Satz von Segre (Projektive Geometrie)

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Zur Definition eines endlichen Ovals: t Tangente, s1,,sn Sekanten, n ist die Ordnung der projektiven Ebene (Anzahl der Punkte auf einer Gerade −1)

Der Satz von Segre, benannt nach dem italienischen Mathematiker Beniamino Segre, ist in der projektiven Geometrie die Aussage:

Die Aussage wurde 1949 von den finnischen Mathematikern G. Järnefelt und P. Kustaanheimo vermutet und ihr Beweis 1955 von B. Segre publiziert.

Eine endliche pappussche projektive Ebene kann man sich in inhomogenen Koordinaten wie die reelle projektive Ebene beschrieben denken, nur dass man statt der reellen Zahlen einen endlichen Körper K benutzt. Ungerader Ordnung bedeutet, dass |K|=n ungerade ist. Ein Oval ist eine kreisähnliche Kurve (s. u.): Eine Gerade schneidet höchstens 2-mal und in jedem Punkt gibt es genau eine Tangente. Die Standardbeispiele von Ovalen sind die nicht ausgearteten (projektiven) Kegelschnitte.

Der Satz von Segre hat für endliche Ovale eine sehr große Bedeutung, da es im pappusschen ungeraden Fall außer den Kegelschnitten keine weiteren Ovale geben kann. Im Gegensatz zu geraden pappussche Ebenen: Hier gibt es Ovale, die keine Kegelschnitte sind (s. Satz von Qvist). In unendlichen pappusschen Ebenen gibt es Ovale, die keine Kegelschnitte sind. Im Reellen muss man nur einen Halbkreis glatt mit einer geeigneten Halbellipse zusammensetzen.

Der Beweis des Satzes für den Nachweis, dass das gegebene Oval ein Kegelschnitt ist, wird mit Hilfe der 3-Punkte-Ausartung des Satzes von Pascal geführt. Dabei wird die für Körper ungerader Ordnung typische Eigenschaft, dass das Produkt aller Elemente, die nicht 0 sind, gleich −1 ist, verwendet.

Definition eines Ovals

Vorlage:Hauptartikel

  • Eine Menge 𝔬 von Punkten in einer projektiven Ebene heißt Oval, wenn
(1) Eine beliebige Gerade g trifft 𝔬 in höchstens 2 Punkten.
Falls |g𝔬|=0 ist, heißt g Passante, falls |g𝔬|=1 ist, heißt g Tangente und falls |g𝔬|=2 ist, heißt g Sekante.
(2) Zu jedem Punkt P𝔬 gibt es genau eine Tangente t, d. h. t𝔬={P}.

Für endliche projektive Ebenen (d. h. die Punktmenge und Geradenmenge sind endlich) gilt

  • In einer projektiven Ebene der Ordnung n (d. h. jede Gerade enthält n+1 Punkte) ist eine Menge 𝔬 genau dann ein Oval, wenn |𝔬|=n+1 ist und keine drei Punkte von 𝔬 kollinear (auf einer Gerade) liegen.

3-Punkte-Ausartung des Satzes von Pascal

Für den Beweis ist g die Tangente in P3

Satz:

Es sei 𝔬 ein Oval in einer pappusschen projektiven Ebene der Charakteristik 2.
𝔬 ist genau dann ein nicht ausgearteter Kegelschnitt, falls die folgende Aussage (P3) gilt:

(P3): Ist P1,P2,P3 ein beliebiges Dreieck auf 𝔬 und ist PiPi die Tangente in Pi an 𝔬, so sind die Punkte
P4:=P1P1P2P3, P5:=P2P2P1P3, P6:=P3P3P1P2
kollinear.
Zum Beweis des 3P-Pascal-Satzes

Beweis:

Die projektive Ebene werde in inhomogenen Koordinaten über dem Körper K so dargestellt, dass P3=(0),g die Tangente in P3, (0,0)𝔬, die x-Achse die Tangente im Punkt (0,0) ist und 𝔬 den Punkt (1,1) enthält. Ferner sei P1=(x1,y1),P2=(x2,y2) . (s. Bild)
Das Oval 𝔬 lässt sich mit Hilfe einer Funktion f:KK so beschreiben:

𝔬={(x,y)K2|y=f(x)} {()}.

Die Tangente im Punkt (x0,f(x0)) werde mit Hilfe einer Funktion f durch die Gleichung

y=f(x0)(xx0)+f(x0)

beschrieben. Es gilt dann (s. Bild)

P5=(x1,f(x2)(x1x2)+f(x2)) und P4=(x2,f(x1)(x2x1)+f(x1)).

I: Falls 𝔬 ein nicht ausgearteter Kegelschnitt ist, ist f(x)=x2 und f(x)=2x und man rechnet leicht nach, dass P4,P5,P6 kollinear sind (siehe Parabel).

II: Falls 𝔬 ein Oval mit der Eigenschaft (P3) ist, ist die Steigung der Gerade P4P5 gleich der Steigung der Gerade P1P2, d. h. es ist

f(x2)+f(x1)f(x2)f(x1)x2x1=f(x2)f(x1)x2x1 und damit gilt
(i): (f(x2)+f(x1))(x2x1)=2(f(x2)f(x1)) für alle x1,x2K.

Mit f(0)=f(0)=0 erhält man

(ii): f(x2)x2=2f(x2) und mit f(1)=1 folgt
(iii): f(1)=2.

Aus (i) und (ii) ergibt sich

(iv): f(x2)x1=f(x1)x2 und mit (iii) schließlich
(v): f(x2)=2x2 für alle x2K.

Aus (ii) und (v) folgt

f(x2)=x22,x2K.

Also ist 𝔬 ein nicht ausgearteter Kegelschnitt.

Bemerkung:

  1. Die Eigenschaft (P3) ist in pappusschen Ebenen der Charakteristik 2 für alle Ovale mit einem Knoten N (alle Geraden durch N sind Tangenten) erfüllt. Also auch für Ovale, die keine Kegelschnitte sind.[1]
  2. Der 3-Punkte-Pascal-Satz ist auch für Ovale in unendlichen pappusschen Ebenen über Körper der Charakteristik 2 gültig.

Aussage und Beweis des Satzes von Segre

Satz:

Ein Oval 𝔬 in einer endlichen pappusschen projektiven Ebene ungerader Ordnung ist ein nicht ausgearteter Kegelschnitt.

3-Punkte-Ausartung des Satzes von Pascal, für den Beweis ist g=P2P3
Satz von Segre: zum Beweis

Beweis:

Zum Beweis wird nachgewiesen, dass das Oval die Eigenschaft (P3) der 3-Punkte-Ausartung des Satzes von Pascal (s. o.) erfüllt.

Sei also P1,P2,P3 ein beliebiges Dreieck auf 𝔬 und P4,P5,P6 wie in (P3) erklärt. Die pappussche Ebene wird so in inhomogenen Koordinaten über einem endlichen Körper K dargestellt, dass P3=(),P2=(0),P1=(1,1) und (0,0) der Schnittpunkt der Tangenten in P2 und P3 ist. Das Oval 𝔬 lässt sich mit Hilfe einer bijektiven Funktion f:K*:=K{0}K* darstellen:

𝔬={(x,y)K2|y=f(x),x0}{(0),()}.

Ist nun P=(x,y),xK{0,1}, so ist m(x)=f(x)1x1 die Steigung der Sekante PP1. Da sowohl xf(x)1 als auch xx1 eine Bijektion von K{0,1} auf K{0,1} ist, und xm(x) eine Bijektion von K{0,1} auf K{0,m1} ist, wobei m1 die Steigung der Tangente in P1 ist, gilt für K**:=K{0,1}:

xK**(f(x)1)=xK**(x1)=1undm1xK**f(x)1x1=1.

(Man beachte: Für K*:=K{0} gilt: kK*k=1.)
Also ist

1=m1xK**f(x)1x1=m1xK**(f(x)1)xK**(x1)=m1.

Da die Steigungen von P5P6 und der Tangente P1P1 beide 1 sind, ergibt sich P1P1P2P3=P4P5P6. Dies gilt für jedes Dreieck P1,P2,P3𝔬.

Also gilt die Eigenschaft (P3) der 3-Punkte-Ausartung des Satzes von Pascal und das Oval ist ein nicht ausgearteter Kegelschnitt.

Literatur

  • P. Dembowski: Finite Geometries. Springer-Verlag, 1968, ISBN 3-540-61786-8, S. 149
  • B. Segre: Ovals in a finite projective plane, Canad. Journal of Math. 7 (1955), S. 414–416.
  • G. Järnefelt & P. Kustaanheimo: An observation on finite Geometries, Den 11 te Skandinaviske Matematikerkongress, Trondheim (1949), S. 166–182.
  • Albrecht Beutelspacher, Ute Rosenbaum: Projektive Geometrie. 2. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2004, ISBN 3-528-17241-X, S. 162.

Einzelnachweise

  1. E. Hartmann: Planar Circle Geometries, an Introduction to Moebius-, Laguerre- and Minkowski Planes. Skript, TH Darmstadt (PDF; 891 kB), S. 35.