Exakte Sequenz

Aus testwiki
Version vom 23. September 2022, 17:11 Uhr von imported>Butäzigä (Erweiterungen)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Begriff der exakten Sequenz oder exakten Folge spielt eine zentrale Rolle im mathematischen Teilgebiet der homologischen Algebra. Besonders wichtig sind die kurzen exakten Sequenzen.

Definition

Eine Sequenz

AAA

von Objekten und Morphismen in einer geeigneten Kategorie heißt exakt an der Stelle A, wenn

im(AA)=ker(AA)

gilt, d. h. wenn das Bild eines Pfeils gleich dem Kern des nächsten ist. Eine längere Sequenz

A1A2A3A4A5

heißt exakt, wenn sie exakt an den Stellen A2, A3 und A4 ist (analog für kürzere oder längere Sequenzen).

Geeignet in diesem Sinne ist eine Kategorie offenbar nur dann, wenn sinnvoll von Kern und Bild gesprochen werden kann. Dies ist der Fall für alle abelschen Kategorien, aber auch beispielsweise für die Kategorie Grp der Gruppen und Gruppenhomomorphismen.

Beispiele

  • Ist f:AA ein Homomorphismus zwischen abelschen Gruppen, dann ist im(AA)=Bild(f):={f(a)|aA} und ker(AA)=Kern(f):={a|aA,f(a)=0}. Die Folge AfAgA ist daher exakt an der Stelle A, wenn Bild(f)=Kern(g) ist.
  • Eine Sequenz 0AfA ist genau dann exakt, wenn f:AA ein Monomorphismus, d. h. injektiv ist. Unter Verwendung eines Hakenpfeils kann dies auch mit 2 Termen geschrieben werden:AfA
  • Eine Sequenz
AgA0 ist genau dann exakt, wenn g:AA ein Epimorphismus, d. h. surjektiv ist. Unter Verwendung eines Zweispitzenpfeils kann dies auch mit 2 Termen geschrieben werden:
AgA
0kerfABcokerf0
In Grp ist die Sequenz jedoch bei B nur exakt, wenn das Bild von f ein Normalteiler in B ist. Auch in additiven, aber nicht abelschen Kategorien ist die Exaktheit nicht notwendigerweise gegeben. Dabei bezeichnet cokerf den Kokern von f.
  • Für eine Gruppe G seien
    • Z(G) das Zentrum,
    • AutG die Gruppe der Automorphismen,
    • InnG die Gruppe der inneren Automorphismen und
    • OutG=AutG/InnG die Gruppe der äußeren Automorphismen
von G. Dann ist die Sequenz
1Z(G)GAutGOutG1
exakt. Der mittlere Pfeil ist dabei durch
g(hghg1)InnGAutG
gegeben.

Kurze exakte Sequenzen

Definition

Eine exakte Sequenz der Form

0AAA0

heißt kurze exakte Sequenz.

Zerfallende kurze exakte Sequenzen

Eine kurze exakte Sequenz zerfällt, wenn AA einen Schnitt hat. Vereinzelt wird anstatt zerfällt auch die Bezeichnung spaltet auf benutzt, die auf eine nicht ganz korrekte Übersetzung des englischen Begriffs split zurückzuführen ist.

In einer additiven Kategorie folgt hieraus auch, dass AA eine Retraktion hat, dass die entstehende Sequenz

0AAA0

ebenfalls exakt ist und dass diese Sequenzen isomorph zu

0AAAA0

bzw.

0AAAA0

sind.

Zerfällt eine kurze exakte Sequenz in der Kategorie der Gruppen, ergibt sich daraus lediglich eine Operation von A auf A, und dass A semidirektes Produkt von A und A bezüglich dieser Operation ist. Beispielsweise ist die zyklische Gruppe /3 Untergruppe der symmetrischen Gruppe S3, woraus sich die kurze exakte Sequenz

0/3S3/20

ergibt; indem man das nicht-neutrale Element der /2 auf ein Element der Ordnung 2 in S3 abbildet, erhält man eine Spaltung.

Aufteilung einer langen exakten Sequenz

Jede lange exakte Folge lässt sich in kurze exakte Folgen zerlegen, indem man Kerne und Kokerne einfügt: Ist

A1A2A3A4A5

eine exakte Sequenz, so sei

Zn:=ker(AnAn+1)=im(An1An)=coker(An2An1).

Dann gibt es kurze exakte Sequenzen

0ZnAnZn+10.

Ist (A*) ein Kettenkomplex, so ist die Exaktheit all dieser kurzen Sequenz äquivalent zur Exaktheit der langen Sequenz.

Erweiterungen

Im Kontext einer kurzen exakten Sequenz

0AAA0

sagt man auch, dass A eine Erweiterung von A durch A ist.

Ist zum Beispiel N ein Normalteiler in der Gruppe G und G/N die Faktorgruppe, so erhält man eine kurze, exakte Sequenz

0NGG/N0,

wobei der zweite Pfeil die Einbettung von N in G und der dritte die Quotientenabbildung ist. Damit ist G eine Erweiterung von N und G/N und man kann die Frage nach einer Klassifikation aller möglichen Erweiterungen von N und G/N stellen. Entsprechende Fragestellungen erhält man etwa in der Kategorie der Ringe oder Moduln über einem festen Ring. Dies führt zu mathematischen Begriffen wie Ext oder Gruppenkohomologie.

Siehe auch

Literatur

  • Siegfried Bosch: Lineare Algebra. Springer Verlag, 2008, ISBN 978-3-540-76437-3, S. 77–79.