Warschauer Kreis

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Warschauer Kreis

In der Mathematik ist der Warschauer Kreis (benannt nach der Wirkungsstätte seines Entdeckers Karol Borsuk[1]) ein topologischer Raum, der unter anderem als Gegenbeispiel für Verallgemeinerungen verschiedener topologischer Lehrsätze von CW-Komplexen auf beliebige topologische Räume dient.

Konstruktion

Als Warschauer Kreis bezeichnet man eine abgeschlossene Teilmenge W2 der Ebene, die aus einem Teil des Graphen y=sin(1x) und der Strecke Y={(x,y):x=0,1y1} der y-Achse durch Hinzufügen einer beide Teile verbindenden Kurve entsteht.

Eigenschaften

  • W ist kein CW-Komplex und auch nicht homotopieäquivalent zu einem CW-Komplex.
  • W ist nicht lokal wegzusammenhängend.
  • W ist einfach zusammenhängend.
  • Die Čech-Homologie H˘*(W) und Čech-Kohomologie H˘*(W) von W stimmt mit der des Kreises überein. Die singuläre Homologie und Kohomologie von W sind jedoch trivial.[2] (Hingegen ist für Räume vom Homotopietyp eines CW-Komplexes die Čech-Kohomologie stets zur singulären Kohomologie isomorph.)
  • W hat keine universelle Überlagerung. Die verallgemeinerte universelle Überlagerung W~ ist ein halboffenes Intervall.
  • Die verallgemeinerte universelle Überlagerung W~W ist eine Faserung und hat die eindeutige Hochhebungseigenschaft (zu jedem Weg existiert eine eindeutige Hochhebung). Sie ist aber (wegen H˘1(W)=0) kein Homöomorphismus und kann demzufolge (wegen π1W=0) auch keine Überlagerung sein.
  • Der Quotientenraum W/Y ist homöomorph zum Kreis S1, die Quotientenabbildung WS1 kann nicht zu einer Abbildung W1 hochgehoben werden. Dies ist zum einen bemerkenswert, weil wegen π1W=0 der induzierte Homomorphismus π1Wπ1S1 selbstverständlich zu einem Homomorphismus π1Wπ11 hochgehoben werden kann. Zum anderen beweist es, dass die Abbildung WS1 nicht nullhomotop ist (denn die Projektion 1S1 ist eine Serre-Faserung), es gilt also für W nicht die für CW-Komplexe bekannte Beziehung, dass Homotopieklassen von Abbildungen WS1 durch die singuläre Kohomologie H1(W;) klassifiziert werden.
  • Es gibt eine Faserung FEB mit Basis B=W, in der F und E den Homotopietyp eines CW-Komplexes haben, die Basis W aber nicht.[3] (Hingegen ist bekannt, dass F den Homotopietyp eines CW-Komplexes hat, wenn dies auf E und B zutrifft und dass E den Homotopietyp eines CW-Komplexes hat, wenn dies auf F und B zutrifft.) Weiterhin sind in dieser Faserung F und E kontrahierbar, die Basis W aber nicht.[4]

Einzelnachweise

  1. Vereinzelt findet sich auch die Bezeichnung "Polnischer Kreis", etwa in Sibe Mardešić: A survey of the shape theory of compacta. General topology and its relations to modern analysis and algebra, III (Proc. Third Prague Topological Sympos., 1971), S. 291–300. Academia, Prague 1972. online (PDF; 1,2 MB)
  2. Remark 2.7 in: Kryszewski, Wojciech; Szulkin, Andrzej: Infinite-dimensional homology and multibump solutions. J. Fixed Point Theory Appl. 5 (2009), no. 1, S. 1–35.
  3. Schön, Rolf: Fibrations over a CWh-base. Proc. Amer. Math. Soc. 62 (1976), no. 1, S. 165–166 (1977). online (PDF; 110 kB)
  4. Section 4.4, Example 8 in: Spanier, Edwin H.: Algebraic topology. Corrected reprint. Springer-Verlag, New York-Berlin 1981. ISBN 0-387-90646-0