Helmholtz-Gleichung

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Die Helmholtz-Gleichung ist eine partielle Differentialgleichung, die Hermann von Helmholtz im Rahmen einer Studie über Luftschwingungen in Röhren mit offenen Enden[1] 1860 untersuchte, in einer Zeit, in der er sich mit heute sogenannten Helmholtz-Resonatoren befasste. Die Gleichung lautet:

Δφ=λφ

in einem Gebiet Ω mit vorgegebenen Randbedingungen auf dem Rand Ω. Darin ist Δ der Laplace-Operator, φ die Lösungsfunktion (Eigenfunktion) und λ der Eigenwert. Die Gleichung ist ein kontinuierliches Analogon zum diskreten Eigenwertproblem. In der Regel wird die Gleichung von unendlich vielen Eigenwerten und zugehörigen Eigenfunktionen gelöst. In der häufig auftretenden Form

Δφ+κ2φ=0

beschreibt sie einen Schwingungsvorgang[1][2] oder auch Wirbelströmungen, siehe Ebene Wellen in viskositätsfreien Fluiden.

Die Helmholtz-Gleichung ist eine homogene partielle Differentialgleichung (PDGL) zweiter Ordnung aus der Klasse der elliptischen PDGL. Sie ergibt sich z. B. aus der Wellengleichung nach Trennung der Variablen, siehe Reduktion von partiellen Differentialgleichungen auf die Helmholtz-Gleichung. Die Trennung der Variablen gelingt immer in Koordinatensystemen, deren Koordinatenflächen konfokale Quadriken oder deren degenerierten Formen sind, siehe Separation der Helmholtz-Gleichung. Im eindimensionalen Fall n=1 ist die Gleichung vom Typ einer gewöhnlichen Differentialgleichung.

Im Fall λ=0 entsteht die Laplace-Gleichung, die hier nur am Rand erwähnt wird.

Reduktion von partiellen Differentialgleichungen auf die Helmholtz-Gleichung

Wie eingangs angedeutet, können durch Trennung der Veränderlichen einige in der Physik vorkommende partielle Differentialgleichungen auf die Helmholtz-Gleichung und eine Gewöhnliche Differentialgleichung in der Zeit t zurückgeführt werden:[3]

Dazu wird der Separationsansatz ϕ=U(r)T(t) mit einer nur vom Ort r abhängigen Funktion U und einer nur von der Zeit abhängigen Funktion T eingesetzt.

Bei der Diffusionsgleichung ergibt sich aus dem Ansatz

ΔUT=1h2UT˙ΔUU=1h2T˙T

wobei der aufgesetzte Punkt die Zeitableitung symbolisiert. Weil die linke Seite nur vom Ort und die rechte Seite nur von der Zeit abhängt, müssen auf beiden Seiten Konstanten stehen:

ΔUU:=κ2ΔU+κ2U=0,T˙+κ2h2T=0

Somit ist die Diffusionsgleichung überführt in die Helmholtz-Gleichung für U und eine Gewöhnliche Differentialgleichung erster Ordnung in der Zeit für T.

In gleicher Weise entsteht aus der ungedämpften Wellengleichung

ΔU+κ2U=0,T¨+κ2c2T=0,

und aus der gedämpften

ΔU+κ2U=0,T¨+Rc2T˙+κ2c2T=0.

Bei der Leitungsgleichung kommt noch der Term Sϕ=SUT hinzu mit dem Ergebnis

ΔU+κ2U=0,T¨+Rc2T˙+(S+κ2)c2T=0.

Die Lösung der Helmholtz-Gleichung ΔU+κ2U=0 hängt vom Ort und den Randbedingungen ab, wohingegen die Differentialgleichung für T bei jedem Aufgabentyp immer dieselbe ist.

Die Lösung der Diffusionsgleichung ist immer von der Form

ϕ=U(r)eκ2h2t,

wo ex die e-Funktion ist, sodass die Funktion exponentiell mit der Zeit abnimmt. Die ungedämpfte Wellengleichung setzt sich immer aus dem Sinus und Cosinus zusammen, beispielsweise:

ϕ=U(r)sin(κct).

So ergibt sich die Schwingung eines geraden Stabes, siehe Navier-Cauchy-Gleichungen. Bei der gedämpften Schwingung lautet die Lösung

ϕ=U(r)eαt±α2κ2c2t mit α=R2c2,

wobei drei Fälle zu unterscheiden sind:

  • Bei überkritischer Dämpfung mit α>κc hat die Lösung die gleiche Gestalt wie beim Diffusionsproblem, sodass die Funktion exponentiell mit der Zeit gegen null geht.
  • Bei unterkritischer Dämpfung ist α<κc, die Lösung eine exponentiell mit der Zeit abklingende Welle, und die lässt sich mit Konstanten A und B beschreiben mit
ϕ=U(r)[Aeαtcos(ωt)+Beαtsin(ωt)] und ω=κ2c2α2
  • Bei kritischer Dämpfung wird α=κc, sodass die Lösung
ϕ=U(r)(A+Bt)eαt
lautet, deren Auslenkung schnell mit der Zeit abnimmt.

Die Laplace-Gleichung ist der Spezialfall λ=0. Die Poisson-Gleichung Δϕ=f kann durch Substitution auf die Laplace und Helmholtz-Gleichung zurückgeführt werden, wenn f=ϕ+Ω gefunden wird, sodass ΔΩ=0 ist.[3]

Separation der Helmholtz-Gleichung

Die Wahl eines orthogonalen Koordinatensystems, in dem die Randbedingungen eine einfache Form annehmen, erleichtert die Lösung der Helmholtz-Gleichung.[3]Vorlage:Rp Die Lösung wird weiter erleichtert, wenn eine Trennung der Variablen gelingt, was in Koordinatensystemen, deren Koordinatenflächen konfokale Quadriken oder deren degenerierte Formen sind, immer möglich ist[3]Vorlage:Rp[4]Vorlage:Rp

Stäckel-Matrix

Das allgemeine Vorgehen zur Trennung der Variablen hängt von den Eigenschaften der Stäckel-Matrix ab, die mit den Koordinaten u1,2,3 assoziiert ist:[4]Vorlage:Rp

𝐒:=(Φ11(u1)Φ12(u1)Φ13(u1)Φ21(u2)Φ22(u2)Φ23(u2)Φ31(u3)Φ32(u3)Φ33(u3))

In jeder ihrer Zeilen stehen Ansatzfunktionen nur einer Variablen oder Konstanten. Die Stäckel-Determinante ist die Determinante

S:=det(𝐒)=|Φ11(u1)Φ12(u1)Φ13(u1)Φ21(u2)Φ22(u2)Φ23(u2)Φ31(u3)Φ32(u3)Φ33(u3)|

mit den Minoren

M11(u2,u3)=|Φ22Φ23Φ32Φ33|,M21(u1,u3)=|Φ12Φ13Φ32Φ33|,M31(u1,u2)=|Φ12Φ13Φ22Φ23|

Weil nur die Minoren der ersten Spalte benötigt werden, wird der zweite Index Eins im Folgenden weggelassen. Die notwendige und hinreichende Bedingung für eine einfache Separierbarkeit der skalaren Helmholtz-Gleichung istVorlage:Anker

gii=SMi,i=1,2,3,gS=f1(u1)f2(u2)f3(u3)

Darin sind

  • gii=gigi Metrikkoeffizienten, die das Betragsquadrat der kovarianten Basisvektoren gi:=rui des Koordinatensystems sind,
  • g=g11g22g33, und
  • f1,2,3 irgendwelche Funktionen nur einer Koordinate.

Die erste Bedingung bedeutet, dass es möglich sein muss, eine Stäckel-Determinante zu bilden, die in der angegebenen Weise mit den Metrikkoeffizienten zusammenhängt. Die zweite Bedingung ist die Robertson Bedingung,[4]Vorlage:Rp die besagt, dass gS ein separierbares Produkt ist. Wenn das gewährleistet ist, dann bestimmen sich die Faktoren Ui(ui) für die Lösungsfunktion ϕ(u1,u2,u3)=U1(u1)U2(u2)U3(u3) und die Trennungskonstanten αj ausVorlage:Anker

1fiui(fiUiui)+Uij=13αjΦij=0,i=1,2,3

Bei der Helmholtz-Gleichung ist α1=λ und bei der Laplace-Gleichung ist entsprechend α1=0.[3]Vorlage:Rp In zylindrischen Koordinatensystemen ist die Zylinderachse als 3- oder z-Koordinate zu nehmen, wodurch im separierbaren Fall immer eine Stäckel-Matrix in der Form

𝐒:=(0Φ12(u1)Φ13(u1)0Φ22(u2)Φ23(u2)101)

gefunden werden kann. In axialsymmetrischen Koordinatensystemen ist die Symmetrieachse die z/3-Achse und der Drehwinkel um sie ist ψ. Dort ist immer eine Matrix der Form

𝐒:=(Φ11(u1)Φ12(u1)Φ13(u1)Φ21(u2)Φ22(u2)Φ23(u2)001)

ermittelbar.[3]Vorlage:Rp

Beispiel

Koordinatenflächen der parabolischen Koordinaten. Das rote Paraboloid entspricht μ=2, das blaue ν=1 und die gelbe Halbebene ψ=−60°.

Als Beispiel diene die Helmholtz-Gleichung in parabolischen Koordinaten[3]Vorlage:Rp (μ,ν,ψ), mit

r(μ,ν,ψ)=(xyz)=(μνcosψμνsinψ12(μ2ν2)),(μνψ)=(r+zrzatan2(y,x)),r=|r|=x2+y2+z2

siehe Bild. Darin ist atan2 eine Umkehrfunktion des Tangens. Die kovarianten Basisvektoren sind

g1=rμ=(νcos(ψ)νsin(ψ)μ),g2=rν=(μcos(ψ)μsin(ψ)ν),g3=rψ=(μνsin(ψ)μνcos(ψ)0)

aus denen sich die Metrik-Koeffizienten

g11=g22=μ2+ν2=2r,g33=μ2ν2=x2+y2

ergeben. Eine mögliche Stäckel-Matrix ist hier

𝐒=(μ211/μ2ν211/ν2001)

mit der Determinante S=μ2+ν2 und den Minoren

M1=|11/ν201|=1,M2=|11/μ201|=1,M3=|11/μ211/ν2|=μ2+ν2μ2ν2

Die #Bedingungen

g11=SM1=μ2+ν2,g22=SM2=μ2+ν2,g33=SM3=μ2ν2

sind erfüllt und

gS=μν(μ2+ν2)μ2+ν2=μν=f1(μ)f2(ν)f3(ψ)

stimmt mit f1=μ,f2=ν,f3=1. Die Funktionen, die U(μ,ν,ψ)=M(μ)N(ν)Ψ(ψ) ergeben, berechnen sich aus den #Differentialgleichungen

1μddμ(μdMdμ)+M(α1μ2α2α3μ2)=01νddν(νdNdν)+N(α1ν2+α2α3ν2)=0d2Ψdψ2+Ψα3=0

Herleitung

Die Laplace Ableitung in orthogonalen Koordinaten schreibt sich:

Δψ=i=131h1h2h3ui(h1h2h3hi2ψui)

Darin sind hi:=gii die metrischen Faktoren, die gleich den Beträgen der kovarianten Basisvektoren im orthogonalen Koordinatensystem sind.

Multiplikation der #Differentialgleichungen mit M1U2U3S,M2U1U3S bzw. M3U1U2S mit den Minoren M1,2,3 und der Determinante S einer Stäckel-Matrix liefert summiert

0=M1U2U3Sf1u1(f1U1u1)+M1U2U3SU1(α1Φ11+α2Φ12+α3Φ13)+M2U1U3Sf2u2(f2U2u2)+M2U1U3SU2(α1Φ21+α2Φ22+α3Φ23)+M3U1U2Sf3u3(f3U3u3)+M3U1U2SU3(α1Φ31+α2Φ32+α3Φ33)

Weil U2(u2)U3(u3) nicht von u1 abhängt ist mit dem Separationsansatz ψ=U1U2U3

U2U3u1(f1U1u1)=u1(f1U1u1U2U3)=u1(f1ψu1)

und entsprechend für die anderen Summanden, sodass umgestellt

0=M1Sf1u1(f1ψu1)+M2Sf2u2(f2ψu2)+M3Sf3u3(f3ψu3)+α1ψM1Φ11+M2Φ21+M3Φ31S+α2ψM1Φ12+M2Φ22+M3Φ32S+α3ψM1Φ13+M2Φ23+M3Φ33S

entsteht. Die Minoren der ersten Spalte und die Determinante der Stäckel-Matrix haben die Eigenschaften

M1SΦ11+M2SΦ21+M3SΦ31=1M1SΦ12+M2SΦ22+M3SΦ32=0M1SΦ13+M2SΦ23+M3SΦ33=0

was allgemein auf alle 3×3-Matrizen mit Determinante ungleich null übertragbar ist, also keine spezielle Eigenschaft der Stäckel-Matrix ist. Deswegen verschwinden die letzten beiden Summanden in obiger Summe und der drittletzte reduziert sich zu α1ψ, sodass mit den #Bedingungen hi2=SMi,i=1,2,3 aus der Summe

1h12f1u1(f1ψu1)+1h22f2u2(f2ψu2)+1h32f3u3(f3ψu3)+α1ψ=0

wird. Für Separierbarkeit der Helmholtz-Gleichung muss es Funktionen pi(uj,uk) geben, sodass

fi(ui)pi(uj,uk)=h1h2h3hi2

mit zyklischen (i,j,k){(1,2,3),(2,3,1),(3,1,2)} gilt. Das liefert für den ersten Summanden beispielsweise

1h12f1u1(f1ψu1)=p1h12f1p1u1(f1ψu1)=h12h12(h1h2h3)u1(f1p1ψu1)=1h1h2h3u1(h1h2h3h12ψu1)=1h1h2h3u1(h2h3h1ψu1)

und für die anderen Summanden entsprechendes, sodass die Helmholtz-Gleichung entsteht. Die Robertson Bedingung h1h2h3S=f1f2f3 folgt aus den Bedingungen fipi=h1h2h3hi2 und hi2=SMi.[4]Vorlage:Rp

Ebene Wellen in viskositätsfreien Fluiden

Strömungsbild mit Wirbeln. Rotgelbe Gebiete werden gegen den Uhrzeigersinn, grünblaue im Uhrzeigersinn umströmt

Die Helmholtz-Gleichung wird in der xy-Ebene von Wellenfunktionen der Form ψ(x,y)=Acos(kr) mit beliebigem Wellenvektor k,r=(x,y) und beliebiger Amplitude A gelöst.[5] Diese Lösung hat im Fall der Stromfunktion die Bedeutung eines verwirbelten ebenen Strömungsfelds: Eine Überlagerung von N solchen Wellen mit kn=c(cosαn,sinαn), beliebiger Konstante c und αn=π(n1)/N sowie gleichen Amplituden A ergibt parallele Streifen, periodisch rechts und links drehende Wirbel oder bei N>3 kompliziertere Strukturen, die eine 2N-zählige Rotationssymmetrie aufweisen. Erhält jede der summierten Wellen eine eigene, zufällig gewählte Amplitude A, dann können sich unregelmäßige Wirbelstrukturen ergeben, siehe Bild.

Die Funktionen „sin“ und „cos“ berechnen den Sinus und Cosinus. Die allgemeine Struktur dieser Lösung ist

ψ(r)=C1eikr+C2eikr

mit

Siehe auch

Literatur

  • Vorlage:Literatur Siehe Kapitel V Schwingungen und Eigenwertprobleme der mathematischen Physik ab S. 221. Der hier behandelte Gleichungstyp wird explizit u. a. im Abschnitt § 7 dieses Kapitels unter der Überschrift Die schwingende Membran ab S. 245 behandelt. Der Name Helmholtz-Gleichung tritt nicht auf.
  • Vorlage:Literatur In diesem Band werden praktische Lösungsmethoden von Gleichungen auch dieses Typs erläutert. Insbesondere sei auf das Kapitel VII Lösungen der Rand- und Eigenwertprobleme auf Grund der Variationsrechnung ab S. 471 verwiesen.

Einzelnachweise

Vorlage:Normdaten