PT2-Glied

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PT2-Glied im Strukturbild

Als PT2-Glied bezeichnet man ein LZI-Übertragungsglied in der Regelungstechnik, welches ein proportionales Übertragungsverhalten mit einer Verzögerung 2. Ordnung aufweist. Bedingt durch seine konjugiert komplexen Pole antwortet das PT2-Glied (auch PT2kk-Glied bezeichnet) gegenüber einer Eingangssignal-Änderung mit einem oszillatorisch gedämpften Ausgangssignal.

Der Dämpfungsgrad 0<D<1 bestimmt mit dem Zeitverhalten die Schwingeigenschaften des Systems. Bei einem Dämpfungsgrad D1 lässt sich das PT2-Glied in zwei PT1-Glieder zerlegen. Bei einem Dämpfungsgrad D<0 entsteht Instabilität mit steigenden Schwingamplituden.

Schwingfähige lineare Übertragungsglieder entstehen durch Energieaustausch seiner verkoppelten Einzelelemente. Besteht ein Regelkreis mit einer Regelstrecke aus zwei PT1-Gliedern und einer P-Verstärkung von ca. K>1 entsteht bereits nach einer Eingangserregung ein gedämpft schwingendes Ausgangsverhalten.

In der Regelungstechnik ist ein schwaches Überschwingverhalten eines Regelkreises in der Größenordnung von ca. 10 % des Sollwertes häufig erwünscht, weil die Regelgröße schneller den Sollwert erreicht.

Differentialgleichung und Übertragungsfunktion

Gebräuchliche Beispiele eines PT2-Gliedes sind in der Elektrotechnik der R-L-C-Schwingkreis und im Maschinenbau das gedämpfte Federmassependel.

Die allgemeine Form der zugehörigen Differentialgleichung mit der Eingangsvariable u(t) und der Ausgangsvariable y(t) lautet in den verschiedenen Schreibweisen:

a2d2y(t)dt2+a1dy(t)dt+a0y(t)=b0u(t)odera2y¨(t)+a1y˙(t)+a0y(t)=b0u(t)[1].
a und b sind die Koeffizienten (Gewichte) der Differentialglieder.

Wird die Differentialgleichung eines Übertragungssystems mittels des Laplace-Differentiationssatzes in den s-Bereich (auch Bildbereich) transformiert, entsteht aus einer linearen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten die Übertragungsfunktion G(s) als eine rational gebrochene Funktion in Polynom-Darstellung. Sie ist ein wichtiges mathematisches Hilfsmittel zur Lösung von Differentialgleichungen.

Laplace-Transformation der oben genannten Differentialgleichung:

a2s2Y(s)+a1sY(s)+a0Y(s)=b0U(s).

Die Übertragungsfunktion ist definiert als das Verhältnis des Ausgangssignals Y(s) zum Eingangssignal U(s) eines Systems als Funktion der komplexen Frequenz s:

G(s)=Y(s)U(s)=b0a2s2+a1s+a0=b0Nennerpolynom (s)

Die Übertragungsfunktion G(s) wird in eine Normalform des PT2-Gliedes gebracht, indem alle Terme durch a0 dividiert werden. Der Term a1/a0 wird 2DT gleichgesetzt.

Damit entsteht die Normalform der Übertragungsfunktion des PT2-Schwingungsgliedes mit ω0 als Eigenkreisfrequenz:

G(s)=Y(s)U(s)=K1ω02s2+2Dω0s+1=Kω02s2+2Dω0s+ω02

oder mit T=1/ω0:

G(s)=Y(s)U(s)=KT2s2+2DTs+1

Hierbei bezeichnet:

K die Übertragungskonstante bzw. den Verstärkungsfaktor,
ω0 die Kennkreisfrequenz oder Eigenkreisfrequenz und
D die dimensionslose Dämpfung (der Dämpfungsgrad). Häufig wird auch d für Dämpfung verwendet.
s=δ+jω ist die unabhängige Laplace-Variable im komplexen Frequenzbereich (Bildbereich, s-Bereich) mit δ als Realteil[2] und jω als Imaginärteil. Sie erlaubt beliebige algebraische Operationen im s-Bereich, ist aber nur ein Symbol für eine vollzogene Laplace-Transformation und enthält keinen Zahlenwert. Exponenten von s entsprechen dem Grad der Ableitung der Differentiale.

Bestimmung der Pole

Die Nullstellen des Nennerpolynoms (= Pole) einer Übertragungsfunktion G(s) bestimmen ausschließlich das Zeitverhalten eines Übertragungssystems.

Die Pole bewirken folgendes globales Systemverhalten:

  • Pol reell, sp1=δ
Die Sprungantwort eines Übertragungssystems höherer Ordnung mit nur reellen Polen hat ein globales asymptotisches Systemverhalten. Es enthält lauter PT1-Glieder.
  • Pole konjugiert komplex, sp1;p2=δ±jω. Unter Konjugation versteht man in der s-Ebene einen um die reelle Achse gespiegelten Doppelpol. Bei PT2-Gliedern mit Schwinganteilen sind die Pole konjugiert komplex.
Die Sprungantwort eines Übertragungssystems höherer Ordnung mit nur einem konjugiert komplexen Doppelpol hat ein globales gedämpftes Schwingverhalten.
  • Pol sp=Null entspricht einem fehlenden Abschlussglied der Übertragungsfunktion. Koeffizient a0=0
Die Sprungantwort eines Übertragungssystems höherer Ordnung ohne Abschlussglied a0=0 bildet die Teilübertragungsfunktion 1/s und bewirkt ein globales integrales Systemverhalten.

Sind die Realteile von Nullstellen und Polstellen negativ, handelt es sich um ein stabiles System. Negative Realteile der Pole bedeuten asymptotische Stabilität des Teilsystems.

Die Pole (Nullstellen des Nennerpolynoms) lassen sich nun bestimmen, indem das Nennerpolynom der Übertragungsfunktion gleich Null gesetzt wird.

Sind Zahlenwerte einer Übertragungsfunktion in der Polynomdarstellung gegeben, können mit verschiedenen Methoden, wie mit der pq-Formel, die Pole für Systeme zweiter Ordnung bestimmt werden. Im Internet stehen verfügbare Programme bis 4. Ordnung mit dem Aufruf „Nullstellen (Lösungen) von Polynomen bestimmen“ zur Verfügung.

Für Systeme mit Polynomen 2. Ordnung der Form s2+ps+q=0 errechnen sich die Nullstellen bzw. die Pole:

sp1;p2=p2±p24q.

Bestimmung der Kreisfrequenz ω des PT2-Gliedes

Man unterscheidet bei gedämpften und ungedämpften Übertragungssystemen:

  • ω0 = Kennkreisfrequenz des ungedämpften Übertragungssystems.
  • ωd = Eigenkreisfrequenz des gedämpften Übertragungssystems.
  • Die Eigenkreisfrequenz ωd eines gedämpften Übertragungssystems und deren Schwingamplituden sind stets kleiner als die Kennkreisfrequenz ω0 und deren Schwingamplituden des ungedämpften PT2-Gliedes.

Aus der Normalform der Übertragungsfunktion eines gedämpften PT2-Gliedes kann die Kennkreisfrequenz ω0=2πf0 aus dem Koeffizienten T2 gebildet werden.

Bei einer gegebenen Übertragungsfunktion sind die Koeffizienten T2 wie auch 2DT je Zahlenwerte.[3]

G(s)=Y(s)U(s)=K1ω02s2+2Dω0s+1=KT2s2+2DTs+1mitT=1ω0

Aus dem Koeffizienten T2 wird die Kennkreisfrequenz ω0=1T=2πf0 des dämpfungslosen Systems bestimmt.

ω0=1T2=2πf0.

Aus dem Zahlenwert des Koeffizienten für 2DT wird die Dämpfung D errechnet.

Mit steigendem Dämpfungswert D verringert sich die Schwingfrequenz und die Amplitude der Systemantwort (Übergangsfunktion). Bei D=1 geht die gedämpfte Schwingung in einen aperiodischen Verlauf zweiter Ordnung bzw. bei weiter steigendem D>1 in einen Kriechfall über.

Die Eigenkreisfrequenz des gedämpft schwingenden System wird bestimmt durch:

ωd=ω01D2

Die Schwingfrequenz fd des gedämpften Systems lautet:

fd=ωd2π

Die Periodendauer Td des gedämpft schwingenden Systems lautet:

Td=1fd

Bestimmung der Übertragungsfunktion eines PT2-Gliedes aus einer gegebenen graphischen Darstellung der Sprungantwort

Stabiles schwingfähiges System 0 < D < 1

Ist die Sprungantwort dieses Systems grafisch gegeben, kann die Übertragungsfunktion des PT2-Gliedes (PT2kkSchwingungsglied) aus dem Amplitudenverhältnis der zwei ersten Halbwellen errechnet werden.

Mit A1 wird die Amplitude in positiver Richtung und mit A2 die Amplitude in negativer Richtung der ersten Schwingung bezeichnet.

Zunächst wird die Dämpfung der Schwingung berechnet:

D=11+π2(lnA1A2)2

Der Koeffizient T errechnet sich aus der Periodendauer T0 der 1. Schwingung und aus der Dämpfung D:

T=T01D22π

Damit ergibt sich die Übertragungsfunktion mit den errechneten Werten von K=1, D und T zu:

Y(s)U(s)=1T2s2+2DTs+1

Anwendungsbeispiel zur Bestimmung der Parameter eines PT2-Gliedes

Sprungantwort eines PT2-Gliedes mit konjugiert komplexen Polen.
PT2kk-Glied:Y(s)U(s)=10,25s2+0,125s+1

Gegeben Übertragungsfunktion mit Nennerpolynom für 0<D<1

G(s)=Y(s)U(s)=10,25s2+0,125s+1

Gesucht: Pole, Dämpfung, EigenKreisfrequenzen ω0, ωe, Periodendauer Te.

Polynom: 0,25s2+0,125s+1=0|div. 0,25:=s2+0,5s+4=0mit p=0,5; q=4,
sp1;2=p2±p24q=0,52±0,5244=0,25±j1,984,

Ergebnis: Das PT2-Glied lässt sich nicht in weitere PT1-Glieder zerlegen.

Ermittlung der Dämpfung D:

Durch Faktorenvergleich aus der gegebenen Normalform der Übertragungsfunktion ergibt sich die Beziehung:
0,125=2DTmitT=0,25=0,5.
D=0,12520,5=0,125.

Bestimmung der gedämpften Eigenkreisfrequenz ωd nach einem Eingangssprung 1(t):=1/s:

Die ungedämpfte Kennkreisfrequenz ω0 der Sprungantwort des PT2-Gliedes lautet:

ω0=1T=10,5=2.

Die gedämpfte Eigenkreisfrequenz ωd der Sprungantwort des PT2-Gliedes lautet:

ωd=ω01D2=210,1252=1,9843

Die Schwingfrequenz fd des gedämpften Systems lautet:

fd=ωd2π=1,98432π=0,3159

Die Periodendauer der gedämpften Schwingung lautet:

Td=1fd=10,3159=3,1656

Ergebnis: Siehe Periodendauer der Grafik! Bei schwacher Dämpfung sind ω0 und ωd ähnlich.


Bestimmung der Übertragungsfunktion für reelle Pole D1:

Gegeben: Übertragungsfunktion
G(s)=Y(s)U(s)=10,125s2+0,75s+1
Gesucht: Zerlegung in weitere PT1-Glieder:
Polynom: 0,125s2+0,75s+1=0|div. 0,125:=s2+6s+8=0mit p=6; q=8
sp1;2=p2±p24q=62±6248=3±1sp1=2;sp2=4.

Das zu Null gesetzte Polynom wurde oben durch den Faktor 0,125 dividiert und muss berücksichtigt werden.

Übertragungsfunktion in Pol-Darstellung und Zeitkonstanten-Darstellung:

G(s)=Y(s)U(s)=8(ssp1)(ssp2)=8(s+4)(s+2)=1(0,25s+1)(0,5s+1)

Stabiles nicht schwingfähiges PT2-System, D > 1

Zur Identifikation der Zeitkonstanten und Verstärkung eines nicht schwingenden PT2-Systems bieten sich mehrere Verfahren an:

  • Identifikation über die Impulsantwort für Übertragungssysteme beliebiger Ordnung, siehe Artikel Regelstrecke
  • Zeit-Prozent-Kennwert-Verfahren (Schwarze) nach der Sprungantwort mit Zeitwerten von y10, y50, y90 [Prozent]. Dieses Verfahren gilt auch für nichtschwingende Übertragungsglieder höherer Ordnung. Siehe Artikel Regelstrecke
  • Falls ein selbst erstelltes oder kommerzielles Rechenprogramm für grafische Sprungantworten vorliegt: empirische Lösung durch Versuch und Irrtum.

Das folgende Verfahren und die Gleichungen wurden durch numerische Simulation und der Optimierung von Funktionen bestimmt.[4]

Vorgehensweise:

PT2 Sprungantwort. Messung von k, t25 und t75
PT2-Glied:Y(s)U(s)=2(1+0,5s)(1+s)
  • Messung der Sprungantwort des Systems mit dem Eingangssprung u(t) und der Sprungantwort des Systems y(t).
  • Bestimme die Zeiten t25 und t75 ausgehend vom Sprungzeitpunkt bis zu dem Zeitpunkt, wo die Sprungantwort 25% bzw. 75% vom stationären Ausgangswert erreicht hat.
  • Bestimme die stationäre Verstärkung k=limty(t)u(t)
  • Berechne folgende Zwischengrößen: r, P, X
r=t25t75
P=18,56075r+0,57311r0,20747+4,16423
X=14,2797r39,3891r2+0,25437r+1,32148
  • Berechne die beiden Zeitkonstanten T1 und T2 mit
T2=t75t25X(1+1/P)
T1=T2P
  • Darstellung der identifizierten Übertragungsfunktion
G(s)=k(1+sT1)(1+sT2)

Berechnungsbeispiel der Identifizierung einer Übertragungsfunktion aus der Sprungantwort:

  • Ablesung der Daten aus dem y(t)-Diagramm
y25=0,5  t25=0,7y75=1,5  t75=2,0
  • Anhand der Gleichungen ergibt sich für: k=2, r=0,31, P=1,6123, X=0,8726
  • Errechnete Zeitkonstanten: T2=0,9195, T1=0,5703.

Anmerkung: Durch eine genaue numerische Berechnung (Auflösung Δt=0,001 [s]) der Sprungantwort eines PT2-Gliedes wurde festgestellt, dass vorgegebene Soll-Zeitkonstanten T1* und T2* nicht genau mit den errechneten Zeitkonstanten T1, T2 (Abweichung ca. 6 %) übereinstimmt, dennoch ein brauchbares Ergebnis brachten.

Die Ursache: Das Ergebnis der berechneten Zeitkonstanten ist offensichtlich eine gute Annäherung an die tatsächliche Funktion der Sprungantwort. Es wurde empirisch festgestellt, dass in einem Bereich von maximal ±20 % der kleineren Zeitkonstante T die Beziehung der Soll-Zeitkonstanten zu den errechneten Zeitkonstanten gilt:

T2*+T1*=T2+T1| Gilt für einen Bereich von maximal ±20 % der kleineren Zeitkonstante T.

Daraus lässt sich beispielsweise für die dargestellte Grafik ableiten, dass die vermutete ursprüngliche Übertragungsfunktion wie folgt lautete:

G(s)=2(1+0,5s)(1+s)2(1+0,5703s)(1+0,9195s).

In der grafischen Darstellung der Sprungantworten in einem Diagramm 10 * 10 [cm] ist der Verlauf der beiden Funktionen y(t) praktisch deckungsgleich. Die unnötige hohe Stellenzahl (bis 7 Ziffern einschließlich Dezimalstellen) der Faktoren (Konstanten) kann auf 4 Ziffern einschließlich der Dezimalstellen begrenzt werden, ohne dass sich am Ergebnis der Zeitkonstanten etwas ändern würde.

Methoden der Berechnung des Zeitverhaltens von Übertragungsgliedern G(s)

  • Lösung aus der gewöhnlichen Differentialgleichung bis maximal zweiter Ordnung (sehr umständlich).
  • Lösung aus der Übertragungsfunktion:
    • durch Partialbruchzerlegung in einfache additive Terme, die sich leicht in den Zeitbereich transformieren lassen.
    • durch Anwendung von Laplace-Transformationstabellen, welche die korrespondierenden Gleichungen im Zeitbereich enthalten.
Die Berechnung des Zeitverhaltens eines PT2-Gliedes aus der Übertragungsfunktion G(s) wird üblicherweise für normierte Eingangssignale U(s) durchgeführt. Zur Berechnung der Sprungantwort mit dem Eingangssignal u(t)=1(t):=U(s):=1s wird der Übertragungsfunktion der Term 1s multiplikativ angehängt. Wird letzteres nicht durchgeführt, erhält man an Stelle der Sprungantwort die Impulsantwort.
Anmerkung: enthält ein Übertragungssystem Schwingungsanteile, ergeben sich laut Transformationstabellen aufwendige trigonometrische Gleichungen.
  • Benutzung fertiger kommerzieller Programme, wie Matlab und Simulink.
  • Umwandlung von gewöhnlichen Differentialgleichungen eines Übertragungssystems in Differenzengleichungen, die sich tabellarisch leicht lösen lassen.
Eine Differenzengleichung ist eine numerisch lösbare rekursive Berechnungsvorschrift für eine diskret definierte Folge von nummerierten Folgeelementen bzw. Stützstellen yk im Abstand eines meist konstanten Intervalls Δx oder bei zeitabhängigen Systemen Δt.
siehe Artikel Differenzengleichung (Differenzenverfahren)

Berechnung der Sprungantwort eines PT2-Gliedes im Zeitbereich

Die in jedem guten Fachbuch der Regelungstechnik dargestellten Tabellen der wichtigsten Laplace-Transformationen erlauben die Berechnung des Zeitverhaltens eines Übertragungssystems für eine gegebene Übertragungsfunktion G(s).

Die Korrespondenz-Tabellen enthalten für die nachfolgend dargestellten definierten Formen der Eingangssignale U(s) die zugehörigen Gleichungen zur Berechnung des Ausgangssignals im Zeitbereich y(t). Um die Gleichung zur Berechnung das Zeitverhaltens des Übertragungssystems zu bestimmen, muss die gegebene Übertragungsfunktion G(s) mit der Art des Eingangssignals U(s) multipliziert werden.

Folgende normierte Laplace-transformierte Eingangssignale U(s) lauten:

  • Impulsfunktion: Uδ(s)=1.
  • Einheitssprung, Sprungfunktion: Uσ(s)=1s.
  • Anstiegsfunktion Ua(s)=1s2.
  • Sinusfunktion Us(s)=ωs2+ω2.

Für die Bestimmung des Zeitverhaltens eines PT2/-Gliedes lautet die in der Transformationstabelle zu suchende Form der Gleichung:

Y(s)=G(s)U(s)Suchbegriff.
y(t)=1{G(s)U(s)}Suchbegriff.

Die Laplace-Rücktransformation in den Zeitbereich mit Hilfe von Laplace-Transformationstabellen erfolgt mit der gesuchten Funktion G(s), multipliziert mit dem gewünschten Eingangssignal U(s).

Für den Einheitssprung Uσ(s)=1s auf das PT2-Glied gilt:

Y(s)=1sK1ωd2s2+2Dωds+1

oder

Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1

Fallunterscheidung der Sprungantwort nach dem Dämpfungsgrad D = 0; D = 1; D > 1; D < 0

  • Für D=0: Das System antwortet mit einer konstanten Dauerschwingung um den Wert der Verstärkung K. Damit verschwindet der Term 2DT in der Übertragungsfunktion und die Gleichung für die Berechnung des Zeitverhaltens vereinfacht sich.
  • Für D1 vereinfacht sich die Gleichung zur Berechnung des Zeitverhaltens, weil das Übertragungsverhalten durch zwei PT1-Glieder der Übertragungsfunktion bestimmt wird.
Bei D=1 sind die Zeitkonstanten der Übertragungsfunktion T1=T2.
  • Für D<0 ergibt sich ein konjugiert komplexer Doppelpol mit positivem Realteil. Der Term 2DT wird negativ. Das Übertragungsglied antwortet mit instabilen zunehmend steigenden Amplituden.
Anmerkung: Die instabilen Verzögerungsglieder, fälschlicherweise instabile PT2-Glieder genannt, haben kein proportionales Verhalten. Man kann sie als Instabile T2-Glieder bezeichnen.

Zeitverhalten der Sprungantwort eines PT2-Gliedes als Funktion der Dämpfung

Je nach gegebenen Zahlenwerten einer Übertragungsfunktion G(s) ergeben sich unterschiedliche Darstellungen des Systemzeitverhaltens.

G(s)=Y(s)U(s)=b0a2s2+a1s+a0:=KT1T2s2+(T1+T2)s+1:=KT2s2+2DTs+1.
  • Liegen die Zahlenwerte einer Übertragungsfunktion in Polynomdarstellung vor, lassen sich die 2 Pole spi des Nennerpolynoms bestimmen. Sind sie negativ und reell lassen sich die Zeitkonstanten T1=1sp1undT2=1sp2 errechnen.
  • Sind die Pole konjugiert komplex mit negativem Realteil, lässt sich das System nicht in PT1-Glieder aufspalten. Dabei handelt es sich um einen (gespiegelten) Doppelpol, welcher bei der Sprungantwort des Systems eine gedämpfte Schwingung hervorruft.
Je nach Zahlenwerten lassen sich mit T=T2 und D=1, D=0, D=1 verschiedene Formen des Übertragungsverhaltens des Systems darstellen.

Anmerkung: Die Übertragungsfunktion als Suchfunktion in den Laplace-Transformationstabellen ändert sich für die Dämpfungsgrade D=0, D=1 und D=1. Damit ändern sich auch die Gleichungen für den Zeitbereich.[5]

Dämpfung Normierte Sprungantwort y(t)=1{G(s)1s} Kommentar
D>1

Kriechfall

Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1T1T2

y(t)=K[1T1T1T2etT1+T2T1T2etT2]
Der Systemausgang enthält keine Schwinganteile. Der asymptotische Zeitverlauf der Sprungantwort wird durch zwei PT1-Glieder mit unterschiedlichen Zeitkonstanten bestimmt. Die größere Zeitkonstante dominiert den Verlauf.
D=1

aperiodischer Grenzfall

Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1T1=T2

y(t)=K[1etT1tT1etT2]
Darstellung 1):
T1 = T2 = 2; D = 1
0<D<1
stabiler Schwingfall
Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1=1s(0,25s2+0,125s+1)
y(t)=K[111D2eDω0tsin(ω01D2t+arccosD)] ωe=ω01D2
Das System enthält 2 konjugiert komplexe Pole: sp1/2=0,25±j1,98.
T=0,5; D=0,125
D=0
grenzstabiler Schwingfall
Y(s)=1sKT2s2+1=1s(0,25s2+1)

y(t)=siehe Laplace-Transformationstabelle

Das System enthält 2 konjugiert komplexe Pole: sp1/2=0±j2.
T=0,5; D=0; K=1
1<D<0
instabiler Schwingfall
Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1=1s10,25s20,125s+1

y(t)=siehe Laplace-Transformationstabelle(D ist negativ)

Das System enthält 2 konjugiert komplexe Pole mit positivem Realteil: sp1/2=0,25±j1,98.
T=0,5; D=-0,125
D<1

instabiler Kriechfall

Y(s)=1sKT2s2+2DTs+1=1s150s215s+1
y(t)=K[1T1T1T2etT1+T2T1T2etT2]T1T2

Das System enthält 2 reelle positive Pole und lässt sich damit in 2 instabile T1-Glieder aufspalten. sp1=0,1, sp2=0,2, T=7,07, D=1,06, T1=10, T2=5
T1=10, T2=5, D=-1,06, K=1.
Sprungantwort eines PT2-Gliedes (K = 2, T = 1, D = 0.2; 1; 5)


Beispielverläufe der Sprungantworten für unterschiedliche D-Werte: (D=0; D=0,2; D=1; D=5).

Die Übertragungsfunktionen G(s) der dargestellten Grafikverläufe lassen sich anhand von Faktorenvergleich mit der Grundform bestimmen. Für alle Verläufe gilt T=1; K=2:

  • Für das PT2kk-Glied mit D=0 lautet die Übertragungsfunktion:
G(s)=Y(s)U(s)=2s2+1
  • Für das PT2kk-Glied mit D=0,2 lautet die Übertragungsfunktion:
G(s)=Y(s)U(s)=2s2+0,4s+1
  • Für das PT2-Glied mit D=1 lautet die Übertragungsfunktion:
G(s)=Y(s)U(s)=2s2+2s+1=2(s+1)2
  • Für das PT2-Glied mit D=5 lautet die Übertragungsfunktion (Verfahren siehe Berechnungsbeispiel):
G(s)=Y(s)U(s)=2s2+10s+1=2(s+9,899)(s+0,101)=2(0,011s+1)(9,90s+1)
mit sp1=9,899;sp2=0,101

Grafische Methoden des Bodediagramms und der Ortskurve zur Bestimmung der Stabilität

Eine Phasenverschiebung von φ < −180° und eine Verstärkung > 1 führt von der Gegenkopplung zur Mitkopplung und damit zur oszillierenden Instabilität, wenn der Regelkreis geschlossen wird.

Aus diesem Verhalten hat der amerikanische Physiker Harry Nyquist Stabilitätskriterien abgeleitet, die sich auf den offenen Regelkreis beziehen und für die Schließbedingung des Regelkreises anzuwenden sind.

Die grafischen Stabilitätsverfahren über das Bodediagramm und der Ortskurve des Frequenzgangs dienen dem Verständnis von Teilgebieten der Systemtheorie, sind aber keine Alternativen zur numerischen Berechnung eines Regelkreises, bei dem tabellarisch das innere Teil-Systemverhalten für jede Berechnungsfolge y(k·Δt) dargestellt und grafisch der zeitliche Signalverlauf verschiedener Ausgangsgrößen für eine beliebige Eingangsgröße gezeigt wird.

Bodediagramm

Beim PT2-Glied ist

F(jω)=K1+2Djωω0+(jωω0)2

der Frequenzgang. Daher gilt für den Amplituden- und Phasengang im Bodediagramm:

|F(jω)|=K(1(ωω0)2)2+(2Dωω0)2
φ(ω)=arctan(2Dωω01(ωω0)2)

Die folgende Abbildung zeigt den Amplituden- und Phasengang. Typisch für ein PT2-Glied ist der Abfall der Amplitude um 40 dB je Dekade. Auch ist die Phasenverschiebung von 180° kennzeichnend. An der Überhöhung im Amplitudengang kann man erkennen, dass für die Dämpfung 0<D<12 gelten muss. Keine Überhöhung bedeutet eine Dämpfung D12 .

Bei der Kennkreisfrequenz (= Eckfrequenz 100) hat die Phasenverschiebung einen Wert von −90°. Mit zunehmend steigenden Frequenzen beträgt die Phasenverschiebung maximal |-180|°.

Bodediagramm eines PT2-Gliedes (K = 2, T = 1, D = 0.2; 1; 5)

Ortskurve des Frequenzgangs

Die Frequenzganggleichung des offenen Kreises wird nach Realteil und Imaginärteil aufgelöst und in ein Koordinatensystem eingetragen. Die senkrechte Achse zeigt die Daten der Imaginärteile, die waagerechten Achse die Realteile.

Die Ortskurve (0ω) des PT2-Gliedes verläuft vom Punkt K auf der positiven reellen Achse in Abhängigkeit von der Dämpfung d durch den vierten und dritten Quadranten für ω aus Richtung der negativen reellen Achse in den Punkt 0.

Ortskurve eines PT2-Gliedes (K = 2, T = 1, D = 0.2; 1; 5)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Literatur
  2. Autor: Jan Lunze / Regelungstechnik 1; Springer Vieweg, Berlin, 8. Auflage 2014, ISBN 978-3-642-53943-5; Hauptkapitel: Übertragungsfunktion, Unterkapitel: Pole und Nullstellen.
  3. Gerd Schulz: Regelungstechnik 1. 2007, Kapitel „Schwingfähige PT2-Strecken“.
  4. Vorlage:Internetquelle
  5. Lutz / Wendt: Taschenbuch der Regelungstechnik mit MATLAB und Simulink, Kapitel: PT2-Element, Proportional-Element mit Verzögerung II. Ordnung.