Kettenkomplex

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein (Ko-)Kettenkomplex in der Mathematik ist eine Folge von abelschen Gruppen oder R-Moduln oder – noch allgemeiner – Objekten in einer abelschen Kategorie, die durch Abbildungen kettenartig verknüpft sind.

Definition

Kettenkomplex

Ein Kettenkomplex besteht aus einer Folge

Cn,n

von R-Moduln (abelschen Gruppen, Objekten einer abelschen Kategorie A) und einer Folge

dn:CnCn1

von R-Modul-Homomorphismen (Gruppenhomomorphismen, Morphismen in A), so dass

dndn+1=0

für alle n gilt. Der Operator dn heißt Randoperator. Elemente von Cn heißen n-Ketten. Elemente von

Zn(C,d):=kerdnCn bzw. Bn(C,d):=imdn+1Cn

heißen n-Zykel bzw. n-Ränder. Aufgrund der Bedingung dndn+1=0 ist jeder Rand ein Zykel. Der Quotient

Hn(C,d):=Zn(C,d)/Bn(C,d)

heißt n-te Homologiegruppe (Homologieobjekt) von (C,d), ihre Elemente heißen Homologieklassen. Zykel, die in derselben Homologieklasse liegen, heißen homolog.

Kokettenkomplex

Ein Kokettenkomplex besteht aus einer Folge

Cn,n

von R-Moduln (abelschen Gruppen, Objekten einer abelschen Kategorie A) und einer Folge

dn:CnCn+1

von R-Modul-Homomorphismen (Gruppenhomomorphismen, Morphismen in A), so dass

dndn1=0

für alle n gilt. Elemente von Cn heißen n-Koketten. Elemente von

Zn:=kerdnCn bzw. Bn:=imdn1Cn

heißen n-Kozykel bzw. n-Koränder. Aufgrund der Bedingung dndn1=0 ist jeder Korand ein Kozykel. Der Quotient

Hn(C,d):=Zn(C,d)/Bn(C,d)

heißt n-te Kohomologiegruppe (Kohomologieobjekt) von (C,d), ihre Elemente Kohomologieklassen. Kozykel, die in derselben Kohomologieklasse liegen, heißen kohomolog.

Doppelkomplex

Ein Doppelkomplex

Ein Doppelkomplex[1]  D**  in der abelschen Kategorie A ist im Wesentlichen ein Kettenkomplex in der abelschen Kategorie der Kettenkomplexe in A. Etwas genauer besteht  D**  aus Objekten

Dp,qobA,p,q

zusammen mit Morphismen

Dp,qdDp1,q   und   Dp,qdDp,q1p,q

die die folgenden drei Bedingungen erfüllen:

dd=0dd=0dd+dd=0.

Der Totalkomplex  Tot(D)*  des Doppelkomplex  D**  ist der Kettenkomplex gegeben durch

Tot(D)n=p+q=nDp,q

mit der folgenden Randabbildung: für  xDp,q  mit  p+q=n  ist

dn(x)=d(x)+d(x)Dp1,qDp,q1Tot(D)n1.

Doppelkomplexe werden unter anderem benötigt, um zu beweisen, dass der Wert von Tor*R(M,N) nicht davon abhängt, ob man M auflöst oder N.[2]

Eigenschaften

  • Ein Kettenkomplex (C,d) ist genau dann exakt an der Stelle i, wenn Hi(C,d)=0 ist, entsprechend für Kokettenkomplexe. Die (Ko-)Homologie misst also, wie stark ein (Ko-)Kettenkomplex von der Exaktheit abweicht.
  • Ein Kettenkomplex heißt azyklisch, wenn alle seine Homologiegruppen verschwinden, er also exakt ist.

Vorlage:Anker Kettenhomomorphismus

Eine Funktion

f:(A,dA,)(B,dB,)

heißt (Ko-)Kettenhomomorphismus, oder einfach nur Kettenabbildung, falls sie aus einer Folge von Gruppenhomomorphismen fn:AnBn besteht, welche mit dem Randoperator d vertauscht. Das heißt für den Kettenhomomorphismus:

dB,nfn=fn1dA,n.

Für den Kokettenhomomorphismus gilt entsprechend

dBnfn=fn+1dAn.

Diese Bedingung stellt sicher, dass f Zykel auf Zykel und Ränder auf Ränder abbildet.

Kettenkomplexe bilden zusammen mit den Kettenhomomorphismen die Kategorie Ch(MOD R) der Kettenkomplexe.

Euler-Charakteristik

Es sei (C,d) ein Kokettenkomplex aus R-Moduln über einem Ring R. Sind nur endlich viele Kohomologiegruppen nichttrivial, und sind diese endlichdimensional, so ist die Euler-Charakteristik des Komplexes definiert als die ganze Zahl

χ(C,d)=i(1)idimKHi(C,d).

Sind auch die einzelnen Komponenten Ci endlichdimensional und nur endlich viele von ihnen nichttrivial, so ist auch

χ(C,d)=i(1)idimKCi.

Im Spezialfall eines Komplexes C0C1 mit nur zwei nichttrivialen Einträgen ist diese Aussage der Rangsatz.

Etwas allgemeiner nennt man einen Kettenkomplex perfekt, wenn nur endlich viele Komponenten Ci nichttrivial sind und jede Komponente ein endlich erzeugter projektiver Modul ist. Die Dimension ist dann durch die zugehörige Äquivalenzklasse in der K0-Gruppe von R zu ersetzen und man definiert als Euler-Charakteristik

χ(C,d)=i(1)i[Ci]K0(R).[3]

Ist jeder projektive Modul frei, etwa wenn R ein Körper oder ein Hauptidealring ist, so kann man von Dimensionen reden und erhält K0(R) mit [Rn]=^n. Dann fällt diese allgemeinere Definition mit der zuerst gegebenen zusammen.

Beispiele

(C,d)=(00AB00).
Legt man die Indizes so fest, dass sich A in Grad 0 und B in Grad 1 befindet, so ist
H0(C,d)=kerf und H1(C,d)=cokerf.
Die Euler-Charakteristik
dimkerfdimcokerf
von (C,d) wird in der Theorie der Fredholm-Operatoren der Fredholm-Index von f genannt. Dabei bezeichnet cokerf den Kokern von f.

Literatur

  • Peter John Hilton, Urs Stammbach: A Course in Homological Algebra (Graduate Texts in Mathematics 4). Springer, New York u. a. 1971, ISBN 0-387-90033-0.

Einzelnachweise

  1. S. 7–8 in Vorlage:Literatur
  2. Abschnitt 2.7 in Vorlage:Literatur
  3. J. Cuntz, R. Meyer, J. Rosenberg: Topological and Bivariant K-Theory, Birkhäuser Verlag (2007), ISBN 3-764-38398-4, Definition 1.31

Vorlage:Navigationsleiste Algebraische Topologie