Fredholm-Operator

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In der Funktionalanalysis, einem Teilgebiet der Mathematik, ist die Klasse der Fredholm-Operatoren (nach E. I. Fredholm) eine bestimmte Klasse linearer Operatoren, die man „fast“ invertieren kann. Jedem Fredholm-Operator ordnet man eine ganze Zahl zu, diese wird Fredholm-Index, analytischer Index oder kurz Index genannt. Der Fredholm-Operator wird auch Noether-Operator nach dem Mathematiker Fritz Noether genannt. Dieser hatte als erster Operatoren mit endlichem, aber nicht verschwindendem Index untersucht.[1][2]

Definition

Ein beschränkter linearer Operator A:XY zwischen zwei Banachräumen X und Y heißt Fredholm-Operator, oder man sagt kurz: "A ist Fredholm", wenn

Dabei ist kerA der Kern von A, also die Menge {xX:Ax=0} und ranA ist das Bild von A, also die Teilmenge {AxxX}Y.

Die Zahl

ind(A)=dim(kerA)codim(ranA,Y)

heißt Fredholm-Index von A.[3]

Eigenschaften des Fredholm-Indexes

Die Menge Φ(X,Y) der Fredholm-Operatoren zwischen den Banachräumen X und Y ist offen in der Menge der beschränkten Operatoren L(X,Y). Auf jeder Zusammenhangskomponente U von Φ(X,Y) ist der Fredholm-Index konstant, das heißt ind(A)=nU für alle Fredholm-Operatoren AU. Tatsächlich ist die Abbildung UnU von der Zusammenhangskomponente auf den Index bijektiv. Daraus ergeben sich die folgenden Eigenschaften des Index:

  • Die Indexabbildung ind:Φ(X,Y) ist stetig.
  • Der Index ist invariant unter kleinen Störungen, das heißt, zu AΦ(X,Y) gibt es ε>0, so dass für alle SL(X,Y) mit S<ε gilt: ind(A+S)=ind(A).
  • Der Index ist eine homotopie-invariante Zahl.[4]: Ist ψ:[0,1]Φ(X,Y) stetig, dann haben ψ(0) und ψ(1) den gleichen Index.
  • Der Fredholm-Index, als Abbildung von der Menge der Fredholm-Operatoren in die Menge der ganzen Zahlen, ist surjektiv.[5]

Eigenschaften des Fredholm-Operatores

Bild ist abgeschlossener Unterraum

Das Bild ran(A) eines Fredholm-Operators ist ein abgeschlossener Unterraum.

Struktur

Ist A:XY ein Fredholm-Operator, dann hat der endlich-dimensionale Unterraum ker(A) einen abgeschlossenen Komplementärraum W in X, d. h., es gilt X=ker(A)W. Die Einschränkung A~:Wran(A) von A ist dann offenbar ein bijektiver Operator, dessen Inverse nach dem Satz vom stetigen Inversen ebenfalls beschränkt ist. Der Operator A ist also "bis auf endlich viele Dimensionen" stetig invertierbar. Viele der folgenden Eigenschaften lassen sich damit beweisen.

Komposition

Die Komposition AB zweier Fredholm-Operatoren A und B ist wieder ein Fredholm-Operator und für den Index gilt[6]

ind(AB)=ind(A)+ind(B).

Dualer Operator

Sei A:YX der zum Fredholm-Operator A duale Operator. Dann gilt dim(kerA)=codim(ran(A)) und codim(ran(A))=dim(kerA). Daher ist auch A ein Fredholm-Operator und für seinen Index gilt ind(T)=ind(T).[7]

Satz von Atkinson

Nach dem Satz von Atkinson ist ein Operator A:XY genau dann ein Fredholm-Operator, wenn es Operatoren B1,B2 und kompakte Operatoren K1,K2 gibt, so dass AB1=IYK1 und B2A=IXK2 gilt, das heißt wenn A modulo kompakter Operatoren invertierbar ist. Insbesondere ist ein beschränkter Operator A:XX genau dann ein Fredholm-Operator, wenn seine Klasse [A]𝒞(X) in der Calkin-Algebra (X)/𝒞(X) invertierbar ist.

Kompakte Störung

Für jeden Fredholm-Operator A und jeden kompakten Operator K ist A+K ebenfalls ein Fredholm-Operator mit gleichem Fredholm-Index wie A. Daher sagt man, dass der Index eines Fredholm-Operators invariant unter kompakten Störungen ist. Insbesondere ist jede kompakte Störung der Identität, also jeder Operator der Form I+K für einen kompakten Operator K ein Fredholm-Operator vom Index 0.

Punctured Neighbourhood Theorem

Ist A:XX ein Fredholm-Operator, dann gibt es nach dem Punctured Neighbourhood Theorem ein ε>0, so dass für alle λ mit 0<|λ|<ε

  1. dimker(AλI)constdimkerA und
  2. codimran(AλI)constcodimranA

gilt.[8] Insbesondere ist AλI also ein Fredholm-Operator. Da der Fredholm-Index stetig ist, folgt daraus ind(AλI)=ind(A). Bewiesen wurde das Punctured Neighbourhood Theorem von Israel Gohberg.[9]

Beispiele

Shiftoperator

Vorlage:Hauptartikel

Integraloperator

Ein klassisches Beispiel eines Fredholm-Operators ist der Operator

A:=I+T,

wobei I der Identitätsoperator und T ein kompakter Operator ist. Auf dem Banachraum der stetigen Funktionen C([a,b]) beziehungsweise auf dem der quadratintegrierbaren Funktionen L2([a,b]) ist der Operator A von der Form

(Aϕ)(x)=ϕ(x)+abk(x,y)ϕ(y)dy,

wobei der Integralkern k eine stetige beziehungsweise quadratintegrierbare Funktion ist. Dieser Fredholm-Operator hat den Index 0. In der Fredholm-Theorie werden Gleichungen des Typs Aϕ(x)=f(x) untersucht. Die Fredholm-Alternative als ein zentrales Resultat der Fredholm-Theorie gibt eine Antwort, unter welchen Bedingungen Gleichungen dieses Typs lösbar sind.

Laplace-Operator

Vorlage:Hauptartikel

Der Laplace-Operator

Δf=k=1n2fxk2

definiert auf dem Sobolev-Raum H2(n) der zweimal schwach differenzierbaren quadratische integrierbaren Funktionen ist ein stetiger gleichmäßig elliptischer Operator. Daher ist er auch ein Fredholm-Operator. Da er auch selbstadjungiert ist, hat er den Fredholm-Index 0.

Betrachtet man den Laplace-Operator im distributionellen Sinn auf L2(n), ist er kein stetiger Operator und somit kein Fredholm-Operator bezüglich der obigen Definition. Im Sinne von unbeschränkten Operatoren, wie dies später im Artikel noch erklärt wird, ist er allerdings weiterhin ein Fredholm-Operator.

Elliptische Operatoren

Jeder gleichmäßig elliptische Differentialoperator ist ein Fredholm-Operator.

Sei n1 und Ωn ein Gebiet mit Lipschitz-Rand. Dann ist der schwache, elliptische Differentialoperator mit homogenen Neumann-Randbedingungen A:H1,2(Ω)H1,2(Ω) definiert durch

A(u)(v):=Ωi,jivaijju

für u,vH1,2(Ω) ein Fredholm-Operator.

Elliptischer Operator auf einer Mannigfaltigkeit

Der Kreis (als / gedacht) kann als eindimensionale geschlossene Mannigfaltigkeit verstanden werden. Ein stetiger elliptischer Differentialoperator erster Ordnung auf den glatten Funktionen vom Kreis in die komplexen Zahlen ist durch

D=ddx2πiλ

für eine komplexe Konstante λ gegeben. Der Kern von D ist der von den Termen der Form exp(i2πλx) aufgespannte Raum, falls λ, und 0 in den anderen Fällen. Der Kern des adjungierten Operators ist ein ähnlicher Raum, nur wird λ durch sein komplex-konjugiertes ersetzt. Der Fredholm-Operator D hat damit den Index 0. Dieses Beispiel zeigt, dass Kern und Kokern eines elliptischen Operators unstetig springen können, falls man den elliptischen Operator so variiert, dass die oben erwähnten Terme erfasst werden. Da die Sprünge in den Dimensionen von Kern und Kokern aber gleich sind, ändert sich ihre Differenz, der Index, stetig.

Unbeschränkte Fredholm-Operatoren

Bisher wurden in diesem Artikel Fredholm-Operatoren nur als spezielle beschränkte Operatoren betrachtet. Beispielsweise in der Indextheorie elliptischer Operatoren über nicht kompakten Räumen ist es jedoch sinnvoll die Definition des Fredholm-Operators auf unbeschränkte Operatoren zu erweitern. Die Definition ist bis auf die geforderte Abgeschlossenheit des Operators identisch mit der im beschränkten Fall:

Seien X und Y zwei Banachräume und 𝒟(A) ein Unterraum von X. Ein (unbeschränkter) Operator A:X𝒟(A)Y wird Fredholm-Operator genannt, falls

  • A abgeschlossen ist,
  • die Dimension des Kerns ker(A) endlich ist,
  • die Kodimension von ran(A) in Y endlich ist.

Manche Autoren verlangen zusätzlich, dass der Definitionsbereich 𝒟(A) dicht liegt in X, was aber offensichtlich völlig unabhängig von der eigentlichen Fredholm-Eigenschaft ist. Der Fredholm-Index ist wie im Fall beschränkter Operatoren durch

ind(A)=dim(kerA)codim(ran(A))

definiert.

Versieht man den Definitionsbereich 𝒟(A)X eines abgeschlossenen Operators A:XY mit der sogenannten Graphennorm xA:=xX+AxY, so ist XA:=(𝒟(A),A) ein Banachraum und A, betrachtet als Operator von XA nach Y, ein beschränkter Operator. Folglich kann ein unbeschränkter Fredholm-Operator stets auf einen beschränkten Fredholm-Operator zurückgeführt werden. Dementsprechend gelten viele Eigenschaften von oben auch für unbeschränkte Fredholm-Operatoren. So ist die Verkettung unbeschränkter Fredholm-Operatoren wieder ein Fredholm-Operator, für den obige Indexformel gilt; der Satz von Atkinson gilt ebenfalls, und der Fredholm-Index unbeschränkter Fredholm-Operatoren ist auch invariant unter kompakten Störungen und lokal konstant (das Wort "lokal" bezieht sich hierbei auf die so genannte Gap-Metrik). Schließlich gilt auch das Punctured Neighborhood Theorem für unbeschränkte Fredholm-Operatoren. Eine Verbindung zur Calkin-Algebra besteht für unbeschränkte Fredholm-Operatoren allerdings nicht.[10]

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Schiekel: Krümmungen und Indexsätze – auf den Spuren von Gauß-Bonnet, Cartan, Atiyah-Singer und Witten. Eine Einführung in Geometrie und Topologie für Physiker. 2. Aufl. Vorlage:Doi

Einzelnachweise

Vorlage:Normdaten