Tangentialkraft

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Tangential- und Normalkraft entlang einer Zykloide

Die Tangentialkraft wirkt tangential zur Bahnkurve eines bewegten Körpers. Das heißt, sie wirkt entlang der Richtung, in die sich das Objekt gerade bewegt. Die Richtungsänderung ist für sie unbedeutend. Dies kann, wenn keine weiteren Kräfte wirken, zu einer Geschwindigkeitsänderung Δv in Richtung der Kraft führen[1].

Wirken in einer Ebene mehrere Kräfte auf die Beschleunigung eines Körpers, so lässt sich die Resultierende in die beiden senkrechten Komponenten der Tangentialkraft F|| und der Normalkraft F zerlegen. Die Tangentialkomponente verändert nur den Betrag der Geschwindigkeit und nicht die Richtung. Die Normalkraft ändert nur die Bewegungsrichtung in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit des Körpers und der Bahnform.[2]

Beispiele

Freier Fall im homogenen Schwerefeld

Der freie Fall im homogenen Schwerefeld beschreibt die Bewegung eines Körpers, der nur durch die konstante Gravitationskraft beeinflusst wird, ohne dass Luftwiderstand oder andere Kräfte wirken. Im homogenen Schwerefeld ist die Gravitationskraft überall gleich groß und wirkt in die gleiche Richtung. Die Tangentialkraft F verläuft parallel zur Gewichtskraft FG.

F=FG=mg

Der Körper erfährt also eine konstante Beschleunigung g. Ohne Reibung und Luftwiderstand ist der zurückgelegte Weg s proportional dem Quadrat der Fallzeit t: st2[3].

Hangabtriebskraft an der schiefen Ebene

Tangentialkraft entlang der schiefen Ebene

In einem homogenen Schwerefeld beschleunigt die Tangentialkraft F einen Körper P der Masse m auf der schiefen Ebene ohne Wirkung der Reibung nach unten[4]:

F=FG+FZmit|F|=|FG|sinα=mgsinα

Die Beschleunigung gsinα durch die Hangabtriebskraft F ist um den Faktor sinα kleiner als im freien Fall[5].

Die von der schiefen Ebene auf den Körper P ausgeübte Zwangskraft FZ ist betragsmäßig gleich der Normalkomponente der Gewichtskraft |FG|=mgsinα, wirkt jedoch in entgegengesetzter Richtung FZ=FG. Es herrscht Kräftegleichgewicht senkrecht zur Ebene, so dass der Körper in dieser Richtung nicht beschleunigt wird[6].

Reibungskraft zwischen festen Körpern

Ein Beispiel für eine Tangentialkraft ist die Kraft, die uns in den Sitz drückt, wenn wir im Auto Gas geben. Die Tangentialgeschwindigkeit ändert sich, wenn nicht andere Kräfte dies verhindern. Im realen Fall mit Reibung muss die Beschleunigungskraft F einen Schwellenwert überschreiten, damit sich ein Körper in Bewegung setzt. Diese Beschleunigungskraft muss immer größer sein als die Reibungskraft FR, die als Tangentialkraft mit dem Einheitsvektor e immer der Bewegungsrichtung entgegengerichtet ist. Mit der Normalkraft F des Körpers senkrecht zur Auflage beträgt die Reibungskraft erfahrungsgemäß[7]

FR=μFe

Die Reibungszahl μ steigt von der Rollreibung über die Gleitreibung zur Haftreibung an[8].

Luftwiderstand

Der Luftwiderstand FLuft ist die Reibungskraft, die einem sich mit der Geschwindigkeit v bewegenden Körper in der Luft entgegenwirkt.

FLuft=12CWρAv2

Sie ist also eine Tangentialkraft, die nicht nur quadratisch mit der Geschwindigkeit v2 wächst, sondern auch proportional zum Widerstandsbeiwert CW, zur Luftdichte ρ und zur Querschnittsfläche A ist[9].

Viskose Reibung in Flüssigkeiten

Eine Kugel mit dem Radius r sinkt mit konstant kleiner Geschwindigkeit v durch eine Flüssigkeit (Reynolds-Zahl Re<0,4[10]). Die der Bewegung entgegenwirkende viskose Reibungskraft berechnet sich zu

Fviskos=6πηrv

Die viskose Reibung oder Stokes-Reibung[11] tritt in Flüssigkeiten auf und hängt von der dynamischen Viskosität η der Flüssigkeit ab. Sie ist eine Tangentialkraft. Bei konstanter Geschwindigkeit herrscht Kräftegleichgewicht zwischen Reibungskraft und Gewichtskraft:

0=F+Fviskos=FG+Fviskos=mg6πηrvv=mg6πηr

Tangentialkraft am Fadenpendel

FG und Fadenspannung FZ erzeugen die Tangentialkraft F am Fadenpendel

Beim Fadenpendel schwingt ein Körper der Masse m an einem masselosen Faden fester Länge l im homogenen Gravitationsfeld g=gez auf einer Kreisbahn mit dem Auslenkungswinkel φ hin und her[12]. Die Kraft, die den Pendelkörper auf seiner Bahn beschleunigt, ist die Tangentialkraft F=FeT. Eine Kraft FZ=FZeN senkrecht zur Bewegungsrichtung eT zwingt den Körper auf die Kreisbahn. Die Bewegung erfolgt in einer Ebene und wir brauchen die binormale Komponente der Zwangskraft entlang eB=eT×eN nicht zu berücksichtigen. Die Newtonsche Bewegungsgleichung mit einer Zwangskraft lautet[13]:

ma=mg+FZeN=mgez+FZeN

Mit Polarkoordinaten und parametrisiert durch die Bogenlänge s=lφ wird die Lage des Pendelkörpers P durch rP beschrieben:

rP=(xz)=(lsinφlcosφ)=(lsinsllcossl)=lermit er=(sinslcossl)

Die Geschwindigkeit ist die erste Zeitableitung des Ortsvektors r˙P=vP mit v=s˙, wobei die Zeitableitung durch einen Punkt .=/t über der abzuleitenden Größe symbolisiert wird.

v=r˙P=s˙drPds=s˙(cosslsinsl)=veTmit dem Tangenteneinheitsvektor eT=drPds=(cosslsinsl)=(cosφsinφ)=eφ

Mit eNeT=0 lässt sich aus der Newtonschen Bewegungsgleichung die Tangentialkraft F=FeT berechnen:

F=maeT=mgezeT+FZeNeT=mgsinφundF=FeT=mgsinφeφ

Diese Kraft wirkt entlang der Bewegungsrichtung des Pendels und ist am größten, wenn das Pendel im Umkehrpunkt seiner Schwingung seine höchste Lage erreicht.

Für die Zwangskraft ist die Beschleunigung als zeitliche Ableitung der Geschwindigkeit zu berechnen:

a=v˙=s¨drPds+s˙2d2rPds2=s¨eT+v2l(sinslcossl)=s¨eT+v2leNmit dem Normaleneinheitsvektor eN=(sinslcossl)=(sinφcosφ)=er

Die Zwangskraft ergibt sich aus der Normalkomponente der Newtonschen Bewegungsgleichung:

maeN=m(s¨eT+v2leN)eN=(mg+FZeN)eN=mgezeN+FZeNeN

Mit eTeN=0, eNeN=1 und ezeN=cosφ gilt für die Zwangskraft

FZ=mv2l+mgcosφ

Das Geschwindigkeitsquadrat v2 folgt aus der Energieerhaltung[14] beim Fadenpendel

Ekin+Epot=m2v2+mgl(1cosφ)=mgl(1cosφ0)v2=2gl(cosφcosφ0)

Für die Zwangskraft FZ bedeutet dies[15]

FZ=mv2l+mgcosφ=m2gl(cosφcosφ0)l+mgcosφ=mg(3cosφ2cosφ0)

An den Umkehrpunkten φ=φ0 ist die Zwangskraft FZ,min=mgcosφ0 und am tiefsten Punkt der Pendelschwingung mit FZ,max=mg(32cosφ0) maximal. Für cosφ0=cos48°23 erreicht FZ,max53mg.

Tangentialkraft auf ein Objekt, das sich entlang einer Zykloide bewegt

Tangential- und Zentripetalkraft auf ein Teilchen entlang einer Zykloide

Ein Kreis mit dem Radius r rollt ohne Schlupf auf einer Geraden ab. Die Geschwindigkeit v des Kreismittelpunktes M sei konstant vM=rω mit der Kreisfrequenz ω. Ein Punkt P auf dem Kreisumfang bewegt sich auf einer gewöhnlichen Zykloide[16]. Die Gleichungen der Zykloide in einem kartesischen Koordinatensystem (x,z) lauten mit dem Drehwinkel[17] φ=ωt:

rP=(xz)=(rφrsinφrrcosφ)=r(ωtsinωt1cosωt)=r(ωt1)r(sinωtcosωt)=OMPM

Die Geschwindigkeit v des Punktes P ist die Zeitableitung r˙P. (Symbol: .=/t)

v=r˙P=(x˙z˙)=rω(1cosωtsinωt)=rω(2sin2(ωt/2)2sin(ωt/2)cos(ωt/2)=)=2rωsin(ωt/2)(sin(ωt/2)cos(ωt/2))=ve

mit dem Tangenteneinheitsvektor e

e=(sin(ωt/2)cos(ωt/2))

und dem Geschwindigkeitsbetrag

v=2rωsin(ωt/2).

Deutliche Vereinfachungen[18] ermöglichten die Beziehungen der halben Argumente sin2(ωt/2)=12(1cosωt) und der doppelten Argumente sinωt=2sin(ωt/2)cos(ωt/2).

Die Beschleunigung a ist eine weitere Zeitableitung der Geschwindigkeit v:

a=v˙=(x¨z¨)=rω2(sinωtcosωt)||PM

Der Punkt P auf dem Kreis wird mit der konstanten Beschleunigung a=|a|=rω2 hin zum Kreismittelpunkt M gezogen[19]. Der Vektor DP von der momentanen Drehachse D hin zum Punkt P lautet

DP=OD+rP=(rωt0)+(rωtrsinωtrrcosωt)=r(sinωt1cosωt)=r(2sin(ωt/2)cos(ωt/2)2sin2(ωt/2))=2rsin(ωt/2)(cos(ωt/2)sin(ωt/2)) v

Die Geschwindigkeit v steht senkrecht auf der Seite DP und der Kreis um M wird zum Thales-Kreis. Die Geschwindigkeit v muss also immer auf den Punkt C zeigen.

Die Kraft F beträgt für ein Teilchen im Punkt P mit der Masse m:

F=ma=mω2r(sinωtcosωt)=Fe+Femit e=(cos(ωt/2)sin(ωt/2)) e=(sin(ωt/2)cos(ωt/2))

Die Tangentialkraft F weist ebenfalls nach C mit der Komponente:

F=Fe=mω2r(sinωtcosωt)(sin(ωt/2)cos(ωt/2))=mω2r[sinωtsin(ωt/2)+cosωtcos(ωt/2)]=mω2rcos[ωt(ωt/2)]=mω2rcos(ωt/2)

Die Normalkraft F verläuft entlang der Seite DP und ihre Komponente ist

F=Fe=mω2r(sinωtcosωt)(cos(ωt/2)sin(ωt/2))=mω2r[cosωtsin(ωt/2)sinωtcos(ωt/2)]=mω2rsin[ωt(ωt/2)]=mω2rsin(ωt/2)

Die Kraft F beträgt für ein Teilchen im Punkt P mit der Masse m:

F=ma=F+F=mω2rcos(ωt/2)(sin(ωt/2)cos(ωt/2))mω2rsin(ωt/2)(cos(ωt/2)sin(ωt/2))=mω2r(2sin(ωt/2)cos(ωt/2)cos2(ωt/2)sin2(ωt/2))=mω2r(sinωtcosωt)

mit dem Betrag |F|=|F+F|=mω2r.

Arbeit der Tangentialkraft

Die mechanische Arbeit dA ist definiert als Kraftkomponente mal Weg oder Kraft mal Wegkomponente und ist definiert als[20]:

dA=Fds=Fdscos(F,s)

Wirkt eine Tangentialkraft auf einen Körper, so verrichtet sie Arbeit und ändert dessen Energie. Dieser Beitrag zur mechanischen Arbeit wird für eine reine Tangentialkraft F maximal zu dAmax=Fds.

Einzelnachweise