Satz von Schwarz

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Der Satz von Schwarz (nach Hermann Amandus Schwarz; wird auch Satz von Clairaut genannt; oder auch Young-Theorem[1]) ist ein Satz der Mathematik in der Differentialrechnung mehrerer Variablen. Er besagt, dass bei mehrfach stetig differenzierbaren Funktionen mehrerer Variablen die Reihenfolge, in der die partiellen Differentiationen (Ableitungen) nach den einzelnen Variablen durchgeführt werden, nicht entscheidend für das Ergebnis ist.

Tatsächlich leitet er zusätzlich aus der Existenz der beispielsweise partiellen ersten Ableitungen und einer partiellen zweiten Ableitung die Existenz und den Wert einer weiteren partiellen zweiten Ableitung her.

Der Satz von Schwarz ist nicht zu verwechseln mit dem Schwarzschen Lemma.

Aussage

Ist Un eine offene Menge sowie f:U mindestens k-mal partiell differenzierbar und sind alle k-ten partiellen Ableitungen in U zumindest noch stetig, so ist f k-mal total differenzierbar und insbesondere ist die Reihenfolge der Differentiation in allen l-ten partiellen Ableitungen mit lk unerheblich.[2]

Insbesondere für n=2 und k2 gilt also

x(yf(x,y))=y(xf(x,y)).

Der Satz gilt schon unter leicht schwächeren Voraussetzungen; es genügt, dass die ersten partiellen Ableitungen im betrachteten Punkt total differenzierbar sind.[3] Präziser gesagt, gilt zum Beispiel nach [4] auch die folgende, geometrische Formulierung des Satzes: Seien E und F Banachräume über dem Körper 𝕂{,}, sei U eine nichtleere, offene Teilmenge von E, sei aU und sei die Abbildung f:UF in a zweimal (total) differenzierbar, dann ist deren zweite Ableitung f(a) (die per definitionem ein Element von L(E;L(E;F))L(E,E;F), also selbst eine stetige bilineare Funktion auf E×E ist) symmetrisch; das heißt, für alle h,kE gilt

(f(a)h)k=(f(a)k)h.

Wenn E das kartesische Produkt von n Banachräumen Ei ist, also E=E1××En gilt, und die Norm von E mit der Produkttopologie verträglich ist, dann folgen aus der Existenz und Symmetrie von f(a) für alle i,j=1,,n sowohl die Existenz der zweiten partiellen Ableitungen 2fxixj mit xiEi und xjEj im Punkt aU (diese sind per definitionem Elemente von L(Ei;L(Ej;F))L(Ei,Ej;F)) als auch deren Symmetrie unter Vertauschung der Variablen und Argumente. Das heißt, für alle kiEi und hjEj gilt

(2fxixj(a)ki)hj=(2fxjxi(a)hj)ki.

Anmerkungen: Aus der Stetigkeit aller 2. partiellen Ableitung folgt bekanntlich die Stetigkeit von f. Diese ist aber nicht Voraussetzung für den Satz. Die klassische Formulierung entspricht dem Spezialfall E=n und Ei=F=; da auf n (und n) alle Normen äquivalent sind, sind diese automatisch verträglich mit der Produkttopologie, so dass diese Voraussetzung dann entfällt. Die geometrische Formulierung verallgemeinert die klassische auf nicht notwendig endlichdimensionale, reelle oder komplexe Banachräume Ei und F. Ohne ihre Argumente ki und hj wäre die angegebene Formel im Allgemeinen falsch, denn 2fxixj(a) und 2fxjxi(a) wirken auf unterschiedlichen Räumen. So könnten die Banachräume Ei und Ej selbst dann, wenn sie endlichdimensional sind, von unterschiedlicher Dimension sein. Da die multilinearen Abbildungen auf Produkten von Banachräumen (mit der Operatornorm) selbst wieder Banachräume bilden, überträgt sich die (vollständige) Symmetrie (per vollständiger Induktion) auf alle höheren Ableitungen, so dass die beliebige Vertauschbarkeit der partiellen Ableitungen in diesem Sinne bis einschließlich zur Differenzierbarkeitsordnung (der Funktion an dieser Stelle) gilt.

Andere Schreibweisen

Mögliche Schreibweisen ohne Klammern sind

2fxy(x,y)=2fyx(x,y) oder auch fxy=fyx.

Wenn man die partielle Differentiation selbst als Abbildung von C2(U,) nach C1(U,) und von C1(U,) nach C0(U,) auffasst, kann man noch kürzer schreiben:

2xy=2yx oder auch 12=21.

Andere Formulierungen

Der Satz von Schwarz sagt auch aus, dass die Hesse-Matrix symmetrisch ist.

Fasst man fC2(U,) als differenzierbare 0-Form auf und schreibt d für die äußere Ableitung, so hat der Satz von Schwarz die Form d(df)=0 bzw. auch einfach nur dd=0.

Für U3 lässt sich das auch wie folgt formulieren: Die Rotation des Gradientenvektorfelds ist gleich null: rot(gradf)=0, oder mit Nabla-Symbol geschrieben: ×f=0. Das Gradientenvektorfeld ist also wirbelfrei.

Beispiel

Gegeben sei die Funktion f:2 durch f(x,y)=ex2siny. Es ergibt sich für die ersten partiellen Ableitungen

fx=2xex2sinyfy=ex2cosy

und für die beiden zweiten partiellen Ableitungen fyx und fxy

fyx=2xex2cosyfxy=2xex2cosy.

Es ist zu erkennen, dass gilt fxy=fyx.

Gegenbeispiel

Ohne die Stetigkeit der zweiten Ableitungen gilt der Satz im Allgemeinen tatsächlich nicht. Ein Gegenbeispiel, bei dem die Vertauschbarkeit nicht gilt, ist die Funktion f:2 mit f(0,0)=0 und

f(x,y)=x3yxy3x2+y2 für (x,y)(0,0).

Bei dieser Funktion existieren die zweiten partiellen Ableitungen auf ganz 2, aber es gilt[5]

2xyf(0,0)=1 und 2yxf(0,0)=1.

Bezug zu exakten Differentialgleichungen

Gegeben sei eine Differentialgleichung der Form

a(x,y)+b(x,y)y=0.

Man nennt diese exakt, wenn es eine stetig partiell differenzierbare Funktion Φ:U gibt, so dass für (x,y)U2 gilt:

yΦ(x,y)=b(x,y) und xΦ(x,y)=a(x,y).

Sind a und b stetig partiell differenzierbare Funktionen auf U, so ist nach dem Satz von Schwarz eine notwendige Bedingung hierfür, dass

ya(x,y)=xb(x,y)(*)

gilt.

Wenn die offene Menge U2 einfach zusammenhängend ist, dann folgt aus der Bedingung (*) auch die Existenz von Φ (z. B. folgt dies für sternförmiges U aus dem Poincaré-Lemma).

Einzelnachweise

  1. http://www.sci.brooklyn.cuny.edu/~mate/misc/mixedpartial.pdf
  2. Arens et al.: Mathematik. Spektrum Akademischer Verlag, 2008, S. 789
  3. Hans Grauert und Wolfgang Fischer, Differential- und Integralrechnung II., Springer Verlag 1978
  4. Henri Cartan, Differentialrechnung, Bibliographisches Institut Mannheim/Wien/Zürich 1974
  5. Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis II. 2. Auflage. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 2006, ISBN 3-7643-7105-6, S. 192–193.