Seilstatik

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Die Auslegung von Hängebrücken, wie die Capilano Hängebrücke, geschieht mit Mitteln der Seilstatik.

Die Seilstatik (engl. rope statics) ist ein Fachgebiet der technischen Mechanik, das sich mit der Statik von Seilen oder seilähnlichen Strukturen wie Ketten befasst. Deren Verhalten unter statischen Belastungen, die aus Einzelkräften, Streckenlasten oder der Gewichtskraft bestehen, ist Gegenstand der Seilstatik. Auch Windlasten können bedeutsam sein, was der Einsturz der Tacoma-Narrows-Brücke 1940 zeigte.

Anwendung findet die Seilstatik beispielsweise bei Seilbahnen, Kabelkränen, Frei- oder Oberleitungen und Hängebrücken.

Eigenschaften der Seile

Stück eines mit einer Streckenlast q belasteten Seils (schwarz) mit mechanischen Spannungen σ1,2 und resultierenden Seilkräften S1,2.

In der Modellvorstellung der Seilstatik sind Seile biegeschlaff und dehnstarr.[1]Vorlage:Rp[2]Vorlage:Rp Alle Strukturen, bei denen diese Annahmen in guter Näherung zutreffen, werden idealisiert und zusammenfassend als „Seile“ bezeichnet.

Biegeschlaffheit bedeutet, dass Seile ausschließlich Zugkräfte übertragen können, die wie im Bild tangential zur Seillinie sind. Im Seil wirken einzig und allein über seinen Querschnitt verteilte Normalspannungen1,2, rot), deren Summe, die inneren Kräfte S1,2 (blau), senkrecht auf dem Querschnitt tangential zu den Seilfasern (schwarz strichpunktiert) wirken. Ausgeschlossen ist demnach die Einprägung von scherenden Querkräften, Biege- und Torsionsmomenten.

Dehnstarrheit bedeutet, dass die Längenänderung des Seils unter Belastung vernachlässigt oder als unbedeutend klein angenommen wird. Allerdings gilt dies nur für Zugkräfte, stauchende Druckkräfte können Seile in axialer Richtung nicht aufnehmen. Aus Gründen der Vereinfachung werden Seile oft als dehnstarr angenommen, jedoch gibt es auch Beispiele, bei denen die elastische Seildehnung eine nicht unwesentliche Rolle spielt. In diesen Fällen werden Seile als dehnbar angenommen.

Der in Seilen vorliegende scherungsfreie Spannungszustand nutzt das Tragverhalten von zugfesten Materialien optimal aus. So liefern die in der Seilstatik ermittelten Seillinien optimale Bauformen für BögenStützlinien – unter der gegebenen Belastung.

Allgemeines

Auch wenn Seile keine Querkräfte übertragen können, die mit einer Scherung einhergehen, so können gespannte Seile doch quer zum Seil wirkende Lasten aufnehmen, in Zugkräfte umwandeln und an den Seilaufhängepunkten abtragen, siehe Bild.

a: Hängebrücke, b: Lageplan der Brücke, c: Freischnitt eines Seilstücks

Der Bildteil a zeigt eine ein Tal überspannende Hängebrücke. Der Bildteil b ist der zur Brücke gehörende Lageplan mit angreifenden Kräften und Maßen. Während die Funktion y(x) die Seillinie definiert, steht η(x) für die Durchhangkurve, die den vertikalen Abstand zwischen dem Seil und der Verbindungslinie der Aufhängepunkte angibt. Bildteil c stellt ein freigeschnittenes Stück des Tragseils dar. Zu sehen ist die Seilkraft S und ihre Horizontal- und Vertikalkomponenten H bzw. V, jeweils am positiven rechten und negativen linken Schnittufer, sowie Maße des (infinitesimal) kleinen Seilstücks.

Seillinie

Vorlage:Siehe auch Aus Bildteil c kann die allgemeine Bestimmungsgleichung für die Seillinie abgeleitet werden. Wenn die Streckenlast q wie im Bild nur in vertikaler Richtung wirkt, ergibt das Gleichgewicht in x-Richtung: H(x+dx) − H(x) = 0. Das hat zur Konsequenz:

Wenn die Streckenlast q nur in vertikaler Richtung wirkt, dann ist die Horizontalkomponente H der Seilkraft konstant.

Weil die Belastung durch Eigengewicht und andere Gewichtskräfte am weitesten verbreitet ist, wird im Folgenden eine in vertikaler Richtung wirkende Belastung angenommen.

Aus dem Gleichgewicht in y-Richtung ergibt sich:

𝖵(𝗑+𝖽𝗑)𝖵(𝗑)𝗊(𝗑)𝖽𝗑=𝟢𝖵(𝗑):=lim\𝗅𝗂𝗆𝗂𝗍𝗌 𝖽𝗑𝟢V(x+dx)V(x)dx=𝗊(𝗑).

Weil die Seilkraft überall tangential zur Seillinie arbeitet, lässt sich die Steigung der Seillinie auch mit den Kraftkomponenten ausdrücken:

Die rote Linie kennzeichnet die Tiefpunkte bei unterschiedlich stark gespanntem Seil.

Vorlage:Anker

𝗒=VH𝗒=VH=qH.

Zweimalige Integration liefert die Seillinie:

𝗒(𝗑)=1H𝟢𝗑𝗊(ξ)𝖽ξ+𝖢𝟣𝗒(𝗑)=1H𝟢𝗑𝟢ξ𝗊(χ)𝖽χ𝖽ξ+𝖢𝟣𝗑+𝖢𝟢

Die Durchhangkurve η(x) ist die Differenz zwischen der Seillinie und der Geraden zwischen den Aufhängepunkten:

η(𝗑)=𝗒(𝗑)yLy0L𝗑𝗒𝟢η(𝟢)=η(𝖫)=𝟢.

Darin ist y0 die Höhe des Lagers bei x = 0 und yL die Höhe des Lagers bei x = L. Der maximale Durchhang ist bei

η(𝗑)=𝗒(𝗑)yLy0L=𝟢.

Nach dem Mittelwertsatz der Differentialrechnung gibt es einen solchen Ort zwischen den Aufhängepunkten. Bei ungleichhohen Aufhängepunkten ist die Extremstelle der Durchhangkurve η(x) nicht dort, wo das Seil eine waagerechte Tangente hat (bei y'(x) = 0.) Der tiefste Punkt der Seillinie y(x) befindet sich an der Stelle mit y'(x) = 0, falls es sie gibt, oder an einem der Ränder, siehe Bild.

Seilkräfte

Aus der Seillinie ergeben sich die Seilkräfte

𝖵(𝗑)=𝖧𝗒(𝗑)𝖲(𝗑)=𝖧𝟤+𝖵𝟤(𝗑)=𝖧𝟣+𝗒(𝗑)𝟤.
Die maximale Seilkraft ist dort, wo das Seil die betraglich größte Steigung hat, was in einem der Aufhängepunkte der Fall ist, sofern die Belastung des Seils überall nach unten wirkt.

Die tiefste Stelle des Seils ist entweder an den Seilenden oder dort, wo

  1. y'(x) = 0 gilt,
  2. der Vertikalzug V(x) einen Nulldurchgang hat,
  3. die Seilkraft im Minimum ist und
  4. die Seilkraft mit dem Horizontalzug übereinstimmt.

Anpassung an Vorgaben

Die bisher vorliegenden Gleichungen für die Seillinie und die Seilkraft machen keine Aussagen über die Integrationskonstanten C0,1 sowie den Horinzontalzug H und reichen daher für die Auslegung eines Seils im konkreten Anwendungsfall nicht aus; vielmehr müssen diese drei Unbekannten C0,1 und H durch entsprechende (Rand-)Bedingungen bestimmt werden, um daraus die Seillinie und die Kraft im Seil eindeutig festzulegen. Diese Unbekannten können natürlich explizit vorgegeben werden, zumeist werden sie jedoch durch andere Angaben implizit vorgeschrieben, beispielsweise durch

  • den maximalen Durchhang,
  • die maximale Seilkraft oder
  • die Länge des Seils zwischen den Aufhängepunkten: 𝗅:=𝟢𝖫𝟣+𝗒(𝗑)𝟤𝖽𝗑.

Während die Bestimmung der Integrationskonstanten noch relativ leicht fällt, bereitet die Berechnung des Horizontalzugs die größeren Schwierigkeiten. Insbesondere die Länge des Seils, obschon eine naheliegende Vorgabe, führt im Allgemeinen auf eine nichtlineare Gleichung, die mit Mitteln der numerischen Mathematik gelöst werden muss.

Seil unter Einzellast

Seil unter Einzellast einer Laterne, die zwischen zwei Häusern aufgehängt ist.

Unter einer Einzellast, gegenüber der die Masse des Seils vernachlässigbar ist, nimmt das Seil eine abschnittsweise gerade Form an, siehe Bild. Wenn mehrere Einzelkräfte am Seil ziehen, entsteht ein Seileck, siehe Seileckverfahren.[2]Vorlage:Rp

Die Laterne im Bild halten zwei, von der Laterne aus gesehen im Winkel α bzw. β zur Horizontale ziehende Seilkräfte

𝖥𝟣=Gcosβsin(α+β)   und   𝖥𝟤=Gcosαsin(α+β)

Wenn sich die Laterne an einer Rolle frei auf dem Seil bewegen kann, dann rollt sie in die Gleichgewichtslage F1 = F2, wo die Winkel α und β gleich sind:[1]Vorlage:Rp

𝖥𝟣=𝖥𝟤=G2sinα.

Denn Kräftegleichgewicht in x- und y-Richtungen liefert mit den Additionstheoremen bei gegebenen Winkeln α und β:

𝗂𝖥𝗂𝗑=𝖥𝟤cosβ𝖥𝟣cosα=𝟢𝖥𝟤=cosαcosβ𝖥𝟣𝗂𝖥𝗂𝗒=𝖥𝟣sinα+𝖥𝟤sinβ𝖦=𝖥𝟣sinα+sinβcosαcosβ𝖥𝟣𝖦=𝟢

woraus obige Gleichungen folgen.

Seil unter externer Streckenlast

Eine in guter Näherung konstante externe Streckenlast wirkt auf ein Seil, wenn etwa

  • am Seil, wie bei Hängebrücken, an vielen gleichverteilten Punkten dieselbe Last hängt,
  • das Seil unter Eigengewicht einen nur geringen Durchhang hat oder
  • ein Seil von zwei Schiffen durch das Wasser gezogen wird (oder ein Handlot bei der Fahrt durch Wasser gezogen wird).

Bei konstanter Streckenlast q(x) = q0 ergibt sich aus obiger Formel die Seillinie und Durchhangkurve

𝗒(𝗑)=1H𝟢𝗑𝗊𝟢𝖽ξ+𝖢𝟣=q0H𝗑+𝖢𝟣𝗒(𝗑)=1H𝟢𝗑𝟢ξ𝗊𝟢𝖽χ𝖽ξ+𝖢𝟣𝗑+𝖢𝟢=q02H𝗑𝟤+𝖢𝟣𝗑+𝖢𝟢η(𝗑)=q02H𝗑(𝖫𝗑).

Bei konstanter Streckenlast stellt sich also eine parabelförmige Seillinie ein. Die #Seilkräfte lauten:

𝖵=𝖧𝗒=𝗊𝟢𝗑+𝖢𝟣𝖧𝖲=𝖧𝟣+𝗒'𝟤=𝖧𝟤+(q0x+C1H)𝟤

Die Seillänge berechnet sich aus dem Integral 𝗅=𝟢𝖫𝟣+𝗒(𝗑)𝟤𝖽𝗑. Mit der Substitution 𝗓=𝗒(𝗑)=2nL𝗑+𝖢𝟣 und 𝗇=q0L2H resultiert

𝗅=𝟢𝖫𝟣+𝗒(𝗑)𝟤𝖽𝗑=𝖢𝟣𝖢𝟣+𝟤𝗇𝟣+𝗓𝟤L2n𝖽𝗓=L4n[arsinh(z)+z1+z2]𝖢𝟣𝖢𝟣+𝟤𝗇=L4n[(𝖢𝟣+𝟤𝗇)𝟣+(𝖢𝟣+𝟤𝗇)𝟤𝖢𝟣𝟣+C𝟣𝟤+arsinh(𝖢𝟣+𝟤𝗇)arsinh(𝖢𝟣)]

Darin bildet arsinh die Umkehrfunktion zum Sinus hyperbolicus. Nun liegen also fünf Gleichungen für die Seilkräfte, die Seillinie und -länge vor. Mit der Vorgabe von deren Werten an bestimmten Stellen, insbesondere an den Aufhängepunkten, werden die Integrationskonstanten bestimmt.

Ist beispielsweise das linke Lager bei x = 0 in der Höhe y0 und das rechte Lager bei x = L in der Höhe yL, dann lautet die Seillinie

𝗒(𝗑)=q02H𝗑𝟤+(yLy0Lq0L2H)𝗑+𝗒𝟢

und die Seillänge:

𝗅=L4n[(𝗆+𝗇)𝟣+(𝗆+𝗇)𝟤(𝗆𝗇)𝟣+(𝗆𝗇)𝟤+arsinh(𝗆+𝗇)arsinh(𝗆𝗇)].

Darin ist 𝗆=yLy0L die Steigung der Verbindungsgerade der Aufhängepunkte.

Wenn dann noch der Horizontalzug H bekannt ist, durch direkte Vorgabe oder nach Berechnung aus einer anderen Größe, lassen sich alle anderen Kräfte und Maße ebenfalls ermitteln. Die Bestimmung des Horizontalzuges ist im Allgemeinen das größte Problem bei der Lösung und der Weg über die Seillänge ist, obwohl aufwändig, so doch naheliegend. Mit numerischen Mitteln ist die Lösung jedenfalls möglich.

Die über der Horizontalen aufgetragene Belastung nimmt zu den Aufhängepunkten immer mehr zu. (Die rote Linie kennzeichnet die Tiefpunkte.)

Seil unter Eigengewicht

Am Seilstück (blau) angreifende Kräfte (rot)

Das Eigengewicht ist eine immer vorhandene Belastung von Seilen und hat daher eine besondere Relevanz. Bei nur geringem Durchhang ist die Streckenlast des Seils infolge seines Gewichts etwa konstant und das Seil kann wie im vorangegangenen Abschnitt berechnet werden. Diese Sichtweise verbietet sich mit zunehmendem Durchhang, denn die über der Horizontalen aufgetragene Belastung nimmt zu den Aufhängepunkten immer mehr zu,[2]Vorlage:Rp siehe kleines Bild. Im freigeschnittenen Seilstück (siehe Abbildung oben) bedeutet Gleichgewicht in x-Richtung:

Weil die Gewichtskraft vertikal zieht, ist der Horizontalzug konstant.

In vertikaler Richtung zieht die Gewichtskraft dq = γ A ds, die sich aus der Wichte γ, der Querschnittsfläche A und der Länge ds zusammensetzt, am Seilstück:

𝖵(𝗑+𝖽𝗑)γ𝖠𝖽𝗌𝖵(𝗑)=𝖵(𝗑+𝖽𝗑)γ𝖠𝖽𝗑𝟤+𝖽𝗒𝟤𝖵(𝗑)=𝖵(𝗑+𝖽𝗑)γ𝖠𝟣+𝗒'𝟤𝖽𝗑𝖵(𝗑)=𝟢𝖵:=lim\𝗅𝗂𝗆𝗂𝗍𝗌 𝖽𝗑𝟢V(x+dx)V(x)dx=𝖧𝗒=γ𝖠𝟣+𝗒'𝟤𝗒=γAH𝟣+𝗒'𝟤,

denn die Steigung entspricht, wie oben gezeigt, dem Verhältnis des Vertikalzugs V zum Horizontalzug H. Zweimalige Integration liefert die mit den Hyperbelfunktionen sinh und cosh ausgedrückte Kettenlinie

𝗒=sinh(γAHx+C1)𝗒=HγAcosh(γAHx+C1)+𝖢𝟢.

Die Länge l des Seils ist

𝗅=𝟢𝖫𝟣+𝗒'𝟤𝖽𝗑=[HγAsinh(γAHx+C1)]𝟢𝖫=HγAsinh(γAHL+C1)HγAsinh(𝖢𝟣)

und die Kräfte im Seil sind

𝖵=𝖧𝗒=𝖧sinh(γAHx+C1)   sowie   𝖲=𝖧𝟣+𝗒'𝟤=𝖧cosh(γAHx+C1)

Drei dieser Gleichungen werden zur Bestimmung der unbekannten Integrationskonstanten C0,1 und des Horinzontalzugs H herangezogen. Es werden sich nichtlineare, gekoppelte Bestimmungsgleichungen ergeben, deren Lösung numerisch erfolgt.

Seil unter Einzellast und Eigengewicht

Lageplan des Seils und Freikörperbild im Punkt P

Bei Seilbahnen kann weder das Eigengewicht des Seils noch das der Kabine vernachlässigt werden, sodass es notwendig ist, Einzellast und Eigengewicht als Belastungen zu kombinieren. Die Seilkräfte vor und hinter der Krafteinleitungsstelle wirken jeweils tangential zum Seil und müssen im Gleichgewicht mit der Einzellast sein. Das ist nur möglich, wenn an der Stelle der Einzelkraft ein Knick in der Seillinie ist, die dort dann nicht differenzierbar ist, siehe Bild. Also müssen die Seilstücke vor und hinter der Einzelkraft im Punkt P getrennt betrachtet werden.

Das erste Seilstück wird im x1-y1-System behandelt und läuft vom Lager im Ursprung bis zum Punkt P. Das zweite Seilstück bekommt das x2-y2-System, startet in P und endet im Lager mit den Koordinaten (L2,yL). Der gemeinsame Punkt P hat demnach die Koordinaten (L1,y1) im linken Teilstück bzw. (0,y2) im rechten. In beiden Bereichen gelten die im vorigen Abschnitt hergeleiteten Seillinien:

𝗒𝟣=H1γAcosh(γAH1x1+C1)+𝖢𝟢𝗒𝟤=H2γAcosh(γAH2x2+C3)+𝖢𝟤

Die Unbekannten Horizontalzüge H1,2 und Integrationskonstanten C0,1,2,3 bestimmen sich aus den Randbedingungen an den Seilenden und im Punkt P:

Randbedingung Gleichung
Höhe des Lagers links: y1(0)=y0
Höhe des Lagers rechts: y2(L2)=yL
Durchhang in P: y1(L1)=y2(0)
Horizontales Kräftegleichgewicht in P: H1=H2+Fx
Vertikales Kräftegleichgewicht in P: H1y'1(L1)+Fy=H2y'2(0)
Seillänge: 𝗅=𝟢𝖫𝟣𝟣+𝗒𝟣'𝟤𝖽𝗑𝟣+𝟢𝖫𝟤𝟣+𝗒𝟤'𝟤𝖽𝗑𝟤

Beispiel

Profil der Luftseilbahn Schwägalp–Säntis. Die Verbindungsgeraden der Aufhängepunkte sind gestrichelt, die Seillinien durchgezogen und die Seillinie im ersten Abschnitt, die sich ohne Kabine ergibt, punktiert dargestellt.

Die Luftseilbahn Schwägalp–Säntis führt von der Schwägalp zur Bergstation auf dem Säntis, siehe Bild. Im Internet sind technische Daten[3] und genaue topographische Karten[4] verfügbar. Die Daten der Seilbahn sind in der Tabelle zusammengestellt.

Größe Wert Einheit
Gewicht der Tragseile 12,3 kg/m
Bruchkraft der Tragseile 2350 kN
Tragseilspanngewicht pro Fahrbahn 98.000 kg
Bruttogewicht der Kabine 15.890 kg
Ort der Talstation (x,y) (0, 1351) m
Ort der ersten Stütze (x,y) (1170, 1900) m
Ort der zweiten Stütze (x,y) (1600, 2250) m
Ort der Bergstation (x,y) (2009, 2473) m

Es soll geklärt werden, zu welchem Teil die Bruchkraft der Seile ausgeschöpft wird, wenn die senkrecht nach unten hängende Kabine 1000 m in horizontaler Richtung zurückgelegt hat, also wie im Bild kurz vor der ersten Stütze ist. Reibverluste sollen vernachlässigbar sein.

Weil alle Kräfte in vertikaler Richtung wirken, ist der Horizontalzug im ganzen Seil konstant. Pro Fahrbahn sind zwei Tragseile gespannt, sodass sich die Spann- und Kabinengewichte auf zwei Seile verteilen. Mit der Schwerebeschleunigung von 9,81 m/s2 ergibt sich die Seilkraft S0 in der Talstation, die Einzelkraft F und die Streckenlast zu

𝖲𝟢=98.000kg2𝟫,𝟪𝟣ms2=𝟦𝟪𝟣𝗄𝖭𝖥=15.890kg2𝟫,𝟪𝟣ms2=𝟩𝟪𝗄𝖭𝗊𝟢=𝟣𝟤,𝟥kgm𝟫,𝟪𝟣ms2=𝟣𝟤𝟣Nm

Die Unbekannten in den im vorigen Abschnitt ausgearbeiteten Seillinien lauten hier

Lageplan des Seils und Freikörperbild im Punkt P
Vorgabe Gleichung
Ort P der Einzelkraft L1 = 1000 m
Abstand von P zum rechten Lager L2 = 170 m
Höhe des Lagers links y1(0) = 1351 m
Höhe des rechten Lagers y2(L2) = 1900 m
Durchhang in P y1(L1) = y2(0)
Seilkraft im linken Lager 𝖧𝟣+𝗒𝟣(𝟢)𝟤=𝖲𝟢
Vertikales Kräftegleichgewicht in P H y'2(0) = H y'1(L1) + F

Die Seillänge wird nicht benötigt. Weil ein nur geringer Durchhang beobachtet wird, wird die Gewichtskraft als konstante Streckenlast angenommen, sodass vor und hinter der Kabine die Seillinien

𝗒𝟣(𝗑𝟣)=q02Hx𝟣𝟤+𝖢𝟣𝗑𝟣+𝖢𝟢und𝗒𝟤(𝗑𝟤)=q02Hx𝟤𝟤+𝖢𝟥𝗑𝟤+𝖢𝟤

gelten. Für die Bestimmung der Unbekannten C0,1,2,3 und H stehen die fünf Gleichungen aus der Tabelle zur Verfügung:

𝗒𝟣(𝟢)=𝖢𝟢=𝗒𝟢𝗒𝟤(𝖫𝟤)=q02HL𝟤𝟤+𝖢𝟥𝖫𝟤+𝖢𝟤=𝗒𝖫𝗒𝟣(𝖫𝟣)=q02HL𝟣𝟤+𝖢𝟣𝖫𝟣+𝖢𝟢=𝗒𝟤(𝟢)=𝖢𝟤𝖲𝟢=𝖧𝟣+C𝟣𝟤𝖧𝖢𝟥=𝖧(q0HL1+C1)+𝖥

Dieses Gleichungssystem hat für H>0 die Lösung:

𝖧=𝗉𝗉𝟤𝗊=𝟦𝟨𝟤𝗄𝖭𝖢𝟢=𝗒𝟢=𝟣𝟥𝟧𝟣𝗆𝖢𝟣=H(yLy0)MLH=𝟢,𝟤𝟫𝟣𝟦𝖢𝟤=q0L122H+𝖫𝟣𝖢𝟣+𝗒𝟢=𝟣𝟩𝟩𝟥𝗆𝖢𝟥=q0H𝖫𝟣+𝖢𝟣+FH=𝟢,𝟩𝟤𝟤𝟥

mit

𝖫=𝖫𝟣+𝖫𝟤,𝖬=q02𝖫𝟤+𝖥𝖫𝟤,𝗉=M(yLy0)L2+(yLy0)2und𝗊=M2L2S02L2+(yLy0)2.

Am Ort der Kabine berechnen sich damit die Vertikalzüge

𝖵𝟣(𝖫𝟣)=𝗊𝟢𝖫𝟣+𝖢𝟣𝖧=𝟤𝟧𝟨𝗄𝖭(𝟤𝟨𝟣𝗄𝖭)𝖵𝟤(𝟢)=𝖢𝟥𝖧=𝟥𝟥𝟦𝗄𝖭(𝟥𝟥𝟫𝗄𝖭)

und die Seilkräfte

𝖲𝟣(𝖫𝟣)=𝖧𝟤+V𝟣𝟤(𝖫𝟣)=𝟧𝟤𝟪𝗄𝖭(𝟧𝟥𝟣𝗄𝖭)𝖲𝟤(𝟢)=𝖧𝟤+V𝟤𝟤(𝟢)=𝟧𝟩𝟢𝗄𝖭(𝟧𝟩𝟦𝗄𝖭)

Die Bruchkraft von 2350 kN wird in P nur zu etwa einem Viertel ausgenutzt. In Klammern sind die mit der Kettenlinie berechneten Seilkräfte verzeichnet. Sie liegen sämtlich höher als die hier berechneten, die Abweichungen sind aber kleiner als 3 %.

Einzelnachweise

Literatur

en:catenary