Selbergsche Spurformel

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In der harmonischen Analysis, einem Teilgebiet der Mathematik, stellen Selbergsche Spurformeln einen Zusammenhang zwischen der Spur gewisser Operatoren und einer Summe geometrischer Terme her.

Während die Berechnung der Eigenwerte eines Differentialoperators oft unzugänglich ist, kann mit den Spurformeln zumindest eine Aussage über die Summe der Eigenwerte getroffen werden. Insbesondere der von Selberg ausgearbeitete Fall des Laplace-Beltrami-Operators lokal symmetrischer Räume vom Rang 1 hat Anwendungen in der analytischen Zahlentheorie, Darstellungstheorie und Differentialgeometrie.

Die allgemeinere Arthur-Selberg-Spurformel spielt eine wichtige Rolle im Langlands-Programm.

Allgemeine Spurformel

Sei Γ ein kokompaktes Gitter in einer lokalkompakten Gruppe G.

Für eine Testfunktion[1] fCunif2(G) und eine Darstellung π:GEnd(L2(ΓG)) von G definiert

π(f):=yGf(y)π(y)dy

einen Spurklasseoperator auf dem Hilbert-Raum L2(ΓG).

Sei insbesondere R die rechtsreguläre Darstellung, also die unitäre Darstellung von G durch Rechtstranslationen auf dem Hilbertraum L2(ΓG). Dann kann man die Spur dieses Operators ausdrücken durch

Spur(R(f))=[γ]vol(ΓγGγ)Oγ(f),

wobei rechts über alle Konjugationsklassen summiert wird, Γγ und Gγ die Zentralisatoren von γ in Γ bzw. G sind, und das Orbitintegral Oγ(f) durch

Oγ(f)=Gγ/Gf(x1γx)dx

definiert ist. (Mittels Fourier-Inversion kann dieses Orbitintegral durch Charaktere ausgedrückt werden.)

Nach dem Satz von Gelfand, Graev und Piatetski-Shapiro hat die rechtsreguläre Darstellung eine Zerlegung als direkte Summe irreduzibler Darstellungen. Für eine irreduzible Darstellung π bezeichne NΓ(π) ihre Vielfachheit in L2(ΓG). Damit ergibt sich die Spurformel

πNΓ(π)Spur(π(f))=[γ]vol(ΓγGγ)Oγ(f).

Der linke Ausdruck wird als die spektrale Seite der Spurformel bezeichnet, der rechte Ausdruck als die geometrische Seite der Spurformel.

Spezielle symmetrische Räume

Damit die allgemeine Spurformel nützlich ist, muss man die Distributionen Spur(π(f)) und Oγ(f) verstehen und in differentialgeometrischen Größen ausdrücken können. Dies ist insbesondere möglich für symmetrische Räume vom Rang 1, wo der Laplace-Operator (und seine Vielfachen) die einzigen invarianten Differentialoperatoren sind.

Im Folgenden bezeichne 0=λ0<λ1λj die Eigenwerte des Laplace-Beltrami-Operators auf einer kompakten Riemannschen Mannigfaltigkeit. Wir verwenden ρj=λj+14, womit j=0f(ρj)=Spur(f(Δ+14)) ist.

Kompakte Gruppen

Für eine kompakte Gruppe K mit neutralem Element e stimmt die Dimension einer Darstellung mit ihrer Vielfachheit in der regulären Darstellung überein und man erhält durch direkte Anwendung der allgemeinen Spurformel

f(e)=τK^dim(τ)Spur(τ(f)).

Für den Kreis S1=/ gilt die Poissonsche Summenformel: für eine schnell fallende Funktion f und ihre Fourier-Transformierte f^ gilt

nf(n)=nf^(n)=nf(x)e2πinxdx.

Das stellt einen Zusammenhang zwischen den Längen n der geschlossenen Geodäten und den Eigenwerten 4π2n2 des Laplace-Operators her. Man kann dies als eine Variante der Spurformel ansehen: auf der linken Seite steht ein geometrischer Term, auf der rechten Seite ein spektraler Term.

Die Sphäre

Für S2=SO(3)/SO(2) sind die Eigenwerte des Laplace-Beltrami-Operators l(l+1) mit Vielfachheit 2l+1, wobei l alle ganzen Zahlen durchläuft. Mit der Poissonschen Summenformel erhält man

j=0f(ρj)=n=0(1)n|x|f(x)e2πinxdx.

Die rechte Seite lässt sich geometrisch interpretieren als von den Längen 2πn geschlossener Geodäten abhängende Reihe.

Hyperbolische Flächen

Zur Formulierung der Spurformel verwendet man eine (beliebige) analytische Funktion h: mit |h(x)|=O(|x|2δ) für ein δ>0 und x±. Mit einer solchen Funktion kann man die Spurformel für kokompakte Gitter in G=PSL(2,) wie folgt formulieren:

j=0f(ρj)=vol(Γ2)4πxf(x)tanh(πx)dx+{γ}=1logN(γ0)N(γ)12N(γ)12f^(logN(γ)),

wobei auf der rechten Seite über alle Konjugationsklassen von Elementen γΓ summiert wird, γ0 die zugehörige primitive Transformation[2] bezeichnet, und N(γ) die Norm von γ bezeichnet. Die rechte Seite lässt sich geometrisch interpretieren, weil logN(γ) die Länge der γ entsprechenden geschlossenen Geodäten in Γ2 ist.

Wegen der Kompaktheit der Fläche Σg=ΓPSL(2,)/PSO(2) bilden die Eigenwerte des Laplace-Operators eine diskrete Menge. Es gibt eine kompliziertere, das kontinuierliche Spektrum berücksichtigende, Formel für nichtkompakte hyperbolische Flächen endlichen Volumens.

Als Folgerung erhält man beispielsweise Weyls asymptotisches Gesetz für die Verteilung der Eigenwerte.

Symmetrische Räume vom Rang 1

Sei G/K ein symmetrischer Raum nichtkompakten Typs vom Rang 1, d. h. dim(A)=1 für die Iwasawa-Zerlegung G=KAN. Sei M der Zentralisator von A in G und P=MAN eine parabolische Untergruppe. Für eine Darstellung σM^ mit Darstellungsraum Vσ sei σ der Hilbert-Raum der L2-Funktionen f:KVσ mit f(km)=σ(m)1f(k). Für fσ definiere fλ(kexp(tH)n)=e(iλ+ρ)tf(k). Dann definiert (πσ,λ(g)f)(k)=fλ(g1k) eine Darstellung von G auf λ.

Aus der allgemeinen Spurformel folgt zunächst für fCc(G)

πNΓ(π)Spur(π(f))=vol(ΓG/K)f(e)+{γ}={e}12πl(γ)D(γ)σM^Spur(σ(γ))RSpur(πσ,λ(f))eil(γ)λdλ,

wobei über die Konjugationsklassen {γ} summiert wird und D(γ) durch D(γ)=el(γ)ρ|det(Ad(mγaγ)|𝔫Id)| definiert ist.

Dann hat man die Spurformel

j=0f(λj|ρ|2)=vol(ΓG/K)f(λ)β(λ)dλ+{γ}={e}l(0)D(γ)f^(l(γ)).

Anmerkungen

  1. Der Raum der Testfunktionen Cunif2(G) besteht per Definition aus den Linearkombinationen von Funktionen der Form g*h mit g,hCunif(G). Der Raum Cunif(G) besteht aus den gleichmäßig integrierbaren, stetigen Funktionen. Eine Funktion heißt gleichmäßig integrierbar, wenn es eine kompakte Umgebung U der 1 gibt, so dass fU(y):=supx,zUf(xyz) eine L1-Funktion auf G ist.
  2. Weil Γ ein kokompaktes Gitter ist, sind alle γ=1 hyperbolisch und gehören zu einer zyklischen Untergruppe von Γ. Der Erzeuger dieser zyklischen Untergruppe wird als das primitive Element γ0 bezeichnet.

Literatur

  • A. Selberg: Harmonic analysis and discontinuous groups in weakly symmetric Riemannian spaces with applications to Dirichlet series, J. Indian Math. Soc. 20, 47–87, 1956. online
  • D. Hejhal: The Selberg trace formula for PSL(2,R). Vol. I. Lecture Notes in Mathematics, Vol. 548. Springer-Verlag, Berlin-New York, 1976.
  • J. Elstrodt: Die Selbergsche Spurformel für kompakte Riemannsche Flächen. Jahresber. d. Deutsche Math. Verein 83, 45–77, 1981.
  • D. Zagier: Eisenstein series and the Selberg trace formula, Teil I