Tetramethylzinn
Tetramethylzinn, mit der Konstitutionsformel Sn(CH3)4, ist eine der einfachsten metallorganischen Zinnverbindungen. Die klare, farblose, dünnflüssige, leicht flüchtige Flüssigkeit hat einen unangenehmen Geruch.[1] Tetramethylzinn kann zur Methylierung von organischen und anorganischen Halogeniden verwendet werden.
Gewinnung und Darstellung
Tetramethylzinn kann durch Reaktion des Grignard-Reagenz Methylmagnesiumiodid mit Zinn(IV)-chlorid (SnCl4) hergestellt werden:[2]
Auch metallorganische Verbindungen anderer Elemente, wie Methylaluminiumverbindungen, können zur Methylierung von SnCl4 eingesetzt werden.[3]
Ebenso können SnCl4 und Methylchlorid direkt in Gegenwart von Natrium miteinander umgesetzt werden (Wurtz-Reaktion):[3]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Tetramethylzinn ist leichtentzündlich, mit einem Flammpunkt von −12 °C und einer unteren Explosionsgrenze von 1,9 Vol-%.[4] Es hat eine Dichte von 1,29 g·cm−3 und einen Brechungsindex von 1,4410. Es ist nahezu unlöslich in Wasser aber gut mischbar mit unpolaren organischen Lösungsmitteln. Im Molekül ist das zentrale Zinnatom – äquivalent zum zentralen Kohlenstoffatom in Neopentan – von den vier Methylgruppen in einer tetraedrischen Anordnung umgeben. Die Stärke der Sn–C-Bindung wird mit 297 kJ/mol angenommen.[5]
Chemische Eigenschaften
Tetramethylzinn ist aufgrund der guten Abschirmung des zentralen Metallatoms und der geringen Polarität der Sn–C-Bindung an der Luft stabil und weitgehend hydrolyseunempfindlich. Tetramethylzinn reagiert mit Säurechloriden unter Bildung von Methylketonen und mit Arylhalogeniden unter Bildung von Arylmethylketonen:
Auch auf anorganische Halogenide, wie SnCl4 oder BBr3, können vom Tetramethylzinn Methylgruppen übertragen werden:
Verwendung
- im MOCVD-Verfahren (Metalorganic Chemical Vapour Deposition) bei der Herstellung von hochwertigen Zinn oder Zinnoxidfilmen für Solarzellen oder Gassensoren durch thermische Zersetzung bei 400–650 °C.[5][7][8]
- als Cokatalysator bei der Polymerisation von Cycloolefinen (Metathese). Im ersten Schritt bilden sich die entsprechenden aktiven Wolfram-Katalysatoren[9][10], Methyltrioxorhenium (MTO)[11] oder andere Rheniumkatalysatoren durch Methylierung des Zentralatoms:[12]
Sicherheitshinweise
Tetramethylzinn ist wie viele andere organische Zinnverbindungen als giftig eingestuft und muss daher mit entsprechender Vorsicht gehandhabt werden.
- Toxizität gegenüber Fischen, LC50: Dosis 6,44 mg/l (48 h) Oryzias latipes (Roter Killifisch).
- Toxizität gegenüber Daphnien und anderen wirbellosen Wassertieren, EC50: Dosis: 40 mg/l (24 h) Daphnia magna (Großer Wasserfloh).[4]
Zinnorganische Verbindungen schädigen das zentrale Nervensystem, was zu Krämpfen, Narkose und Atemlähmung führen kann. Es wird berichtet, dass Tetramethylzinn, welches – neben Triethyl- und Trimethylzinnverbindungen – bei der Produktion von Solarzellen eingesetzt wird, in Säugetieren rasch zu Trimethylzinn-Einheiten dealkyliert wird. Tierversuche zeigen, dass Trimethylzinn auf das zentrale Nervensystem wirkt und zu Vergiftungen führen kann, welche sich in reversiblen Nervenschäden bis zum Tod manifestieren können.[13]
Literatur
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Legrum: Riechstoffe, zwischen Gestank und Duft, Vieweg + Teubner Verlag (2011) S. 68–69, ISBN 978-3-8348-1245-2.
- ↑ Vorlage:Cite journal
- ↑ 3,0 3,1 Vorlage:Literatur
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- ↑ Vorlage:Patent
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- ↑ L. D. Hamilton, W. H. Medeiros, P. D. Moskowitz, K. Rybicka: Toxicology of tetramethyltin and other organometals used in photovoltaic cell manufacture, AIP Conf. Proc., 1988, Volume 166, Issue 1, S. 54–66; Vorlage:DOI.
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