Klassenkörper

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In der algebraischen Zahlentheorie versteht man unter einem Klassenkörper K über einem vorgegebenen algebraischen Zahlkörper k eine Galoissche Erweiterung K/k, deren Automorphismengruppe Gal(K/k) zu einer verallgemeinerten Idealklassengruppe 𝒞k des Grundkörpers k isomorph ist. Der Isomorphismus Gal(K/k)𝒞k motiviert die Bezeichnung von K als Klassenkörper. Da jede verallgemeinerte Idealklassengruppe 𝒞k eine abelsche (kommutative) Gruppe ist, sind alle Klassenkörper K von k abelsche Erweiterungen. Diese Verallgemeinerungen der gewöhnlichen Klassengruppe k/k, also des Quotienten der Gruppe der gebrochenen Ideale von k nach der Untergruppe der Hauptideale, müssen im nachfolgenden Abschnitt genau beschrieben werden, um die Klassenkörper über k präzise definieren zu können.

Verallgemeinerte Idealklassengruppen

Eine verallgemeinerte Idealklassengruppe 𝒞k eines algebraischen Zahlkörpers k mit Ganzheitsring 𝒪k wird folgendermaßen definiert.

Es sei 𝔪0 ein ganzes Ideal von 𝒪k, also 𝔪0=𝔭1v1𝔭tvt mit t0, Primidealen 𝔭1,,𝔭t von 𝒪k und positiven ganzen Exponenten vi1. (v1,,vt können als Werte v1(𝔪0),,vt(𝔪0) von nicht-archimedischen Stellen von k aufgefasst werden.) Besitzt k die Signatur (r1,r2), mit r1 reellen Einbettungen und r2 Paaren von konjugiert-komplexen Einbettungen, und daher den Grad [k:]=r1+2r2, dann seien w1,,ws mit 0sr1 reelle archimedische Stellen von k. Diese Stellen werden zusammengefasst in einem formalen Kongruenzmodul, der auch Erklärungsmodul oder Divisor genannt wird, 𝔪=𝔪0𝔪 mit dem quadratfreien formalen Produkt 𝔪=w1ws, also

(1)𝔪=𝔪0𝔪=𝔭1v1𝔭tvtw1ws.

Die Gruppe der zu 𝔪0 teilerfremden gebrochenen Ideale von k wird mit k(𝔪) bezeichnet. Sie enthält eine Untergruppe k(𝔪) von Hauptidealen, den sogenannten Strahl modulo 𝔪 von k, dessen Elemente (α) den folgenden Bedingungen genügen.

  • vi(α1)vi(𝔪0), für alle 1it, und
  • wj(α)>0, für alle 1js.

Diese Bedingungen werden als formale multiplikative Kongruenz α1(mod×𝔪) notiert.

Der Quotient

(2)𝒞k(𝔪)=k(𝔪)/k(𝔪)

heißt Strahlklassengruppe modulo 𝔪 von k und für jede Zwischengruppe k(𝔪)Hk(𝔪) ist der Quotient

(3)𝒞k=k(𝔪)/H

eine verallgemeinerte Idealklassengruppe von k im Sinne von H. Weber.[1]

Für den Beweis des Isomorphie-Satzes Gal(K/k)k(𝔪)/H benötigt man noch die mittels der Frobenius-Automorphismen definierte Artin-Abbildung.

Frobenius-Automorphismus und Artin-Abbildung

Zunächst sei K/k eine beliebige endliche Galois-Erweiterung algebraischer Zahlkörper mit Ganzheitsringen 𝒪K und 𝒪k. Ist dann 𝔓 ein Primideal von 𝒪K, welches über einem Primideal 𝔭 von 𝒪k liegt, also 𝔓𝒪k=𝔭, dann wird die zyklische Galoisgruppe G=Gal((𝒪K/𝔓)/(𝒪k/𝔭)) der zugehörigen Erweiterung von endlichen Restklassenkörpern (𝒪K/𝔓)/(𝒪k/𝔭)𝔽N(𝔓)/𝔽N(𝔭) durch den lokalen Frobenius-Automorphismus von 𝔭 mit der Abbildungsvorschrift fr𝔭:xxN(𝔭) erzeugt, also G=fr𝔭. Die Inklusion der Trägheitsuntergruppe (inertia subgroup) in die Zerlegungsuntergruppe (decomposition subgroup) von 𝔓/𝔭 bewirkt eine exakte Sequenz 1I(𝔓/𝔭)D(𝔓/𝔭)G1 und wenn jetzt 𝔓/𝔭 unverzweigt bleibt, dann wird I(𝔓/𝔭)=1 und die Sequenz entartet zu einem Isomorphismus D(𝔓/𝔭)G=fr𝔭, der sich als globaler Frobenius-Automorphismus D(𝔓/𝔭)=σ𝔓Gal(K/k) mit der Kongruenzbedingung σ𝔓(x)xN(𝔓)(mod𝔓) fortsetzt. Die Frobenius-Automorphismen der zu 𝔓 konjugierten Primideale τ𝔓/τ𝔭=𝔭 mit τGal(K/k) sind gegeben durch στ𝔓=τσ𝔓τ1. Wenn schließlich K/k eine abelsche Erweiterung ist, dann sind alle konjugierten Frobenius-Automorphismen identisch und werden mit σ𝔭:=σ𝔓=στ𝔓 bezeichnet.

Für eine abelsche Erweiterung K/k mit Relativdiskriminante 𝔇, außerhalb derer ja alle Primideale unverzweigt sind, braucht daher die zugehörige Artin-Abbildung σ=σK/k:k(𝔇)Gal(K/k) aufgrund multiplikativer Fortsetzung nur auf den Primidealen erklärt zu werden durch 𝔭σ𝔭, in Termen der globalen Frobenius-Automorphismen. Sie ist ein Epimorphismus mit Kern H:=k(𝔇)NK/k(k(𝔇)), also k(𝔇)/HGal(K/k).

Hauptsätze der Klassenkörpertheorie

Die Hauptsätze in der klassischen ideal-theoretischen Sprechweise wurden 1920 von T. Takagi publiziert und können folgendermaßen formuliert werden.[2][3]

Existenz und Eindeutigkeit

Zu einem formalen Kongruenzmodul 𝔪=𝔪0𝔪 von k und einer vorgegebenen Zwischengruppe k(𝔪)Hk(𝔪) gibt es genau eine abelsche Erweiterung K/k, in der höchstens Primideale 𝔭𝔪0 verzweigt sind und höchstens reelle archimedische Stellen w𝔪 komplex werden, die also außerhalb von 𝔪 unverzweigt ist, sodass

  • die Idealnormengruppe k(𝔪)NK/k(k(𝔪)) der Erweiterung K mit H übereinstimmt und
  • die Galoisgruppe Gal(K/k) zur verallgemeinerten Idealklassengruppe k(𝔪)/H isomorph ist.

Führer-Satz

Zu einer endlichen abelschen Erweiterung K/k gibt es (genau) einen minimalen Divisor 𝔣=𝔪0𝔪 von k, den sogenannten (Relativ-)Führer von K/k, sodass die folgenden drei Bedingungen erfüllt sind.

  • Ein Primideal 𝔭 von 𝒪k ist genau dann verzweigt in K, wenn 𝔭𝔪0.
  • Eine reelle archimedische Stelle w von k wird genau dann komplex in K, wenn w𝔪.
  • Für jedes Vielfache 𝔪 des Führers 𝔣, also für jeden Divisor 𝔪 von k mit 𝔣𝔪, gibt es eine Zwischengruppe k(𝔪)Hk(𝔪), sodass Gal(K/k)k(𝔪)/H.

Zerlegungs-Satz

Es sei K/k eine endliche abelsche Erweiterung mit zugehöriger Idealgruppe H, wobei k(𝔪)Hk(𝔪), und 𝔭 sei ein Primideal des Grundkörpers k. Ist dann H𝔭 die kleinste H enthaltende Idealgruppe von k, deren Führer zu 𝔭 teilerfremd ist, besitzt sie den Index (k(𝔪):H𝔭)=e, und ist 𝔭f die kleinste Potenz von 𝔭, die in H𝔭 enthalten ist, dann zerfällt 𝔭 in K in e-te Potenzen verschiedener Primideale 𝔓 vom Relativgrad f.

Anordnungs-Satz

Sind K1/k und K2/k abelsche Erweiterungen mit Führern 𝔣1 und 𝔣2 und ist 𝔪 ein gemeinsames Vielfaches von 𝔣1 und 𝔣2 (zum Beispiel, aber nicht zwingend, das kleinste gemeinsame Vielfache) mit entsprechenden Zwischengruppen k(𝔪)H1,H2k(𝔪), dann gilt das Antitonie-Prinzip:

(4)K1K2 genau dann, wenn H1H2.

Die logische Struktur dieser Sätze ist für Unterrichtszwecke von H. Hasse und A. Scholz in besonders vorbildlicher didaktischer und propädeutischer Weise noch weiter aufgegliedert worden.[4]

Strahlklassenkörper

Die maximale außerhalb von 𝔪 unverzweigte abelsche Erweiterung F𝔪(k) von k entspricht nach dem Anordnungssatz der minimalen Zwischengruppe k(𝔪)=H<k(𝔪), also dem Strahl modulo 𝔪 von k, und heißt der Strahlklassenkörper modulo 𝔪 von k mit Galoisgruppe Gal(F𝔪(k)/k)k(𝔪)/k(𝔪) isomorph zur Strahlklassengruppe modulo 𝔪 von k. Jede andere außerhalb von einem Teiler 𝔣𝔪 unverzweigte abelsche Erweiterung K von k ist notwendigerweise in F𝔪(k) enthalten und heißt der zur Idealnormengruppe H=k(𝔣)NK/k(k(𝔣)) gehörige Klassenkörper von k. Es sei ausdrücklich hervorgehoben, dass somit der Strahlklassenkörper F𝔪(k) ein ganzes (im Allgemeinen nur partiell aber nicht total geordnetes) Netzwerk von kleineren Strahlklassenkörpern F𝔣(k) umfasst, entsprechend dem kompletten Teilerverband 𝔣𝔪 des Kongruenzmoduls 𝔪.

Unverzweigte Erweiterungen

Im Sonderfall des Eins-Ideals 𝔪=(1)=𝒪k als Kongruenzmodul entartet der Strahl modulo 𝔪 zur Hauptidealgruppe k(𝔪)=k und der Existenz- und Eindeutigkeitssatz liefert das folgende spezielle Ergebnis. Es existiert genau eine maximale überall unverzweigte abelsche Erweiterung F1(k)/k, deren Galoisgruppe Gal(F1(k)/k)k/k isomorph zur gewöhnlichen Idealklassengruppe von k ist. Sie heißt Hilbertscher Klassenkörper von k und für sie gilt der spezielle Zerlegungssatz: Ein Primideal 𝔭 von 𝒪k ist in F1(k) genau dann voll zerlegt, wenn es ein Hauptideal ist. Bei voller Zerlegung ist nämlich die Gruppe D(𝔓/𝔭)=1 trivial, also auch der Frobenius-Automorphismus σ𝔭=1 und 𝔭ker(σ)=k liegt im Kern der Artin-Abbildung.

Nimmt man weiterhin den trivialen Erklärungsmodul 𝔪=(1), vergrößert aber die Zwischengruppe kHk derart, dass H/k für eine vorgegebene Primzahl p genau der Nicht-p-Anteil von k/k ist, dann folgt die Existenz genau einer maximalen überall unverzweigten abelschen p-Erweiterung Fp,1(k)/k, deren Galoisgruppe Gal(Fp,1(k)/k)𝒞p,k=Sylp(𝒞k) isomorph zur Sylow p-Untergruppe der Idealklassengruppe von k ist. Sie heißt Hilbertscher p-Klassenkörper von k. Nach dem Anordnungssatz ist kFp,1(k)F1(k). Durch die iterierte Konstruktion der Folge von höheren p-Klassenkörpern entsteht der p-Klassenkörperturm. Im Gegensatz zu den in diesem Artikel behandelten durchwegs abelschen Klassenkörpern über dem Grundkörper, ist der Turm jedoch ein nicht-abelsches Phänomen.

Schließlich sei noch die Situation betrachtet, dass zwar sämtliche Primideale 𝔭 von 𝒪k, also anders ausgedrückt die nicht-archimedischen Stellen von k, in der abelschen Erweiterung K/k unverzweigt bleiben müssen, dass jedoch die reellen archimedischen Stellen w1,,wr1 in Paare von konjugiert-komplexen archimedischen Stellen zerfallen oder, wie man auch sagt, verzweigen dürfen. Unter Zugrundelegung des formalen Divisors 𝔪:=w1wr1 bleibt zwar k(𝔪)=k wie oben, aber die Untergruppe der Hauptideale k+:=k(𝔪)k sowie deren Nebenklassen werden durch die Positivitäts-Bedingungen in der formalen multiplikativen Kongruenz im Allgemeinen eingeengt, und es gibt eine eindeutig bestimmte maximale an allen nicht-archimedischen Stellen von k unverzweigte abelsche Erweiterung K+/k, sodass die Galoisgruppe Gal(K+/k)𝒞k+=k/k+ isomorph zur Gruppe der engeren Idealklassen von k ist. Diese wird in der Literatur auch (etwas irreführend) als engere Klassengruppe bezeichnet, aber die engere Klassenzahl hk+ kann bis zu 2r1 mal größer als die gewöhnliche Klassenzahl hk sein. K+ heißt der engere Hilbertsche Klassenkörper von k. Nach dem Anordnungssatz ist kF1(k)K+.

Ringklassenkörper

Nimmt man für eine positive ganze Zahl f1 das Hauptideal f𝒪k als Kongruenzmodul 𝔪=f und den sogenannten Ring modulo f von k, H=k(f):=×(f)k(f), als Zwischengruppe k(f)Hk(f) zwischen dem Strahl modulo f und der zu f teilerfremden Idealgruppe von k, dann erhält man als zugehörigen Klassenkörper Kf den Ringklassenkörper modulo f von k mit Galoisgruppe Gal(Kf/k)k(f)/k(f) isomorph zur Ringklassengruppe modulo f von k. Diese Begriffsbildung erweist sich besonders für (imaginäre und reelle) quadratische Grundkörper k=(d) als hilfreich, weil für eine ungerade Primzahl p der p-Ringklassenkörper Kp,f modulo f von k nur Normalkörper kNKp,f mit Diedergruppe der Ordnung 2p als absoluter Galoisgruppe Gal(N/) enthält aber keine Komposita von k mit zyklischen Zahlkörpern vom Grad p und keine nicht-Galoisschen Zwischenkörper. Der p-Ringklassenkörper ist im p-Strahlklassenkörper modulo f enthalten, kKp,fFp,f(k), aber nur letzterer umfasst die genannten Komposita und nicht-Galoisschen Zwischenkörper.

Idele-theoretische Neuformulierung

Die Notwendigkeit, für den Vergleich zweier verschiedener abelscher Erweiterungen K1/k und K2/k mit Führern 𝔣1 und 𝔣2 ein gemeinsames Vielfaches 𝔪 von 𝔣1 und 𝔣2 als Erklärungsmodul finden zu müssen, wird in der modernen Mathematik als veraltet betrachtet, vor allem von französischen Mathematikern. Sie kann nämlich mit Hilfe der durch den französischen Mathematiker C. Chevalley eingeführten eleganteren Begriffe der Idelgruppe Ik und Idelklassengruppe Ck anstelle der Idealgruppe k und Idealklassengruppe 𝒞k eines Zahlkörpers k vermieden werden. Außerdem erlauben diese allgemeineren Begriffe auch die zwanglose Behandlung unendlicher Erweiterungen K/k, allerdings unter Berücksichtigung der zusätzlichen topologischen Struktur. Die Hauptsätze der Klassenkörpertheorie in der modernen idele-theoretischen Sprechweise lauten dann folgendermaßen.

Existenz und Eindeutigkeit

Zu jeder offenen (und zugleich abgeschlossenen) Zwischengruppe k×HIk mit endlichem Index (Ik:H) zwischen der Hauptidelgruppe k× und der Idelgruppe Ik existiert genau eine abelsche Erweiterung K/k, sodass die Idelnormengruppe k×NK/k(IK) der Erweiterung K mit H übereinstimmt.

Oder äquivalent mit der Idelklassengruppe statt mit der Idelgruppe ausgedrückt:

Zu jeder offenen (und zugleich abgeschlossenen) Untergruppe HCk mit endlichem Index (Ck:H) gibt es genau eine abelsche Erweiterung K/k, sodass die Idelklassennormengruppe NK/k(CK) der Erweiterung K mit H übereinstimmt.

Für die Miteinbeziehung unendlicher Erweiterungen benötigt man die Zusammenhangskomponente Dk der Hauptklasse k× in der Idelklassengruppe Ck=Ik/k×:

Zu jeder abgeschlossenen Zwischengruppe DkHCk (also mit total unzusammenhängendem Quotienten Ck/H) existiert genau eine abelsche Erweiterung K/k, sodass Gal(K/k)Ck/H.

Umkehr-Satz

Zu jeder endlichen abelschen Erweiterung K/k gibt es einen Isomorphismus der Galoisgruppe Gal(K/k) zur Normklassengruppe Ik/(k×NK/k(IK))Ck/NK/k(CK) der Idelgruppe IK beziehungsweise der Idelklassengruppe CK der Erweiterung K. Eine nicht-archimedische Stelle, also ein Primideal, 𝔭 des Grundkörpers k ist genau dann unverzweigt in der Erweiterung K, wenn die lokalen 𝔭-adischen Einheiten U𝔭k×NK/k(IK) in der Idelnormengruppe von K enthalten sind. Eine reelle archimedische Stelle w des Grundkörpers k bleibt genau dann reell in der Erweiterung K, wenn die lokalen w-Einheiten (+×)wk×NK/k(IK) in der Idelnormengruppe enthalten sind.

Unter Miteinbeziehung unendlicher Erweiterungen kann man den Satz neu formulieren:

Zu jeder beliebigen abelschen Erweiterung K/k gibt es eine abgeschlossene Zwischengruppe DkHCk, sodass Gal(K/k)Ck/H. Eine nicht-archimedische oder reelle archimedische Stelle w des Grundkörpers k bleibt genau dann unverzweigt in der Erweiterung K, wenn k×Uw/k×H.

Anordnungs-Satz

Sind K1/k und K2/k endliche abelsche Erweiterungen, dann gilt das Antitonie-Prinzip:

(5)K1K2 genau dann, wenn k×NK1/k(IK1)k×NK2/k(IK2).

Hilbertscher Klassenkörper

Gemäß Umkehrsatz ist eine abelsche Erweiterung K/k überall unverzweigt, wenn das Produkt aller lokalen Einheiten U:=wUw in der Idelnormengruppe k×NK/k(IK) von K enthalten ist. Insbesondere muss für die maximale überall unverzweigte abelsche Erweiterung F(k)/k laut Anordnungssatz die zugehörige Zwischengruppe von Idelen minimal sein, also H=k×NK/k(IK)=k×U, woraus sich eine ganz fundamentale Isomorphie der Galoisgruppe von F(k)/k,

(6)Gal(F(k)/k)Ik/k×NK/k(IK)=Ik/k×Uk/k=𝒞k,

zur (gewöhnlichen) Idealklassengruppe des Grundkörpers k ergibt, weil die kanonische Projektion Ikk den Kern U besitzt und k× in k abbildet. Diese maximale überall unverzweigte abelsche Erweiterung von k wird der Hilbertsche Klassenkörper von k genannt.

Satz von Kronecker, Weber und Hilbert

L. Kronecker hat 1853 festgestellt, dass jeder absolut abelsche Zahlkörper K, also mit kommutativer Galoisgruppe Gal(K/) über dem rationalen Zahlkörper, in einem Kreisteilungskörper (zyklotomischen Körper) enthalten ist, aber sein Beweis war unvollständig. H. Weber schlug 1886 einen neuen Beweis vor, der aber ebenfalls noch eine Lücke hatte. Erst D. Hilbert gelang 1896 der vollständige Beweis dieses Kronecker-Weber-Theorems.

Im Rahmen der Theorie der Kreiskörper, aufgefasst als Strahlklassenkörper über kann der Satz relativ leicht bewiesen werden. Es sei also n1 eine positive ganze Zahl und ζn eine primitive n-te Einheitswurzel (etwa exp(2π1/n)), also Kn=(ζn) der n-te Kreisteilungskörper. Dann ist die Artin-Abbildung σ=σ(ζn)/:(n)Gal((ζn)/), pσp, mit σp(ζn)=ζnp, für Primzahlen pn, ein Epimorphismus mit Kern ker(σ)=(𝔪), wobei der Kongruenzmodul 𝔪=nw die einzige reelle archimedische Stelle w von enthält, weil diese ja für n3 im total-komplexen zyklotomischen Körper (ζn) in Paare von konjugiert-komplexen archimedischen Stellen zerfallen oder, wie man auch sagt, verzweigen muss. Also induziert σ einen Isomorphismus (nw)/(nw)Gal((ζn)/)U(/n) zur primen Restklassengruppe modulo n. Ohne die Stelle w landet man notgedrungen bei einer total-reellen Erweiterung, nämlich beim maximalen reellen Teilkörper Kn+=(ζn+ζn1) des n-ten Kreisteilungskörpers Kn=(ζn) und (n)/(n)Gal((ζn+ζn1)/)U(/n)/1.

Das Kronecker-Weber-Theorem in Termen der Klassenkörpertheorie lautet also folgendermaßen: Zu jedem absolut abelschen Zahlkörper K/ gibt es eine positive ganze Zahl n1 und eine Idealgruppe (nw)H(nw), nämlich die Idealnormengruppe H=(nw)NK/(K(nw)), sodass Gal(K/)(nw)/H, und nach dem Anordnungssatz muss K(ζn) sein.

Einzelnachweise