Kommutatorgruppe

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In der Mathematik bezeichnet die Kommutatorgruppe (oder Kommutator-Untergruppe) zu einer Gruppe G diejenige Untergruppe, die von den Kommutatoren [a,b]:=aba1b1 in der Gruppe G erzeugt wird:

K(G):={[a,b] a,bG}.

Die Kommutatorgruppe wird auch mit [G,G] und mit G (oder G(1)) bezeichnet und abgeleitete Gruppe (von G) genannt.

Im Allgemeinen ist die Menge aller Kommutatoren {[a,b] a,bG} keine Gruppe, die Phrase „erzeugt von“ in der Definition (gleichbedeutend mit den spitzen Klammern in der Formel) kann also nicht weggelassen werden.[1][2][3]

Die Ordnung der Kommutatorgruppe ist ein Maß, wie weit eine Gruppe von der Kommutativität entfernt ist. Eine Gruppe ist genau dann kommutativ (abelsch), wenn ihre Kommutatorgruppe nur aus dem neutralen Element, genannt e, besteht. In diesem Falle gilt nämlich [a,b]=e für alle a,bG. Im Gegensatz dazu heißen Gruppen, bei denen die Kommutatorgruppe die ganze Gruppe umfasst, perfekte Gruppen.

Eigenschaften

Es gelten die Gleichungen

  • ab=[a,b]ba .
  • [a,b]1=[b,a] .
  • [a,b]s=[as,bs] mit as:=s1as als der Konjugierten von a unter s.

Für jeden Homomorphismus f:GH ist f([a,b])=[f(a),f(b)].

Da die Menge der Kommutatoren unter jedem Automorphismus von G auf sich abgebildet wird, ist die Kommutatorgruppe eine charakteristische Untergruppe von G und damit auch ein Normalteiler der Gruppe.

Die Faktorgruppe G/K(G) ist stets abelsch, sie wird als Abelisierung der Gruppe bezeichnet. Für jeden Normalteiler N gilt:

G/N ist genau dann abelsch, wenn K(G)N.

Das heißt, die Kommutatorgruppe ist der kleinste Normalteiler, für den die Faktorgruppe abelsch ist.

Beispiele

Es sei Sn die symmetrische Gruppe und An die alternierende Gruppe. Dann gilt:

  • K(Sn)=An für n2.
  • K(An)=An für n5.
  • K(A4)=V, wobei V die Kleinsche Vierergruppe bezeichnet.
  • K(A3)=K(A2)={e}.

Höhere Kommutatorgruppen

Das Bilden der Kommutatorgruppe lässt sich iterieren, man bezeichnet die n-te Kommutatorgruppe (oder auch die n-te abgeleitete Gruppe) mit G(n)=Kn(G). Die rekursive Definition lautet:

  1. G(0):=K0(G):=G.
  2. G(n+1):=(G(n))=Kn+1(G):=K(Kn(G)).

Eine Gruppe G heißt auflösbar genau dann, wenn eine absteigende Kette von Subnormalteilern

G=G0G1Gn={e} (Subnormalreihe)

existiert, so dass die Faktorgruppen Gk/Gk+1 abelsch sind. Die Konstruktion der iterierten Kommutatorgruppe liefert ein Kriterium für die Auflösbarkeit von G:

G ist genau dann auflösbar, wenn es ein n gibt mit G(n)={e}.

Entweder ist die bei fortgesetzter Kommutatorbildung entstehende absteigende Reihe von Untergruppen oder eine Verfeinerung dieser Reihe äquivalent zu jeder solchen Subnormalreihe oder einer Verfeinerung derselben.

Der Zusammenhang zwischen den beiden äquivalenten Definitionen der Auflösbarkeit, über fortgesetzte Kommutatorenbildung einerseits und über eine Subnormalreihe andererseits, sowie der Begriff der Subnormalreihe selbst werden ausführlicher im Artikel „Reihe (Gruppentheorie)“ erläutert.

Beispiel

Die symmetrische Gruppe Sn bzw. die alternierende Gruppe An ist genau dann auflösbar, wenn n<5. Für n{2,3} sieht man das sofort mit obigem Beispiel ein. Für n=4 gilt:

K(S4)=A4, K(A4)=V, K(V)={e}, da V abelsch ist.

Für n5 wird die Kette der iterierten Kommutatorgruppen stationär bei An{e}, also ist dann weder Sn noch An auflösbar.

Einzelnachweise

  1. Dr. Ludwig Baumgartner Gruppentheorie Sammlung Göschen Band 837/837a S. 99
  2. Robert M. Guralnick: Commutators and commutator subgroups ADVANCES IN MATHEMATICS 45, 319-330 (1982)
  3. In der über a,b freien Gruppe F:=a,b ist [a,b]2 kein Kommutator.
    Beweis: Angenommen, es gäbe x,yF mit
    [a,b]2=aba1b1aba1b1=xyx1y1=[x,y],
    dann wäre das Wort
    w:=y1x1aba1b1aba1b1yx,
    durch geschickte Wahl der Variablen x,yF in das leere Wort e „überführbar“. Überführungen können hintereinander ausgeführt und auch rückgängig gemacht werden (Anwendungen der Kürzungsregeln sowieso, und das Zurückdrehen einer Einsetzung muss halt eine korrekte Einsetzung ergeben), so dass „überführbar“ eine Äquivalenzrelation ist.
    Nun ist w durch die Wahl x:=a,y:=b überführbar in das Wort a1b1ab=[a1,b1], welches aber nicht in das leere Wort überführt werden kann.

Literatur

  • Thomas W. Hungerford: Algebra (= Graduate Texts in Mathematics. Bd. 73). 5th printing. Springer, New York NY u. a. 1989, ISBN 0-387-90518-9.

Siehe auch