mithilfe der Beziehung

wj+1=wjwjewjzewj(wj+1)(wj+2)(wjewjz)2wj+2

berechnet werden.[15] Alternativ kann auch das Newton-Verfahren zur Lösung der Gleichung wewz=0 verwendet werden:

wj+1=wjwjewjzewj+ewjwj.

Tabelle reeller Funktionswerte

W0, oberer Zweig:

x0,36790,340,200,30,71,22346102040+y10,65370,259200,23680,44750,63560,85261,04991,20221,43241,74552,2052,6968+

W1, unterer Zweig:

x0,36790,3650,3550,310,250,180,10,050,0250,010,0050,0010,00010y11,13071,29121,70442,15332,71283,57724,49985,36966,47287,2849,11811,6671

Andere Werte lassen sich über x=yey berechnen.

Eine Näherung von W0(x) für große x ist[16]

W0(x)ln(x)ln(ln(x))+ln(ln(x))/ln(x).

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Internetquelle
  2. Vorlage:Internetquelle
  3. Vorlage:Internetquelle
  4. Vorlage:Literatur
  5. T. C. Scott, R. B. Mann: General Relativity and Quantum Mechanics: Towards a Generalization of the Lambert W Function. In: AAECC (Applicable Algebra in Engineering, Communication and Computing). 17 Nr. 1, April 2006. S. 41–47. acm.org; Arxiv-Artikel.
  6. Vorlage:Cite journal
  7. Vorlage:Cite journal
  8. P. S. Farrugia, R. B. Mann, T. C. Scott: N-body Gravity and the Schrödinger Equation. In: Class. Quantum Grav. 24, 2007, S. 4647–4659. doi:10.1088/0264-9381/24/18/006; Arxiv-Artikel.
  9. T. C. Scott, M. Aubert-Frécon, J. Grotendorst: New Approach for the Electronic Energies of the Hydrogen Molecular Ion. In: Chem. Phys. 324: 2006. S. 323–338. doi:10.1016/j.chemphys.2005.10.031; Arxiv-Artikel.
  10. Vorlage:Cite journal
  11. T. C. Scott, A. Lüchow, D. Bressanini, J. D. Morgan III: The Nodal Surfaces of Helium Atom Eigenfunctions. In: Phys. Rev. A. 75:060101, 2007. Vorlage:Webarchiv
  12. Vorlage:Cite journal
  13. Vorlage:Internetquelle
  14. Vorlage:Internetquelle
  15. R. M. Corless u. a.: Vorlage:Webarchiv. (PDF; 304 kB). In: Adv. Computational Maths. 5, 1996, S. 329–359.
  16. Vorlage:MathWorld