Riesz-Raum

Aus testwiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Riesz-Raum ist ein Vektorraum mit einer Verbandsstruktur, die so beschaffen ist, dass sich die lineare und die Verbandsstruktur vertragen. Im Jahr 1928 wurde dieser Raum von Frigyes Riesz definiert[1] und trägt deshalb heute seinen Namen.

Definition

Sei (X,+,) ein -Vektorraum und (X,) eine halbgeordnete Menge.

Dann heißt (X,+,,) ein Riesz-Raum wenn folgende Axiome erfüllt sind:

  1. Für alle f,g,hX gilt: fgf+hg+h.
  2. Für alle f,gX gilt: 0a und fgafag.
  3. (X,) ist ein Verband.

Weiter notiert man xy=sup(x,y) und xy=inf(x,y).

Weitere Begriffe

  • Für eine Menge AX ist sup(A)=xAx=sup{x:xA} und inf(A)=xAx=inf{x:xA}.
  • Für ein Element xX definiert man den positiven und negative Teil x+:=x0 und x:=(x)+=x0.
  • Der Modulus von x ist definiert als |x|:=x(x).
  • Zwei Elemente x,yX sind disjunkt xy wenn für ihre Moduli |x||y|=0 gilt.
  • Sei MX eine beliebige Menge und M, dann definieren wir M={xX:(yM)xy}, das heißt die Menge der zu M disjunkten Elemente.
  • Eine Teilmenge MX ist vollständig wenn Mx impliziert das x=0, das heißt es gilt M=0.
  • Eine Teilmenge MX ist solide oder normal, falls für jedes xE und ein beliebiges yM mit |x||y| auch xM gilt.
  • Die Menge M nennt man das von M generierte Band. Für eine einelementige Menge {x} nennt man {x} das Prinzipalband.[2]

Anmerkungen

  • 1. und 2. bedeuten (X,+,,) ist ein geordneter Vektorraum.
  • Bei der Formulierung von 2. ist zu beachten, dass sich sowohl auf , als auch auf X bezieht, aus dem Zusammenhang ist meistens klar, welche Ordnungsrelation gemeint ist, so dass üblicherweise auf zusätzliche Indizes verzichtet wird.
  • 2. lässt sich auch durch die schwächere Forderung 0a und 𝟎f𝟎af ersetzen.
  • Bezeichnen , die Verbandsoperationen, so ist es Konvention, dass , stärker binden, als +, (Klammerregel).

Erste Eigenschaften

Für f,g,hX und 0a gelten folgende Rechenregeln:

  • (f+h)(g+h)=(fg)+h und (f+h)(g+h)=(fg)+h
  • (af)(ag)=a(fg) und (af)(ag)=a(fg)
  • (f)(g)=(fg) und (f)(g)=(fg)
  • Sei |f|:=f(f) für fX.
Dann gilt fg=12(f+g+|fg|) und fg=12(f+g|fg|).
  • (fg)+(fg)=f+g und (fg)(fg)=|fg|
  • (fg)h=(fh)(gh) und (fg)h=(fh)(gh)
Dies bedeutet jeder Riesz-Raum ist ein distributiver Verband.

Beispiele

  • Die reellen Zahlen mit der üblichen Anordnung bilden einen Riesz-Raum.
  • Der n mit komponentenweiser Anordnung bildet einen Riesz-Raum.
  • Die Menge der reellen Zahlenfolgen mit komponentenweiser Anordnung bildet einen Riesz-Raum.
  • Die Menge der reellen Nullfolgen c0 mit komponentenweiser Anordnung bildet einen Riesz-Raum.
  • Für 1p ist lp mit komponentenweiser Anordnung ein Riesz-Raum.
  • Die Menge der beschränkten reellen Folgen l mit komponentenweiser Anordnung bildet einen Riesz-Raum.
  • Die Menge der stetigen Funktionen 𝒞[a,b] auf einem Intervall [a,b] bildet mit punktweiser Anordnung einen Riesz-Raum.
  • Die Menge der stetig differenzierbaren Funktionen 𝒞1[a,b] auf einem Intervall [a,b] bildet einen geordneten Vektorraum mit der punktweisen Anordnung, aber keinen Riesz-Raum.

Integrationstheorie

Riesz-Räume bieten Voraussetzungen für eine abstrakte Maß- und Integrationstheorie. Die zentrale Aussage in diesem Zusammenhang ist der Spektralsatz von Freudenthal. Dieser Satz garantiert für Riesz-Räume auf abstrakte Weise die Approximationseigenschaft von Funktionen durch Treppenfunktionen. Der Satz von Radon-Nikodým und die Poissonsche Summenformel für beschränkte harmonische Funktionen auf der offenen Kreisscheibe sind Spezialfälle des Spektralsatzes von Freudenthal. Dieser Spektralsatz war einer der Ausgangspunkte für die Theorie der Riesz-Räume.

Einzelnachweise

  1. Riesz, Frigyes: Sur la décomposition des opérations fonctionelles linéaires, Atti congress. internaz. mathematici (Bologna, 1928), 3, Zanichelli (1930) pp. 143–148
  2. Vorlage:Literatur

Literatur

  • Luxemburg, W.A.J. & Zaanen, A.C.: "Riesz spaces", North-Holland, 1971, ISBN 978-0444866264
  • Vorlage:EoM