Satz von Borsuk-Ulam

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Der Satz von Borsuk-Ulam besagt, dass jede stetige Funktion von einer n-Sphäre Sn in den n-dimensionalen euklidischen Raum ein Paar von antipodalen Punkten auf denselben Punkt abbildet. (Zwei Punkte einer Sphäre heißen antipodal, wenn sie in genau entgegengesetzten Richtungen vom Mittelpunkt liegen.)

Der Fall n=2 wird oft dadurch erläutert, dass zu jedem Zeitpunkt ein Paar von antipodalen Punkten auf der Erdoberfläche mit gleichen Temperaturen und gleichem Luftdruck existieren. Dies setzt voraus, dass Temperatur und Luftdruck stetige Funktionen sind.

Der Satz von Borsuk-Ulam wurde von Stanisław Ulam vermutet und 1933 durch Karol Borsuk bewiesen. Es ist möglich, aus dem Satz von Borsuk-Ulam auf elementare Weise den brouwerschen Fixpunktsatz herzuleiten. Es gibt verschiedene Verallgemeinerungen des Satzes, so dass man von Sätzen vom Borsuk-Ulam-Typ spricht.

Aussage

Es gibt verschiedene äquivalente Formulierungen des Satzes:[1]

  • Sei f:SnSm eine stetige antipodale Abbildung, dann ist nm. Dabei bedeutet antipodal, dass f(x)=f(x) für alle xSn gilt.
  • Sei f:Snn eine stetige antipodale Abbildung. Dann gibt es ein xSn mit f(x)=0
  • Sei f:Snn eine stetige Abbildung. Dann gibt es einen Punkt xSn mit f(x)=f(x). Dies ist die Formulierung in der Einleitung.
  • Wird die n-Sphäre durch (n+1) offene oder abgeschlossene Untermengen Si der n-Sphäre überdeckt, enthält mindestens eines der Si ein antipodales Paar von Punkten.

Borsukscher Antipodensatz

Eine stärkere Aussage ist der Satz von Borsuk, der auch als Borsukscher Antipodensatz bekannt ist. Man nennt eine Funktion antipodenerhaltend, wenn sie ungerade ist.

Aussage

Ist Ω eine symmetrische, offene und beschränkte Teilmenge des n, welche den Nullpunkt enthält, und f:Ωn stetig und antipodenerhaltend, das heißt f(x)=f(x) für alle xΩ, sowie 0∉f(Ω). Dann ist der Brouwersche Abbildungsgrad d(f,Ω,0) eine ungerade Zahl.

Weitere Verallgemeinerungen

  • Anstatt zu fordern, dass fC(Ω,n) antipodenerhaltend ist, reicht es
f(x)f(x)f(x)f(x)
und 0∉f(Ω) zu fordern. Funktionen, die dies erfüllen, sind homotop zu einer antipodenerhaltenden Funktion, was für den Beweis des Borsukschen Satzes ausreicht. Insbesondere gibt es keine stetige Fortsetzung von f|Ω auf Ω mit 0f(Ω). Denn ist der Brouwersche Abbildungsgrad ungleich null, dann hat die Gleichung f(x)=0 mindestens eine Lösung xΩ.
  • Die Aussage kann man auch auf unendlichdimensionale normierte Räume verallgemeinern. Dabei sei Ω eine symmetrische, offene und beschränkte Teilmenge des normierten Raums (X,), 0Ω F=IdF0, wobei F0:ΩX eine kompakte Abbildung ist, 0∉F(Ω) und
F(x)F(x)F(x)F(x).
Dann ist der Leray-Schauder-Grad eine ungerade Zahl.

Anwendung

In der elementaren Geometrie kann man mit der Aussage von Borsuk-Ulam folgende interessante Tatsache beweisen (auch bekannt als Satz von Stone-Tukey oder Ham sandwich theorem): Vorlage:Zitat

Beweis
Sei i{1,2} und bezeichne mit Ai die vorgegebenen Polygone. Betrachte diese in der verschobenen x-y-Ebene D:=2×{1}3, die wir im euklidischen Standardraum betrachten. Sei dann uS2 der Ortsvektor eines Punktes auf der Einheitssphäre und bezeichne mit Pu die Normalenebene zu u durch den Nullpunkt. Für u(00±1) definiert der Schnitt von Pu mit D eine Gerade Lu. Mit dieser Gerade können Abbildungen fi:S22 erklärt werden vermöge der stetigen Zuordnung: uInhalt von Ai in u-Richtung von Lu. Offenbar haben diese Abbildungen die Eigenschaft fi(u)+fi(u)=Inhalt(Ai). Wenn das Maß eines Inhalts bezeichnet, kann mit der Definition F(u):=(f1(u),f2(u)) eine weitere stetige Abbildung von S22 erklärt werden. Borsuk-Ulam liefert dann für F die Existenz eines Punktes u* mit F(u*)=F(u*). Nach Konstruktion von F gilt für diesen Punkt fi(u*)=fi(u*)=12Ai für beide i{1,2}. Damit ist Lu* die gesuchte Gerade aus der Behauptung.

Weitere Anwendungen findet der Satz in der Topologischen Kombinatorik. Dort ist der Satz eng mit dem Lemma von Tucker verbunden und ist äquivalent dazu. Manchmal wird der Satz von Borsuk-Ulam dort in einer Variante bzw. Verallgemeinerung von Albrecht Dold benutzt.[2]

Literatur

  • Karol Borsuk: Drei Sätze über die n-dimensionale euklidische Sphäre. Fundamenta Mathematicae 20 (1933), 177–190, Online
  • Klaus Deimling: Nonlinear Functional Analysis. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 1985, ISBN 3-540-13928-1.
  • Wolfgang Gromes: Ein einfacher Beweis des Satzes von Borsuk. Mathematische Zeitschrift 178 (1981), 399–400, online.
  • Lasar Ljusternik, Lew Schnirelmann: Topological Methods in Variational Problems. Issledowatelskii Institut Matematiki i Mechaniki pri O. M. G. U., Moskau 1930 (russisch).
    Französische Übersetzung durch J. Kravtchenko: Méthodes topologiques dans les problèmes variationnels. 1ère partie. Espaces à un nombre fini de dimensions. Hermann & Cie., Paris 1934.
  • Jiří Matoušek: Using the Borsuk-Ulam theorem. Springer-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-540-00362-2.

Einzelnachweise

  1. Mark de Longueville, A course in topological combinatorics, Springer 2013, S. 12
  2. Dold, Simple proofs of the Borsuk-Ulam results, Contemporary Mathematics, Band 19, 1983, S. 65–69