Rotationsellipsoid

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Abgeplattetes Rotationsellipsoid
Verlängertes Rotationsellipsoid

Ein Rotationsellipsoid (englisch spheroid) ist eine Rotationsfläche, die durch die Drehung einer Ellipse um eine ihrer Achsen entsteht. Anders als bei einem dreiachsigen bzw. triaxialen Ellipsoid sind zwei Achsen gleich lang.

Je nachdem, welche der beiden Halbachsen der erzeugenden Ellipse als Drehachse fungiert, werden unterschieden:

Vorkommen

Rotationsellipsoid und Massenverlagerung (rot)

Die meisten größeren Himmelskörper sind angenähert abgeplattete Rotationsellipsoide, die auch Sphäroide genannt werden. Sie entstehen durch die Fliehkraft, die bewirkt, dass ein sich drehender kugelförmiger Körper verformt wird. An den Polen, also den Durchstoßpunkten der Rotationsachse, werden diese Körper abgeplattet, am Äquator entsteht eine Ausbauchung. Besonders deutlich ist die Abplattung bei den großen Gasplaneten Jupiter und Saturn ausgeprägt, weil sie besonders schnell rotieren und nicht verfestigt sind. Aber auch die Erde und die anderen Planeten des Sonnensystems werden durch die bei der Rotation entstehenden Fliehkräfte zu Rotationsellipsoiden verformt. Der in zehn Stunden rotierende Jupiter ist um etwa 1/16 abgeplattet, die Erdabplattung beträgt 1/298,257223563 (WGS 84).

Elliptische Galaxien sind oft keine Rotationsellipsoide, sondern triaxial.

Parameterdarstellung

Abgeplattetes und verlängertes Rotationsellipsoid

Die folgende Parameterdarstellung beschreibt ein Rotationsellipsoid, das durch Rotation der Halb-Ellipse (acost,0,csint),π2tπ2 (in der x-z-Ebene) um die z-Achse entsteht (s. Rotationsfläche):

(acostcosφacostsinφcsint)(π2tπ2 , 0φ<2π, 0<a,c).

Die Zahlen a,c sind die Halbachsen der rotierenden Halbellipse. Im Fall a>c entsteht ein abgeplattetes Rotationsellipsoid, im Fall a<c ein verlängertes Rotationsellipsoid. Falls a=c ist, ergibt sich eine Kugel mit Radius a.

Man beachte: Die Pole (Punkte auf der Rotationsachse) besitzen keine eindeutige Darstellung.

Das entstandene Rotationsellipsoid besitzt die implizite Darstellung:

x2+y2a2+z2c2=1 .

Volumen

Das Volumen des obigen Rotationsellipsoids beträgt

V=4π3a2c.

Dabei ist a der Radius des Äquatorkreises und c der Abstand der Pole vom Mittelpunkt.

Oberfläche

Die Oberfläche[1] für das abgeplattete Ellipsoid (a>c) berechnet man mit

A=2πa(a+c2a2c2arsinh(a2c2c)) ,

die des verlängerten Ellipsoids (c>a) mit

A=2πa(a+c2c2a2arcsin(c2a2c)) .

Eine Kugel mit Radius r hat das Volumen V=4π3r3 und die Oberfläche A=4πr2 (s. Kugel).

Herleitung der Formeln

Der Inhalt des Flächenmantels einer durch Rotation der Kurve (r(t),0,z(t)) ,t1tt2 erzeugten Rotationsfläche ist

A=2πt1t2r r˙2+z˙2dt.  (siehe Rotationsfläche)

Für das obige Rotationsellipsoid ist r(t)=acost, z(t)=csint. Es muss also das Integral

A=22π0π/2acosta2sin2t+c2cos2tdt

(2-mal ein halbes Ellipsoid) berechnet werden. Für a=c ist a2sin2t+c2cos2t=a2(sin2t+cos2t)=a und es ergibt sich die Oberfläche einer Kugel. Im Folgenden wird ac vorausgesetzt.

Die Substitution u=sint mit du=costdt führt zu

A=4πa01a2u2+c2(1u2) du=4πa01(a2c2)u2+c2 du

und damit zu

A=4πaa2c201u2+c2a2c2 du, falls a>c, und
A=4πac2a201c2c2a2u2 du, falls c>a.

Unter Beachtung, dass der Bruch unter der Quadratwurzel in beiden Fällen positiv ist, ergeben sich mit Hilfe einer Integrationstabelle (z. B. Bronstein-Semendjajew) die Stammfunktionen für die beiden Integrale und schließlich die oben angegebenen Formeln für die Oberfläche.

Anwendung

In der Geodäsie, Kartografie und den anderen Geowissenschaften werden Rotationsellipsoide als geometrische Annäherung an das physikalische Geoid benutzt. Diese Rotationsellipsoide dienen dann als Referenzfläche, um die Lage bzw. Höhe von Objekten der Erdoberfläche anzugeben. Man spricht dann von einem Referenzellipsoid.

In einem Hohlkörper reflektieren die Begrenzungsflächen des (gestreckten) Rotationsellipsoids die Strahlung von einem Brennpunkt zum anderen. Den Effekt nutzt ein Flüstergewölbe für die Bündelung von Schallwellen.
Derart geformte optische Reflektoren bündeln die Strahlung einer nahezu punktförmigen, sich in einem der Brennpunkte befindlichen Lichtquelle auf den anderen Brennpunkt des Ellipsoids. Dort kann sich die Grenzfläche eines Lichtleitkabels, ein anderes optisches Element oder der Ort eines strahlungsinduzierten Prozesses befinden.

Anwendungsbeispiele

Jupiter und Saturn

Die Planeten Jupiter und Saturn sind wegen den durch die schnelle Rotation wirkenden Zentrifugalkräfte an den Polen deutlich flacher als am Äquator und haben annähernd die Form eines Rotationsellipsoids.

Jupiter

Jupiter hat den Äquatordurchmesser 142984 km und den Poldurchmesser 133708 km. Also gilt für die Halbachsen a=71492 km und c=66854 km. Die Masse des Jupiter beträgt etwa 1,899 · 1027 kg. Daraus ergibt sich mithilfe der oben genannten Formeln für das Volumen, die mittlere Dichte und die Oberfläche:

  • Volumen: V=43πa2c=43π(71492 km)266854 km1,43131015 km3
Das ist etwa 1321-mal so viel wie das Volumen der Erde.
  • Mittlere Dichte: ρ=mV=1,8991027 kg1,43131015 km3=1,8991027 kg1,43131024 m31327 kg/m3
Jupiter hat also insgesamt eine etwas höhere Dichte als Wasser unter Standardbedingungen.
  • Oberfläche: A4π((ab)85+(ac)85+(bc)853)58=4π((71492 km71492 km)85+(71492 km66854 km)85+(71492 km66854 km)853)586,151010 km2
Das ist etwa 121-mal so viel wie die Oberfläche der Erde.

Saturn

Saturn hat den Äquatordurchmesser 120536 km und den Poldurchmesser 108728 km. Also gilt für die Halbachsen a=60268 km und c=54364 km. Die Masse des Saturn beträgt etwa 5,683 · 1026 kg. Daraus ergibt sich:

  • Volumen: V=43πa2c=43π(60268 km)254364 km8,27131014 km3
Das ist etwa 764-mal so viel wie das Volumen der Erde.
  • Mittlere Dichte: ρ=mV=5,6831026 kg8,27131014 km3=5,6831026 kg8,27131023 m3687 kg/m3
Saturn hat also insgesamt eine etwas geringere Dichte als Wasser unter Standardbedingungen.
  • Oberfläche: A4π((ab)85+(ac)85+(bc)853)58=4π((60268 km60268 km)85+(60268 km54364 km)85+(60268 km54364 km)853)584,271010 km2
Das ist etwa 84-mal so viel wie die Oberfläche der Erde.

Rugbyball

Ein Rugbyball hat eine Länge von etwa 280 Millimetern und an der Nebenachse einen Durchmesser von etwa 200 Millimetern. Also gilt für die Halbachsen a=100 mm und c=140 mm. Die Masse eines Rugbyballs beträgt etwa 400 Gramm. Daraus ergibt sich:

  • Volumen: V=43πa2c=43π(100 mm)2140 mm5,86106 mm3=5,86103 m3
  • Mittlere Dichte: ρ=mV=400 g5,86103 m3=0,4 kg5,86103 m368 kg/m3

Kuppel des Berliner Reichstagsgebäudes

Die nach der Deutschen Wiedervereinigung neu errichtete Kuppel des Berliner Reichstagsgebäudes hat die Form eines halben Rotationsellipsoiden mit einem Durchmesser von 38 Metern an der Nebenachse und einer Höhe von 23,5 Metern. Also gilt für die Halbachsen a=19 m und c=23,5 m. Daraus ergibt sich das Volumen

V=23πa2c=23π(19 m)223,5 m17767,8 m3.[2][3]

Siehe auch

Vorlage:Wiktionary

Einzelnachweise

  1. Beyer, CRC Handbook of Mathematical Sciences, 5th Edition, S. 198.
  2. Georg Glaeser: Geometrie und ihre Anwendungen in Kunst, Natur und Technik, 4. Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH Berlin 2022, ISBN 978-3-662-64382-2, Seite 233
  3. Guide zum Reichstag Berlin Tourist Information, abgerufen am 3. Oktober 2022