Tschebyschow-Polynom

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Tschebyschow-Polynome erster Art Tn(x) und zweiter Art Un(x) sind Folgen orthogonaler Polynome, die bedeutende Anwendungen in der Polynominterpolation, in der Filtertechnik und in anderen Gebieten der Mathematik haben. Sie sind benannt nach Pafnuti Lwowitsch Tschebyschow, dessen Name in der Literatur auch als Tschebyscheff, Tschebycheff, Tschebyschew, Tschebyschev, Chebyshev oder Chebychev transkribiert wird.

Tschebyschow-Polynome erster Art sind Lösung der Tschebyschow-Differentialgleichung

(1x2)yxy+n2y=0,

und Tschebyschow-Polynome zweiter Art sind Lösung von

(1x2)y3xy+n(n+2)y=0.

Beide Differentialgleichungen sind spezielle Fälle der Sturm-Liouvilleschen Differentialgleichung.

Tschebyschow-Polynome erster Art

Definition

Die Funktionen

yg(x)=1+p=1k=0p1((2k)2n2)(2p)!x2p=1+p=1(1)pk=0p1(n2(2k)2)(2p)!x2p=1n22!x2+n2(n24)4!x4n2(n24)(n216)6!x6±

und

yu(x)=x+p=1k=0p1((2k+1)2n2)(2p+1)!x2p+1=x+p=1(1)pk=0p1(n2(2k+1)2)(2p+1)!x2p+1=xn213!x3+(n21)(n29)5!x5

bilden ein Fundamentalsystem für die Tschebyschow-Differentialgleichung.

Tschebyschow-Polynome erster Art der Ordnung 0 bis 5

Für ganzzahlige n bricht jeweils eine dieser Reihen nach endlich vielen Gliedern ab, yg(x) für gerade und yu(x) für ungerade n, und man erhält Polynome als Lösung. Mit der Normierung Tn(1)=1 werden diese als Tschebyschow-Polynome Tn(x) bezeichnet. Die ersten neun Polynome dieser Art sind:

T0(x)=1T1(x)=xT2(x)=2x21T3(x)=4x33xT4(x)=8x48x2+1T5(x)=16x520x3+5xT6(x)=32x648x4+18x21T7(x)=64x7112x5+56x37xT8(x)=128x8256x6+160x432x2+1

Eigenschaften

Rekursionsformeln der Tschebyschow-Polynome:

Tn+1(x)=2xTn(x)Tn1(x)

und

Tmn(x)=Tm(Tn(x)).

Mit Hilfe der trigonometrischen Funktionen bzw. der Hyperbelfunktionen sind die Tschebyschow-Polynome darstellbar als

Tn(x)={cos(narccosx)fürx[1,1]cosh(narcosh(x))fürx>1(1)ncosh(narcosh(x))fürx<1

oder

Tn(cosθ)=cos(nθ)

und auch

Tn(x)=(x+x21)n+(xx21)n2[1].

Die letzte Formel gilt auch im Fall |x|<1, wenn man komplexe Wurzeln zulässt, bzw.

Tn(x)=(x+i1x2)n+(xi1x2)n2

für x,|x|<1 betrachtet, wobei i die imaginäre Einheit ist.

Die n Nullstellen des Tschebyschow-Polynoms Tn(x) sind gegeben durch

cos(2j+12nπ)fu¨rj=0,,n1.

Daraus ergibt sich die faktorisierte Darstellung der Tschebyschow-Polynome

Tn(x)=2n1(xcos(12nπ))(xcos(32nπ))(xcos(2n12nπ)).

Die n1 relativen Extrema von Tn(x) liegen bei

cos(jnπ)fu¨rj=1,,n1

und haben abwechselnd die Werte 1 und −1.

Tschebyschow-Polynome Tn(x) sind im geschlossenen Intervall [1,1] orthogonal bezüglich des gewichteten Skalarproduktes

f,g=11f(x)g(x)11x2dx

Man kann sich diese daher auch über das Gram-Schmidtsche Orthogonalisierungsverfahren (mit Normierung) herleiten.

Anwendungen

In der Filtertechnik werden die Tschebyschow-Polynome bei den Tschebyscheff-Filtern verwendet. Bei der Polynominterpolation zeichnen sich diese Polynome durch einen sehr günstigen, gleichmäßigen Fehlerverlauf aus. Dazu sind als Interpolationsstellen die geeignet verschobenen Nullstellen des Tschebyschow-Polynoms passenden Grades zu verwenden. Wegen ihrer Minimalität bilden sie auch die Grundlage für die Tschebyschow-Iteration und für Fehlerschranken bei Krylow-Unterraum-Verfahren für Lineare Gleichungssysteme.

Tschebyschow-Polynome zweiter Art

Tschebyschow-Polynome zweiter Art der Ordnung 0 bis 5.

Auch die Tschebyschow-Polynome zweiter Art Un(x) werden über eine rekursive Bildungsvorschrift definiert:

U0(x)=1U1(x)=2xUn+1(x)=2xUn(x)Un1(x),

bemerkenswerterweise mit derselben Rekursionsbeziehung wie die Tn. Und diese Rekursionsbeziehung gilt mit

  U1(x)=0

auch für n=0.

Die erzeugende Funktion für Un ist:

n=0Un(x)tn=112tx+t2

Die ersten acht Polynome dieser Art sind:

U0(x)=1U1(x)=2xU2(x)=4x21U3(x)=8x34xU4(x)=16x412x2+1U5(x)=32x532x3+6xU6(x)=64x680x4+24x21U7(x)=128x7192x5+80x38x

Mit Hilfe der trigonometrischen Funktionen sind die Tschebyschow-Polynome zweiter Art zunächst nur für θπ darstellbar als

Un(cosθ)=sin((n+1)θ)sinθ,

wegen der stetigen Hebbarkeit an diesen Stellen aber für alle θ. Diese Formel hat große strukturelle Ähnlichkeit zum Dirichlet-Kern Dn(x):

Dn(x)=sin((2n+1)x2)sinx2=U2n(cosx2).

Nimmt man Hyperbelfunktionen mit hinzu, dann ist für x{1,1}

Un(x)={sin((n+1)arccosx)/1x2für|x|<1sinh((n+1)arcoshx)/x21für|x|>1

Tschebyschow-Polynome Un(x) sind im abgeschlossenen Intervall [1,1] orthogonal bezüglich des gewichteten Skalarproduktes

f,g=11f(x)g(x)1x2dx

Historie

Erstmals veröffentlichte Tschebyschow seine Untersuchungen zu den Tschebyschow-Polynomen 1859 und 1881[2] in folgenden Aufsätzen:

  • Sur les questions de minima qui se rattachent a la représentation approximative des fonctions. Oeuvres Band I, 1859, S. 273–378.
  • Sur les fonctions qui s'écartent peu de zéro pour certaines valeurs de la variable. Oeuvres Band II, 1881, S. 335–356.

Clenshaw-Algorithmus

Vorlage:Hauptartikel In der numerischen Mathematik werden Linearkombinationen von Tschebyschow-Polynomen mit dem Clenshaw-Algorithmus ausgewertet.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vorlage:Digitalisat Gauthier-Villars, Paris 1919, 1952, S. 64.
  2. Elliot Ward Cheney: Introduction to Approximation Theory. McGraw-Hill Book Company, 1966, ISBN 0-07-010757-2, S. 225.