Quadratwurzel einer Matrix

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Die Quadratwurzel einer Matrix oder Matrixwurzel ist ein Begriff aus der linearen Algebra und verallgemeinert das Konzept der Quadratwurzel einer reellen Zahl. Eine Quadratwurzel einer quadratischen Matrix ist eine Matrix, die mit sich selbst multipliziert die Ausgangsmatrix ergibt. Für symmetrische positiv semidefinite Matrizen lässt sich eine eindeutige Quadratwurzel definieren. Im Allgemeinen muss allerdings weder eine Quadratwurzel existieren, noch muss sie, wenn sie existiert, eindeutig sein.

Quadratwurzel einer positiv semidefiniten Matrix

Definition

Für eine symmetrische positiv semidefinite Matrix An×n heißt eine ebenfalls symmetrische positiv semidefinite Matrix Bn×n Quadratwurzel oder kurz Wurzel von A, falls

B2=BB=A

gilt.[1] Die Quadratwurzel von A ist dabei eindeutig bestimmt und wird mit A12 bezeichnet.

Darstellung

Die Quadratwurzel von A ergibt sich wie folgt. Nach dem Spektralsatz existiert eine orthogonale Matrix

Q=(v1vn)n×n

mit paarweise orthonormalen Eigenvektoren v1,,vnn von A als Spalten und eine Diagonalmatrix

D=diag(d1,,dn)n×n

mit den diesen Eigenvektoren zugehörigen Eigenwerten d1,,dn auf der Diagonale, sodass

A=QDQT

gilt. Die Quadratwurzel von A ergibt sich dann zu

A12=QD12QT,

wobei die Diagonalmatrix

D12=diag(d1,,dn)n×n

die Quadratwurzeln der Eigenwerte von A auf der Diagonale hat.[1] Nachdem die Eigenwerte einer positiv semidefiniten Matrix A stets reell und nichtnegativ sind, können deren Quadratwurzeln ebenfalls reell und nichtnegativ gewählt werden.

Beispiel

Die Matrix

A=(5445)

hat die Eigenwerte λ1=9 und λ2=1. v1=12(11) und v2=12(11) bilden die zugehörige Orthonormalbasis aus Eigenvektoren. Es gilt also

A=12(1111)(9001)12(1111)

zusammengefasst zu

A=12(1111)(9001)(1111)

und somit

A12=12(1111)(3001)(1111)=(2112).

Eigenschaften

Das Quadrat der Matrix A12 ist die Matrix A:

A12A12=QD12QTQD12QT=QDQT=A

Die Matrix A12 ist symmetrisch:

(A12)T=(QD12QT)T=QD12QT=A12

Die Matrix A12 ist positiv semidefinit (verwendet wird die Verschiebungseigenschaft des Standardskalarprodukts):

x,A12x=x,QD12QTx=D14QTx,D14QTx0

für alle xn, wobei D14=diag(d14,,dn4) gilt. Ist A positiv definit, so ist auch A12 positiv definit.

Quadratwurzeln beliebiger Matrizen

Definition

Als Wurzel einer quadratischen Matrix A bezeichnet man jede Matrix B, die mit sich selbst multipliziert A ergibt:

B ist Wurzel von AB2=BB=A

Man findet auch Quellen, in denen B eine Wurzel von A genannt wird, wenn A=BBT gilt.

Für eine Wurzel von A schreibt man auch A12. Es ist in dieser Notation jedoch unklar, welche Wurzel gemeint ist, da mehrere existieren können.

Anzahl existierender Wurzeln

Wie schon bei der Wurzel aus reellen oder komplexen Zahlen ist die Wurzel aus einer Matrix im Allgemeinen nicht eindeutig. Ist etwa A12 eine Wurzel aus A, dann auch A12.

Anders als bei der Wurzel einer komplexen Zahl können Matrizen auch mehr als zwei Wurzeln haben.

So haben beispielsweise n×n-Matrizen, deren charakteristisches Polynom in paarweise verschiedene Linearfaktoren zerfällt, bis zu 2n verschiedene Wurzeln.

Es gibt sogar Matrizen mit unendlich vielen Wurzeln. So besitzt etwa die Einheitsmatrix (1001) unter anderem (1z01) für jede komplexe Zahl z als Wurzel.

Weiterhin gibt es Matrizen, für die überhaupt keine Wurzel existiert: Ein Beispiel ist A=(0100).

Geometrische Interpretation von Wurzeln

Betrachtet man die Matrix A als lineare Transformation, das heißt als eine Abbildung zwischen Vektorräumen, durch die einem Vektor v ein Vektor v=Av zugeordnet wird, dann ist eine Wurzel A12 eine Transformation, die man zweimal hintereinander ausführen muss, um v in v überzuführen.

Beispiel:

A sei die zweidimensionale Rotationsmatrix mit dem Winkel α:

A=(cosαsinαsinαcosα)

Dann ist jede zu einem Winkel (t360+α)/2 mit einer ganzen Zahl t gehörende Rotationsmatrix eine Wurzel von A. Für t=0 erreicht man mit der ersten Multiplikation eines Vektors v mit A12 eine Drehung um den halben Winkel α/2 und mit der zweiten Multiplikation noch einmal.

Berechnung einer Wurzel

Man kann Wurzeln einer Matrix A der Größe n×n leicht bestimmen, wenn A eine Diagonalmatrix ist oder sich zumindest in eine Diagonalform überführen lässt (siehe Diagonalisierung).

Fall 1: Diagonalmatrix

Sind die Diagonaleinträge einer Diagonalmatrix paarweise verschieden, so können alle Wurzeln der Diagonalmatrix einfach bestimmt werden, indem von jedem Eintrag auf der Hauptdiagonale eine Wurzel bestimmt wird. Wenn man die Diagonaleinträge von A wie üblich mit a11,,ann bezeichnet, erhält man damit als Wurzeln von A die Matrizen

(±a11000±a22000±ann)

Für jedes der n Diagonalelemente kann man das Vorzeichen beliebig wählen, sodass man 2n paarweise verschiedene Wurzeln erhält, falls alle Diagonaleinträge von Null verschieden sind. Ist ein Diagonaleintrag Null, so erhält man entsprechend 2n1 paarweise verschiedene Wurzeln. Da die Matrix A auch negative Werte auf der Diagonalen besitzen kann, können die Wurzeln auch komplexe Zahlen beinhalten.

Es ist zu beachten, dass es noch weitere Wurzeln geben kann, wenn die Diagonaleinträge nicht paarweise verschieden sind. Diese sind dann jedoch keine Diagonalmatrizen. So hat etwa die Einheitsmatrix unendlich viele Wurzeln, wie bereits oben erklärt wurde. Diagonalmatrizen mit negativen Diagonaleinträgen können in diesem Fall auch reelle Wurzeln besitzen. Zum Beispiel gilt:

(0110)2=(1001)

Fall 2: Diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix A diagonalisierbar, so kann man auf folgende Weise Wurzeln von A ermitteln:

Man bestimmt zunächst eine invertierbare Matrix T und eine Diagonalmatrix D, sodass A=TDT1 gilt. Die Matrix T hat dann als Spalten Eigenvektoren der Matrix A und die Matrix D als Diagonaleinträge die zugehörigen Eigenwerte.

Ist nun D12 eine Wurzel von D, so ist A12:=TD12T1 eine Wurzel der Matrix A, denn es gilt:

(TD12T1)2=TD12T1TD12T1=TD12D12T1=TDT1=A

Da D eine Diagonalmatrix ist, erhält man mögliche Wurzeln wie in Fall 1. Auch hierbei ist zu beachten, dass manche Eigenwerte der Diagonalmatrix negativ sein können, deren Wurzeln sind dann komplex. Falls die Matrix n paarweise verschiedene Eigenwerte hat, erhält man auch wie in Fall 1 2n bzw. 2n1 verschiedene Lösungen.

Fall 3: Nicht diagonalisierbare Matrix

Ist die Matrix A nicht diagonalisierbar, lässt sich mit dem gezeigten Verfahren keine Wurzel berechnen. Dies bedeutet aber nicht, dass A keine Wurzel besitzt: So ist beispielsweise die Scherungs-Matrix A=(1201) nicht diagonalisierbar, besitzt jedoch die Wurzel (1101).

Falls wir beim Rechnen komplexe Zahlen zulassen, so ist jede Matrix A auf jordansche Normalform transformierbar, auch wenn sie nicht diagonalisierbar ist.

Man bestimmt Matrizen Q, ihre Inverse Q1 und J mit J=Q1AQ, wobei J die folgende Blockdiagonalform hat:

J=(J100Jk)

Die Ji sind Jordan-Blöcke der Form

Ji=(λi10λi1λi10λi).

Eine Wurzel aus A berechnet sich gemäß

A=A12A12=QJQ1=QJ12J12Q1=(QJ12Q1)(QJ12Q1)A12=QJ12Q1.

Die Wurzel aus J ist aus jedem Jordan-Block Ji einzeln zu ziehen.

Falls λi0 gilt, ist die Potenz Jiβ eines Jordan-Blocks Ji durch

Jiβ=(αi0αi1αi2αi30αi0αi1αi200αi0αi1000αi0)

gegeben mit αij=1j!f(j)(λi), wobei f(j) die j-te Ableitung der Potenzfunktion f(x)=xβ ist. Explizit ergibt sich αij=Γ(β+1)λiβjΓ(j+1)Γ(βj+1) und j=0,1,,(mi1), wobei die Größe des Jordan-Blocks Ji mit mi (in der Darstellung mi=4), die Subdiagonalen mit j (j=0 ist die Diagonale) und die Gammafunktion mit Γ bezeichnet sind. Für die Quadratwurzel ist β=1/2 zu setzen.

Für mi=2 ergibt sich also beispielsweise

Ji12=(λi12λi0λi).

Falls λi=0 und gleichzeitig mi>1 gilt, existiert die Wurzel aus dem Jordan-Block Ji nicht.

Außerhalb der Jordan-Blöcke stehen lauter Nullen.

Falls λi0, so hat die Zahl λi zwei Wurzeln, daher erhält man auf diese Weise für jeden Jordan-Block Ji zwei verschiedene Wurzeln. So entstehen durch Kombination 2k Wurzeln, wobei k die Anzahl der Jordan-Blöcke Ji bezeichnet.

Mit diesem Verfahren bekommt man im Allgemeinen nur einige und nicht alle Quadratwurzeln einer Matrix.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Christian Kanzow: Numerik linearer Gleichungssysteme. Direkte und iterative Verfahren. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York 2005, S. 13–15.