Pseudonorm

Aus testwiki
Version vom 4. Februar 2022, 22:56 Uhr von imported>Christian1985 (erl.)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eine Pseudonorm ist in der Algebra eine abgeschwächte Variante einer Norm, bei der die Eigenschaft der Homogenität zur Subhomogenität abgeschwächt wird. So wie die Norm als eine Verallgemeinerung eines Betrages ins Mehrdimensionale angesehen werden kann, verhält sich die Pseudonorm zu einem Pseudobetrag, bei dem im Gegensatz zum Betrag die Bedingung der Multiplikativität zur Submultiplikativität abgeschwächt wird.

Definition

Sei M ein R-(Links-)Modul über einem unitären Ring (R,||) mit Pseudobetrag. Eine Abbildung :M0+ in die nichtnegativen reellen Zahlen heißt eine Pseudonorm, wenn für alle a,bM und λR folgende Eigenschaften gelten:[1]

(1) a=0a=0 (Definitheit)
(2) λa|λ|a (Subhomogenität)
(3) a+ba+b (Dreiecksungleichung).

Wird (2) verschärft zu

(2a) λa=|λ|a (Homogenität),

so heißt eine Norm.

Die Begrifflichkeit ist in der Literatur nicht eindeutig; bei manchen Autoren wird der Pseudobetrag auch bereits als Pseudonorm bezeichnet.[2][3]

Eigenschaften

  • Ist die Pseudonorm sogar eine Norm auf M, so ist notwendigerweise der zugehörige Pseudobetrag || ein Betrag auf R.

p-Pseudonormen

Definition

Ist (R,||) ein unitärer Ring mit Pseudobetrag, so wird auf dem R-Modul Rn durch

vp=i=1n|vi|pp

für jedes p[1,) bzw. durch

v=maxi=1n|vi|

für p= eine Pseudonorm, die p-Pseudonorm erklärt. Damit diese Definition sinnvoll ist, sind die Pseudonormeigenschaften zu zeigen. Für den Nachweis der Dreiecksungleichung benutzt man die Minkowski-Ungleichung.

Eigenschaften

  • Für 1pq gilt stets vqvp.
  • Für 1p< gilt stets vpnpv.

Anwendung

Ist (R,||) ein unitärer Ring mit Pseudobetrag, so können wir die Polynomringe R[X] oder R[X1,,Xn] und die Matrizenringe Rm×n auch als R-Module auffassen. Dies geschieht durch das „Hintereinanderschreiben“ der Koeffizienten. Damit können durch oben genannte Definition die p-Pseudonormen erklärt werden. Diese sind im Allgemeinen auf den Polynomalgebren und auf den Matrizenalgebren nicht submultiplikativ. Umso wertvoller sind folgende Spezialfälle:

  • Die 1-Pseudonorm ist auf der Polynomalgebra R[X] submultiplikativ.
  • Für zwei multiplizierbare Matrizen ARl×m und BRm×n sowie gewählte p,q[1,] mit 1p+1q=1 gilt
ABpApBmin(p,q),
ABpAmin(p,q)Bp.
  • Für den Beweis dieser Aussage verwendet man die Hölder-Ungleichung und die Minkowski-Ungleichung.
  • Ist p[1,2], so ist die p-Pseudonorm also submultiplikativ für alle multiplizierbaren Matrizen über R, und dies gilt insbesondere auf den Algebren Rn×n der quadratischen Matrizen.
  • Beispiel für die 1-Pseudonorm: Ist R ein kommutativer Ring mit Pseudobetrag und M eine n×n-Matrix über R mit den Zeilen M1,,Mn, so gilt die abgeschwächte Hadamard-Ungleichung |detM|i=1nMi1 mit der 1-Pseudonorm.

Anwendungen und Bedeutung

Assoziative Algebren

Auf assoziativen Algebren sind Strukturen, die gleichzeitig Norm- und Betragseigenschaften besitzen, relativ einfach zu klassifizieren: Sei A eine assoziative R-Algebra über einem kommutativen unitären Ring (R,||) mit Pseudobetrag.

  • Ist eine submultiplikative Pseudonorm auf A als Modul, so ist ein Pseudobetrag auf A als Ring.
  • Ist sogar eine multiplikative Pseudonorm, so ist ein Betrag auf A.

Iterativer Aufbau von Polynom- und Matrizenalgebren

Eine Vielzahl an wichtigen Komplexitätsabschätzungen in der Computeralgebra funktioniert für Pseudonormen in Matrizen- und Polynomalgebren über Ringen mit Pseudobetrag.

Zur Gewinnung solcher Abschätzungen dient häufig folgende iterative Konstruktion von assoziativen Algebren wie Polynom- und Matrizenalgebren:

Ausgehend von einem Grundring R mit Pseudobetrag (das kann in der Praxis noch oft ein echter Betrag sein) sei eine assoziative R-Algebra A mit einer submultiplikativen Pseudonorm gegeben. Dann ist A insbesondere auch selbst ein Ring mit Pseudobetrag, über dem man wiederum Module, Polynom- und Matrizenringe betrachten kann. Auf diese Art ist zum Beispiel die iterative Konstruktion der Polynomalgebren R[X1,,Xn]=R[X1,,Xn1][Xn] möglich, wobei jede Zwischenalgebra selbst mit einer Pseudonorm ausgestattet ist.

Beispiel: Pseudodivision von Polynomen in mehreren Variablen

Sei R ein kommutativer unitärer Ring und R[X1,,Xn] die Polynomalgebra in n Variablen über R. Dann wird durch |f|:=2gradf ein nicht-archimedischer Pseudobetrag auf dem Polynomring erklärt. Dabei sei gradf der totale Grad von f mit der zusätzlichen Konvention 2grad(0)=2=0. Die Einschränkung dieses Pseudobetrags auf R ergibt den trivialen Pseudobetrag, der immer 1 ist mit Ausnahme der Null, die den Wert 0 erhält. Bezüglich dieses Pseudobetrags auf R ist der Betrag f2gradf auch eine Norm auf R[X1,,Xn], nun aufgefasst als R-Modul. Ist R zusätzlich ein Integritätsring, so ist f2gradf sogar ein nicht-archimedischer Betrag auf dem Polynomring. Mit diesen Hilfsmitteln kann man eine wertvolle Abschätzung des Koeffizientenwachstums bei der „Pseudodivision mit Rest“ bezüglich einer Variablen von Polynomen in mehreren Variablen herleiten.

Literatur

Einzelnachweise