Wort (theoretische Informatik)

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

In der theoretischen Informatik ist ein Wort eine endliche Folge von Symbolen eines Alphabets. Im Gegensatz zur natürlichsprachlichen Bedeutung von Wörtern, die stets eine eigenständige Bedeutung haben, bezeichnet der Ausdruck Wort in der theoretischen Informatik lediglich eine Zeichenkette und nicht deren mögliche Bedeutung.

Wörter oder Worte[1] sind die Elemente einer formalen Sprache. Sie sind deshalb wichtig für mathematische Modellierungen, für die Theorie der Programmiersprachen, für die Berechenbarkeitstheorie und andere Gebiete der theoretischen Informatik.

Definition

Es sei Σ ein gegebenes Alphabet und n eine natürliche Zahl aus 0, der Menge der natürlichen Zahlen einschließlich der Null (0={0,1,2,}). Ein Wort w der Länge n ist eine endliche Folge (x1,x2,x3,,xn) mit xiΣ für alle i{1,,n}.

Die Länge n eines Wortes w wird als |w| notiert; die Zahl, wie oft das Zeichen x im Wort w vorkommt, mit |w|x.[2][3] Ein besonderes Wort ist das leere Wort, das aus keinem Symbol besteht (die Länge 0 besitzt) und meist mit dem griechischen Buchstaben ε (Epsilon) dargestellt wird (auch Λ findet man gelegentlich[4]). Die Menge aller Wörter, die man aus einem Alphabet Σ bilden kann, ist die Kleenesche und positive Hülle über diesem Alphabet. Diese ist die disjunkte Vereinigung

Σ*:=n{0}Σn.

Die nichtleeren Wörter sind dann entsprechend die ‚positive Hülle’

Σ+:=Σ*{ε}=nΣn.

Zur Angabe eines Wortes wird oft die vereinfachte Schreibweise w=x1x2x3xn benutzt, was jedoch nur möglich ist, wenn das verwendete Alphabet eine eindeutige Zuordnung der benutzten Symbole zulässt. So kann diese Kurzschreibweise beim Alphabet Σ={a,aa} nicht angewendet werden, da hier zum Beispiel aus der Schreibweise w=aaa nicht eindeutig hervorgeht, ob das Wort (a,aa), (aa,a) oder (a,a,a) gemeint ist.

Wörter der Länge n können wie folgt aufgefasst werden:[5]

  • als endliche Folgen (Sequenz) – da Tupel als Folgen mit endlicher Länge n aufgefasst werden können
  • als Elemente des n-fachen kartesischen Produktes – da Tupel auch so aufgefasst werden können

Beispiele

Es sei Σ1 das Alphabet der lateinischen Buchstaben und Σ2={,,,}. Dann sind die Wörter w1=haus und w2=xyzzy Beispiele für Wörter über Σ1 und w3= ist ein Wort über Σ2. Man erkennt, dass |w1|=4 und |w2|=|w3|=5 ist.

Operationen auf Wörtern

Konkatenation

Die Konkatenation oder Verkettung ist eine Verknüpfung zweier Wörter zu einem neuen Wort, das durch Aneinanderhängen der beiden Symbolfolgen entsteht. Die Konkatenation der beiden Wörter x und y über einem Alphabet Σ wird mit xy oder xy angegeben und ist definiert durch:

xy=xy:=(x1,x2,x3,,xn,y1,y2,y3,,yk)

Dabei ist nach der Definition des Wortes x=(x1,x2,x3,,xn) und y=(y1,y2,y3,,yk) mit n,k0 und xi,yjΣ für alle i{1,,n} und j{1,,k}. Nach der obigen Definition ist x ein Präfix und y ein Suffix des durch die Konkatenation entstandenen Wortes xy. Die Länge eines konkatenierten Wortes entspricht dabei der Summe der Längen der einzelnen (Teil-)Wörter. So gilt für jedes Wort u und v:

|uv|=|u|+|v|,

und für die absolute Häufigkeit eines Zeichens x:

|uv|x=|u|x+|v|x.

Das neutrale Element der Konkatenation ist das leere Wort, da für jedes beliebige Wort w gilt, dass:

wε=εw=w

Da außerdem die Konkatenation assoziativ ist, bildet das Tripel (Σ*,,ε) aus der Menge aller Wörter über einem beliebigen Alphabet Σ, der Verknüpfung der Konkatenation und dem leeren Wort als neutralem Element ein Monoid. Die Assoziativität bedeutet, dass ohne weiteres Klammern weggelassen werden können:

(haus)xyzzy=haus(xyzzy)=hausxyzzy

Demgegenüber ist die Konkatenation nicht kommutativ, d. h. nicht für alle Wörter u und v gilt, dass uv=vu ist. So ist zum Beispiel:

haus=haus=haus=haus

Potenz

Die n-te Potenz wn eines Wortes w ist definiert als die (n1)-fache Konkatenation dieses Wortes mit sich selbst. Die Definition der Potenz wird meist rekursiv angegeben:

w0:=ε
wn+1:=wnw   (für n0)

So sind zum Beispiel:

(xyzzy)0=ε
()1=()0=ε=
(haus)3=(haus)2haus=((haus)1haus)haus=((εhaus)haus)haus=haushaushaus

Nach der Definition der Konkatenation ist die Länge der n-ten Potenz eines beliebigen Wortes w gleich dem Produkt aus n und der Länge von w:

|wn|=n|w|,

und für die absolute Häufigkeit eines jeden Zeichens x:

|wn|x=n|w|x

Spiegelung

Die Spiegelung oder das Reverse wR eines Wortes w ergibt sich, wenn man w rückwärts schreibt.[6] Wenn also w=(x1,x2,x3,,xn) ist, so ist wR die endliche Folge (y1,y2,y3,,yk) mit k=n und yi=xn+1i für alle i{1,,k}. Die Länge eines Wortes ist also gleich der Länge seiner Spiegelung:

|wR|=|w|

So gilt zum Beispiel für die folgenden Wörter:

εR=ε
(abb)R=bba
()R=

Das Reverse eines Wortes lässt sich außerdem mit Hilfe der strukturellen Induktion über dem Aufbau des betreffenden Wortes definieren. Dazu definiert man im Induktionsanfang das Reverse des leeren Wortes als das leere Wort. Im Induktionsschritt definiert man das Reverse eines aus einem Teilwort und einem Symbol zusammengesetzten Wortes als die Konkatenation des Symbols mit dem Reversen des Teilwortes:

Induktionsanfang: w=εwR=εR:=ε

Induktionsschritt: (w=va)(vΣ*,aΣ)wR=(va)R:=a(vR)

So lässt sich schrittweise das Reverse eines Wortes herleiten:

εR=ε
(abb)R=b(ab)R=bb(a)R=bba(ε)R=bbaε=bba
()R=()R=()R=()R=

Ein Wort wie abaaba, das identisch mit seiner Spiegelung ist, wird Palindrom genannt. Mathematisch werden diese spiegelsymmetrischen Worte als die Fixpunkte der Spiegelung R angesehen.

Präfix, Infix und Suffix

Infix

Ein Infix ist eine Hinzufügung innerhalb eines Wortes. Jede endliche Teilfolge von aufeinander folgenden Symbolen eines Wortes w wird Infix, Teilwort oder Faktor des Wortes w genannt. Ein Infix eines gegebenen Wortes w=(x1,x2,x3,,xn) ist demnach jedes Wort w^=(y1,y2,y3,,yk), für das es (mindestens) ein i0 gibt, für das gilt, dass zum einen k+in und zum anderen xj+i=yj für jedes j{1,,k} ist. Demnach ist ein Wort u genau dann Infix eines Wortes w, wenn gilt, dass es mindestens ein Wort p und ein Wort s aus der Kleeneschen Hülle über dem Alphabet von w gibt, so dass pus=w ist:

u ist Infix von w:p,sΣ:pus=w

So ist das Wort w^=aba mit w^{a,b}* ein Infix der Wörter babaab, abaababb und aba, nicht aber der Wörter abba, babbaabbab beziehungsweise des leeren Wortes ε. In vielen Computersprachen ist für Infix die englische Bezeichnung Vorlage:Lang gebräuchlich.

Speziell ist das leere Wort ein Infix jedes beliebigen Wortes, und jedes Wort ist ein Infix von sich selbst. Ein Infix eines beliebigen Wortes, das nicht identisch mit diesem ist, wird echtes Infix genannt.

Präfix

Ein Präfix ist eine Hinzufügung am Anfang eines Wortes. Ein Präfix eines Wortes w=(x1,x2,x3,,xn) ist demnach jedes Infix w^=(y1,y2,y3,,yk), für das gilt, dass kn und xj=yj für jedes j{1,,k} ist. Demnach ist u genau dann Präfix des Wortes w, wenn es mindestens ein s aus der Kleeneschen Hülle über dem Alphabet, aus dem w erzeugt wurde, gibt, so dass us=w ist:

u ist Präfix von w:sΣ:us=w

Auch für Präfixe gilt, dass jedes Wort ein Präfix von sich selbst und das leere Wort ein Präfix jedes beliebigen Wortes ist. Ein Präfix eines Wortes, das nicht identisch mit ihm ist, wird echtes Präfix genannt.

Beispiel

Sei w=abaabb, so lauten die echten Präfixe für w:

  • ε
  • a
  • ab
  • aba
  • abaa
  • abaab.

Suffix

Ein Suffix, auch Postfix genannt, ist eine Hinzufügung am Ende eines Wortes. Ein Suffix eines Wortes w=(x1,x2,x3,,xn) ist nach der Definition des Infixes jedes Teilwort w^=(y1,y2,y3,,yk), für das gilt, dass es ein i0 gibt, für das zum einen k+i=n und zum anderen xj+i=yj für jedes j{1,,k} ist. Demnach ist ein Wort u genau dann Suffix eines Wortes w mit wΣ, wenn es mindestens ein pΣ gibt, so dass pu=w ist:

u ist Suffix von w:pΣ:pu=w

Wie für Präfixe und Infixe gilt auch für Suffixe, dass das leere Wort ein Suffix jedes beliebigen Wortes und ein beliebiges Wort stets auch ein Suffix von sich selbst ist. Ein Suffix eines Wortes, das nicht identisch mit ihm ist, wird echtes Suffix genannt.

Beispiel

Sei w=abaabb, so lauten die echten Suffixe für w:

  • baabb
  • aabb
  • abb
  • bb
  • b
  • ε.

Literatur

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Gebräuchlich sind beide Pluralformen, vgl. z. B. dtv-Atlas zur Mathematik, Bd. I, ISBN 3-423-03007-0, S. 245 versus Bauer, Goos: Informatik. Bd. I, ISBN 3-540-06332-3, S. 28.
  2. Klaus Reinhardt: Prioritätszählerautomaten und die Synchronisation von Halbspursprachen, Fakultät Informatik der Universität Stuttgart; Doktorarbeit 1994 (PDF; 509 KB)
  3. Dabei ist |w|=xΣ|w|x.
  4. Vorlage:Literatur
  5. Definition von Tupel und seine Synonyme: Encyclopedia of Mathematics: Tuple
  6. Die Spiegelung eines Wortes der Länge n ist eine spezielle selbstinverse Permutation
    σn=(12nnn11).
    Die Spiegelung beliebig langer Wörter ist dann die Vereinigung R={σn|n}