Kleinsche Vierergruppe

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Vorlage:Dieser Artikel In der Gruppentheorie ist die Kleinsche Vierergruppe, auch kurz Vierergruppe genannt, die kleinste nicht-zyklische Gruppe. Sie hat die Gruppenordnung 4, wie nur die zyklische Gruppe C4 neben ihr, und ist wie diese eine abelsche Gruppe. Ihren Namen trägt sie nach Felix Klein, der 1884 in seinen Vorlesungen über das Ikosaeder und die Auflösung der Gleichungen vom fünften Grade von dieser Gruppe als „Vierergruppe“ sprach.[1] Als Symbol dient oft der Buchstabe V. Die Vierergruppe wird nicht durch eine besondere Darstellungsweise ihrer Elemente charakterisiert, sondern abstrakt aufgefasst und entspricht der endlichen Gruppe C2×C2.

Verknüpfungstafel

Die Kleinsche Vierergruppe operiert auf einer Trägermenge der Mächtigkeit vier. Welches Element jeweils Ergebnis der (internen) Verknüpfung von zwei Elementen ist, gibt die folgende Verknüpfungstafel an. Darin werden die vier Gruppenelemente exemplarisch 1,a,b und ab genannt, wobei 1 das neutrale Element ist.

Vorlage:Doppeltes Bild

1 a b ab
1 1 a b ab
a a 1 ab b
b b ab 1 a
ab ab b a 1

Das links- und rechtsneutrale Element 1 erkennt man in der Tabelle an den Kopien von Kopfzeile bzw. Eingangsspalte in der 1. Zeile bzw. der 1. Spalte. Die Hauptdiagonale wird allein durch das neutrale Element belegt, was bedeutet, dass die Verknüpfung eines Elementes mit sich selbst jeweils das neutrale Element ergibt. Somit ist jedes Element der Vierergruppe (beidseitig) inverses Element zu sich selbst; jedes Element ist also involutiv. Diese Eigenschaft unterscheidet V von der gleichmächtigen zyklischen Gruppe C4. Dagegen ist bei beiden Gruppen die Verknüpfungstafel symmetrisch bezüglich der Hauptdiagonalen, was ihre Kommutativität zeigt.

Die Grafiken rechts zeigen die Verknüpfungstafel der Kleinschen Vierergruppe und die der zyklischen Gruppe gleicher Ordnung C4 in Farbe. Die farbige Verknüpfungstafel der Kleinschen Vierergruppe folgt der Reihenfolge der Elemente der Tabelle links. Das neutrale Element ist jeweils schwarz. Farbige Verknüpfungstafeln wie in den Grafiken werden in der Online-Enzyklopädie zur Mathematik MathWorld verwendet, wie auch solche in Graustufen.[2]

Eigenschaften

Die Kleinsche Vierergruppe V ist eine kommutative, jedoch keine zyklische Gruppe. Ihre Untergruppen sind {1}, {1, a}, {1, b}, {1, ab}, {1, a, b, ab} und alle normal, die Vierergruppe ist somit keine endliche einfache Gruppe. Die nicht-neutralen Elemente a,b,ab haben die Elementeordnung 2, jedes Element bildet eine eigene Konjugationsklasse.

Die Vierergruppe entspricht der (abelschen und nicht-zyklischen) endlichen Gruppe C2×C2 – einem direkten Produkt zweier Exemplare der zyklischen Gruppe C2, welche die kleinste nicht-triviale Gruppe und einzige der Gruppenordnung 2 ist. Die abstrakten Eigenschaften der Vierergruppe können am Beispiel unterschiedlicher Punktgruppen und multiplikativer Gruppen gezeigt werden, die zu ihr isomorph sind.

Regel

Es gilt die folgende Regel:

Jede aus exakt vier Elementen bestehende (multiplikativ geschriebene) Gruppe G={1,a,b,c} mit neutralem Element 1 und a2=b2=c2=1 heißt Kleinsche Vierergruppe .[3]

Auftreten

Die Vierergruppe V tritt zum Beispiel auf als die Symmetriegruppe einer nicht gleichwinkligen Raute oder eines nicht gleichseitigen Rechtecks (die also kein Quadrat sind; dessen Symmetriegruppe wäre die Diedergruppe D4 (der Gruppenordnung 8) und die Drehgruppe eines Quadrates ist ein Beispiel für die zyklischen Gruppe C4):

Ein Rechteck

Die vier Elemente sind dabei: 1 als die Identität (oder Drehung um 0°), a als die Spiegelung an der senkrechten Mittelachse, b als die Spiegelung an der waagrechten Mittelachse, und ab als die 180°-Drehung um den Mittelpunkt, welche auch als kombinierte horizontale und vertikale Spiegelung aufgefasst werden kann. Mit den wie oben beschrifteten Ecken eines Rechtecks liefert die Permutationsdarstellung

(A,B,C,D)(A,B,C,D), das Element 1 darstellend
(A,B,C,D)(B,A,D,C), das Element a darstellend
(A,B,C,D)(D,C,B,A), das Element b darstellend
(A,B,C,D)(C,D,A,B), das Element ab darstellend

und mit Notation der Permutationen in Zyklenschreibweise

V={𝐢𝐝=(A)(B)(C)(D),(A,B)(C,D),(A,D)(B,C),(A,C)(B,D)}

In dieser Darstellung ist V die Kommutatorgruppe und damit ein Normalteiler der alternierenden Gruppe A4 und auch Normalteiler der symmetrischen Gruppe S4. In der Galoistheorie erklärt die Existenz der Kleinschen Vierergruppe in dieser Darstellung die Existenz der Lösungsformel für Gleichungen vierten Grades.

Des Weiteren ist die Vierergruppe isomorph zu

  • /2×/2,
  • der Diedergruppe der Ordnung 4 (D2),
  • der Einheitengruppe des Ringes /8 (das sind die Restklassen von 1, 3, 5 und 7 unter Multiplikation modulo 8),
  • der Einheitengruppe des Ringes /12 (das sind die Restklassen von 1, 5, 7 und 11 unter Multiplikation modulo 12),
  • der Automorphismengruppe des folgenden Graphen:
a:xxb:xx1

erzeugten Gruppe mit der Hintereinanderausführung als Gruppenverknüpfung.

Erzeuger und Relationen

Die Kleinsche Vierergruppe ist keine zyklische Gruppe. Sie wird von zwei beliebigen der drei Gruppenelemente mit Ordnung 2 unter Beachtung bestimmter Relationen erzeugt, zum Beispiel von a und b. Man erhält so die Präsentation:

V=a,ba2=b2=(ab)2=1.

Die Kommutativität folgt aus: ba=(a1b1)1=(ab)1=ab.

Darstellungen

Darstellung im ℝ²

Die kleinsche Vierergruppe kann erzeugt werden aus 2 Spiegelungen jeweils an den Koordinatenachsen. Gruppenverknüpfung ist die Matrizenmultiplikation. Das Produkt der beiden Spiegelungen ist eine Drehung um 180° um den Koordinatenursprung.

V(1001),(1001)

Darstellung im ℝ³

Die Kleinsche Vierergruppe kann erzeugt werden aus zwei 180° Drehungen um die Koordinatenachsen. Gruppenverknüpfung ist die Matrizenmultiplikation. Das Produkt der beiden Drehungen ist eine Drehung um 180° um die dritte Koordinatenachse.

V(100010001),(100010001)

Die reguläre Darstellung

Die reguläre Darstellung von V={e,a,b,c} (hier wird c=ab gesetzt) über einem Körper K (z. B. K=) ist der folgende Gruppenhomomorphismus ρ:VGL4(K) in die Gruppe der invertierbaren 4×4-Matrizen. ρ(x) ist die Abbildungsmatrix zu derjenigen linearen Abbildung, die die Basis e,a,b,c des 4-dimensionalen Vektorraums Ke+Ka+Kb+Kc auf xe,xa,xb,xc abbildet, das heißt die 4 Basiselemente werden als Elemente der Vierergruppe aufgefasst und mit x multipliziert. Dann ist natürlich ρ(e) die 4×4-Einheitsmatrix. Zur Bestimmung von ρ(a) beachte, dass die Basis e,a,b,c auf ae,aa,ab,ac, also auf a,e,c,b abgebildet wird, die darstellende Matrix ist daher

ρ(a)=(0100100000010010).

Genauso bestimmt man

ρ(b)=(0010000110000100),ρ(c)=(0001001001001000)

Daher ist

{(1000010000100001),(0100100000010010),(0010000110000100),(0001001001001000)}GL4(K)

eine 4-elementige Gruppe, die zur Kleinschen Vierergruppe isomorph ist, und die angegebene Abbildung ρ ist ein Gruppenisomorphismus.[4]

Irreduzible Darstellungen

Als vierelementige abelsche Gruppe muss die Kleinsche Vierergruppe V={e,a,b,c} vier irreduzible Darstellungen besitzen. Diese sind die folgenden Gruppenhomomorphismen σe,σa,σb,σc:V{1,1}:

σe(x)=1  für alle xV
σa(x)={1 für x{e,a}1 sonst
σb(x)={1 für x{e,b}1 sonst
σc(x)={1 für x{e,c}1 sonst

Beachte, dass diese Homomorphismen bzgl. der punktweisen Multiplikation von Abbildungen wieder eine Gruppe bilden und dass σ:VAbb(V,),xσx, ein Gruppenhomomorphismus ist, der ein Isomorphismus V{σe,σa,σb,σc} ist. Dies zeigt, dass V zu ihrer Dualgruppe isomorph ist.

Automorphismengruppe

Ein Automorphismus der Kleinschen Vierergruppe V muss die Ordnungen der Gruppenelemente fest lassen, kann also höchstens die drei Elemente a,b,c der Ordnung 2 permutieren. Tatsächlich ist jede Abbildung, die e fest lässt und a,b,c permutiert, ein Automorphismus. Das liegt daran, dass die Verknüpfung auf V so beschrieben werden kann, dass das Produkt von zwei gleichen Elementen der Ordnung 2 gleich dem neutralen Element ist und das Produkt von zwei verschiedenen Elementen der Ordnung 2 das jeweils dritte Element der Ordnung 2 ist, und das bleibt bei Permutationen der Elemente der Ordnung 2 erhalten. Daher ist die Automorphismengruppe von V isomorph zur symmetrischen Gruppe S3.

Vorlage:Commonscat

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Literatur
  2. MathWorld: Finite Group C_2×C_2
  3. Vorlage:Literatur
  4. Kurt Meyberg: Algebra II. Carl Hanser Verlag (1976), ISBN 3-446-12172-2, Beispiel 9.1.3 c1