Projektive lineare Gruppe

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Version vom 7. August 2024, 14:35 Uhr von imported>Oyano Math (Die projektive lineare Gruppe PGl_2(K) ist isomorph zur Gruppe LF(K) der gebrochen linearen Transformationen, nicht die (kleinere) projektive, spezielle, lineare Gruppe PSl_2(K).)
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Die projektiven linearen Gruppen sind in der Mathematik untersuchte Gruppen, die aus der allgemeinen linearen Gruppe konstruiert werden. Ist der zugrunde liegende Körper endlich, so erhält man wichtige endliche Gruppen; ist der Körper oder , erhält man auf diese Weise Lie-Gruppen. Eng verwandt sind die speziellen projektiven Gruppen, die zu einer unendlichen Reihe einfacher Gruppen führen.

Definitionen

Es sei V ein Vektorraum über dem Körper K. Die allgemeine lineare Gruppe GL(V) ist die Gruppe der linearen Automorphismen VV. Das Zentrum Z(GL(V)) dieser Gruppe ist die Menge der von 0 verschiedenen skalaren Vielfachen der identischen Abbildung idV, das heißt

Z(GL(V))=K×idV.

Da das Zentrum ein Normalteiler ist, kann man die Faktorgruppe

PGL(V):=GL(V)/Z(GL(V))

bilden. Diese Gruppe heißt die projektive lineare Gruppe auf V.

Ist V ein n-dimensionaler Vektorraum über K, also VKn, so schreibt man

PGLn(K) oder PGL(n,K) für PGL(Kn).

Ist K der bis auf Isomorphie eindeutig bestimmte endliche Körper mit q=pk, p Primzahl, Elementen, so schreibt man

PGLn(q) oder PGL(n,q) für PGLn(K).

Im Falle endlichdimensionaler Vektorräume V=Kn ist die Determinantenfunktion ein Gruppenhomomorphismus

det:GLn(K)K×.

Den Kern SLn(K):=det1({1}) dieses Homomorphismus nennt man die spezielle lineare Gruppe. Schränkt man die oben beschriebene Konstruktion auf diese ein, so erhält man

PSLn(K):=SLn(K)/Z(SLn(K)),

die sogenannte projektive spezielle lineare Gruppe, oder kürzer die projektive spezielle oder spezielle projektive Gruppe. Dabei ist das Zentrum

Z(SLn(K))={λidKnλEn},

wobei EnK× die Menge der n-ten Einheitswurzeln von K ist. Ist K wieder der Körper mit q=pk Elementen, so schreibt man

PSLn(q) oder PSL(n,q) für PSLn(K).

Namensherkunft

Es sei Kn der n-dimensionale Vektorraum über dem Körper K. Bekanntlich nennt man die Menge aller eindimensionalen Unterräume den projektiven Raum KPn1. Jede Matrix aus GLn(K) bildet eindimensionale Unterräume wieder auf solche ab, dabei ist diese Operation zweier Matrizen auf KPn1 dieselbe, wenn sich die Matrizen nur um ein skalares Vielfaches, also um ein Element aus dem Zentrum Z(GLn(K)), unterscheiden. Das gilt auch umgekehrt, denn wenn zwei Matrizen A,BGLn(K) die eindimensionalen Unterräume in gleicher Weise permutieren, so lässt A1B alle eindimensionalen Unterräume fest, das heißt, jeder Vektor ist ein Eigenvektor von A1B. Daher ist Kn der einzige Eigenraum zu einem Eigenwert a und man hat

A1B=aidKnZ(GLn(K)).

Daraus folgt, dass PGLn(K)=GLn(K)/Z(GLn(K)) auf dem projektiven Raum treu operiert. Das legt die Bezeichnung projektive lineare Gruppe nahe.

Endliche Gruppen

Im Folgenden sei K ein Körper mit q=pk, p Primzahl, Elementen. Bekanntlich gibt es bis auf Isomorphie nur einen solchen Körper und jeder endliche Körper ist von dieser Art. Aus der Endlichkeit des Körpers ergibt sich die Endlichkeit von GLn(K), denn es gibt ja nur qn2 Matrizen mit n Spalten und Zeilen über K, und damit folgt auch die Endlichkeit der projektiven linearen Gruppe PGLn(q) und der speziellen projektiven Gruppe PSLn(q). Eine genauere Betrachtung zeigt:[1]

PGLn(q)   hat   (qn1)(qnq)(qnqn2)qn1   Elemente.
PSLn(q)   hat   (qn1)(qnq)(qnqn2)qn1/ggT(n,q1)   Elemente.

Beachte, dass man für den Körper K mit 2 Elementen nicht zwischen PGLn(2) und PSLn(2) unterscheiden muss, da die Determinante in diesem Fall der triviale Gruppenhomomorphismus ist. Auch das Zentrum Z(GLn(K))=K×idKn ist in diesem Fall nur einelementig, und man hat

GLn(K)PGLn(2)PSLn(2).

Einfachheit

Die wichtigste Eigenschaft der speziellen projektiven Gruppen ist deren Einfachheit:

  • Mit Ausnahme von PSL2(2) und PSL2(3) sind die Gruppen PSLn(q) einfach.[2]

Die speziellen projektiven Gruppen bilden damit eine der Serien einfacher Gruppen aus dem Klassifikationssatz endlicher einfacher Gruppen. Genauer handelt es sich um die Serie einfacher Gruppen vom Lie-Typ An, es ist PSL(n,q)An1(q).[3]

Isomorphismen

Unter den kleinen speziellen projektiven Gruppen und den symmetrischen Gruppen Sn und alternierenden Gruppe An bestehen folgende Isomorphismen:

PSL2(2)SL2(2)GL2(2)S3   (siehe S3)
PSL2(3)A4   (siehe A4)
PSL2(4)PSL2(5)A5 (siehe A5)
PSL2(7)PSL3(2)
PSL4(2)GL4(2)A8
PSL2(9)A6

Weitere Isomorphismen zwischen den speziellen projektiven, symmetrischen und alternierenden Gruppen bestehen nicht.[4]

Die kleinste unter diesen einfachen Gruppen, die nicht alternierend ist, ist demnach die PSL2(7), eine Gruppe mit 168 Elementen. Sie ist tatsächlich hinter A5 die zweitkleinste nichtabelsche einfache Gruppe.

Wie PSL4(2) hat auch PSL3(4) 20160=8!/2 Elemente, ist aber nicht isomorph zu A8.[5]

Gebrochen lineare Transformationen

Im zweidimensionalen Fall PGL2(K) kann man die Elemente der Gruppe als gebrochen lineare Transformationen auffassen. Ist

(abcd)GL2(K)   mit Determinante   adbc=1,

so betrachte man dazu die gebrochen lineare Transformation

xax+bcx+d.

Die Menge der gebrochen linearen Transformationen bildet bzgl. der Hintereinanderausführung als Verknüpfung eine Gruppe und obige Zuordnung

(abcd)(xax+bcx+d)

ist ein Homomorphismus von SL2(K) auf die Gruppe der gebrochen linearen Transformationen, dessen Kern das Zentrum ist. Daher kann die Gruppe PGL2(K) alternativ als Gruppe gebrochen linearer Transformationen angesehen werden.

Die Determinantenbedingung adbc=1 kann dahingehend abgeschwächt werden, dass adbc ein Quadrat ist, was im Körper stets der Fall ist. Ist nämlich adbc=r2, so ist r=0, denn es handelt sich ja um die Determinante einer invertierbaren Matrix, und (ar1)(dr1)(br1)(cr1)=1. Die Matrix (ar1br1cr1dr1) wird offenbar auf dieselbe gebrochen lineare Transformation abgebildet.

Erweitert man K durch zur projektiven Geraden KP1, deren Elemente die eindimensionalen Unterräume K(1,a)aK und K(0,1) sind, und definiert man bei den gebrochen linearen Transformationen wie üblich eine Division durch 0 als und eine Division durch als 0, so entspricht die Operation der PGL2(K) auf KP1 der Operation der gebrochen linearen Transformationen auf KP1.[6]

Lie-Gruppen

Ist K= oder K=, so erhält man Lie-Gruppen PGLn() bzw. PGLn() und die speziellen Gruppen PSLn() bzw. PSLn(). Letztere sind für n2 die Lie-Gruppen zur Lie-Algebra vom Typ An-1.[7] Die Beschreibung als gebrochen lineare Transformation nennt man auch Möbiustransformation.

Einzelnachweise

  1. B. Huppert: Endliche Gruppen I. Springer-Verlag (1967), Kapitel II, Hilfssatz 6.2.
  2. B. Huppert: Endliche Gruppen I. Springer-Verlag (1967), Kapitel II, Hauptsatz 6.13.
  3. Roger W. Carter: Simple Groups of Lie Type. John Wiley & Sons 1972, ISBN 0-471-13735-9, Theorem 11.3.2.(i).
  4. B. Huppert: Endliche Gruppen I. Springer-Verlag (1967), Kapitel II, Satz 6.14.
  5. D. J. S. Robinson: A Course in the Theory of Groups. Springer-Verlag 1996, ISBN 978-1-4612-6443-9, Seite 78.
  6. B. Huppert: Endliche Gruppen I. Springer-Verlag (1967), Kapitel II, Hilfssatz 8.1.
  7. P. Anglès: Conformal Groups in Geometry and Spin Structures. Springer-Verlag 2007, ISBN 978-0-8176-3512-1, Kap. 1.1: Classical Groups.